Schwer atmend blickte Katsu seinem Bruder entgegen, die scharfe Klinge in der Luft fixierend. Seine Situation war nicht die beste, der eigene Körper war in einem durchaus schlechten Zustand, dennoch dachte er nicht ans aufgeben. „Wir sind hier noch nicht fertig…“, brachte er mühsam hervor. Das fehlende Gefühl kehrte schnell in seinen Körper zurück, seine Muskeln schienen mit neuer Energie durchströmt zu werden. Seine Haut veränderte sich, wurde beinahe kalkweiß, während der Schmerz verebbte. „Koketsuatsu.“
Imatos Augen weiteten sich, schnell ließ er seine Klinge herabschnellen, in der Hoffnung, nicht zu spät zugeschlagen zu haben. „Stirb!“, schrie er. Der geschliffene Stahl schlug mit voller Wucht ein, ließ das zerstörte Material der Hütte erneut zersplittern. Noch bevor er überhaupt reagieren konnte, verschwand sein Bruder aus seinem Sichtfeld und tauchte einige Meter hinter ihm wieder auf. Die Hand ausgestreckt, auf Imato zeigend, Blut in seinen Fingerspitzen sammelnd, bereitete er sich auf den Gegenschlag vor. „Shukketsu-pìsutoru!“ Kleine, rote Nadeln schossen aus seinen Fingerspitzen, nahmen in ihrer Geschwindigkeit und Streuung beinahe jegliche Möglichkeit zum Ausweichen. Imato konnte zwar eine Reihe der Geschosse mit seinem Schwert parieren, einige der kleinen Nadeln fanden dennoch den Weg zu seiner Haut, bohrten sich in sie und übertrugen Katsus Blut in seinen Blutkreislauf.
Ohne auch nur an eine Pause zu denken, setzte Katsu gleich zum nächsten Angriff an. Solange er sein Koketsuatsu noch aufrecht erhalten konnte, musste er diesen Kampf ein Ende bereiten. Seine Blutreserven waren schon durch den Einsatz des Blutklons vorbelastet, die Verletzung, die er durch den Angriff seines Bruders erlitten hatte, sowie das Blut, was er alleine wegen dem Einsatz dieser Technik verbrennen musste, machten schon einen großen Teil seines Vorrates aus. Geschwind formten seine Finger eine kleine Reihe von Seals, seine Lippen bewegten sich geschwind, murmelten den Namen der Technik, die er einsetzte.
„Ukketsu no kyoka.“
Imato hatte sich inzwischen kampfbereit umgedreht, sein Schwert lag ruhend in seinen Händen. In seinem Kopf geisterte schon herum, dass die Zeit nun auch gegen ihn spielte, das Blut seines Bruders sich unvermeidbar vermehren würde. „Damit kommst du nicht davon, Katsu!“
Das Schwert blitze kurz auf, Imato rannte auf seinen Bruder zu, das Ziel der Rache deutlich vor seinen Augen schwebend.
Ein kurzes Grinsen huschte über seine Lippen, als er auch sein Kurzschwert zog und mit einem Sprung seinem Bruder entgegenkam. Blanker Stahl traf aufeinander, Funken sprühten unter den Kräften, die die Schwerter aufeinander ausübten. Ein Ausfallschritt nach hinten, das Schwert nach hinten ziehend, ehe Imato sein Schwert erneut nach vorne schnellen ließ. Wieder parierte Katsu, machte ein paar kleine Schritte, ehe er zu einem Hieb seinerseits kam. Der Stahl tanzte, dass Geräusch von aufeinanderprallenden Stahl erfüllte die Luft. Beinahe eine Minute lang umkreisten sich die beiden Jäger, versuchten immer wieder gezielte Stiche gegen ihren Gegenüber zu setzen. Schließlich war es Katsu, der mit einem starken Schwerthieb seinen Bruder zurückstieß, einige Meter Raum zwischen ihnen entstehen ließ. Er musste ein bisschen Zeit schinden, damit das Ukketsù-Juijitsu seine Kraft entfalten konnte.
„Du hast Recht, Imato. Du warst mir in eigentlich allen körperlichen Dingen seit jeher überlegen gewesen. Nur der Umgang mit unseren Clantechniken schien dir schon immer Probleme zu bereiten.“ Das Schwert verschwand in ihrer Scheide, ruhig stand Katsu da, blickte seinem Bruder mit geduldigen Augen entgegen. „Es ist aber nicht der fehlende Umgang mit diesen Techniken, die unsere Eltern dazu gebracht haben, mich zum Oberhaupt des Clans zu ernennen. Deine egoistische Einstellung und dein Hang zur Gewalt waren es, die dir deinen Platz genommen haben!“
Sie waren als Zwillinge aufgewachsen, haben schon im Mutterleib dieselbe Aufmerksamkeit bekommen, wie in den ersten Jahren ihres Lebens. Erst als sie Genin begann sich ihr Verhalten zu verändern. Katsu lernte, geduldig zu werden, den Nächsten zu achten und andere zu beschützen. Anders Imato, er verfing sich im Wunsch, der Stärkste aus seinem Clan zu werden, egal, welche Mittel hierfür möglich waren…
„Behalte deine Reden für dich und lass Taten sprechen, Bruder!“
Den Kopf schüttelnd machte sich Katsu auf den letzten Schlagabtausch bereit. Seine Blutreserven neigten sich langsam dem Ende zu, das Koketsuatsu müsste er bald auflösen. Jetzt konnte er nur hoffen, dass die Zeit gereicht hatte.
Mit einem lauten Schrei rannte Imato auf ihn zu, das Schwert schlagbereit in seinen Händen. Noch einmal atmete Katsu tief durch, ehe sein Bruder schon vor ihm stand, das Schwert nach seinem Körper schnellen ließ. Der Angriff war zu erahnen, so konnte Katsu ihn lesen und sofort einen Konter einleiten. Einen Ausfallschritt zur Seite ließ die Klinge ins Leere laufen, ein gezielter Schlag auf sein Handgelenk und die Klinge verließ den Griff Imatos. Der nächste Angriff war kaum zu verfolgen, ein Aufwärtshaken, gefolgt von mehreren gezielten Schlägen auf die Vitalpunkte auf Höhe der Brustgegend, ehe er sich wieder vom Gegner entfernte, in eine Defensivhaltung wechselte. Das Koketsuatsu löste sich, die Nachwirkungen des Blutverlustes erfassten seinen Körper. Sein Schädel brummte, die Welt um ihn herum schien sich ein wenig zu drehen. Seine Augen versuchten den Körper seines Bruders zu fixieren, welcher einige Augenblicke reglos auf der Stelle stand, erst nach einiger Zeit in sich zusammenfiel und den Blick auf eine Gestalt freigab, die sich ihnen langsam näherte. Die Frau, welche er am Anfang fragen wollte. Was sie wohl wollte?