Post #4 feiert seine eigene Party.
Oho! Wer hätte gedacht, dass Kyōran am heutigen Tage so viel Spaß haben würde? Wie hoch war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass das kleine Zylinderträgerlein und der große, wunderschöne Brünette sich kannten? Es gab Shinobi, welche in beiden Fraktionen äußerst bekannt waren, aber gehörte wirklich einer der beiden zu diesen? Um ehrlich zu sein, wollte Kyōran sich über solche Dinge keine Gedanken machen. Grade zählte das Hier und Jetzt, und nicht etwa das, was sich erst in Wochen, Monaten oder Jahren abspielen würde, wenn sich die beiden eines Tages wiedersehen würden und erkannten, was sie hier getan hatten… Dabei spielte die Tatsache, dass sie sich beide nicht enttarnen durften, eine wirklich große Rolle. Wohlmöglich hätte ansonsten schon längst einer der beiden dem anderen seinen Namen verraten, nur um zu sehen, ob sie einander kannten… Aber die Gefahr bestand noch immer, dass sie einander töten könnten, wenn sie Feinde waren. Eigentlich traurig, dass man eine so schöne Romanze so geheim halten musste, sogar untereinander… Aber auf der anderen Seite wäre es unter anderen Umständen wahrscheinlich niemals so weit gekommen. Das war wohl der Zauber, welcher bei einem solchen Maskenball in der Luft lag…
Nunmehr war Kyōran gespannt darauf, was sein Gegenüber auf seine Frage antworten würde. War es bereit einen Schritt weiterzugehen und diesen Tanz mit dem Charmeur zu Ende zu tanzen? Im niedlichen Gesichtchen unter der Hutkrempe ließ sich erkennen, dass das, was er für ein Mädchen hielt, wahrhaft darüber nachdachte. Oder war es doch etwas anderes? Momentan schätzte er, dass es sich hierbei um die Antwort auf die Frage handeln musste, denn er konnte ja nicht ahnen, was sich im Kopf des Zylinderträgers abspielte. Verzeihung, Zylinderträgerin. Mehr als angespannt wartete der Größere auf eine Antwort, doch diese erklang nicht. Stattdessen ruhte die schmale Hand weiterhin auf der Brust des Mannes und eine andere Stimme erklang. Grade eben hatte er sich noch gefragt, wann es denn endlich losging, doch nun wünschte er vielmehr, dass sie noch mehr Zeit hatten. Denn mit dem ersten Wort, welches über die Lippen der Redner ging, wurde die Zweisamkeit der Shinobi zerschlagen. Alle wandten sich voneinander ab und gespannt den Rednern zu. Auch Kyōran drehte den Kopf etwas zur Seite, aber nur so weit, dass er noch ein Auge auf seine Tanzpartnerin hatte. Dabei zischte er: »Das war’s dann wohl mit Spielen, Hibiko-hime… Die Feierstimmung ist nun sicher vorüber.« Ebenso veränderte sich der Blick des Mannes und die Augenbrauen zogen sich kraus zu einer wahrhaft ernsten Miene. Nur spärlich lauschte er den Worten der Redner, auch wenn er zugeben musste, dass die weibliche Rednerin, mit den bezaubernden Katzenohren, seine Aufmerksamkeit schon ein wenig von seiner Begleiterin abgelenkt hatte. Zumindest für wenige Sekunden hatte sie das Herz des Brünetten in ihren Bann gezogen. Jedoch verblieb die Idylle nicht lang, da etwas, oder eher jemand, dazwischenkam. Derjenige, welcher grade die traumhafte Szenerie zerstörte, ertränkte die Worte der Redner in der roten Flüssigkeit, welche er überall verbreitete. Nachdem er seinen Mund von lästigen Flüssigkeiten befreit hatte, verkündete er etwas, was dem Bild, nicht nur durch das erbrochene Blut, einen bitteren Beigeschmack gab. Gespannt beobachtete Kyōran, wie die Schönheit, samt den Katzenöhrchen, dem, von Kyōran kaum beäugten, Redner in die Arme fiel und sich über den Dreck beschwerte. Nunja, die Shinobi wussten alle noch warum sie hier waren, da war sich auch der Brünette sehr sicher und sie alle hatten auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet, an diesem Abend Blut zu sehen, doch diese zufällige Begebenheit war doch für den Geschmack des brünetten Shinobi etwas zu „zufällig“. Vor allem aber diese „Sie sind hier“-Szenario klang, als wäre es einem schlechten Horrorfilm entsprungen.
Wenig begeistert ließ Kyōran seinen Blick durch die Menge wandern, wo alle still und scheinbar starr vor Schock waren. In den Gesichtern der Damen spiegelte sich meist Ekel und in denen der Herren Entsetzen, während sie rein zufällig die Körper der Damen an sich pressten. Widerliches Pack, konnten sie nicht wenigstens offen zu ihren Gelüsten stehen? Da nutzten sie lieber einen Todesfall, um die oft in Korsette gepressten, üppigen Brüste an ihren Körper zu drücken. Kyōran jedoch kommentierte dies nur mit einem abwertenden Zischen, während er seine Hand auf die seiner Begleitung legte. Nicht weit entfernt von Hibiko und Kyōran zeigte sich übrigens der sogenannte „Fremdkörper“, welcher zuvor lautstark danach gefragt hatte, ob er denn etwas verpasst hätte. Nein, noch hatte er tatsächlich nichts verpasst gehabt, aber dieses Schauspiel sollte er dann jetzt auch gesehen haben. Das Klirren des zerbrochenen Weinglases machte den Brünetten wieder auf ihn aufmerksam, als sich der komisch abwesend wirkende Typ durch die Masse quetschte. Neugierig beobachtete das Schauspiel, bis das Wort Tot erklang und Kyōrans Interesse mit dem einsilbigen Wort rasch verflogen war. Ein kaum hörbares Seufzen ging von dem Brünetten aus. Ihm entging allerdings absolut nicht, dass sich niemand mehr um die Leiche scherte, fast so als würden alle denken, was er grade dachte: »Was für ein lächerlich makabres Schauspiel, oder Hibiko-chan?«, murmelte er seiner Begleitung leise zu, obwohl diese scheinbar mit ihren Gedanken scheinbar ganz woanders war. Der Brünette schien sichtlich gelangweilt von der Show und seine Partnerin grinste bis über beide Ohren. Hatte sie da etwa grade Blut geleckt? Sie war wahrhaft ein erstaunliches Wesen, wenn man sie mit den anderen Anwesenden verglich, welche ihre Emotionen ja so ganz anders deutlich machten. Als Hibiko ihn ansprach, hatte Kyōran sich grade ein großes, ja wirklich riesiges, Glas Rotwein, randvoll gefüllt, geangelt und nippte nicht etwa Gentlemanlike daran, sondern sog es mit einem Zug leer. Wo war seine Etikette geblieben? Oder musste er sich nun vor lauter Langeweile die Kante geben? Danach stellte er das Glas zur Seite und erhaschte mit ernster Miene die Worte des Zylinderträgerleins. Hastig trat er einen Schritt näher heran und hob die Hand, von der sich nun Zeigefinger und Daumen abspreizten und die Wangen des zarten Geschöpfs zu einem Knutschmund zusammendrückten. »Aber, aber, Hibiko-sama.«, hauchte er leise und ein schelmisches Grinsen zeigte sich auf seinen Lippen. »Hüte deine Zunge, so spricht man nicht über Tote.« Nun erschien es fast so, als würde der Brünette absichtlich in der Anrede hin und her springen, nicht wahr? Er wirkte grade, als wolle er dem kindlichen Geist noch etwas Erziehung nahe bringen, obwohl er dafür etwas sehr nahe kam und ein wenig sehr viel Intimität ausstrahlte. Im Augenwinkel beobachtete er, wie einfach alles seinen Lauf ging. Wahrscheinlich würde niemand die Leiche beachten, wenn nicht grade Fliegen darum kreisten, oder etwa ein kindlicher Geist wie Hibiko lachend darauf rumsprang. Gespannt lauschte er wieder den Worten seiner Begleiterin und lächelte sie nun erstaunlich warm an, ganz im Gegensatz zu dem vorherigen Lächeln, schien es nun so ehrlich. »Fürchtest du dich etwa, Hibiko-hime?«, begann er mit besorgtem Unterton. »Wenn du weiterhin so ein braves Mädchen bist, verspreche ich dir, dass ich dich vor allem schützen werde.« Das warme Grinsen auf seinem Gesicht erlosch, mitsamt der letzten Silbe, welche über seine Lippen ging. »Weißt du, ich fürchte mich vor Nichts und Niemandem und selbst wenn es sich hier um eine dritte Fraktion handelt, die versucht uns gegeneinander auszuspielen und abzuschlachten, werde ich alles Notwendige dafür tun, um meinen eigenen Kopf so wohlbehalten wie möglich wieder aus dieser Schlinge zu ziehen.« Ein gelangweiltes Seufzen drang über seine Lippen, nachdem er diese Worte dem Hutträger so leise zugetragen hatte, dass sie nur für dessen Ohren bestimmt waren. »Also, lass uns nicht rätseln, sondern lieber schauen was und hier so passieren wird. Das Schicksal kann ohnehin niemand ändern. Ich habe jedenfalls nicht vor mir hier von irgendjemandem Panik machen zu lassen, wegen einer solch lächerlichen Inszenierung.« Mit diesen Worten reichte er Hibiko erneut die Hand hin, so als forderte er sie schon wieder zu einem neuen Tanz auf, diesmal würden sie aber einen anderen Tanz antreten… Und von dem Rotwein, den er sich zuvor einverleibt hatte, war nur noch ein roter Schleier auf seinen Wangen zu erkennen. Trotz dem so sicheren Auftreten schien er körperlich nicht mehr ganz nüchtern zu sein. War das denn eine gute Idee als Shinobi?