Asahina liebte Politik. In erster Linie lag das natürlich vor allem daran, dass ihr Vater schon seit ihrer Kindheit immer wieder davon gesprochen hatte, wie wichtig Strukturen und Formen für das Bestehen eines Clans waren und wie viel Verantwortung als Nachwuchs des Sakkaku Clans auf ihren Schultern lag. Als einzige von den Schwestern, die das Yume korrekt einsetzen konnte, gewann sie mit ihrer Präsenz noch einmal an weiterem Wert und gerade Subaru hatte seit jeher dafür gesorgt, dass sie sich dieser Tatsache auch mehr als bewusst war. Vermutlich entsetzte es die Dunkelhaarige daher fast schon, als Akane erzählte, dass sie bisher immer recht sicher und abgeschieden von allen politischen Einflüssen gelebt hatte und daher in diesem Bereich praktisch ein Neugeborenes war. Gleichzeitig witterte Hina allerdings auch ihre Chance, denn wenn das Wissen ihrer Clanschwester wirklich noch so rudimentär war, wie diese vorgab, dann würde es praktisch ein Leichtes sein, sich diese Unwissenheit zu nutze zu machen. Man musste es nur geschickt anstellen und praktischer Weise hatte die süße, kleine Akane da gerade den perfekten Ansatz geboten. "Das ist aber ungewöhnlich, dass du da bisher so wenig von mitbekommen hast.", zwitscherte Hina liebenswert, während sie mit der rechten Hand ungeduldig an der Leine riss, um den Hund ein wenig anzuspornen, ihr zu folgen. "Aber mach dir keine Sorgen, du hast so lieb gefragt, natürlich würde ich dich einmal mit zu einem Clantreffen nehmen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie spannend das Ganze ist und wie viel es zu lernen gibt. Natürlich wird es für dich am Anfange in wenig komisch sein, immerhin kennst du dich überhaupt nicht aus, aber mach dir keine Sorgen, ich werde aufpassen, dass dir nichts passiert." Wer Hina nun genauer kannte, der würde wohl nicht darum herum kommen zu bemerken, dass ihr Lächeln einen beinahe diabolischen Ton hatte und in ihren Augen der Triumph zu glitzern schien, den sie bei diesem kleinen Erfolg verspürte. Akane-lein war ein unbeschriebenes Blatt und auch wenn Asahina keinerlei Chance hatte, sich gegen Hebi durchzusetzen oder aber ihn gar politisch wie eine Frühlingsrolle einzuwickeln, so hatte sie bei dieser anderen Sakkaku offensichtlich größeres Glück und war geradewegs dem Regenbogen folgend in einem Goldtöpfchen gelandet. Asahina war ein vorausschauender Mensch und auch wenn sie gerade für Manipulation von Seiten ihres Vaters recht anfällig war, so hatte sie mittlerweile dennoch genug Erfahrung gemacht, um zu wissen, dass es sich noch als durchaus nützlich erweisen würde, später einmal Verbündete innerhalb der Familie zu besitzen. Immerhin wollte Hina ihren Vater stolz machen und wie würde das wohl besser funktionieren, als wenn sie seinen Wünschen folgen und Clanführerin werden würde...?
Sich Akane zur Freundin zu machen bedeutete jedoch auch, dass man nett zu ihr sein musste und gerade damit tat Asahina sich merklich schwer. Gerade jetzt empfand sie das große Verlangen, ihrer Gegenüber die Leine des dreckigen Köters ganz einfach ins Gesicht zu pfeffern und dieser dieses haarige, dreckige Problem zu überlassen. Hina mochte keine Tiere, sie mochte keine Hunde und eigentlich wollte sie verdammt noch mal nicht einmal hier sein, man konnte es ihr also nicht verübeln, dass ihre Zähne fast schon knirschten, als sie sie in einer wütenden Geste noch ein Stück fester zusammen biss und sich mit ihrem letzten Rest an Selbstbeherrschung bemühte, nicht in die Luft zu gehen. Sicher, sie würde ihren Hund mit größter Wahrscheinlichkeit Toni nennen. Toni...da hätte sie ja praktisch auch den dämlichen Namen Chip übernehmen können, welchen sich Hebi zuvor für das Vieh ausgedacht hatte. Was war es mit ihren Verwandten und deren grenzenloser Unkreativität? Und wo war verdammt noch mal das Problem, dass Tier einfach unbenannt zu lassen? Hina fiel es zunehmend schwerer, an ihren guten Willen und ihre Geduld zu appellieren und ihr Lächeln hatte mittlerweile mehr etwas Gequältes, als das es tatsächlich natürlich wirkte. "...Toni. Ja...Toni ist...sehr...nett." Das letzte Wort hatte sie so zögerlich hervorgestoßen, dass selbst ein behinderter Affe ihren Unmut hätte bemerken müssen. Und was noch viel schlimmer war: dem blöden Hund schien der ätzende Name auch noch zu gefallen!
Während Asahina also missfällig beobachtete, wie Akane ihren Hund (diese Bezeichnung hörte sich selbst in ihren eigenen Gedanken schrecklich und eklig an) mit Liebkosungen übergoss, konnte sie nur darüber nachdenken, wie einfach es wäre, das Tier einfach der Jüngeren zu überlassen. Diese hatte offensichtlich Gefallen an dem Vieh gefunden und die Freude schien beiderseitig zu sein, weshalb der Gedanke grundsätzlich eigentlich gar nicht einmal so abwegig war. Wäre da nicht die unterschwellige Angst vor Hebi, die Hina daran hinderte, den Hund kurzerhand zu verschenken. Dieser wäre nämlich mit Sicherheit nicht begeistert, wenn Chip plötzlich als Toni mit seinem neuen Herrchen durch die Straßen von Sora spazieren würde. Die roten Augen der Sakkaku wanderten von dem Hund in Richtung der Stangen, die noch immer unbeachtet auf dem Boden lagen und ihre Stirn runzelte sich, als sie kurzerhand die Leine des Köters fallen ließ und ihm mit einem strengen Blick signalisierte, dass er schneller ein Kunai im Hals stecken haben würde, als er Bellen konnte, sollte er auch nur daran denken, sich von der Stelle zu bewegen. Leider wurde ihr diese Freude nicht zuteil, denn zu ihrem recht offensichtlichen Bedauern gehorchte das Tier auch noch und ließ sich auf die großen, grauen Hinterläufe fallen, von wo aus es interessiert und mehr als zufrieden die beiden Sakkakus bei der Arbeit beobachtete. "Wie werden die Dinger nun aufgebaut?" Pikiert betrachtete Asahina die Stangen, nicht unbedingt angetan von dem Gedanken, sich nun die Hände schmutzig machen zu müssen. Ob Akane wohl ihren Teil der Arbeit übernehmen würde, wenn sie ganz nett darum bat...? Immerhin hatte die süße kleine Sakkaku ohnehin ein bisschen was von einem kleinen Hundewelpen, der alles tat, um die Menschen in seiner Umgebung glücklich und zufrieden zu machen.