Wie die alte Hexe auf seinen Widerwillen zu essen reagierte gefiel ihm gar nicht und ihm wurde mulmig zumute. Es handelte sich hier also tatsächlich um eine Prüferfigur, die bestimmen konnte wer raus flog und wer bleiben durfte. Sein Blick wanderte in die Runde und blickte in das Gesicht Kimihiros, dessen Gesichtsausdruck man schon beinahe als teilnahmslos beschreiben konnte. Ja, so hatte er ihn eingeschätzt. Er handelte objektiv und wusste genau, dass er nichts an dieser Situation ändern konnte und wollte, immerhin war er gekommen damit er Chuunin wurde und nicht irgendjemand anderes. Sein Blick fiel nun auf Daisuke, der absolut selbstzufrieden aussah und einen Teller nach dem nächsten leer futterte. Eisige Kälte befand sich zwischen den Beiden, also konnte er auch hier keine Hilfe erwarten. Zuletzt sah er Yui an, welche ihn ebenfalls ansah und der Blick des Mädchens sprach Bände. Sie verstanden sich, die beiden wussten, dass sie keine Chance mehr hatten. Es war schon ein Wunder, wenn Kei so viel essen konnte wie der wesentlich größere Kimihiro, doch selbst wenn, dann stand Yuis zarter Magen dem von Daisuke gegenüber. Selbst wenn sie noch die nötige Menge hätten, sie hätten keine Chance. Sie hatten verloren, das Examen war ganz offensichtlich gelaufen.
Er gebot Yui mit einem weiteren Blick und leichten Kopfschütteln das Essen einzustellen, was sie tat sächlich tat. Wenigstens zwischen ihnen lief die Kommunikation gut. Doch nun rasten die Gedanken des Kajiya, denn für ihn war hier nicht Schluss. Wie sollte er das seinen Eltern erklären? „Ich habe die Chuuninprüfung verkackt, weil ich nichts gegessen habe, als man mir was angeboten hat.“? Nein, das war lächerlich, sogar erbärmlich! In diesem Moment fühlte er sich wie einige Zeit zuvor, als er mit Asukas Verrat konfrontiert worden war. Alle möglichen und unmöglichen Wege wurden im Eiltempo durchdacht, während die anderen Jungs brav weiter aßen und Yui sich zu ihm gestellt hatte und scheinbar nur noch auf das vernichtende Ergebnis wartete. Innerlich seufzte der Junge, denn er sah nur einen möglichen Ausweg. Aber allein? Nein, er hatte Yui mit in dieses Dilemma gerissen, er musste sie da auch wieder versuchen mit rauszuziehen.
Ohne Vorwarnung warf er Teller und Stäbchen, welche er die ganze Zeit noch in Händen gehalten hatte der Hexe entgegen und setzte mit einer Rauchbombe nach. Damit dürfte das gemütliche Essen erstmal beendet sein, doch für Kei war keine Zeit zu verschnaufen. Stattdessen packte er Yuis Hand, die er im Nebel glücklicherweise ohne Probleme fand und zischte ein gehetztes
“Komm schnell.“, bevor er sie auch schon mit sich zog. Nicht umsonst hatte er so lange die Karte angestarrt, während er darauf gewartet hatte, dass Asuka aufwachte. Er wusste dass es noch eine andere Tür gab, die sie zum Ziel bringen konnte, auch wenn sie dafür erstmal ein Stück zurück mussten.
So schnell er konnte flitzte er durch den Raum und wollte gerade um die Ecke, als er einen unheimlichen Schmerz im Rücken spürte, der alles andere ausblendete. Er spürte kaum, dass es ihn von den Füßen riss und er dabei sogar Yuis Hand los ließ. Nur als er an die Wand schlug spürte er wieder etwas anderes als seinen Rücken. Wie ein nasser Sack fiel der Junge zu Boden. Er hatte keine Ahnung was ihn getroffen hatte, aber er wusste dass er alleine nicht mehr auf die Beine kommen würde. Geblendet vom Schmerz suchte er sich im verrauchten Raum nach dem Mädchen um, bis seine Augen sie schließlich wahrnahmen. Nun stellte er auch fest, dass er alles verschwommen sah, scheinbar hatte es ihn wirklich ordentlich erwischt. Plötzlich schnappte er nach Luft, denn das Geschoss hatte sämtlichen Sauerstoff aus seinen Lungen gepresst und scheinbar hatte er durch den Schock für einen Moment einfach aufgehört zu atmen. Mit schwacher Stimme hauchte er dem Mädchen ein einfaches
“Bitte...“ entgegen und streckte seine Hand aus. War es nun doch vorbei? Wie hoch standen die Chancen, dass sie ihm tatsächlich helfen würde? Vielleicht lieferte sie ihn auch aus und erhoffte sich dadurch etwas. Er nahm es zwar nicht bewusst wahr, aber erst jetzt wurde ihm mehr oder weniger klar, dass er nichts über das Mädchen wusste. Ein weiteres Mal an diesem Tag schickte er ein Stoßgebet los, wobei es ihm egal war wer ihn erhörte.
Was er anschließend sah, ließ ihn allerdings an seinem Verstand zweifeln. Das Mädchen veränderte von einem Moment auf den anderen ihr gesamtes Erscheinungsbild und blickte ihn noch für einen kurzen Moment an. Dann griff sie tatsächlich seine Hand und zog ihn hoch, was nicht gerade schmerzfrei geschah, aber es blieb keine Zeit sich über sowas großartig Gedanken zu machen. Mehr schlecht als recht stützte er sich bei ihr ab und irgendwie schafften sie es tatsächlich zu ihrer Wunschtür, ohne dass Kei viel mehr sagen musste, als dass sie die andere Tür nehmen mussten. Tatsächlich schien Yui noch einen Schlüssel zu haben, da sie ihn kurz an der Wand 'abstellte', wo er erstmal leicht einknickte, aber wenigstens wieder eigenständig stehen konnte. Bevor er überhaupt realisierte was passiert war, befand er sich auch schon hinter der Tür, welche das Mädchen rasch wieder schloss und sich erstmal neben ihn auf den Boden setzte.
Doch dem Jungen kam noch ein Gedanke – was wenn Kimihiro und Daisuke sie verfolgen wollten? Oder gar die Hexe selbst? Immer noch leicht benebelt durch den Schmerz formte er wieder dieses Fingerzeichen – vorerst zum letzten Mal. Ohne überhaupt hinzuschauen klatschte er die Hand gegen die Tür und ließ sein Chakra hindurch fließen. Wie schon zuvor verband er auch diesmal wieder den Rahmen mit der Tür und ließ das Schlüsselloch verschwinden. Doch diesmal entfernte er auch die Klinke auf der Außenseite, sodass man wirklich nicht mehr von einer Tür reden konnte. Als er fertig war, ließ er seine Hand sinken und atmete erstmal ein paar mal durch. Die Augen hatte er geschlossen und innerlich beschwor er den Schmerz und das Schwindelgefühl endlich mal abzuklingen. Doch eine kurze Weile würde es wohl noch dauern, bis es ein verträgliches Maß angenommen hatte und so musste seine Umwelt damit leben, fürs erste noch ausgeblendet zu werden.
tbc (Saki, Kei):
Raum 17 - Matt beendet das Spiel