Das war jetzt fast schon unerwartet gekommen. Woher kam denn diese plötzliche Redseligkeit des jungen Mädchens? Sie hatte ja schon vorher gesagt, dass sie normalerweise überhaupt nicht so viel redete, eher kam es ihm so vor, dass seine Fragen sie dazu brachten, immer mehr und mehr zu reden, aber dieser Erklärungsschwall war ja wirklich mal etwas besonderes gewesen. Etwas verwundert beobachtete der Wüstensohn, wie die kleine Aburame herumwuselte, ein Buch holte, und ihm nebenbei einige Dinge und Anekdoten näher brachte, was ihre Familie anging. Das war wirklich interessant: Wenn man es so betrachtete, war die Familie um Ririchiyo vermutlich wirklich ein kompletter Totalausfall, was die 'verschwiegene' und 'ruhige' Natur der Aburame anging - ein genetischer Querschläger der Extraklasse. Die Mutter - oder der Vater - mussten wirklich interessante Vorfahren gehabt haben, wenn sie solch eine Familie zustande brachten, in der nichts so war, wie es eigentlich sein sollte... dagegen war Mari ja eine Musterhyuuga, abgesehen von den braunen Haaren, die nicht ganz in das Bild passten. Amüsierte lachte Hei, als er noch einmal auf die dünnen Beinchen Ririchiyos sah, die wirklich nicht ganz unbeschadet aussahen, dann wieder zu ihrem Gesicht, schüttelte dann den Kopf und lachte noch einmal. "Wenn ich das sagen darf, ich bin ein wenig erstaunt. Wenn deine Mutter jemals greifbar ist, sag ihr doch bitte, ich würde sie furchtbar gerne kennen lernen." Kichernd schüttelte er noch einmal den Kopf, strich sich durch die langen, schwarzen Haare, nahm das ihm angebotene Buch setzte seinen Finger auf den Anfang der Seite und fuhr mit dem Finger über die Zeilen - ungeübte Leser würden sich fragen, ob er einfach nur grob überflog, was dort stand, aber Hei war das Lesen einfach nur geübt. Sein schnelles Lesen hatten seinen Vater schon damals in den Wahnsinn getrieben, weil nicht einmal die dicksten Schinken länger als ein paar Tage hielten - und wer sollte denn bitte dieses Pensum auch bezahlen? Also hatte Hei oft die gleichen Bücher gelesen... das hier war als eine Art Schatztruhe für ihn. Nachdem er geendet hatte, konnte der junge Mann ein weiteres Lachen nicht unterdrücken. "Das ist ja beinahe unheimlich." Er musterte seine Gastgeberin, grinste. "Dann ist deine Familie anscheinend wirklich ein wenig ein Querschläger, hm? Allerdings kann ich dir die Naturverbundenheit und alles, was damit zusammenhängt, wirklich nicht abschreiben. Aber trotzdem... 'Ein Aburame ist meist sehr ruhig und handelt bedacht' steht hier." Der junge Mann deutete zur Decke, schmunzelte. "Deine Schwester ist dann offensichtlich das genaue Gegenteil davon, außerdem finde ich es beeindruckend, als Aburame Taijutsu zu trainieren. Ich glaube, ich sollte mich nicht auf einen Kampf mit ihr einlassen... ich kann kein Taijutsu. Ich bin ein Versager, was das angeht. Auf ganzer Linie... aber das habe ich dir ja schon einmal gesagt.", meinte er, kicherte. "Ich habe mir übrigens keine Sorgen gemacht. Dass du jemanden foltern könntest, ist eine der Dinge, die ich mir wirklich nicht vorstellen kann, bei aller Fantasie. Allerdings bist du dann ja anscheinend auch nicht diejenige, die immer mit voller Stärke gegen den Gegner kämpft, wie du gesagt hast." Schmunzelnd las er noch einmal über die Buchseite herüber, während er noch einmal über das nachdachte, was ihm das Mädchen schon offenbart hatte. "Dein Vater wollte... cool wirken? Ich finde ihn sehr sympathisch, aber dann hätte er vielleicht die Schürze ausziehen sollen. Die hat ihn eher wie ein ziemlich lieber Familienvater dastehen lassen." Ein leises Kichern entfloh ihm. "Diese Belehrungen kenne ich gut. Interessant, dass er sie bei mir einfach ausgelassen hat. Vielleicht war er ja auch eher überrascht, dass seine Tochter einen Kerl mit nach Hause bringt, nicht wahr?" Der Suna-nin zwinkerte Ririchiyo zu. "Ich hatte schon fast erwartet, dass er versucht, mich in irgendeiner Form zu testen." Nachdenklich kratzte sich der junge Mann am Kinn. "Vielleicht macht er das ja schon... naja, egal. Jedenfalls scheint er mir auch kein typischer Aburame zu sein. Wenn ich fragen darf: Sind deine beiden Eltern schon von Geburt an Aburame gewesen oder ist einer..." Hei wedelte mit der Hand. "... von außerhalb gekommen?"
Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ er sich noch einmal durch den Kopf gehen, was jetzt noch fehlte. Das waren wirkliche viele Informationen gewesen... die Schublade in seinem Kopf, die mit 'Ririchiyo Aburame' beschriftet war, weitete sich gerade zu einer ganzen Kategorie 'Aburame' mit unterschiedlichen Karteireitern aus. Das verbrauchte ein wenig seines mentalen Arbeitsspeichers, weshalb er einen Moment still dasaß und einfach nur zu denken schien, dann sah er ruckartig wieder hoch und lachte leise. "Und was deine Sorge angeht, ich könnte mit den Informationen nicht sorgsam umgehen... keine Angst. Ich mache das nur für mich selbst. Ich weiß persönlich gerne Dinge: Wissen ist irgendwo nicht nur Macht, sondern auch befriedigend. Je mehr man weiß, desto mehr kann man Menschen auch helfen, in irgendeiner Form. Oder eben den richtigen, wenn es einmal sein muss, zu Fall bringen. Wir können nun einmal nicht darauf hoffen, dass alles immer so friedlich bleibt, wie es im Moment ist... auch, wenn es wünschenswert ist. Jedenfalls ist das alles nur für mich bestimmt. Ich könnte es vermutlich auch gar nicht weitergeben..." Nachdenklich blätterte er ein paar Seien weiter, nickte dann. "Danke!", meinte er ernsthaft und lächelte. "Ich weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit für dich ist, so viel preiszugeben. Das bedeutet mir viel.", meinte er geflissen und schloss das Buch mit einer vorsichtigen Bewegung. "Vertrauen ist trotzdem immer noch ein rares Gut, auch wenn die Zeit der Kriege größtenteils vorbei ist.", murmelte er, zog seinen langen Zopf wieder gerade, welcher sich selbstständig gemacht hatte, irgendwie. "Ich würde dir gerne genauso viel über mich und meine Familie erzählen, aber da gibt es einfach nicht so viel... obwohl ich manchmal glaube, dass meine Eltern mir Sachen verschweigen, die ich wissen sollte. Allerdings nehme ich an, dass sie gute Gründe haben." Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. "Meine Mutter stammt aus Konoha, allerdings..." Er schwieg kurz. "...merke ich jetzt gerade erst, dass ich eigentlich nicht einmal weiß, welchen Namen sie getragen hat. Mein Vater stammt aus Suna, aber er nicht aus einem großen Clan oder ähnlichem, wie es bei dir der Fall ist. Wenn ich nicht dieses... Erbe hätte, wäre ich vermutlich nicht einmal hier. Woher diese Kraft kommt, weiß ich nicht, und bisher hat mir auch niemand darauf eine Antwort geben können. Weißt du von den großen Bestien? Die Chakramonster. Das ist ja schon tausendfach behandelt, jedenfalls war Gaara ja von seinem Vater im Grunde nur dafür geschaffen, das Gefäß für das Einschwänzige zu sein. So steht es jedenfalls in den meisten Büchern.", erläuterte er, hoffte zwar nicht darauf, dass Ririchiyo ihm weiterhelfen konnte, allerdings hoffte er, dass sie zuhörte. Zwei Augenpaare sahen mehr als eines. "Tatsache ist, dass seine Kraft von dem Chakramonster, dem Einschwänzigen Ungeheuer, stammt, jedenfalls ist das die Annahme. Wo allerdings ist... der Link, die Verbindung zu mir? Zu den Leuten in Suna? Ich bezweifle, dass Gaara einer meiner Vorfahren ist. Das wüsste ich; Und ich vermute, dass meine Vorfahren dann auch ein wenig begabter gewesen wären, und ich weiß nicht von jemandem, der diese Kunst nach ihm beherrscht hätte." Kopfschüttelnd verschränkte er die Arme, seufzte dann leise. "Bisher hat keine der Nachforschungen etwas ergeben. Langsam vermute ich, dass das Chakra des Einschwänzigen das Dorf so durchdrungen hat, dass es immer wieder zu Anomalien kommt. Zu Leuten wie mir." Abwesend starrte er in die Wand, blinzelte ein paar Mal, sah dann wieder das Mädchen an seiner Seite an und lachte. "Entschuldige. Ich mache mir zu viele Gedanken um Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Vermutlich sollte ich einfach erst einmal versuchen, die Kraft komplett zu kontrollieren, was? Vielleicht hilft das." Summend tippte er sich ans Kinn. "Übrigens glaube ich, dass bestimmte Charakterzüge durchaus in Clans weitervererbt werden. Die Hyuuga sind, freundlich ausgedrückt, ein wenig abgehoben. Ihr Aburame lebt auf einem Grundstück, der eher einem gepflegtem Waldstück ähnelt. Man kann seine Wurzeln nicht abschütteln, denke ich... auch, wenn es dir, deinen Schwestern und auch deinem Vater anscheinend irgendwie fast gelungen ist.", endete er und lachte wieder.