Sie war tatsächlich acht Jahre alt? Meine Güte, wie unverantwortlich handelten diese Eltern eigentlich, dass sie einfach so ihr achtjähriges Kind durch die Weltgeschichte wandern ließen? Dass es keine Eltern gab, die sich um dieses Kind kümmerten, das ahnte er nicht einmal. Aber zumindest hatte er erstmal ihren Namen, das war gut. Sich selbst vorzustellen, daran dachte er in diesem Moment nicht einmal. Viel gespannter war er darauf, was dieses Mädchen namens Yu ihm zu sagen hatte. Aber warum war er eigentlich gespannt? Vermutlich, nein sogar ziemlich wahrscheinlich, handelte es sich hier eh nur um ein Hirngespinst der Kleinen. Er hatte zwar nichts gegen Kinder und ihre Fantasie, aber Kei würde keinen Kunden raus werfen, nur weil ein achtjähriges Kind in den Land marschiert kam und Detektiv spielen wollte. Bis zu einem gewissen Punkt würde er noch mitspielen, aber irgendwann war Schluss.
Tatsächlich, das erste was sie über den Mann sagte, auf den sie deutete, alles andere als überzeugend. Im ersten Moment fühlte er sich bestätigt, allerdings setzte Yu noch einen drauf und von einem Moment auf den anderen hatte sie Keis Interesse geweckt. Während sie immer noch sprach, blickte er nur den Mann an, ja dieser Spion wurde geradezu von den Blicken des Shinobi durchbohrt. Tatsächlich, beim zweiten oder dritten Blick und ein wenig Kramen in seiner Erinnerung fiel auf, dass dieser Typ erstens schon eine ganze Weile hier war und zweitens seine Klamotten nicht nach annähernd so viel Reichtum aussahen wie bei dem Rest der Kunden. Selbst die kleine Yuu sah irgendwie noch edler aus als er. “Wir werden sehen... ich werde ihn mal fragen, was er zu dieser Geschichte sagt...“ Sein Interesse war geweckt. Gucken war freilich erlaubt, er konnte sich sogar seine Augen raus schneiden und über Nacht zum Gucken im Laden lassen, wenn es ihn glücklich machen würde. Geheimnisse seines Clans allerdings gehörten seinem Clan – irgendwie logisch – und das würde auch so bleiben, zumindest so lange, wie er noch etwas dagegen tun konnte.
Betont langsam ging er zu dem Kunden rüber und sprach ihn ruhig, aber alles andere als freundlich an. “Guten Tag... mir ist aufgefallen, dass Sie schon eine sehr lange Zeit im Laden sind und sich die Ware anschauen. Meine Frage wäre, ob sie noch vorhaben etwas zu kaufen und wenn nicht, warum sie dann überhaupt hier sind.“ Wenn das nicht subtil war, dann wusste er auch nicht weiter. Allerdings schien dies den „werten Kunden“ absolut kalt zu lassen. Dieser blickte ihn nur einmal von unten nach oben an und sein ohnehin schon abwertender Blick hatte jetzt noch eine Spur von Hohn zu bieten. “Geh nach Hause und spiel weiter im Sandkasten. Entweder du holst mir einen richtigen Verkäufer her, oder...“ Weiter kam er nicht, denn schon im nächsten Moment hatte er einen Kunai am Hals, den Kei aus seiner Hintertasche gezogen hatte. Nur weil er sein Stirnband nicht trug hier das nicht, dass er unbewaffnet war und das bekam der nette Herr jetzt auch zu spüren. “Entschuldigung, aber ich glaube sie haben mich nicht verstanden. Erstens bin ich hier genauso viel wert, wie jeder andere meines Clans. Zweitens bin ich ein Shinobi und hätte sie vom Beginn unserer Unterhaltung bis jetzt schon über hundert Mal töten können – auf hundert verschiedene Arten. Drittens macht sich niemand, besonders hier, über den Kajiya-Clan lustig. Viertens würde ich sie jetzt höflichst bitten zu verschwinden, denn wenn sie nicht vorhaben zu zahlen, sondern nur unsere Arbeit zu kopieren, sehe ich keinen Grund, warum ich sie wegen Diebstahl nicht zur Polizei schleifen sollte.“
Ob es an den eiskalen Worten des Kajiya oder an der Klinge an seinem Hals lag war nicht sicher, jedenfalls war der Mann offensichtlich von den Worten des Jungen überzeugt. Dennoch bewege er sich keinen Millimeter und Kei hatte wirklich das dringende Bedürfnis, diese niedere Lebensform in eine andere Welt zu befördern. “Du... wirst mich eh nicht töten. Das kannst du gar nicht! Du würdest eingesperrt werden!“ Ein Lächeln erschien auf dem Gesicht Keis. Ein Lächeln, wie es nur ein kalter Killer alias Shinobi auf dem Gesicht tragen konnte. “Wer sprach denn davon zu töten? Sie sind gestolpert und auf den Tisch mit den Angeboten gefallen, wodurch ihr ganzer Körper von den vielen, vielen Klingen total zerschnitten wurde. Wenn man nicht aufpasst kann das schon mal passieren. Wirklich hässliche Angelegenheit“ Es war wahr, Kei hätte kein Problem damit die Haut dieses Typen zu zerschneiden bis mehr Fleisch als Haut zu sehen sein würde. Er hatte genau drei Fehler gemacht: Er hatte versucht die Arbeit seines Clans zu stehlen, er hatte Kei beleidigt und ihn dann nochmal vollkommen unterschätzt. Natürlich würde er unter diesen Umständen nichts machen als dem Mann zu drohen, aber es zeigte Wirkung. Sein Gegenüber wurde immer nervöser und nervöser und sah sich hilfesuchend nach den anderen Kunden um, welche die Situation aber nur interessiert verfolgten. “Du kleiner Hosenscheißer, das bekommst du irgendwann zurück.“ Bevor Kei noch entsprechend auf Fehler Nummer vier reagieren konnte drehte sich der Mann um und verschwand schleunigst aus dem Laden. Ein tiefer Seufzer kam von dem Kajiya und er steckte den Kunai wieder weg. Unglaublich, die Kleine hatte offenbar wirklich Recht gehabt. Nun, da musste er ihr jetzt wohl irgendwie danken... vielleicht würde er ihr ja ein Eis ausgeben.