Auch Mari würde sich an diesen Ausblick gewöhnen können. Es war ein ganz anderer Blick als jener aus der Villa ihrer Eltern – noch deutlich erhobener, offener, sodass man sogar die Wälder erkennen konnte, die hinter den Stadtmauern lagen. Eigentlich war Jôsei eines sehr grüne Stadt, wie der Hyuuga hier oben auffiel. Es gab viele Bäume, Parkanlagen und Sträucher zwischen den einzelnen Gebäuden. Wenn man in der Stadt unterwegs war, verlor man dafür schnell den Blick. Aber es gefiel Mari, immerhin erinnerte es sie dadurch umso mehr an ihre Heimat Konoha, die natürlich ebenso im Feuerreich lag wie Jôsei. Insgesamt gab es viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden Städten. „Ich habe mir schon gedacht, dass es dir hier oben gefallen würde.“ Mari sah über die Schulter zurück, nachdem Hei sich von hinten angenähert hatte, seine Hände vor ihrer Hüfte verschränkte und ihr einen Kuss in den Nacken hauchte. Ein zartes Lächeln lag auf ihren Lippen. „Jetzt musst du nicht einmal mehr auf deiner Sandwolke unterwegs sein, um über die Dächer der Stadt hinwegsehen zu können.“ Ja, das war tatsächlich ein Grund gewesen, weshalb die Hyuuga sich diese Wohnung genauer hatte ansehen wollen. Sie wusste, wie sehr ihr Freund den Ausblick von seiner Wolke aus liebte – das hier oben kam dem wohl zumindest ein bisschen nahe. Und falls ihm die vielen Treppenstufen zu viel waren, konnte er seine Wolke ja auch benutzen, um nach hier oben zu fliegen – so in etwa waren zumindest die Gedankengänge der 20-Jährigen gewesen. Als Hei spielerisch nachfragte, ob die Wohnung denn auch den Ansprüchen der Prinzessin genügte, tippte diese sich einen Moment nachdenklich ans Kinn, bevor sie grinste. „Ich denke, ich könnte mich daran gewöhnen. Vielleicht insgesamt ein bisschen kleiner, als ich es gewohnt bin – aber man geht ja Kompromisse ein, nicht?“ Sie zuckte mit den Schultern und ihr Ton machte klar, dass es sich um einen Scherz handelte. Diese Wohnung bot verdammt viel Luxus, das war auch der jungen Frau klar. Und groß genug für sie zwei war die Wohnung allemal.
Der Tatsumaki löste sich von seiner Freundin, die sofort spürte, wie ein kühler Lufthauch ihren Rücken entlangstrich. Stattdessen lehnte der Schwarzhaarige an das Geländer des Balkons, verschränkte die Arme vor seiner Brust und sah die Hyuuga direkt an. Er fragte, ob die Familie der Hyuuga Bescheid wusste. Die Frage traf Mari unvorbereitet und plötzlich musste sie lachen. Vielleicht nicht ganz die Reaktion, mit der Hei gerechnet hatte. „Ich habe nicht nur mit meiner Schwester und meiner Mutter darüber gesprochen… sie haben mich in Wirklichkeit sogar tatkräftig bei der Wohnungssuche unterstützt“, gab die junge Frau offen zu, legte den Kopf etwas schief und zuckte mit den Schultern. „Nachdem du nach Suna aufgebrochen bist, konnte man mir meine vielen Gedankengänge wohl zu leicht ansehen. Jedenfalls haben Aiko und meine Mutter mich sehr unverblümt darauf angesprochen. Und naja… danach waren die beiden Feuer und Flamme und haben die verschiedensten Wohnungsannoncen mit nach Hause gebracht. Als ich mir diese Wohnung angeguckt habe, war Aiko sogar mit dabei… ich zitiere: ‘Wenn Hei diese Wohnung nicht haben will, ist er total irre!‘.“ Erneut konnte Mari sich ein leises Lachen nicht verkneifen, als sie sich an die Wohnungsbesichtigung zurückerinnerte. Die jüngere Hyuuga war so unheimlich motiviert gewesen und als sie den Ausblick von der Dachterrasse aus gesehen hatte, war Aiko endgültig hin und weg gewesen. Sie hatte sogar sofort darüber nachgedacht, wo sie übernachten könnte, wenn sie denn mal länger auf Besuch vorbeikommen wollte, falls sie sich mit ihren Eltern in die Haare bekommen würde. „Mein Vater weiß über die Pläne Bescheid, meine Mutter hat mit ihm gesprochen“, erklärte Mari dann weiter, wirkte einen Moment allerdings nachdenklich. „Er hat aber noch nicht mit mir direkt darüber gesprochen. Er nimmt es wohl einfach hin? Oder er hebt sich das Gespräch für den Moment auf, in dem wir Nägel mit Köpfen machen wollen.“ Gut, auch Shirou wusste, dass seine Tochter alt genug war, um auszuziehen. Mari war sich nicht ganz sicher, aber sie glaubte, sie war in etwa in dem Alter, in dem ihr Vater sogar bereits seine eigene Familie gegründet hatte. Mari wartete noch einen Moment, dann trat sie an ihren Freund heran, griff seine Hände und drückte leicht zu, bevor sie zu ihm aufsah. „Ich fände es auch sehr schön, hier mit dir zu wohnen“, bestätigte sie ihn und freute sich darüber, dass sie ihn – scheinbar – mit dieser Wohnung hatte überzeugen können. „Für einen von uns alleine wäre die Wohnung tatsächlich sehr teuer. Aber… für uns beide zusammen ist es gut tragbar. Ich kann dir nachher auch gerne nochmal die Annonce zeigen, da steht alles drin. Denn auch hier… hat meine Mutter wieder unglaubliche Raffinesse bewiesen.“ Was sie damit wohl meinte? Mari erinnerte sich zurück und hob dann eine Augenbraue an. „Die Wohnungen in diesem Neubauviertel sind nicht so teuer, wie man erstmal denken würde. Also klar… ein bisschen kosten sie schon. Aber sie sind von der Stadt gefördert worden, dafür müssen die Vermieter die Plätze allerdings gezielt vergeben. Sie gucken, dass sie alle möglichen Berufs-, Geschlechts-, Alters- und sonst wie Gruppen in diesem Viertel zusammenkriegen. Meine Mutter hat das über eine Freundin erfahren, die wohl die Vermieter kennt. Und nach ein paar Ninja haben sie noch gesucht. Man merkt, sie hat viele Kontakte. Naja… und dann kam noch hinzu, dass unsere Namen dem Vermieter wohl bekannt waren. Die Sache in Kurobu hat unsere Bekanntheit wirklich gesteigert. Er scheint sehr interessiert daran zu sein, dass wir hier einziehen.“ So viel zu der Erklärung. Vielleicht war der Vermieter ja ein Fan von ihnen? Der Gedanke war irgendwie merkwürdig. Aber egal woran es lag, dieser Wettbewerb in Kurobu hatte so viele negative Folgen gehabt… eigentlich war es schön, dass es auch noch positive Nebeneffekte gab. „Also…“ begann Mari dann, sah direkt in die hellblauen Augen ihres Freundes. „Wollen wir das hier zusammen angehen?“