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Die Straßen des Reichenviertels

Rutako Ingvi

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cf: Straßen der Slums

Von ganz unten nach ganz oben, hm? Dieser Täter hatte offensichtlich Ehrgeiz. Von der hässlichen, dreckigen Welt, die die Slums darstellten, ging es rasant hinauf zu den Reichen und Schönen, und man begann, sich zu wundern, wie dieser Mann damit davonkommen konnte. Es war sicher keine Herausforderung, mit ein paar Slumbewohnern umzugehen, die sich vermutlich auch gegenseitig Tag für Tag umbrachten – Beweisstück A hatte der Rutako ja zuvor den Hintern versohlt.
Fast noch interessanter als der plötzliche Wechsel zwischen niedrig und hoch war für Ingvi aber, was wohl mit der Leiche angestellt worden war. Bis eben hatte er kaum gemerkt, dass mit einer Ballerina etwas schönes, elegantes aus dieser schmutzigen, wertlosen Frau geworden war, etwas, das nicht weiter von ihrem echten Leben hätte entfernt sein können. Der Gedanke kam ihm jetzt, weil sie sich jetzt an einem Ort befanden, den diese Frau in ihrem echten Leben ebenso wenig erreicht hätte, und noch dazu einen Ort, dessen Bewohner als schön und elegant angesehen wurden – genau wie die Ballerina von zuvor. Mit diesem Gedanken konnte Ingvi kaum erwarten, zu sehen, was aus diesem Opfer geworden war. Konnte es gar sein, dass dieser Mörder mehr darstellen wollte als sein Bild von Kunst? Gesellschaftliche Kritik? Vielleicht sein Bild einer revolutionären Handlung? Oder einfach nur, was er tatsächlich hinter diesen Menschen zu sehen glaubte? Gut möglich, dass nichts von alledem zutraf, aber ob die Möglichkeit bestand, dass es so war, würde sich wohl erst sagen lassen, wenn sie ihr nächstes Opfer vor Augen hatten. Er konnte es gar nicht mehr erwarten...
Wissen wir irgendwas... über das Opfer...?“, fragte der Rutako, während die kleine Gruppe durch die Straßen des Reichenviertels schritten. Irgendwie kam es ihm vor, als würden sie hier falsch wirken. Als würden diese vier Shinobi hier nicht herein passen, jedenfalls nicht als Gruppe. Eigentlich war ihm das aber egal. Er war hier, um seinen Job zu erledigen, und genau das würde er auch tun. Ob er dabei zur Ästhetik des Ortes beitrug oder sie eher zerstörte, war dabei ziemlich egal...
 

Sakkaku Hebi

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Die Mädels dieses Teams waren seltsam. Wirklich seltsam. Die eine ging in der Zwischenzeit, in der sie nicht zu sagen hatte, kotzen, während die andere total unvermittelt zu fluchen begann. Von Himeko hatte er nichts anderes erwartet, konnte sich schließlich jeder vorstellen, dass der Anblick einer verwesten Toten Übelkeit im Körper eines zarten Seelchens heraufbeschwören würde, aber dass Umiko Schimpfwörter benutzte, die sonst nur aus Hebis Mund entstammten, ließ selbst ihn für einen kurzen Moment aufhorschen und sie fragend anschauen. Sonst war sie eigentlich immer eher die Ruhige des Teams, die mit ihrer Meinung zurückhielt, aber das...? Vielleicht hatte Hebi sie ja falsch eingeschätzt und ihr machte die Tote mehr zu schaffen, als es die ersten Momente über den Anschein machte? Nichtsdestotrotz sollte man nicht einfach ignorieren, was sie zuvor sagte. Für sie wirkte die Leiche also wie eine dieser Modellholzpuppen? Von der Seite aus hatte Hebi das noch gar nicht betrachtet. Dann bedeutete das, dass der Mörder hier lediglich übte, oder was? Sonst bisschen Kunst muss ja auch ordentlich in Szene gesetzt werden, sollte man meinen. Da machte es auch Sinn, dass die Alte in den Slums hingerichtet und ummodelliert wurde.
Als die Yuuadri dann scheinbar total fertig den Raum verließ, war er allein mit Ingvi in eben jenem. Er selbst schaute sich noch einmal richtig um, diesmal würde er aber wirklich nichts finden, das Aufschluss geben könnte. Nun, bis der Rutako sich an ihn wandte.
Richtig, irgendwas ist komisch. Eigentlich könnte man sogar behaupten, dass nichts hier normal wäre und Ingvi einen Captain Obvious-Stempel auf die Stirn drücken, aber auch das nur, wenn man nicht wusste, wovon der Rutako sprach. Die unterschiedlichen Todeszeiten der Opfer sind wirklich alles andere als normal und nichtssagend. Ob sich dahinter vielleicht eine Art Muster verbarg? Hebi wusste es nicht, aber was man aufgrund der letzten Handlungen seinerseits annehmen konnte, war etwas, das von zentraler Wichtigkeit sein könnte: „Es ist vermutlich nicht nur einer.“, sagte er und schaute seinem Kumpel mit verengten Augen entgegen. Er schien zu überlegen. „Leider können wir aber nicht fest davon ausgehen, da wir nichts über die Leichen in den Allianzreichen wissen. Ich weiß nicht einmal, um wie viele es sich da handelt.“ Dreckige scheiß Arschlochverwaltung. Schickte sie einfach ohne Informationen auf eine Mission.

Im Reichenviertel angekommen schien alles beim Alten. Noch immer regnete es, aber das machte die riesigen Häuser und Villen nicht weniger protzig und angeberisch. Auch die Vorgärten waren gepflegt bis zum Gehtnichtmehr, die Nachbarn unterhielten sich unter einem Regenschirm getarnt über die anderen und tuschelten auch über die Gruppe an Genin, als sie an ihnen vorbeikam. „Offensichtlich scheinen sich die Leute hier nicht allzu sehr an dem Tod eines Freundes zu stören.“ Immerhin waren sie bereits in umliegender Nachbarschaft des Tatortes angekommen. Und Himmel – Das Haus eben jenes stand da, als wäre nie etwas passiert. Keine Absperrung, keine Leute, die einen davon abhalten wollten, da jetzt hereinzugehen – nichts war da, absolut nichts. Ehe sie dort aber vollkommen ankamen, wandte sich Ingvi noch einmal an den Sakkaku. Ob sie etwas über ihn wussten? „Ja, aber nur, weil ich den Typen persönlich kannte. War einer der Sorte, die immer zu jedem super freundlich war und selbst hintenrum nie über die anderen hier lästerte, ließ sich dafür aber umso mehr von den Idioten ausnutzen. Soweit ich weiß, hatte er auch 'ne Frau und zwei Kinder – Akashi und Kenta. Nervige, verzogene kleine Mistwänster, sag ich euch.“ Für ein wirkliches Mordmotiv sprach das also eher weniger. Vielleicht hatte ja der Rest der Familie eher den Dreck am Stecken und bildete den eigentlichen Grund für seinen Tod?
War die Gruppe erst einmal im Haus angekommen, mussten sie feststellen, nichts feststellen zu können. Selbst nachdem Hebi den Lichtschalter betätigte und den ohnehin schon ziemlichen hellen Raum noch weiter erhellte, war nichts Verdächtiges zu erkennen. Sie hatten zwar die Möglichkeit, das gesamte Haus nach der Leiche zu durchsuchen, aber das machte wenig Sinn, wenn die seinen Informationen zu Folge irgendwo hier sein müsste. Also wo...? Der Sakkaku richtete seinen Blick gen Boden, in der Hoffnung, dass dort einige Blutspuren wären, denen sie folgen könnten. Aber nichts, mal wieder. Als sein Blick dann Richtung Himeko glitt, fiel ihm etwas auf. Seine Augen hafteten immer noch unten auf den Fließen, aber da war ein Schatten – und der stammte eindeutig nicht von dem braunhaarigen Mädchen. Sofort beschlich ihn eine böse Vorahnung.

Er schaute nach oben, observierte dabei peinlichst genau jeden einzelnen Zentimeter, der ihm dabei in die Augen fiel, um auch nichts zu übersehen, doch dann fing sein Blick etwas, das ihm mehr als nur befremdlich vorkam. Da oben auf dem riesigen Kronleuchter saß etwas. Es besaß eine menschliche Statur, nur irgendwas hob diese Gestalt deutlich von einem Menschen ab. Hebi meinte, hinten am Rücken Flügel zu erkennen. Eigentlich sollte nicht so schwer zu erkennen sein, was es war, ab- „Krass.“ Just in diesem Moment realisierte er, dass er die Leiche gefunden hätte und schaute sie einige Sekunden lang ungläubig an. Sie war, wie man bereits erahnen konnte, an den Kronleuchter gebunden, schien darauf zu hocken und legte dabei die Arme um die Kabel des Lichtspenders herum, nahm mit ihnen eine betende Position ein. Doch das war nicht einmal das komischste an der ganzen Sache, nein – der Tote erstrahlte in einem penetrant hellem, gelben Ton, als hätte ihn jemand mit einer solchen Farbe angemalt. Und die Flügel... Hebi ging einmal herum, um zu sehen, was da los war. „Er hat ernsthaft die Rückenhaut benutzt, um die Flügel herzustellen? Was zur...“ Wenigstens hat sich der Mörder die Mühe gemacht und dem Toten ein weißes Tuch um den Unterkörper gebunden. Diesmal stank auch nichts, seltsamerweise.
Allerdings brachte der Tote ihnen nicht viel, wenn er ungefähr fünf Meter über ihnen hing und erkennen konnte man so ja auch kaum was. „Holt ihn runter. Wir müssen ihn untersuchen.“
 

Isuzu Himeko

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Konnte man behaupten, dass es eine Erlösung sondergleichen war, die halbe Zeit hier draußen zu verbringen und seinen Mageninhalt in der Gegend zu verteilen? In Anbetracht dessen, was sie in diesem Holzverschlag von einem Häuschen erwartete, konnte man das definitiv! Hier draußen gab es keine seltsam entstellten Leichen, keine Möbel voller Körperteile und keinen grauenerregenden Gestank, der einfach unmöglich zu ignorieren war. Dennoch war Himeko nicht freiwillig dort draußen und ließ sich – schon wieder – ihr Essen noch mal durch den Kopf gehen, nein. Ihr Magen rebellierte, und das würde er ganz sicher noch einige Male auf dieser Mission tun. Und ob man es als Glück oder Unglück betrachten mochte: Danach war sie ganz sicher im Umgang mit Leichen abgehärtet. Nicht, dass sie das hier irgendwann mal auch nur im Ansatz akzeptabel finden würde, oder dass es ihr irgendwann egal wäre, aber mit etwas Glück hätte sie ihren Drang, sich bei diesem Geruch, dem Geräusch der Tausenden Fliegen, diesem imaginären, schmatzenden Geräusch des Zerfalls zu übergeben bis dahin unter Kontrolle und könnte vielleicht sogar ein bisschen nützlich sein. Diesmal kam allerdings nicht mehr viel raus, wie auch, war ja nix mehr drin, hm? Gerade rechtzeitig, mit dem Aufbruch der Gruppe zu einer neuen Stätte des Grauens, beruhigte sich Himekos Magen gerade eben gut genug, um dem Rest des Teams hinterhertorkeln zu können und sich irgendwie doch zu einem schiefen Lächeln durchzuringen, während sie, wie auch auf dem Hinweg hier und dort kleine Almosen verteilte. Das dankbare Lächeln der Kinder drang jedoch nur noch gedämpft zu der Brünetten durch, die noch immer eine Spur blasser war, als gewöhnlich.
Der Weg der Gruppe führte scheinbar direkt ins Reichenviertel, das sie während ihrer letzten Mission schon in Augenschein nehmen durfte – ihr wurde während der damaligen Mission nahegelegt, insbesondere hier nie der hellen Fassade zu vertrauen, aber schlecht war sie damit nicht gefahren. Jetzt aber sah irgendwie alles hier fad aus, grauer als vorher, obwohl sich hier nicht viel verändert hatte. Der Grund, der das Mädchen diesmal hier hertrieb, schaffte es vermutlich, einfach alles, was sie sah, auf eine seltsame Art hässlicher zu machen, als es war – und zu allem Überfluss regnete es noch immer in Strömen. Inzwischen hatte sich die Brünette ihr mausgraues Regencape übergezogen, um zumindest der Kälte irgendwas noch so kleines entgegenzusetzen – der Regen selber störte Himeko schließlich nicht. Um diesen paar grad willen, die ihr dieses Teil spenden mochte, behielt sie die Regenfeste Kleidung auch noch an, als sie den nächsten Tatort erreichten. Einige Sekunden konnte Hime hoffen, hier nichts zu finden und einfach wieder verschwinden zu können. In der Tat fand sich hier zumindest offensichtlich keine Leiche. Das Mädchen war nicht wenig erleichtert, dass ihr zumindest das hier erspart blieb, als sich das Blatt wendete. Ihr Gruppenleiter fand ein seltsames Interesse an den Füßen des Mädchens, das sich bald auf etwas über ihr richtete und von einem schwer einzuschätzenden Ausspruch begleitet wurde. »Hä?« Dass ihre ganz normalen Schuhe so toll wären, einen derartigen Ausspruch zu rechtfertigen, wäre dem Mädchen neu – außerdem machte gerade Hebi sich bestimmt nichts aus Schuhen … oder? Himeko jedenfalls ging nicht davon aus, und folgerte, dass er irgendwas anderes total krass finden musste – und dass dieses Etwas sich gerade genau über ihr befand. Das Mädchen erschauderte und quasi sofort fiel jedes Gramm der Erleichterung, die sie sich zuvor gegönnt hatte, von ihr ab: 'Wir haben die Leiche gefunden.' Als wären diese menschlichen Überreste magnetisch, wurde Himekos Blick unaufhaltsam und vornehmlich gegen ihren Willen genau darauf hingezogen – und das, was sie dort sah, war nicht ansatzweise so schlimm, wie das, was sie vorher in der alten Holzhütte hatte ertragen müssen. Der Gedanke, es handele sich um einen betenden Heiligen, kam der Brünetten unweigerlich, die gesamte Aufmachung schrie förmlich danach. Die seltsame Farbe, die die Leiche bedeckte, das Tuch um den Unterkörper, die Haltung; einfach alles. Himeko war allerdings lernfähig, deshalb ging sie davon aus, dass hier sicher noch irgendwelche Perversitäten versteckt sein mussten.

Die Anweisung, den Kronleuchter, auf dem die Leiche hockte, herabzulassen, kam bei Himeko an, aber ihr fehlten dazu schlicht die Mittel. Dass es normalerweise hinter irgendeiner Gardine einen Schalter gab, der die Kronleuchter eines Raumes senkte, um die Birnen besser wechseln zu können, wusste die Hobbyschwimmerin nicht und um die rustikalere Methode anzuwenden, hätte sie deutlich mehr Muskeln gebraucht. So musste sie sich wohl oder übel darauf verlassen, dass das ein Anderer für sie erledigte – und der Anblick aus diesem erhöhten Winkel hätte ihr vermutlich auch nicht gefallen. Was von unten nach einem Bildnis der Reinheit aussah, war, wenn man sich über dem Körper des Toten aufhielt, ins komplette Gegenteil verkehrt; der Leuchter war auf der gesamten Oberseite vorsichtig mit Blut beschmiert worden und die betende Haltung, insbesondere das in den Himmel gerichtete Gesicht zeigte kein in sich gekehrtes Gebet, sondern wahnsinniges Amüsement, übertriebene Freude fast. Nur wenn man ganz genau hinsah, ließ sich darüber hinaus noch erkennen, dass die Blutschmierereien auf dem ringförmigen Leuchter nicht nur planlose Spuren waren, sondern stilisierte Runensymbole darstellten. Es waren natürlich keine echten Runen, aber sie sahen für jemanden, der von solchen dunklen ritualen keine Ahnung hatte, eben einfach täuschend echt aus. Das Gesamtbild dieses Opfers war – um es vorsichtig auszudrücken – ein Bildnis an Perversion. Thronte das Opfer über dem Betrachter, sah man beinahe einen Heiligen, der inbrünstig ins Gebet vertieft war; kniete es in niedriger Position vor einem, stellte sich dieses Arrangement als niederträchtiges Ritual voller unbändiger Freude und kaum im Zaum gehaltenen Wahnsinns dar, das nur dem einen Zweck diente, mithilfe eines Fantasiebannkreises wer weiß wie dunkle Mächte zu beschwören.
 

Yuudari Umiko

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Nachdem sie sich einige Sekunden an der Hauswand die Zeit genommen hatte durchzuatmen, wurde es besser. Sie hatte nicht mehr das schrille Geräusch der schreienden Toten im Kopf und konnte endlich ihre Konzentration wieder zusammensammeln. Was für eine anstrengende, erste Begegnung mit dem Tod in dieser Mission. Wären es nicht so Viele gewesen, hätte Umiko selbst bei solchen Schreien versucht mit ihnen zu kommunizieren, doch da sie so feindlich gesinnt war, konnte sie sich denen nicht stellen. 13 überaus wütende und aggressive Geister waren für die junge Yuudari noch nicht so leicht in den Griff zu kriegen. Als die beiden Jungen zu guter Letzt auch noch das Haus verließen, wandte sich Ingvi an die Yuudari und erkundigte sich, ob es ihr gut ging. Ein wenig irritierte sie diese Frage gerade von dem kühlen Rutako. Vermutlich ging es ihm nur um die Mission und nicht um Umiko, aber es war eine Frage, welche die Kunoichi ohne Frage nicht gewohnt war. Stumm nickte sie und schluckte, bevor sie ihm ein kleines Statement gab. Sie konnte nicht allzu viel sagen, da es um Angelegenheiten ihres Clans ging, aber sie war sicher, dass er verstehen würde: „Die Toten waren sehr aufgebracht.“ Obwohl das kein Ausdruck für dieses Schreien war, dass noch immer in ihren Ohren nachhallte. Es war ihr durch Mark und Bein gegangen… Sie hätte es zu gern ihren Kollegen gezeigt, aber das war unmöglich… Es ließ jedoch einen Schluss zu: Der Mörder quälte mit einer Leidenschaft, welche die Seelen selbst nach ihrer Ruhe nicht losließ. Normalerweise vergaßen viele Geister ihr Leben und ihren Tod, aber diese hier waren so gepeinigt worden, dass sie dies auch noch immer ausdrückten… Welch gruseliger Gedanke… Davon könnte sogar die Yuudari Alpträume kriegen und die war einiges gewohnt…

Im Reichenviertel angekommen, ging es ihr endlich wieder besser und der Kopfschmerz ließ nach. Sicherlich konnte man davon absolut gar nichts sehen und sie versuchte sich schon auf den folgenden Fall zu konzentrieren. Umiko hoffte sehr, dass sich dahinter nicht wieder mehr als ein Toter verbarg, da dies die Situation so unerträglich gemacht hatte. Als Ingvi fragte, ob man über das Opfer etwas wüsste, war Umiko fast erstaunt darüber, dass Hebi darauf tatsächlich eine ziemlich genaue Antwort wusste. Welch Zufall, dass er diese Person wirklich gekannt hatte. Gut war es aber, dass es nicht allzu persönlich war, sonst hätte er dort vermutlich gelitten… Ach, was dachte sie da nur? Es gab sicher nur wenige Menschen, deren Tod jemanden wie Hebi berühren konnte. Selbst wenn er dabei war, würde es ihn bei einigen nicht einmal wehtun, da für ihn der Tod offenbar eine Art Schauspiel war. Die Person schien ein guter Mensch zu sein, wobei sich die Frage stellte, wie er dann in eine solche Situation gekommen war. Der Täter war doch sicher nicht ins Haus geschlichen, das passte gar nicht so recht zu ihm, oder? „Vielleicht hat er ihn, in seiner endlosen Gutmütigkeit, sogar einfach ins Haus gelassen…“, murmelte die Yuudari nachdenklich. Sie konnte sich vorstellen, dass der Mörder jemand war, dem seine Opfer etwas bedeuteten… Auch wenn man da von einer kranken und abartigen Art reden musste, aber er tötete sicher nicht willkürlich, oder? Das hatte nicht viel mit Kunst zu tun…
Als sie in dem teuren, prunkvollen Haus angekommen war, suchten sie nicht lange nach der Leiche. Kaum machte Hebi in einem der Räume das Licht an, starrte er schon an die Decke und drückte seine Bewunderung über das Bild aus. Umiko trat einen Schritt unter dem Kronleuchter weg, da es ihr ein wenig unangenehm war, wenn jemand so Schweres auf dieser Konstruktion saß. Wenn er fiel, waren sie alle Platt. Er war erneut sehr kunstvoll positioniert, nun aber nicht etwa wie eine Puppe, oder Ballarina, sondern eher wie eine Art Statue eines Gläubigen, wobei man hier eher von einer Art satanistischem Kult sprechen musste. Die Flügel aus seiner eigenen Haut waren eine besondere Form der Abartigkeit… und auch die ganze Pose war unglaublich genau definiert worden. Umiko betrachtete das getrocknete Blut, welches in einer Art Zeichensprache dargestellt wurde… Was war das hier? Ein wenig erinnerte sie eine Person auf einem Kronleuchter an einen Gargoyle, allerdings sah er dafür zu glückseelig aus. Vielleicht war es eine Art gefallener Engel, der den Schöpfer darum bat zurückzukehren oder er wurde sogar erlöst? So oder so war die Ballarina dafür möglicherweise eine Art Vorübung gewesen… Aber wie bekam man ihn da hinunter? Umiko kannte Kronleuchter nur aus dem Haus ihrer Tante und diese hatte sie nie sonderlich schön oder interessant gefunden. Stattdessen sah sie sich den Raum etwas genauer an und sah kein Zeichen für eine Möglichkeit das Ding hier runter zu bekommen… Allerdings war an einer Ecke eine ziemlich schmale Tür und was diese in einem so großen Anwesen bedeutete, wusste Umiko. Sie ging zu der Tür und öffnete diese und tatsächlich befand sich dahinter eine erwartete Abstellkammer… Und das was sie gesucht hatte, war auch da: Eine Leiter… Diese versuchte sie zwar anzuheben, aber es reichte nicht einmal dafür. „Ingvi-san, kommst du mit der Leiter hier vielleicht oben ran?“ Dass sie ihm diese gebracht hätte, wenn sie es gekonnt hätte, wusste er hoffentlich… Sie war nur recht hoch und aus Metall… Aber immerhin hatte sie eine Möglichkeit gefunden!
 

Rutako Ingvi

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Dass die Toten aufgebracht waren, bedeutete für Ingvi... eigentlich gar nichts. Er hatte absolut keine Ahnung, wovon Umiko da sprach, und schloss eigentlich nur daraus, dass sie offenbar an etwas so Irrationales wie Geister glaubte. Ihm war grundsätzlich egal, woran seine Teammitglieder glaubten oder nicht, aber wenn sie erwartete, ihm damit irgendetwas zu sagen, dann irrte sie sich. Selbst wenn er lebende Tote für möglich halten würde, sollte er etwa daraus schließen, dass sie sie sehen konnte? Für ihn ergab die Aussage keinen Sinn, aber immerhin schien sich die Yuudari wieder gefangen zu haben, also sah er keinen Grund, weiter darauf einzugehen.
Wesentlich wichtiger war, dass Hebi etwas über das nächste Opfer zu wissen schien und dass es offenbar keinen logischen Grund gab zu der Annahme, dass es sich mit jemandem verscherzt hatte. Diese Art Leute kannte Ingvi auch, und er konnte sie nicht ausstehen. Immer hatte er das Gefühl, dass sie sich vor der Welt versteckten, dass sie einfach nur versuchten, herein zu passen und nicht gesehen zu werden. Und es gab nur eine Art Mensch, die so etwas tat: Feiglinge! Und für Feiglinge hatte er wirklich nichts übrig. Sie konnten mit so einer Taktik außerdem nur zwei Ziele verfolgen: Entweder, sie versuchten, sich selbst aus jeder Form von Kreuzfeuer fernzuhalten und in Frieden zu leben, was noch halbwegs in Ordnung war, auch wenn es natürlich bedeutete, sich vor dem Kampf, den das ganze Leben darstellte, zu drücken, oder, und das war das wirklich störende, sie versuchten, andere Leute für ihre eigenen Zwecke auszunutzen, um selbst nichts tun zu müssen. Nicht so, wie Hebi Leute ausnutzte; er kämpfte für sich selbst und setzte sich für seine Ziele ein, zögerte auch nie, in eine gefährliche Situation einzutauchen oder sich mit anderen offen anzulegen, und er kroch auch vor niemandem. Nein, sie nutzten andere so aus, wie auch die Genjutsuka es in dem Chuuninexamen getan hatten: Sie saßen auf ihrem hohen Thron und sahen auf andere herunter, während irgendwelche Leute ihre Kämpfe für sie ausfochten. Ähnlich waren Shinobi, die weitreichende Jutsu nutzten und gleichzeitig andere Jutsu, die es vollkommen unmöglich machten, in ihre Nähe zu kommen. So etwas konnte der Rutako einfach nicht ausstehen...
Erst das leichte Ziehen in seiner linken Hand ließ das Schwarzhaar bemerken, dass er in sie gebissen hatte, und er senkte sie wieder, konzentrierte sich auf das Jetzt. Das Jetzt, das sie an den Tatort führte, der... wirklich leer wirkte. Hätte das Opfer ein Geräusch gemacht, dann hätte Ingvi es wohl bemerkt, aber die meisten Leichen hatten sich angewöhnt, keine Laute auszustoßen, deshalb realisierte er den Standpunkt erst, als Hebi ihn und den Rest deutlich darauf hinwies. Krass war vielleicht nicht die Wortwahl, die Ingvi verwendet hätte, aber es war durchaus überraschend, dass sich der Körper näher an der Decke als am Boden befand. Der Befehl, diesen Umstand zu ändern, war vorhersehbar gewesen, und während Umiko sich die Mühe machte, eine Leiter zu finden, entschied das Schwarzhaar, dass er wohl der einzige hier war, der das tun konnte.
... Vermutlich...“, antwortete der Rutako auf die Frage der Yuudari, während er die ersten Schritte die Wand hoch machte und die Leiter völlig ignorierte. Wenig später stand er schon oben, an dem Punkt, an dem Decke und Leuchterkette aufeinander trafen, und ergriff Letztere. Genau an der Verbindungsstelle riss er das vergoldete Metall entzwei und nahm somit das komplette Gewicht des Leuchters auf sich. Der war tatsächlich ziemlich schwer... Ingvi schaffte es zwar, seine Muskeln angespannt zu lassen und die überdimensionierte Lampe langsam abzusenken, doch er merkte an einer Stelle, dass sein Wandlauf relativ kurz davor war, der Gravitation nicht mehr standzuhalten, und musste loslassen, sodass seine schwere Ladung mit Leiche gut einen Meter gen Boden segelte. Kurz besorgt wanderte sein Blick hinüber zu Hebi, doch der war in Sicherheit, also beruhigte Ingvi sich augenblicklich und sprang hinab in einem halben Salto, sodass er wieder auf den Füßen landete, direkt neben der erbärmlichen Gestalt, die noch immer auf dem Gestell kauerte, auch wenn der Rutako den Eindruck hatte, dass sich die genaue Haltung ein Stück weit verschoben hatte. Naja, wie auch immer... er war unten, und Koko eins bis zwei dürften auch noch in Sicherheit sein. Wie dämlich musste man sein, sich unter einen Kronleuchter zu stellen, der zu Boden gesenkt wurde?
 

Sakkaku Hebi

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Wow. Wie ungewollt fies Ingvi Umikos Hinweis auf die Leiter einfach ignorierte und sein eigenes Ding machte. Ob es dem Rutako überhaupt auffiel? Wahrscheinlich nicht. Dafür aber Hebi, der sich jedoch genauso gut vorstellen konnte, dass es die Yuudari herzlich wenig interessierte, ob jemand ihre Hilfe annahm oder nicht. Insgesamt war es dem Sakkaku aber auch egal. Er war nur kurz amüsiert darüber und kam schon wieder zurück auf den Boden der Tatsachen, als Ingvi den Kronleuchter relativ unsanft auf dem Boden absetzte. Nun, besser das Ding als das Schwarzhaar. Die Leiche selbst blieb ja noch ganz – zum Erstaunen der Betrachter. Eigentlich hätte sie verrutschen müssen, weil es nichts gab, das sie in dieser Stellung hielt. Und dennoch verharrte sie weiterhin in ihrer Position, nicht wollend, von ihrer betenden Haltung abzulassen. In Bezug auf die wahnsinnig erfreute Visage des Mannes, konnte man interpretieren, dass man das damit auch genauso bezwecken wollte. Da man jetzt einen näheren Blick auf den armen Mann werfen konnte, fiel einem auch auf, dass ihm die Augen entfernt wurden. Der Sakkaku fragte sich kurz, ob das vor oder nach dem Tod passiert sei, kam aber dann zu dem Entschluss, dass es nichts brachte, jetzt darüber nachzudenken. Er war kein Medic-Nin mit gerichtsmedizinischer Ausbildung, es hatte also simpel keinen Sinn, Überlegungen hinlänglich dieses Themas anzustellen. Fakt war, dass die Glubscher fehlten, woraus man wieder einige Schlüsse ziehen könnte. Diesmal besaß die Leiche auch keine Merkmale auf Folter. Sie schien rein und unberührt – wie es das Bild eines Heiligen hergeben sollte. „Vermutlich war genau seine nette Art sein Todesurteil, hm?“, wandte sich Hebi an die drei Leute seines Teams und ließ den Blick dabei nicht von der Leiche - er suchte noch weiter nach Hinweisen. Auch diese runenartigen Zeichnungen machten keinen Sinn. Er kannte sie nicht, würde sich vermutlich auch bis zum Ende der Mission nicht wirklich damit auskennen. Er erkannte einzig und allein ein Fragezeichen in all den merkwürdigen Zeichen. Es hatte sich fast perfekt getarnt und wäre dem Rotauge um ein Haar entkommen. Zum Glück achtete man als Genjutsuka mit besonderer Sorgfalt auf jeden Mist – so konnten die meisten Veränderungen nicht unentdeckt bleiben.
Da das Opfer relativ starr in seiner Position verharrte, beschloss Hebi, sich ihm noch weiter zu nähern und auf Hinweise von Kleber zu achten, fand jedoch nichts. Er wollte auch gerade einige aufeinanderliegende Hautlappen voneinander trennen, um etwas zu sehen, spürte bei der Berührung allerdings, dass der Typ hart wie Stein war. Irritierten Gemüts klopfte der Sakkaku einmal gegen den Rücken des Mannes. Er gab ein dumpfes Geräusch von sich, so als hätte Hebi gegen eine Art dickeres Plastik geklopft, hörte sich zeitgleich aber auch so an, als stecke etwas in besagtem Plastik drinnen. Offenbar wurde er in einem festen Stoff eingehüllt. Hebi schätzte, dass der zuvor flüssig gewesen musste – wie sonst hätte er die Arme um den Kronleuchter bekommen, ohne Gefahr laufen zu müssen, sie abzubrechen?
Der Dunkelhaarige drehte sich wieder um und schaute im Raum umher. Auch hier standen vergoldete Statuen herum, blickten hinauf gen Decke. Wieder ein Indiz dafür, dass man versuchte, einen Heiligen darzustellen. „Was meint ihr? Er ist eindeutig einen Schritt näher an seinem Ziel, vermute ich, aber was sagt uns all das hier über ihn persönlich?“ Was sollten die Runen? Wieso legte er auf einmal Wert auf Dinge, die in Bezug zu Gott standen? Und was hatte es mit der angepinselten Farbe auf sich? Unter dieser konnte man im Übrigen erkennen, dass die Haut doch nicht ganz so unversehrt blieb. Sie hatte Blasen gebildet, wie man sie sonst bei Verbrennungen sah. Daran musste wohl die Zusammensetzung der Farbe Schuld sein. Mutmaßte Hebi jedenfalls.
 

Isuzu Himeko

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Es war einfach furchtbar, dass auch netten Leuten so was passieren konnte. Wenn die Informationen, die sie von diesem Opfer bekommen hatte, stimmten, dann musste das einer der netteren Leute hier in der Gegend gewesen sein. Er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, beteiligte sich nicht an Ränkespielen oder dergleichen. Wenn man es so sah, konnte man von diesem armen Tropf sagen, dass er genau das Leben führte, das die meisten Reichen ihrer Umwelt vorspielen wollten. Und am Ende hat es ihn in der Pose eines Heiligen auf einen Kronleuchter gebracht – irgendwie pervers. Umgeben von Leuten, die alle möglichen Strafen verdient hatten und ausgerechnet das gute Beispiel in der Umgebung hatte sterben müssen. 'Warum machen Leute nur so falsche Sachen?' Es ging Himeko nicht in den Kopf rein, aber klar war, dass sie diesen widerwärtigen Menschen aufhalten musste! Zwar würde es sicher ganz schwer werden, ihm irgendwelche Sachen anzutun, aber irgendwas konnte sie bestimmt machen. Hoffentlich. Wenn sich nicht auf wundersame Weise irgendeine Möglichkeit auftat, wie die Brünette diesem Widerling seine gerechte Strafe verpassen konnte, musste sie am Ende noch darauf zurückgreifen, ihn mit ihrem Erdbeerkuchen zu Tode zu mästen. Und das dauerte zu lange. Und außerdem mussten sie diesen Typen auch erst mal finden, nicht? Bisher sah es so aus, als würden sie den Täter nicht irgendwann mal finden. Sie liefen von Tatort zu Tatort und fanden eigentlich nichts anderes heraus, als dass derjenige, der für die Leichen verantwortlich war, eine Ausgeburt der Perversion sein musste. So würden sie noch ewig von Leiche zu Leiche tingeln und darauf hoffen, ihrem Ziel durch Zufall über den Weg zu laufen – oder vielleicht selber zu dessen Ziel zu werden. Jedenfalls mussten die Vier erst mal dafür sorgen, dass die aktuelle Leiche den Boden der Tatsachen erreichte.
Himeko hatte keine Ahnung, wie sie das bewerkstelligen sollte, aber die Andere, die bisher nichts aber auch gar nichts Positives an der Brünetten gefunden hatte, fand eine Leiter! Einen kurzen Augenblick lang fragte sich Hime, ob sie es wirklich schaffen könnte, diese Leiter hochzusteigen und den Kronleuchter hinabzulassen. Aber am Ende würde es ganz sicher an ihrer mangelnden Körperkraft scheitern. Himeko würde den Leuchter samt Leiche bestimmt auf halbem Weg fallen lassen und dürfte sich dann wieder irgendwelche Schmähreden anhören, wie unprofessionell sie doch wäre, wichtige Beweise zu zerstören. Ingvi konnte das sicher nicht passieren und genau das war auch der Grund, warum Himeko erleichtert aufatmete, als er sich daran machte, dieses Ding auf eine Höhe zu bringen, die ihnen die Untersuchung ermöglichte. Das Mädchen trat noch ein paar mehr Schritte zurück, als die paar, die nötig waren, den Kronleuchter nicht gleich ins Gesicht zu kriegen und das sollte sich als glücklichen Umstand herausstellen. Mit einem ziemlich lauten Scheppern schlug der Kronleuchter auf dem Boden auf, und wenn es nicht um das statisch ziemlich stabile Konstrukt der Leiche gewesen wäre, wäre hier ganz sicher irgendwas Wichtiges kaputtgegangen. Die drei Anderen würden sich sicher gleich auf das runenbesetzte Prunkstück in der Mitte stürzen, sodass Himeko es für sich vorzog, die vergoldeten Statuen an der Seite in Augenschein zu nehmen, die irgendwie viel zu gut in dieses Bild passten, als dass sie da nicht absichtlich platziert worden sein könnten. Himeko näherte sich der Erstbesten dieser Statuen und befühlte vorsichtig die goldene Oberfläche. 'Das fühlt sich ja gar nicht an, wie Metall!' Nicht verwunderlich; eine massivgoldene Statue war verdammt teuer und sich gleich eine ganze Gruppe davon ins Haus zu stellen dürfte sogar die meisten Leute in diesem Viertel ruinieren. Aber Plastik? So fühlte sich die Oberfläche zumindest an – wie billiger Kunststoff. Vorsichtig umrundete das Mädchen die Statue und suchte sich eines der blasenähnlichen Gebilde heraus, um mit einem Kunai vorsichtig hineinzuritzen. Sofort stach ihr ein brennend scharfer Geruch in die Nase, der sich schnell mit dem typischen Gestank verbrannten Fleisches mischte.
»Hn!« Reflexartig ob sich Hime den Arm vor Mund und Nase, während sie von der Wolke zurückwich. 'Warum riecht das so eklig?' Die Antwort folgte prompt in Form eines rot-braunen Rinnsaals aus der angeritzten Stelle: 'Ach du Schande!' Himekos Augen wurden riesengroß, als ihr dämmerte, wo die Statuen herkamen: »I-ich habe noch mehr … N-noch mehr Leichen gefunden.« sie verkündete die neue Info relativ undeutlich, da ihr Arm noch immer Mund und Nase zu verdecken suchte. »I-ich glaube, sie wurden, ähm, s-sie wurden lebendig verätzt und mumifiziert.« Aber das war nur eine Theorie – auch wenn das vermutlich zu ihrem Täter passen würde.
 

Katarite

Erzähler
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Dienstag, 22:17 Uhr, An einem entfernten Ort

Schnell schritt sie durch die dunklen Straßen, den kalten, harten Asphalt entlang. Vorbei an den pfeifenden Rohren zu ihrer Linken, aus denen unaufhörlich Dampf herausschoss, vorbei an den Fabriken, aus denen Tag und Nacht tosendes Hämmern und Klimpern schallte. Gedämpft einzig und allein von dem, was noch lauter zu sein vermochte. Er war ein ständiger Begleiter, doch an die Kälte, die mit ihm einherging, würde sie sich nie gewöhnen. Mit einer Hand zog sie sich am Schal, die andere hielt den Schirm, der sie vor dem starken Niederfall nur spärlich schützte. Fast ergab es eine Melodie, als der Regen fiel, auf Kunststoff traf, ohne Unterbrechung hernieder prasselte. Sie zitterte am ganzen Körper, hatte mit einer solchen Kälte vorhin noch nicht gerechnet. Kurz blieb sie stehen, blickte erschrocken auf, als ein grelles Licht die Umgebung erhellte, den schwarzen Himmel in gleißendes Weiß tauchte. Ein Blick über die Schulter, gefolgt von lautem Donnern. Sollte sie zurückgehen, dort ausharren, bis das Unwetter sich verzogen hätte? Der Weg nach Hause wäre schließlich weitaus länger... Nein, sie schüttelte den Kopf, das hätte er wohl gerne.

Sie ließ das Geschehene Revue passieren, dachte daran zurück, an den großen, goldenen und mit Diamanten bestückten Kronleuchter in riesiger Höhe, umrandet von imposanten Gemälden, aufgetragen an der Decke selbst. Mindestens fünfzig Meter mussten es sein, aufgeteilt auf fünf Ebenen, abgesehen vom Erdgeschoss, in dem die roten Stühle zu einem großen Block zusammengestellt waren. Allesamt saßen sie dort in schicken Anzügen oder Kleidern, herausgeputzt bis an die Grenzen. Und sie bildete da keine Ausnahme. In ihrem langen, silberblauen Kleid lauschte sie dem Gesang, sich in der dritten Ebene, in einer kleinen Loge befindend: Zweite Reihe, dritter Platz von Links. Rechts von ihr Buntaro. Laut gähnte er auf, ehe sie ihm mit dem Absatz auf den Fuß trat. "Aaah! Mitsu-chan!", stöhnte er, das Gesicht vor Schmerz verziehend. "Nichts Mitsu-chan! Du kannst doch nicht einfach anfangen zu gähnen.", mahnte sie ihn. "Psscht!", ertönte es von hinten. Die Blondine biss sich auf die Lippen, warf ihrem Partner einen wütenden Blick zu. Jetzt wurde sie auch noch dafür bestraft, dass er sich nicht benehmen konnte. Es würden ihnen guttun, wenn sie wieder mehr Zeit miteinander verbrachten...sicherlich. Stattdessen fokussierte sie sich auf die große Bühne, ließ die laute, tiefe Stimme des Sängers in ihre Ohren dringen. Bisher die einzig gute Sache dieses Abends. "Wahrlich bezaubernd, nicht wahr?", flüsterte ihr eine Stimme zu. Sie lächelte, drehte sich zum Mann zu ihrer Seite. Wenigstens einer mit Geschmack. "Aiobi-dono ist eine Klasse für sich, finden Sie nicht auch?", antwortete sie ihm ebenso leise, ehe sich ein Gespräch entwickelte. Mit Missgunst in den Augen betrachtete Buntaro die beiden, schnaubte leicht auf. "Laaangweilig. Was soll an einem Fettwanst, der Gläser zum Zerspringen bringt so spannend sein?" Hinter einem Fächer versteckt zeigte die junge Frau zu seiner Seite ein Lächeln, begann zu kichern. Und auch er drehte sich zu ihr, sich vorher vergewissernd, dass die Blondine alles mitbekam. Er näherte sich ihrem Hals, flüsterte ihr etwas zu, das ihr sichtlich zu gefallen schien. Dann baute er leicht Körperkontakt auf. Die Frau im silberblauen Kleid runzelte die Stirn, tat es ihm gleich. So wandte sie sich erneut dem fremden Mann an ihrer Seite zu, sich leicht zu ihm beugend und ebenfalls etwas ins Ohr flüsternd. "Ohoho, na ob sich das für uns geziemt?" Ein leichtes Kichern, deutlich zeigend, dass ihr das egal war. Nicht, dass das Buntaro sichtlich aus der Bahn geworfen hätte. Zu kontern wusste er. Spätestens, als sich seine Lippen denen der Unbekannten näherte, die ihrigen seine sichtlich erwarteten, und sie sich einen kurzen Kuss gaben. Seine Partnerin näherte sich dem Fremden schließlich ebenfalls, ein Spiel, das auch sie zu spielen bereit war, bis... "Nein.", sagte sie, bevor etwas geschehen war, stellte sich schließlich auf und blickte Buntaro entzürnt an, "Mir reicht's! Ich gehe!" "Hehehe" , kicherte er freudig. Erneut ertönten sie, die Zwischenrufe, die nach Ruhe verlangten. Doch Folge leistete sie ihnen nicht. "Und ich will dich auch nicht wiedersehen.", fügte sie hinzu, in ihrer Stimme weder Resignation, dass dies das Richtige sei, noch leichte Trauer, dass es so zu Ende ging. Einzig blanke Wut, die mitschwang. "Mitsu-chan! Hey! Komm schon." Sie antwortete ihm nicht, bewegte sich am Mann zu ihrer Seite vorbei, verließ die Sitzreihe. Dann die Ebene. Die Halle. Die Garderobe. Und dann das Opernhaus.

Der Regen wurde stärker, große, tiefe Pfützen bildeten sich am Boden. Inzwischen kamen leichte Böen auf. Sie fröstelte, umso mehr, als sie unachtsamerweise in das Wasser trat, es ähnlich einer Welle nach oben spritzte, ihr das Kleid bis zu den Knien tränkte. Doch sie ignorierte es, so gut sie nun mal konnte. Die Straßen waren leer gefegt, nicht eine Menschenseele anzutreffen. Dort ging sie, alleine zwischen den riesigen Gebäuden. Wie ein Zwerg kam sie sich vor, während sie die schwarzen Konstrukte passierte. Wie ein Zwerg unter Riesen. Sekunden wurden zu Momenten, Momente zu Minuten, Minuten schließlich zu gefühlten Ewigkeiten. Doch irgendwann vernahm sie das Geräusch von Schritten, blickte in die Gasse zu ihrer Rechten, biss sich wie schon so oft zuvor auf die Lippen. "Du hast mich nicht ernsthaft verfolgt, oder?!", fragte sie ihn wütend. Ehe sich ihre Augen jedoch weiteten, sie erkannte, dass es sich gar nicht um Buntaro handelte. "Oh... Sie?"

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Geschrieben von Yamasaru Souta
 

Yuudari Umiko

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Hoppla, da war die Yuudari wohl doch etwas mehr durch den Wind gewesen, als sie selbst erwartet hatte. Dass sie nicht einmal daran dachte, dass man einfach die Wand hochgehen konnte, ließ sie einen kurzen Moment an sich selbst zweifeln. So wie sie Ingvi einschätzte, interessierte diesen das natürlich trotz alle dem herzlich wenig, deshalb war es halb so wild. Diese aufgebrachten Geister hatten sie wohl etwas aus dem Konzept gebracht, aber das war halb so schlimm, wenn sie sich jetzt wieder besser konzentrierte. Während der Rutako an ihr vorbeiging und sich an die Aufgabe des Teamleiters machte, schob sie die Leiter wieder beiseite und blickte zurück in die Runde. Ein wenig schämte sie sich für diesen Patzer, aber das merkte man ihr sowieso nie an.
Als der Kronleuchter am Boden war, positionierte die Yuudari sich ebenfalls um diesen. Neugierig und aufmerksam musterte sie diesen und die Leiche und versuchte sich die wichtigen Punkte einzuprägen. Wenn man diesen Mord allein sah, konnte man von einer Art Ritualmord ausgehen, aber mit dem vorherigen zusammen, machte ein künstlerisches Schaffen schon mehr Sinn. Vor allem, wenn man sich die Genauigkeit ansah, die der Mörder hier an den Tag legte. Er hatte alles offenbar ganz genau geplant, fixiert und auch die Leiche wirkte perfekt in Szene gestellt. Man hatte das Gefühl, dass an ihr alles genau so war, wie er es sich vorgestellt hatte. Dass sie keine Augen hatte, machte noch mehr deutlich, dass er mit den Körpern seiner Opfer spielte. Es musste ihn wirklich gar nicht berühren, wenn er einen Menschen nicht nur aus irgendeinem persönlichen Impuls heraus tötete, sondern sich dabei bei ihm auch gar keine Regung im Gewissen einstellte. Die Yuudari begutachtete die aufgezeichneten Runen sehr genau und versuchte sich diese einzuprägen. Vielleicht kamen diese später noch einmal auf und bekamen tatsächlich eine Bedeutung…
In dem Moment kam allerdings etwas anderes dazwischen. Irritiert wandte sich Umiko um, als sie ein Geräusch von Himeko hörte. Sie verkündete äußerst angeekelt – das konnte man schon vom Ton aus erkennen – dass sie noch mehr Leichen gefunden hatte. Nanu? Umiko hatte wirklich gedacht, dass er sich mit diesem Kunstwerk hier genug ausgelassen hatte. Sie blickte in Richtung der Kunoichi und sah, wie eine nicht identifizierbare Flüssigkeit aus den Statuen herauslief… Nunja… Was auch sonst? Mittlerweile wunderte sie nichts mehr. Was sie jedoch noch mehr nervte, als die stinkenden Leichen, war dass Himeko sie angeritzt hatte. An sich war das völlig legitim, aber nachdem was Umiko nach der letzten Bewegung der Leichen hatte ertragen müssen, war ihr nicht wirklich danach noch einmal die tobenden Toten zu erleben. Sofort spannte sich der Körper der Yuudari an und man konnte ihrem Gesicht sicher einen Moment lang ein gewisses Unwohlsein anerkennen. Als sich jedoch nach mehreren Sekunden wirklich gar nichts tat, war sie schon etwas irritiert. Es schreckte sie nicht auf? Ein wenig spürte sie schon, dass die Geister nicht weit weg waren, aber das schien noch nicht gereicht zu haben, um sie richtig wütend zu machen. Vielleicht hatten sie die Präsenz der Genin noch nicht gespürt… Ein erleichtertes Seufzen konnte sich die Yuudari nicht verkneifen. Vielleicht sollte sie darauf hinweisen… „Wenn es für euch okay ist, würde ich darum bitten, dass ihr nicht an den Leichen herumfummelt, wenn es nicht zwingend notwendig ist…“ Dass sie sich davor nicht ekelte, war eigentlich ziemlich deutlich, denn selbst bei dem widerwertigen Gestank der Statueleichen regte sich bei Umikos wirklich nichts. Von der Ehre eines toten Körpers hielt sie auch nichts… Der Geist war das Relevante am Menschen. Was mit der modernden, verwesenden Hülle passierte, war völlig irrelevant… Aber wer mochte das schon begreifen?
Zurück zu Hebi. „Ich glaube, dass er unglaublich viel Geduld haben musste, um an diese Ergebnisse zu kommen. Das bedeutet, dass er viel geübt haben muss, bevor er das in die Tat umsetzte, denn für einen „Versuch“ ist er viel zu präzise. Vermutlich verbindet er keine negativen Emotionen mehr mit dem was er tut. Ob ihn die Tat an sich oder das Ergebnis glücklich macht, ist schwer zu sagen, da beide Fälle da in unterschiedliche Richtungen weisen. Beim ersten Opfer machte es den Eindruck, dass er gern gefoltert hat, hier hat es wirklich eher einen darstellerischen Effekt…“ Vielleicht ging es auch erst jetzt verloren? Schwer zu sagen… Auf jedem Fall hatte das Ergebnis hier eine ganz andere Bedeutung…
 

Rutako Ingvi

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Hm... es gab also mehr als eine Leiche hier? Wenigstens musste Ingvi den Rest nicht von der Decke kratzen, das war unnötige Arbeit. Er sah sie sich aber durchaus an, nachdenklich und ein wenig fasziniert. Wie viel Mühe man wohl brauchte, um eine menschliche Leiche so unecht wirken zu lassen? Wenn es ein Jutsu gäbe, das innerhalb kurzer Zeit aus einem menschlichen Wesen eine unscheinbare Statue machen konnte, dann wäre das doch perfekt für jeden Shinobi. Anstatt irgendwelche Leichen verstecken zu müssen, konnte man sie einfach vor den Augen aller Menschen positionieren und bis die merkten, dass das keine hübschen Figürchen waren, sondern ihre ehemals lebendigen Freunde, war man bereits zurück in Soragakure und holte sich die Bezahlung für eine erfolgreiche Mission ab. Das wäre wundervoll...
Glücklicherweise konnte man nicht aus Ingvis Gesichtsausdruck herauslesen, für wie effektiv er diese Methode hielt und dass er ihr durchaus nicht abgeneigt war. Es war eben eine Frage der Effizienz für ihn, keine Frage des Respekts vor den Lebenden und den Toten. Den Lebenden gegenüber war er höflich genug, und die Toten hatten ohnehin nichts davon, wenn ihr Körper in tollem Zustand war. Sie kamen sowieso nicht wieder da rein. Es war wie mit einer Mietwohnung: Irgendwann kam man rein, irgendwann war man wieder draußen und was danach mit ihr passierte, war vollkommen egal. Der Akt des Tötens mochte gegen das Gesetz sein und wurde somit nicht von Ingvi gebilligt, sofern es nicht Teil einer Mission oder eines Berufsstandes war, aber alles, was man nach dem Tod mit einer Leiche machte, war irrelevant. Und manchmal war es weniger irrelevant als interessant, so wie jetzt gerade. Ingvi fasste die Körper nicht an, weil sich Umiko offenbar daran stören würde, aber er betrachtete sie doch relativ genau. Wenn man es nicht wusste, konnte man den Dingern wirklich abkaufen, dass sie nicht am Leben waren...
Wieso sollte er nicht wollen... dass man die Leichen erkennt...?“ Die Frage stellte Ingvi mehr an sich selbst als an jemand anderen, aber nun stand sie im Raum. Ja, wieso sollte der Künstler das wollen? „Seine Opfer... sind Kunstwerke... er will, dass sie... gesehen werden... Wieso also sollte er... seine Leichen verschleiern...?“ Es ergab keinen Sinn. Ein Künstler stellte seine Werke aus und machte klar, dass sie als solche zu erkennen waren, mit einer Signatur oder einem bestimmten Stil. Theoretisch war es möglich, dass er damit, dass diese Leichen wie Statuen aussahen, eine Botschaft hatte vermitteln wollen, so etwas wie „es ist nicht, wie es aussieht“, oder ein anderer Mist, der irgendwie gut klang. Aber dann musste es auch einen Weg geben, zu sagen, dass sie Teil des Kunstwerks waren und nicht einfach... naja... goldene Figuren, die zufällig vor Ort standen. Einen klaren Stil konnte man hier auch nicht feststellen. Was hatten diese Dinger gemeinsam mit der Frau aus den Slums, oder auch nur mit dem Typ auf dem Kronleuchter? Ingvi sah einfach keinen vernünftigen Zusammenhang. Die hier waren auch nicht mit Schnittwunden übersät... Ingvi sah sich alles an freigelegter Haut ganz gut an, aber das einzige, was er finden konnte, war ein leichter Einschnitt in der linken Ohrmuschel. Sein Blick wanderte weiter zur Figur, die links von ihm stand und die Decke anbetete. Seltsam... bildete er sich das ein, oder hatte die auch so einen Einschnitt? Er trat etwas näher heran und besah sich das linke Ohr. Tatsache... War das vielleicht die Signatur? Wenn der Mörder eine Signatur hatte, mit der er die Opfer, die er für die Kunst brachte, kenntlich machte, dann mussten sie nicht auf den ersten Blick als Leichen erkennbar sein. Die Signatur machte deutlich, was sie waren, und so kam man auf die Bedeutung. Das Schwarzhaar dachte zurück an den Kopf der Frau von zuvor. Er hatte ihn eine Weile in der Hand gehalten und betrachtet, ehe er ihn entsorgt hatte, aber sein Hauptaugenmerk war eigentlich der Hals gewesen. Aufgefallen war ihm höchstens, dass das Gesicht eigentlich komplett von Schnitten verschont geblieben war... bis auf das Ohr, vielleicht? Nein, er hatte sich ihr Ohr nicht so genau angesehen, und selbst wenn, wäre es ihm wohl kaum ins Auge gestochen. Sie war voll von Schnitten, da sagte das nichts. Aber bei diesen Opfern hier...
... seht euch mal die... linken Ohren an...“, meinte Ingvi in den Raum hinein und trat einen Schritt zurück. „Vielleicht habe ich... gerade seine Signatur entdeckt...
 

Sakkaku Hebi

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Noch mehr Leichen? Also langsam wird es ja echt nervig. Eigentlich war es das schon von Anfang an, aber wie sich jeder denken konnte, wurde es schlimmer und schlimmer. Erst mussten sie sich irgend eine Ballerina angucken, bei deren Tatort noch überall Leichenteile durch die Gegend flogen und jetzt standen sie vor einem vergoldeten Mann mittleren Alters, der so positioniert wurde, als wäre er sonst was für eine heilige Figur. Dass die anderen Statuen sich dann ebenfalls als Tote entpuppten, ließ den Sakkaku genervt aufseufzen und zu ihnen herüber gehen. Dabei gesellte er sich zu Himeko – wenn sie schon einen Toten aufgeschnippelt hat, muss man seine Zeit ja nicht verschwenden und das gleiche bei einer anderen Leiche tun. Beim näheren Blick auf das vergoldete Figürchen fand Hebi jedoch nichts. Die Person hinter der Farbe schien genauso gekleidet, wie jene, die auf dem Kronleuchter hockte und auch sie nahm eine betende Haltung ein. Ebenso konnte man davon ausgehen, dass es die gleiche Farbe war, mit der sie alle besprüht worden – wäre ja irgendwie doof, wenn nicht. „Hat was von Massenproduktion, hm?“, fragte er an Himeko gewandt und dachte dabei sogar an eine Art Fließbandarbeit. Wäre das nicht witzig? Bevor sie ihn jedoch in irgendeiner Weise mal wieder angewidert ignorieren würde, unterbrach Umiko das einseitige Gespräch, indem sie verlauten ließ, sie sollen doch bitte nicht an den Leichen herummehren, wenn es nicht wirklich nötig sei. Fragend blickte Hebi die Yuudari an und runzelte die Stirn. Was hatte die denn jetzt? War ihr das alles nicht sogar am meisten egal gewesen? Egal. Sogesehen hatten sie auch keinen weiteren Grund, was mit den Leichen zu machen. Sie waren keine Mediziner und ehe sie hier noch irgendwelche Beweise vernichteten, ließ Hebi lieber von den Statuen ab – gleichsam bedeutete die Zerstörung von Beweisen schließlich auch mehr Arbeit, die der Junge nun echt nicht haben musste.

Umikos Ausführungen bezüglich der Ergebnisse der zwei unterschiedlichen Tatorte machten Sinn, das musste Hebi zugeben. Doch so viel Sinn sie auch ergaben, sie brachten das Team kein Stück näher an den Mörder heran. Und das ätzte. Vor allem, weil besagte Tatorte derart voneinander abwichen, dass es fraglich war... „Uns ist vorhin schon aufgefallen, dass es zwischen den Morden in Sora und den Allianzreichen einige zeitliche Ungereimtheiten gibt. Alle Morde, von denen ich weiß, passierten in so kurzen Abständen, dass eine Person allein niemals so schnell an den jeweiligen Tatorten sein könnte, es sei denn, sie würde sich irgendwie teleportieren können. Allerdings haben wir auch keine näheren Berichte, die mir die Todeszeitpunkte vermitteln könnten.“ Doch was wollte er ihnen damit nun sagen? „Im Prinzip bedeutet das also, dass wir, wenn wir Glück haben, es mit mehreren zu tun haben. Wenn wir dann noch mehr Glück haben, handelt sich bei den Anderen nur um so lächerliche Nachahmungstäter, die uns kein Stück weit weiterhelfen und uns nicht zu interessieren haben – aber im Weg herumstehen.“ Sie sollten nur den einen kriegen und keine ganze Horde. Hebi würde ganz sicher einen Scheiß tun und sie alle gefangen nehmen wollen, nur weil sie bubu-böse waren und Leute um die Ecke brachten. Er hatte doch keinen Zeitscheißer und schon gar nicht so viel Langeweile, dass er so einen Schmarren aufdecken wollen würde.

In Anbetracht der Thematik "Nachamungstäter" war es dann umso schöner, dass Ingvi eine Signatur zu finden glaubte. Auf die Bitte hin, einmal einen Blick auf die Ohren der Statuen zu werfen, schaute auch der Sakkaku kurz nach und sah ebenfalls diese kleinen Einschnitte. Was Ingvi da sagte, machte natürlich ebenfalls Sinn, das konnte Hebi auch hier nicht abstreiten, aber: „Sollte nicht das Fragezeichen seine Signatur sein?“ Er verstand die Welt nicht mehr. Wieso sollte der Mörder etwas so wenig auffallendes hinterlassen? Es machte Klick. „Ob das ein Zeichen für uns sein soll? Die Morde kommen sicher irgendwann in die Zeitung, wo man dann auch die verkackten Fragezeichen sehen würde und jeder Idiot die nachahmen könnte.“ Mit den kleinen Einschnitten würde der Mörder seinen Verfolgern auf jeden Fall schon einmal zeigen, dass er das Original war. Sie durften es nur nicht an die Öffentlichkeit treten lassen – selbes galt natürlich auch für die Medics, die die Leichen anschließend auseinanernehmen und daraufhin ihren Bericht an das Team schicken würden. Für die vier Genin gab es hier jedenfalls irgendwann nichts mehr zu tun und soweit Hebi das in Erinnerung hatte, war Soragakure damit auch fürs Erste abgeharkt, was Fundorte von Toten betraf, die künstlerlisch in Szene gesetzt wurden. „Wenn ihr hier fertig seid, gehen wir. Gibt noch 'ne Menge anderen Scheiß zu erledigen und unser verkackter Dampfer fährt auch bald – wenn wir uns nicht beeilen, ohne uns.“ Was so viel bedeutete, wie „Mir vollkommen egal, was ihr nun machen wollt, wir ziehen los.“

Tbc: Auf See
 
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Jirokou Shunsui

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D-Rang Mission - Alte Meister sind wie guter Wein!
@Furasaki Oita & @Jirokou Shunsui
Ein Schweißtropfen nach dem anderen tropfte zu Boden und bildete zusammen mit allen anderen Tropfen mittlerweile eine kleine Lache. Doch wie kam all dieser Schweiß dazu, sich ungeniert am Boden zu sammeln? Des Rätsels Lösung war ganz einfach, wenn man einen genaueren Blick auf die Quelle des Schweißes warf: Jirokou Shunsui. Der junge Mann befand sich inmitten seiner körperlichen Trainings und dafür in Handstandposition. Mehrere Gewichte hingen an seinem Körper, um die Übung schwieriger zu gestalten und seine Muskeln gezielter zu belasten, doch selbst mit dieser zusätzlichen Last hatte er schon hunderte Wiederholungen seiner letzten Übung des Tages hinter sich. Selbst jemand mit der Ausdauer und Körperkraft des Chuunins spürte so einen Kraftakt, es ließ seine Muskeln feurig brennen und schreien, nicht weiter verwunderlich also, dass der junge Mann ein grimmiges Grinsen aufgesetzt hatte. Oh ja, es gab nichts Besseres, als seinen Körper auszupowern und an seine Grenzen zu bringen. *498 … 499 … 500!*, zählte der Blondschopf gedanklich mit und beendete schließlich sein Training, als er die 500 erreicht hatte. Er drückte sich vom Boden ab in die Luft und landete grazil auf seinen Füßen. Puh, das hatte ihm wirklich gut getan! Schnell in die Küche, etwas zum Aufwischen des Schweißes holen, dann konnte er sich fertig machen. Moment Mal, Küche? Nicht Küchennische?

Shunsui befand sich tatsächlich nicht in den üblichen Räumlichkeiten des Slums, die er jahrelang sein Eigen genannt hatte. Der Taijutsuka hatte sich gefühlt sein halbes Leben in den Slums herumgetrieben und dort eine Wohnung bezogen, um unbemerkt agieren zu können, sozusagen, um unter dem Radar zu fliegen. Denn wen bitte schön interessierte schon, was in den heruntergekommenen Armenvierteln vor sich ging? Ganz genau, kein Schwein! Die vergangenen Monate hatten sich jedoch als ziemlich turbulente Zeit erwiesen, er hatte Unmengen neuer Erfahrungen gemacht, versucht sein Leben auf die Reihe zu bekommen und war sogar zum Chuunin befördert worden! Sein ursprüngliches Ziel, sich an allen Shinobi zu rächen, das System von innen zu Fall zu bringen und Soragakure abstürzen zu lassen, hatte er mittlerweile verworfen. Es war viel effizienter, seinen Hass und Zorn auf die wenigen Menschen zu konzentrieren, denen er den Verlauf seines Lebens zu verdanken hatte. Und da er nie viel Geld ausgegeben hatte – außer für seine neue Chakrametallwaffe, welche er als Armband getarnt am linken Handgelenk trug – konnte er sich problemlos eine neue Wohnung leisten. Diese befand sich im großen Wolkenkratzer Soragakures auf Plattform 2. Aus dem Ein-Zimmer-Appartement in den Slums sind nun Zweieinhalb Zimmer im sechzehnten Stock geworden, mit allem, was dazu gehört: Schlafzimmer mit großem Bett, ansehnliches Bad, offener Wohnbereich mit Küche und einem schönen Balkon, von welchem aus man einen tollen Ausblick auf die verschiedenen Plattformen der Stadt und der endlosen Weite darüber hinaus hat. Die Wohnung ist recht spartanisch eingerichtet, da der Jirokou nicht viel Wert auf Luxus in Form von Möbeln und Dekoration legt. Dementsprechend sind auch die meisten Wände unberührt und nicht etwa von Bildern bedeckt, da Shunsui keine Familie mehr besitzt, die es zu zeigen gilt. Die Möbel selbst sind zwar alle neu, aber schlicht und eher in der praktischen Ecke anzusiedeln. Vom Balkon sieht man auch die alte, verlassene Keksfabrik, welches das Geheimquartier der mittlerweile aufgelösten Kurataiyou war. Manchmal erwischt sich der Jirokou dabei, wie er in Nostalgie abschweift und sich fragt, was wohl aus den alten Kameraden geworden ist. Aber es dauert für gewöhnlich nicht lange, ehe er diese Gedanken wieder vertreibt und sich auf das Hier und Jetzt konzentriert. So, noch eine Dusche und dann konnte er sich auf den Weg machen, denn es galt sich einer neuen Aufgabe zu stellen!

Heute war ein Tag, welchen man gut und gerne als goldenen Herbsttag bezeichnen konnte: Die Bäume schüttelten ihr Laub ab, sodass der Boden mittlerweile von Unmengen gelber und roter Blätter bedeckt war. Natürlich verfügte nicht jede der Plattformen Soragakures über eine große Anzahl an Bäumen, aber hier, im Reichenviertel, waren sie in jeder Form und Größe vorhanden. In seiner üblichen Tracht – fein gebügeltes Hemd, Cardigan, Krawatte, Stoffhose, feine Schuhe und Chuuninweste – lehnte sich Shunsui an einem besonders großen Exemplar eines Baumes an einer Auffahrt ab und wartete auf seinen Teamkollegen, mit dem er den heutigen Auftrag durchführen würde. Dabei handelte es sich um niemand geringeren als Furasaki Oita, den schwarzhaarigen Jungen, dessen Geninprüfung der Blondschopf geleitet hatte. Beim Gedanken an diesen Tag, musste der Blondschopf sogar ein wenig schmunzeln. Damals, als sie einem Paar bei einem Umzug helfen sollten. Hatte einfach geklungen, war es aber nicht gewesen. Die Frau war ein Kontrollfreak und hatte sie den ganzen Weg über begleitet und angeschnauzt, Befehle erteilt und weiß der Geier war. Am liebsten hätte der falsche Brillenträger die riesige Kiste, die er getragen hatte, auf sie fallen gelassen. Dann hätte es Ruhe gegeben. Ihr Mann war auf eine andere Art und Weise nicht besser gewesen, denn er war versessen von Shinobi, weshalb er die beiden Ninjas vollquatschte und ihnen sogar seine ganze Sammlung an Ninja-Accessoires zeigte – die seine Frau am liebsten weggeworfen hätte. Das war nun beinahe ein halbes Jahr her, ob sich Oita wohl groß verändert hatte? Wie ihm das Leben als Genin stand? Zumindest hatte er bis zum heutigen Tag überlebt! Ob der Furasaki sich wohl auf die ehrwürdige Aufgabe in Form eines Hausputzes freute? So oder so, das war es, was ihn heute erwarten würde. Shunsui erinnerte sich noch lebhaft daran, wie wenig der Junge über den Umzug erfreut gewesen war und stattdessen auf eine Ninjamäßigere Aufgabe gehofft hatte. Naja, zumindest durften sie das Haus – oder besser gesagt die Villa – des emeritierten Shinobimeister Miyago putzen. Vielleicht würde das ja die Aussicht auf die Mission verbessern. Amüsiert und leicht grinsend, schaute der Jirokou die Straße entlang und wartete darauf, dass der Genin endlich kam.
 
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„Oita, Schatz, aufstehen!“
„Grml grml grml…“

„Hier, nimm doch noch einen Löffel Reis!“
„Grml grml grml…“

„…und viel Spaß Heute, Sternchen!“
„Grml grml grml…“

Seit etwa sechzehn Stunden befand sich Oita nun in diesem Zustand des leise-in-sich-Hineingrummelns. Weder, dass seine Großmutter gestern Abend das Lieblingsessen des Jungen zubereitet hatte, noch die Tatsache, dass der Start der Mission für kurz vor 10 angesetzt worden war und der Knabe damit genügend Zeit gehabt hatte, genüsslich auszuschlafen, hatte an diesem Zustand etwas ändern können.
Das Gesicht zur Fratze einer vergammelten Mimose verzogen, winkte Oita seiner Oma ein letztes Mal zu und ließ dann die Wohnung der Familie Furasaki auf Plattform 2 hinter sich. Gekleidet war der Junge dabei auch heute wieder in ein altbekanntes Ensemble: Grüne Sandalen, dunkelbraune Hose, rotes Hemd. „Änder’ nix an einem laufenden System“, wie es so schön hieß. Ganz zu schweigen davon, dass es heute garantiert keinen Grund gab, sich irgendwie besonders herauszuputzen.
*Aber so gar keinen!*
„Grml grml grml…“
Wie Oita den längst zum Leben erwachten Einkaufsboulevard der Plattform entlangschritt, einen der unzähligen Verbindungswege zwischen hier und Plattform 3 fest im Visier, fing sich der Knabe bereits einige neugierige Blicke ein. Doch auch das war ihm in diesem Moment egal. Trotzig wirbelte er mit dem Stirnband von Iwa, das er sich noch nicht umgebunden hatte und stattdessen lose in der rechten Hand trug, in der Luft herum, immer wieder kurz davor, es einfach in die nächste dunkle Gasse zu pfeffern, kehrt zu machen, den Turm nach Getsurin herunter zu hüpfen und ein ausgiebiges Bad im Meer zu nehmen.
*Verdient hätte ich’s mir! Aber sowas von!*
„Grml grml grml…“
Doch was war eigentlich der Grund für Oitas miese Laune? Was hatte dem aufstrebenden Shinobi so sehr aufs Gemüt geschlagen? Ach, na was wohl: Arbeit natürlich! Handfeste, ehrliche, sämtliche Muskelpartien beanspruchende Arbeit, um die sich selbst der zukünftige Großmeister der Unsichtbarkeit nicht drücken konnte, solange er auch wirklich eines Tages dieser Großmeister sein wollte.
*Wobei… Ich kann schon ein ordentliches Feuer machen, mich verkleiden und verpuffen. Wie schwer kann es da sein, mir selbst beizubringen, wie man wirklich verschwindet…?*
Oitas Schritt wurde kurz langsamer, der Knabe blieb stehen, dann allerdings raufte er sich die Haare und setzte seinen Weg fort.
*Argh, das wird nie im Leben was! Ich meine, schau dir diesen Genjutsu-Mist doch an: Kein Lehrer weit und breit, und nach diesem Kai will mir Nee-san auch nix mehr beibringen.*
Der Junge konnte es tatsächlich immer noch nicht glauben, auf keinem seiner bisherigen sechs größeren Ausflüge als Shinobi auch nur auf einen einzigen Typen getroffen zu sein, der in Sachen Illusionen mehr zustande bekam als das, wozu Oita bereits fähig war. Ja, es war wirklich fast so, als wolle das Schicksal selbst Oita in eine ganz bestimmte Richtung drücken. Eine Richtung, die dem Jungen ganz und gar nicht gefiel. Eine Richtung, die von ihm verlangte, sich Zeit seines Lebens körperlich anzustrengen.
*Aber was wundere ich mich überhaupt? Dieser ganze Mist hat doch wirklich schon so mistig angefangen! Und das alles nur wegen… wegen…*

„Dir!“
Oita zischte die kleinen drei Buchstaben mit einer Verachtung, die den Knaben selbst überraschte. Mittlerweile im Reichenviertel von Soragakure angekommen, spähte der Junge um eine Häuserecke in Richtung des für die heutige Mission abgemachten Treffpunkts. Und wie erwartet stand dort bereits das Ziel von Oitas leisem Fluch.
„Shunsui…!“
Dieser ganze mistige Hast hatte damit angefangen, dass der Blondschopf Oita bei diesem verfluchten doppelten Umzug betreut hatte. Was auch immer also das Gegenteil eines Glücksbringers war… genau das war Shunsui für seinen Kōhai.
Und doch… Wie Oita den vermeintlich unschuldigen Ninja dabei beobachtete, wie er friedlich auf seine Verstärkung wartete, spürte der Junge abermals, wie seine Beine zu zittern anfingen. Spätestens seit seinem Ausflug in die Siegelfabrik war Oita klar, dass er für direkte Konfrontationen einfach nicht gemacht war. So gern er also die Straße runtergerannt wäre, um Shunsui gehörig die Meinung zu geigen…
*Nein. Ich spiel ihm einfach einen Streich, und fertig! Oder… „Töte deine Feinde mit Freundlichkeit“, heißt es doch auch, oder? Ja, genau so machen wir’s!*
Den Rücken durchgedrückt, zu seiner vollen, unbeeindruckenden Größe aufgerichtet und mit einem dicken, gequälten Lächeln im Gesicht verließ Oita seinen Beobachtungsposten und begann den Weg in Richtung in Shunsui – einen Weg, der nicht einmal fünfzig Meter maß, aber plötzlich unendlich lang wirkte.
*Los, Junge, es ist ganz einfach: Lächeln, ihm offen in die Augen schauen, eine freundliche Begrüßung, und dann fragst du pflichtbewusst, womit du ihm heute helfen kannst!*
Wer einst auf die Idee gekommen war, dass man seine Feinde ausgerechnet mit Freundlichkeit umbringen sollte, wusste Oita nicht. Für ihn klang die Idee schwachsinnig. Aber hey, probieren konnte es man ja mal.
*Ruhig Blut… Du hast einen Plan, und den ziehst du einfach durch…*
Oitas Knie schlotterten trotzdem mehr und mehr, je näher er Shunsui kam.
*Keine Bange, reiß dich zusammen, reiß dich zusammen…!*
Mittlerweile hatte der Blondschopf wohl seinen klapprigen Kameraden erspäht, was Oita wiederum umso nervöser machte.
*Nur noch ein paar Meter, ein paar Meter, ein paar…*
Doch als es wirklich nur noch ein paar Meter waren, fiel Oita plötzlich etwas ins Auge. Shunsui sah nämlich irgendwie… anders aus. Ja, gut, letztes Mal hatte der junge Mann schon etwas steif gewirkt, obwohl er eigentlich recht sympathisch war, aber das war es nicht…
Als Oita endlich darauf kam, was seine Aufmerksamkeit erweckt hatte, weiteten sich seine Augen. In ein paar hastigen Sprüngen überbrückte er die Distanz zwischen sich und dem älteren Ninja, streckte seine rechte Hand mitsamt Zeigefinger in Richtung Shunsuis Brust aus und rief auf halbem Weg:
„Chuuninweste!!“
Wusch! Schon stand Oita vor Shunsui und sah aufgeregt zu seinem Kollegen hoch, während er auf seine übliche, freimütige Art losplapperte:
„Die ist doch neu, oder? Wann ist das denn passiert? Sag mir nich, dass es wegen unseres Jobs war, oder? Oder? Ist das so ne Anforderung, dass man mal ne Prüfung betreut haben muss? Davon hat mir Nee-san nämlich nix gesagt! Die hat das auch noch nie gemacht, wenn ich so drüber nachdenke… Und wird’s hoffentlich auch nich, brrr. Nun sag schon, was musstest du dafür machen? Eine B-Rang-Mission? Oder sogar A? So gegen Shiros und so? Hast du… naja, hast du jemanden… Ähm… in ‚vorzeitige Rente’ schicken müssen? Wenn du verstehst? Ist das vielleicht so’n Initiationsding? Wenn ja, ohje… Ach, nun sag schon, erzähl, los!“
 
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Jirokou Shunsui

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Es sollten noch einige Minuten vergehen, ehe der Jirokou und sein Kohai zusammentreffen sollten. Bis dahin ließ Shunsui seinen Blick durch das Reichenviertel Soragakures wandern, wo ein gewaltiges Anwesen nach dem Anderen das Auge für sich beanspruchte. Bittere Ironie, dass hier im Luxus und Überfluss gelebt wurde, während sich die Plattform mit den Slums nicht weit von hier befand. Aber der Blondschopf war niemand, der großes Mitleid mit anderen verspürte. Er war durch und durch Realist und er hatte zu viel im Leben durchgemacht, als sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben, dass jeder Mensch sein Glück finden konnte, wenn er nur lange genug darauf hoffte und wartete. Nein, so funktionierte es nun mal leider nicht. Es würde immer diejenigen geben, die gesegnet geboren wurden, in einem prächtigen und geschützten Umfeld aufwachsen konnten und sich keinen einzigen Tag ihres Lebens Sorgen darum machen mussten, etwas zu essen zu haben. Und dann gab es natürlich noch jene, die Tag um Tag ums Überleben kämpften und froh sein konnten, wenigstens eine Mahlzeit am Tag zu bekommen. Er selbst hatte lange genug unter diesen Menschen gelebt, um zu wissen wie hoffnungslos sie sich fühlten und wie trist und unfair ein solches Leben doch war. Der Chuunin besaß durchaus die Macht, etwas an diesen Zuständen zu ändern. Klar könnte er den Leuten helfen. Er könnte sein Geld dazu nutzen, um wichtige Gebäude und Themen in den Plattformen zu finanzieren. Ehrenamtlich helfen und die Menschen unterstützen. Aber das würde er nicht machen. Ihm hatte schließlich auch keiner geholfen, als er am Boden gewesen war. Stattdessen hatte man weiter auf ihm herumgehackt und nach unten getreten. Warum also in aller Welt sollte er irgendwem anders helfen? Das Leben war kein Zuckerschlecken und nicht jeder verdiente es gleich behandelt zu werden. Wer etwas werden wollte, der musste etwas dafür machen, so einfach.

So kam es also, dass der Blondschopf noch in Gedanken versunken war und erst im letzten Moment aus den Augenwinkeln heraus bemerkte, dass sich ihm jemand näherte. Oita war endlich angekommen! Wie beim letzten Mal hatte der Furasaki auch wieder eine eigenartige Art sich zu kleiden: Grüne Sandalen, braune Hose, rotes Hemd. Na gut, Shunsui war der letzte, der anderer Menschen Kleidung verurteilen sollte, sah er doch mehr wie ein junge Statistikdozent oder Steuerberater aus. Ohne ein Begrüßung rief der schwarzhaarige Genin ihm direkt „Chuuninweste“ entgegen, was den jungen Mann kurz stutzen und auf sich hinabblicken ließ. Stimmt ja, das hatte er das letzte Mal nicht angehabt. Ehe der Jirokou dazu kam, den Jungen zu begrüßen, wurde er von Fragen und Fragen überschüttet. Das letzte Mal war er ziemlich enttäuscht darüber gewesen, dass es keine ninjawürdige Aufgabe gewesen war und der Jirokou hatte noch angemahnt, dass es kein Leichtes war, sich auf richtige Missionen zu begeben und vielleicht auch Menschenleben zu nehmen. *Putzige Umschreibung, das mit der vorzeitigen Rente.*, dachte sich Shunsui gelinde amüsiert über die Aussage des jüngeren Genin. „Schon gut, schon gut.“, versuchte er den Jüngeren zu beschwichtigen und nutzte dabei mit seinen Händen eine entsprechende Geste. Der alte Shinobimeister könnte sicherlich noch die fünf oder zehn Minuten länger auf den Hausputz warten, so wichtig war das dem Chuunin wirklich nicht. „Freut mich auch dich zu sehen, Oita.“, sprach er den Anderen an, obgleich dieser nichts diesbezüglich erwähnt hatte. Shunsui machte es aber nur aus Jux und Laune, nicht dass er wirklich verstimmt war, denn das konnte man an seinem Lächeln erkennen. Generell zeigte Shunsui einiges mehr an Emotionen, als er bei der letzten Begegnung offenbart hatte. Damals war er sich noch unschlüssig über den Wandel und seiner Rolle im Leben gewesen, während er nun sein Leben endlich wieder im Griff und ein Ziel hatte. „Nein, das war nicht wegen des Prüfungsjobs.“, winkte der falsche Brillenträger ab. Soweit kam es noch, dass er eine Beförderung nach einem Umzug erhielt. „Ich habe schon die eine oder andere B-Rang Missionen erledigt, möglicherweise könnte das der Grund für die Beförderung sein. Aber wenn du wirklich etwas davon hören willst…“, fuhr Shunsui fort und machte eine künstlerische Pause, denn er war sich sicher, dass der schwarzhaarige Junge mehr hören wollte. „… kann ich dir von einigen Missionen erzählen.“, beendete er die Aussage grinsend.

„Bei meinen letzten hochrangigen Missionen mussten wir einen Mörder verfolgen, der scheinbar willkürlich mordete und in all seinen Tatorten ein blutiges Fragezeichen hinterließ. Damit wollte er uns herausfordern. Letzten Endes kamen wir ihm auf die Spuren und verfolgten ihn zu einem verlassenen Altar inmitten des Meeres, aus welchem er ein legendäres Artefakt geborgen hatte. Der Kampf war intensiv und brutal, aber letzten Endes gelang es mir … ihn in Rente zu schicken.“, schloss er die erste Geschichte ab und benutzte das Synonym für Tod mit der Umschreibung die Oita benutzt hatte. Es stand nicht wirklich fest, ob es Kentas Metalltentakel oder seine brachialen Angriffe gewesen waren, die dem Mann das Leben ausgehaucht hatten, aber für ihn spielte es keine größere Rolle. „Während einer anderen Mission mussten wir sogar mit Shinobi aus Shirogakure zusammenarbeiten.“ Bei diesen Worten schweiften die Gedanken des jungen Mannes nach Yugakure ab, die Mission, die er mit Kushou Joudan, Sakaida Mai und Hasekura Chinatsu bestritten hatte. Dabei schwirrten ihm einige Bilder und Szenen durch den Kopf, was er erlebt und ihm widerfahren hatte, wobei er grinsen musste. *Wie dem auch sei.*, tat er die Gedanken an Kaisersuite, heiße Quellen und die Stollen des alten Bergwerks wieder ab. „Die Bewohner Yugakures verspürten Angst und Schrecken, denn alle drei Nächte tauchte ein mysteriöser Nebel auf und als er wieder davonzog, war ein Opfer entführt worden. Aber letzten Endes gelang es uns, den Tätern das Handwerk zu legen.“ *Und noch ein paar Leute in Rente zu schicken.* Dabei warf Shunsui dem Genin einen scharfen Blick hinter den dicken Brillengläsern zu. Waren das die Geschichten, die der Junge hatte hören wollen? Wie würde er darauf reagieren? „Und wie schaut es bei dir aus? Hast du viel erlebt in der Zwischenzeit?“, erkundigte er sich interessiert nach den Abenteuern des Furasaki. „Vielleicht kannst du mir ja demnächst mal zeigen, was du so auf dem Kasten hast und von den bisherigen Missionen gelernt hast. Dann schaue ich mal, ob du auch für einen gefährlicheren Auftrag als heute geeignet bist.“, teilte ihm der junge Mann glucksend und grinsend mit. Die Welt war kein freundlicher Ort, das würde Oita noch früh genug kennen lernen. Aber irgendwann musste man sich der Welt stellen und es mit ihr aufnehmen.

@Furasaki Oita
 
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Eben noch hatte Oita breit gegrinst, sich ehrlich für seinen Kumpanen gefreut, und vielleicht sogar ein bisschen davon geträumt, selbst irgendwann einmal Chuunin zu werden. Das stand normalerweise nämlich nicht auf Oitas Agenda, denn wenn jemand ganz und gar nicht ehrgeizig war, dann war es der kleine Knabe aus Iwa. Ganz zu schweigen davon, dass er schon von seiner Schwester gehört hatte, dass der Chuunin-Rang eigentlich nur eins bedeutete: Mehr Verantwortung. Ihgitt.
*Aber diese Weste ist schon irgendwie schick. Und als Chuunin hat man ja vielleicht ein bisschen mehr Mitspracherecht, was die Missionsauswahl angeht. Oh, und das zusätzliche Geld wäre auch nicht schlecht…*
Dann allerdings fing Shunsui mit seinen Erzählungen an, und selbst ein Blinder hätte sehen können, wie sich Oitas Gesicht mit jedem einzelnen Satz zunehmend verfinsterte.
„…mussten wir einen Mörder verfolgen…“
„Uuhh…“
„Der Kampf war intensiv und brutal…“
„Nngh…!“
„…war ein Opfer entführt worden…“
„Eeeeeeeeh…!“
„…Vielleicht kannst du mir ja demnächst mal zeigen, was du so auf dem Kasten hast und von den bisherigen Missionen gelernt hast. Dann schaue ich mal, ob du auch für einen gefährlicheren Auftrag als heute geeignet bist.“
„Ichwasnixn-nein!“
Oitas Antwort kam wie aus der Pistole geschossen; tatsächlich fiel der Junge seinem älteren Kameraden sogar halb ins Wort, da hatte der seine Angebot noch nicht einmal ganz ausformuliert. Selbst Oita war klar, dass er sich damit soeben reichlich verdächtigt gemacht hatte, und auch sein nervöses Zittern, seine furchtsamen Blicke über die Schulter und ein mehr oder weniger zaghafter Schritt zurück deuteten nicht gerade darauf hin, dass Oita nichts zu verbergen hatte.
„Also, äh, ich meine…“, versuchte sich der Knabe zu erklären, „M-meine letzten Missionen? Ach, du, da gibt’s nicht v-viel zu erzählen. Hab viele neue Freunde kennengelernt, den Leuten geholfen, d-das Übliche halt. Das ganze lief auch ganz gut, aber puh, ich meine, ich denke nicht, dass ich, äh… Dass ich mir schon die Ehre verdient hab, eine schwierigere Mission zu übernehmen! Seit meinem Abschluss, was hab ich denn da schon gelernt? Zwei, drei Jutsus, ein paar Lektionen für’s Leben, ok, aber sonst? Na j-jedenfalls nix, was einem gegen einen handfesten Mörder helfen würde!“
Dass er tatsächlich schon mit so jemandem zu tun gehabt hatte, wobei er sich ausgerechnet vor zwei Mädchen aus Shirogakure hatte blamieren müssen, ließ Oita natürlich unter den Tisch fallen. Dasselbe galt für seine Zitterpartie in der Siegelfabrik, wo er sich mal so dermaßen amateurhaft angestellt hatte…
*Und was hab ich draus gelernt? Bunshin wollte ich lernen. Den Umgang mit Draht und diesem großen Shuriken. Und mehr über Siegel wollte ich auch herausfinden! Aber aus allen dreien ist natürlich nix geworden.*
Oita schürzte die Lippen und fragte sich kurz, wieso eigentlich nicht, bevor es ihm gleich im nächsten Moment wieder einfiel:
*Ich bin mistig faul, stimmt ja, da war ja was… Mist.*

Um das Thema rasch und ungeheuer ungelenk zu wechseln, klatschte Oita aufbruchsbereit in die Hände und zeigte dann rasch in Richtung des Hauses, vor dem Shunsui wohl gewartet hatte.
„Ist alles nich so toll, ich weiß, aber wenn wir hier herumstehen, wird’s auch nicht besser, richtig? Hach, ich muss schon sagen, ich freu mich auf das hier!“
Eine dreiste Lüge, aber alles war besser, als weiter über die letzten paar Missionen nachzudenken.
„Dann klingeln wir mal, würde ich sagen, oder?“
*Ding Dong*
Da lag Oitas Finger auch schon auf dem Klingelknopf, woraufhin zwei liebliche Glockenschlänge zu hören waren. Die Zeit, die zwischen seinem Klingeln und dem Auftauchen ihres Auftraggebers verging, war übrigens das erste Mal, dass Oita Zeit für seine Umgebung hatte. Das galt sowohl für das Reichenviertel allgemein – Oita war Reichtum mehr oder weniger gewöhnt; die Furasaki waren zwar nur quasi die Ärmsten unter den Reichen, aber etlichen Beziehungen seines Großvaters war es zu verdanken, dass er schon einige Male in den Häusern reicherer Clans in Iwagakure zu Besuch gewesen war – als auch für das beeindruckende Anwesen desjenigen, dem Shunsui und Oita heute unterstellt waren.
*Mist, das Ding ist riesig. Da werden wir wieder den ganzen verdammigten Tag beschäftigt sein. Bleibt nur zu hoffen, dass das Ego von dem Kerl, der hier wohnt, nicht genauso groß ist wie sein Haus.*
Ob das so war, das würde Oita wohl gleich erfahren, denn schon hörte man ein rostiges Klicken, gefolgt vom Quietschen einer sich öffnenden Türe. Neugierig schaute Oita zum Eingang des Anwesens und betete leise in sich hinein:
*Bitte sein kein Blödmann, bitte sei kein Blödmann , bitte sei kein Blödmann…*
 
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Jirokou Shunsui

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Okay, damit hatte Shunsui nun wirklich nicht gerechnet. Es hatte ganz den Anschein, als ob Oita sich in den letzten Monaten seit seiner Beförderung zum Genin etwas verändert hätte. Ob es sich hier wohl um einen Fall von Desillusion handelte? Als Akademieschüler schwelgte man stets in Träumen ob wichtiger Missionen, gefährlicher Aufträge und nervenkitzelndem Kampf. So ähnlich hatte der Jirokou auch den Jungen empfunden, als er diesen während der Geninprüfung kennengelernt hatte. Ninjawürdig war doch das Wort, dass gefallen war, nicht wahr? Aber erstmal einen Schritt zurück, von Anfang an. Kaum hatte der Blondschopf nämlich seine Erzählungen über die gefährlichen Missionen zuende erzählt, unterbrach ihn der Genin sogleich. Irgendwie überkam Shunsui auch das Gefühl, dass der Junge etwas schockiert war, aber das konnte auch Einbildung sein. Seine Antwort auf die Frage der Erfahrungen der letzten Monate schien seine Vermutung zu unterstreichen. Neue Freunde kennengelernt, Leuten geholfen, ein paar Jutsus gelernt, das war es. Und noch nicht bereit für gefährliche Missionen. Bei dieser Aussage hob der falsche Brillenträger seine Augenbrauen an. Man, das waren ja echt ziemlich viele Ausreden, wo war denn der Oita von vor einigen Monaten geblieben? Der es kaum erwarten konnte, sich ins Getümmel zu stürzen? Möglicherweise hatte er es aber auch mit dem Fall einer Abschreckung oder Desillusion zu tun. Die Möglichkeit bestand natürlich, dass der Gute keinesfalls so tolle Erfahrungen während der letzten Missionen gesammelt hatte und jetzt kalte Füße bekommen hatte. Naja, er war ja auch am Anfang seiner Karriere und würde sicherlich noch abhärten. Oder irgendwann draufgehen. „Wie du meinst, dann bestimmt ein anderes Mal.“ Innerlich zuckte Shunsui mit den Schultern. *Die Zeit wird es schon zeigen.*, dachte sich der Jirokou und beließ es dabei.

Voller Elan – was ihm der Chuunin wirklich nicht zugetraut hatte – machte sich der Furasaki bereit auf den Job, klatschte in die Hände und verkündete, wie sehr er sich auf den Auftrag freute. Moment, mal, Oita freute sich tatsächlich über einen Hausputz? Nachdenklich betrachtete ihn Shunsui hinter seinen dicken und falschen Brillengläsern heraus. *Da muss er wirklich etwas Mieses auf seinen bisherigen Missionen erlebt haben.* Ein Hauch der Verwunderung war nun auf dem Gesicht des Jirokou zu erkennen, der jedoch einfach auf das Tor zeigte. „Ja, nach dir. Mal sehen, was uns da erwartet.“ Shunsui wusste nicht viel über den emeritierten Shinobimeister Miyago, außer dass er ein äußerst ruhmvolles Leben geführt hatte und nach seinem aktiven Dienst als Jounin auch an der Akademie unterrichtet hatte. Aber das war lange, bevor Shunsui selbst, geschweige denn Oita, die Schulbank gedrückt hatten. Bei der Erinnerung an seine Akademiezeit überkamen ihn keinesfalls Glücksgefühle, ganz im Gegenteil. Damals war er darauf aus gewesen, sich als Shinobi in Soragakure einzuschleichen und den Mord seiner Eltern zu rächen, und zwar am gesamten System. Dafür hatte er auch sein schüchternes Alter Ego erschaffen, was die anderen Schüler selbstverständlich als Anlass genutzt hatten, um ihn zu piesaken und ihm das Leben schwer zu machen. Aber all diese Schikane, all diese Last, hatten ihn nur stärker gemacht. Und außerdem dazu geführt, dass er seine Mitschüler und Shinobi mehr und mehr verachtet hatte. Mit seinen Fingern rieb sich der Siebzehnjährige über die Augen und schnaubte in Erinnerung schwelgend leise auf. Die guten alten Zeiten, was?

Es ertönte ein Klicken, ehe sich das Tor quietschend öffnete. Gebannt starrte Shunsui auf die sich immer weiter öffnende Tür … nur um nichts zu sehen? Etwas in den Augenwinkeln führte dazu, dass der Chuunin seinen Blick etwas sinken ließ … und siehe da. Ein uralter, kleiner Mann in gemütlicher Kleidung und Gehstock stand ihnen gegenüber. Ob es sich hierbei um Miyago handelte? Ehe einer der beiden Shinobi den Mund zu einer Frage öffnen konnte, ertönte ein leises und krächzendes Lachen. „Shunsui und Oita ihr sein müsst. Euch zu sehen mein Herz aufs Wärmste erfreut.“ Ja, sie hatten es hier ganz offensichtlich nicht nur mit einem emeritierten, sondern auch einem exzentrischen, alten Shinobi zu tun, dem das Alter nicht gut mitgespielt hatte. Anders konnte sich der Blondschopf nicht dieses Auftreten und die Art zu reden erklären. „Herein ihr kommt. Ihr sucht Miyago, gefunden habt ihr Miyago.“ Wieder ertönte ein krächzendes Lachen, ganz so, als ob jemand einen Witz gemacht hatte, den Shunsui nicht verstand. Oh man, wo war er hier nochmal hineingeraten? Der Alte brauchte keine Hilfe beim Hausputz, der hatte generell Hilfe nötig. Der Jirokou warf seinem Kollegen einen undurchschaubaren Blick zu, ehe er mit dem Kopf nickte und aufs Anwesen zeigte. Auf in die Höhle des Löwen! Oder eher des schnatternden Schimpansen.

@Furasaki Oita
 
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*Bitte sein kein Blödmann, bitte sei kein Blödmann , bitte sei kein Blödmann…*
„Shunsui und Oita ihr sein müsst. Euch zu sehen mein Herz aufs Wärmste erfreut.“
*…Oh Junge.*
Ja, die seltsame Sprechweise des alten Miyago lieferte nicht gerade den besten ersten Eindruck, weshalb sich Oitas Augen bereits genervt in den Schädel zurückdrehen wollten. Dann wurde der Junge allerdings nicht nur auf die Gestalt des alten Mannes aufmerksam, sondern vor allem auf das Innenleben seines beeindruckenden Herrenhauses.
„Wow, nich dein Ernst…!“
Doch eins nach dem anderen, schließlich war da erstmal der Auftraggeber, dem es Beachtung zu schenken galt. Miyago war alt, also so richtig alt – aber eben auch so Shinobi-alt eben. Soll heißen, der Kerl wirkte immer noch gut in Schuss und irgendwie… zeitlos. Jenseits seines sechzigsten oder siebzigsten Geburtstag hatte sich der alte Kauz sicher nicht mehr groß verändert und konnte deshalb aktuell achtzig, neunzig, oder irgendwas jenseits der hundert sein. Oita maß sich nicht an, hier einen Tipp abzugeben.
Dann waren da Miyagos lockere Klamotten und sein durch und durch aufrichtiges Lächeln. Da stand ein Mann, der mit sich und der Welt im Reinen war, soviel war eindeutig.
*Das ist doch der Traum, oder? So locker zu sein, so ausgeglichen…*
Die Kirsche auf diesem sympathischen Eisbecher war schließlich, dass Miyago fast exakt gleich groß war wie Oita. Die beiden sahen sich also problemlos in die Augen, was dem jungen Furasaki wiederum sofort ein breites Lächeln ins Gesicht pinselte. Mit so einem Kerl auf Augenhöhe zu sein…
*Man braucht den Typen nur anschauen, und schon fühlt man sich irgendwie… stolz.*
Wäre Miyagos Ausstrahlung auch nur ein Quäntchen härter gewesen, dann wäre Oita unter ihr wahrscheinlich beschämt zusammengebrochen. Das hier war ein echter Ninja, nicht wie er, der nur Ninja spielte, wenn man mal ehrlich war. Doch Miyago… diese verdammt ruhige Ausstrahlung ließ partout nicht zu, dass Oita sich in irgendeiner Weise unzureichend fühlte, dieselbe Luft wie dieser Meister zu atmen.

…das war zumindest der Eindruck, den Oita von dem alten Mann gewann, und an sich hätte dieser schon genügt, um den Jungen bis ins Mark zu begeistern. Doch dann schweifte sein Blick hinein ins Domizil des alten Meisters… und erst da ging der Spaß so richtig los.
„Alter, waaas?“
Wie die Wohnung der meisten Senioren war Miyagos Heim vollgestopft mit Klimbim, Kladderadatsch und allerlei Krimskrams. Töpferwaren, Blumen, ausgestopfte Tiere, Wandteppiche, Lampen, kleine und große Möbelstücke, Gemälde und gerahmte Fotos, zahlreiche Waffen… egal, wo das Auge hinsah, es gab immer irgendetwas Neues zu entdecken. Das Leitmotiv dieser kunterbunten Einrichtung folgte dabei natürlich Miyagos Status als Shinobi-Altmeister, sodass die meisten Stücke wohl Erinnerungen an seine Zeit als Ninja darstellten. Der Laie mochte sich hier an Shunsuis und Oitas ersten Auftraggeber erinnert fühlen, den verschrobenen Sammler von Ninja-Andenken… doch Miyago mit diesem Knilch zu vergleichen, das käme Gotteslästerung gleich. Als würde man einen echten Tiger mit einem Irren vergleichen, der in ein schlecht selbstgeschneidertes Wildkatzenkostüm schlüpfte und miauend durch die Straßen wanderte.
Das beste Beispiel dafür waren die Waffen, die teils an den Wänden des Hauses hingen, teils in Ausstellungskästen Staub ansetzten, und teils auch einfach so in der Gegend herumlagen. Absolut jede dieser Waffen hatte dieses gewisse Etwas: Man sah das Ding und wusste sofort, dass es schonmal jemand zu mehr benutzt hat, als zum Training oder um sich den Bart zu stutzen.
Bei alledem war es also kein Wunder, dass Oita schnurstracks im Haus verschwand und seine liebe Mühe damit hatte, seine Augen in den Höhlen zu halten. Tatsächlich drängelte Oita sogar so neugierig in die Villa, dass er Miyago dabei fast umgerannt hätte… „Fast“ deshalb, weil der alte Mann sich mit der allerkleinsten Bewegung so um Oitas heranstürmende Gestalt herumschob, dass sich die beiden nicht einmal für den Bruchteil einer Millisekunde berührten. Oita bekam davon allerdings nichts mit; seine Augen klebten da schon an einem funkelnden Schwertpaar, das nur zwei Schritt von der Tür entfernt über einer kleinen Kommode an der Wand hing.

Während Oita also durch das Haus des alten Miyago wirbelte, sah der ergraute Meister dem Knaben nur kurz lächelnd hinterher, bevor er Shunsui höflich hereinbat. Für einen kurzen Moment blieb sein fröhlicher Blick dabei ebenfalls an der Weste des Chuunin hängen, doch irgendwie bekam man das Gefühl, dass der Rentner sich weniger für das Kleidungsstück und mehr für das interessierte, was sich unter der scheinbar schüchternen und zurückhaltenden Fassade verbarg.
Der Moment verging jedoch rasch, insbesondere weil Oita plötzlich kreischte: „SIE waren das!!“ Wenig später kehrte der Knabe rennend zu Miyago und Shunsui zurück, eines der tausenden gerahmten Fotos in der Hand. Während Miyago die zwei jungen Shinobi unauffällig in ein gemütlich eingerichtetes Zimmer führte, das bereits für eine klassische Teezeremonie gedeckt worden war, taxierte sein Blick das Lichtbild: Dieses zeigte einen Mann mittleren Alters, der seinen Arm um einen jungen Knaben von vielleicht zwanzig Jahren gelegt hatte. Die beiden waren umringt von ein paar ähnlich jungen Frauen und Männern, doch Oitas zitternde Finger zeigten ausschließlich auf das ungleiche Männerpaar.
„Das sind doch sie, oder?!“
Tatsächlich trug der ältere Mann ein Lächeln, das schon jetzt unverkennbar war. Miyago nickte bescheiden, während Oita zu Shunsui aufsah und auf den anderen Kerl zeigte. Dessen buschige Augenbrauen und schiefe Knollnase sorgten ebenso für ein recht unverwechselbares Gesicht. Wenn man den Mann kannte, dann erkannte man ihn auch wieder.
„Der Typ hier“, erklärte Oita seinem Kameraden, „der war doch Lehrer an der Akademie! Der Alte, Mensch, wie hieß er noch? Taki, Waki, Baki… irgendwie so! Alle haben den nur ‚den Alten’ genannt! Der war bei dir doch sicher auch schon Lehrer, oder? Griesgrämiger Kerl, super streng… Wenn sich einer beschwert hat, dann meinte er immer bloß, dass man die Klappe halten soll und man es doch schön habe, im Gegensatz zu früher, als einen die Lehrer noch verprügelten!“
Oita streckte das Foto wieder Miyago entgegen: „Also, was ist jetzt?“
Woraufhin Miyago versonnen meinte: „Seinerzeit einer der schlimmsten Unruhestifter Onizuki gewesen ist. Talentiert, aber sehr faul. Nie im Leben ich gedacht hätte, dass Lehrer aus ihm werden würde.“ Dann schlich sich ein schelmisches Funkeln in die wachen Augen des Altmeisters und er flüsterte verschwörerisch: „Hässlichen Zinken er mir zu verdanken hat.“

Spätestens damit hatte sich Miyago einen Ehrenplatz in Oitas Herz gesichert. Dieser Kerl war nett, locker, und der Alptraum von einem seiner am meisten gehassten Lehrer. Entsprechend ehrfürchtig sah Oita also zu dem Rentner hinüber, während er auf einen der angebotenen Stühle hopste und darauf wartete, dass der vorbereitete Tee gereicht wurde. Miyago machte zunächst allerdings keinerlei Anstalten, sich darum zu kümmern. Der alte Herr erwartete doch nicht etwa von Oita oder Shunsui, dass sie das wertvolle Teeservice berührten, geschweige denn das Heißgetränk auf traditionelle Weise servierten?
 
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Jirokou Shunsui

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Oita schien es anders als Shunsui ziemlich eilig zu haben, denn er stürmte wie von einer Mücke gestochen durch das Tor und begann sich im Inneren des Anwesens umzusehen. Dabei hätte er beinahe ihren Auftraggeber umgerannt, der sich jedoch mit minimalem Körpereinsatz fließend aus dem Weg bewegte. Diese kleine Vorführung reichte bereits aus, damit der Jirokou die gesamte Situation neu bewertete. Hatte er eben noch das Gefühl gehabt, es mit einem exzentrischen Kauz zu tun zu haben, so hatte diese Aktion ganz eindeutig bewiesen, dass sie es hier mit jemandem von großem Können zu tun hatte, der selbst in fortgeschrittenem Alter seinen Körper meisterhaft beherrschte. *Wie hat er das nur getan?*, kam der Blondschopf nicht umhin, sich selbst zu fragen. Es hatte ganz den Anschein, als ob der alte Miyago seine Gedanken lesen konnte, denn nachdem er den Furasaki hineingelassen hatte, schaute er zum falschen Brillenträger. Wobei dieser das Gefühl hatte, dass es dieser Blick nicht nur auf seiner Erscheinung ruhte, sondern tiefer in ihn hinein sah. Aber das war doch völlig unmöglich, oder etwa nicht? „Zorn. Hass. Aggressivität. Dunkle Gefühle sie sind. Besitz ergreifen sie leicht von dir.“ Bei diesen Wort stupste ihn der Alte mit seinem Gehstock an, genau auf der Höhe seines Herzens. Wie vom Blitz getroffen, starrte Shunsui den Shinobimeister an. Hatte er sich etwa gerade verhört? Kein krächzendes Lachen, lediglich ein aufmerksamer Blick auf ihn gerichtet. Unschlüssig, wie er auf diese Aussage reagieren sollte, blickte er den alten Mann an, der schließlich wieder ein krächzendes Lachen von sich ließ. „Miyagi wissen wovon er spricht. Öffnet euch. Spürt was euch umgibt. Eure Sinne nutzen ihr müsst. Viel lernen ihr noch könnt.“ Und damit zeigte er auf das Innere des Anwesens und überließ dem Jirokou den Vortritt, auf dass er das Tor hinter ihm schließen konnte.

Indes fühlte sich der Genin scheinbar ganz wie zuhause, denn er kam wieder zu ihnen, mit einem Bild in der Hand und sprach mit dem alten darüber. Es ging um irgendeinen alten und strengen Lehrer, der scheinbar von Miyagi selbst zu seiner Zeit als Akademielehrer unterrichtet wurde. Der Blondschopf verfolgte diese Unterhaltung nur halbherzig, seinen Blick weiter auf den emeritierten Shinobimeister gerichtet. Wie hatte ihn dieser von jetzt auf gleich, ohne dass er ein Wort von sich gegeben hatte, durchschauen konnte? Trug er die Lasten seiner Vergangenheit etwa so offensichtlich mit sich herum? Oder hatte der Alte lediglich einen Treffer ins Blaue gewagt und einen ins Schwarze gelandet? Als er sich dieser Mission angenommen hatte, waren seine Erwartungen nicht wirklich groß gewesen. Es ging in seinen Augen lediglich darum, einen im Ruhestand befindlichen Shinobi bei seinem Hausputz zu helfen. Business as Usual, wie man so schön sagte. Aber dann war da dieses Ausweichmanöver mit minimaler Körperbewegung und die auf Zorn und Hass bezogene Aussage. Sie hatten es hier mit keiner gewöhnliche Persönlichkeit zu tun. Obwohl der Jirokou noch unsicher darüber war, wie er empfinden sollte, dass jemand scheinbar so tief in ihn schauen konnte, spürte er auch eine Welle der Erwartung und Spannung in ihm. Was würde sie noch erwarten heute? Was hatte der alte Mann wirklich auf dem Kasten? Ob er wohl die Gelegenheit erhielt, sich mit dem Alten messen zu können und etwas zu lernen? Beim Gedanken an die Herausforderung und Konfrontation, schluckte der falsche Brillenträger und fixierte den alten Miyagi. *Welche Geheimnisse verbirgst du, alter Mann?* War es lediglich die Erfahrung eines sehr langen Lebens geschuldet, oder verfügte der Gute wirklich über andere Kräfte, die es ihm erlaubten, in die Seele der Menschen zu blicken?

Der Chuunin machte es seinem Kohai gleich und setzte sich auf einen der ihm angebotenen Stühle. Und was jetzt? Erwartete der alte Mann wirklich, dass einer von ihnen Tee einschenkte? In diesem Augenblick beneidete Shunsui die Fähigkeiten seines Kollegen Joudan, der seine Fähigkeiten des Tee-Einschenkens bereits des Öfteren unter Beweis gestellt hatte. Aber das war jemand, an den er nicht denken wollte. Nicht nachdem, was auf der letzten Mission geschehen war. *Genug davon!*, ermahnte sich der junge Mann selbst und schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. „Nicht Tee möchten?“, erkundigte sich in diesem Augenblick der alte Mann, der wohl das Kopfschütteln des Blondschopfes entsprechend interpretiert hatte. „Tee mit faszinierenden Fremden trinken gehört zu wahren Freuden im Leben.“, gab Miyagi mit einem krächzenden Lachen von sich und erbarmte sich schließlich, allen Anwesenden den frisch gebrühten Tee einzuschenken. Nachdenklich nippte der falsche Brillenträger an dem Getränk und überlegte, was er nun sagen sollte. Es kam nicht oft vor, dass er überrumpelt wurde – aber hier und jetzt war gerade so ein Moment. „Wie habt ihr das gemacht?“, sprach Shunsui an Miyagi gerichtete, ohne genauer zu erläutern, worauf er hinauswollte. War es die Ausweichbewegung, die er meinte? Oder doch eher der Blick in die Seele? Ein schelmisches und mysteriöses Glitzern hatte sich in den Augen des alten Mannes gebildet. „Lernen ihr wollt? Mitkommen ihr müsst!“ Und damit sprang der gute Miyagi auch schon auf und begab sich in Richtung des Gartens. Für den Augenblick hatte der junge Mann leider keinerlei Aufmerksamkeit für seinen jüngeren Kollegen übrig, sondern trank den heißen Tee schnell aus und machte sich an, dem alten Shinobimeister zu folgen. Irgendetwas in ihm, irgendein Gefühl sagte ihm, dass er es mit jemand Besonderem zu tun hatte. Ob er ihm jedoch helfen oder im Weg stehen würde, das galt es noch abzuwarten.

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Der Tee – zumindest der eine Schluck, den Oita nehmen konnte – war gut. Sehr gut sogar. So gut, dass der Genin seinen Kameraden regelrecht anknurrte, als der eine Frage stellte und Miyago deswegen die beiden Jungs prompt woanders hinzerrte.
*Da sitzt man mal eben eine Sekunde, und schon geht’s weiter…!*
So begeistert Oita natürlich vom Innenleben der Villa war, und so gerne er Zeit mit dem alten Shinobimeister verbringen würde, genauso wünschte sich der Junge auch, dass Shunsui und er so spät wie möglich mit der eigentlichen Arbeit anfingen.
„Was sollte das?!“, zischte er deshalb dem größeren Blondschopf auf dem Weg durch das Haus zu. „Halt dich gefälligst an den Plan, Mensch!“
Plan? Welchen Plan? Naja, den eben, den sich Oita gerade ausgedacht hatte: Miyago solange wie möglich ablenken, indem man ihn in Erinnerungen schwelgen lässt. Shunsui hatte dieses Memo allerdings wohl nicht bekommen, oder sein Versuch, Miyago mit gepflegter Konversation am Teetisch festzuhalten, war einfach nur gehörig in die Hose gegangen.
Naja, was geschehen war, war geschehen. Vielleicht führte Miyago die beiden in Wahrheit ja auch zu irgendeinem anderen Andenken, um ihnen eine wichtige Geschichte zu erzählen, eine mit irgendeiner wichtigen Moral am Ende. Andererseits hatte Oita eindeutig das Wort „lernen“ gehört, und das bedeutete niemals etwa Gutes.
Dieser Verdacht bestätigte sich auch, als Miyago irgendwann stehenblieb und auf eine offene Türe deutete, durch die man in eine Art Garten schauen konnte. „Eine Art“ deshalb, da die Grünfläche mehr einem verwilderten Dschungel glich als irgendetwas sonst. Das Gras hatte schon seit ewigen Zeiten niemand mehr gemäht, dem Geruch nach verbarg sich irgendwo ein gekippter Tümpel, und der windschiefe Zaun, der alles das nur mit Mühe einschloss, war nicht mehr als ein paar klappriger Holzbretter, von denen die Farbe in großen Flocken abblätterte.
Ein weiterer, finsterer Blick vonseiten Oitas traf Shunsui mitten ins Genick, doch der Blondschopf schien mit den Gedanken gerade irgendwo anders zu sein. Grund genug für gleich noch einen Blick.
*Danke, vielen, vielen Dank! Verdammich! Von wegen, dass das den ganzen Tag dauern wird; selbst wenn wir Glück haben ist das Arbeit für mindestens eine Woche!*
Wortlos, nur mit einer bescheidenen Geste und dem Anflug eines Lächelns, drängte Miyago Oita und Shunsui tiefer in den Garten. Beim Überschreiten der durchwachsenen Grasfläche trat Oita mehr als einmal in… „irgendetwas“, über das er nicht genauer nachdenken wollte. Gleichzeitig wurde der Gestank des verborgenen Tümpels immer intensiver und nahm erst dann zumindest ein bisschen ab, als das ungleiche Trio die gegenüberliegende Seite des Gartens und damit den klapprigen Zaun erreicht hatte.
…an dem natürlich schon zwei gewaltige Malerrollen an langen Stöcken lehnten. Und die entsprechend großen Töpfe Farbe fehlten auch nicht.
*Die Dinger sehen mehr danach aus, als würde man damit Decken streichen, keine Zäune… ugh.*
Glücklicherweise schien man die Rollen von den Stangen abmontieren zu können. Doch Oita hatte seinen Arm gerade einmal ausgestreckt, da klickte Miyago bereits mit der Zunge.
„Ah! Nicht anfassen!“
Oita schaute verwirrt zur Seite, wo auf einmal Miyago neben ihm stand, eine der Rollen in der Hand, von der obendrein schon Farbe tropfte. War das Ding nicht eben noch trocken gewesen? Und die Farbtöpfe… Oita würde seine Hand dafür ins Feuer legen, dass die beiden gerade noch geschlossen gewesen waren.
Seine Überraschung ob der Schnelligkeit des Mannes wuchs nur noch mehr, als Oitas Blick zum Zaun ging, wo… Eine Zaunlatte bereits gestrichen war?!
*Die war eben noch fleckig braun, und jetzt strahlt sie in hellem Weiß! Sag mal willst du mich vereiern?!*
Doch Miyago lächelte nur und erklärte in Anlehnung an seinen letzten Rat: „Lernen ihr wollt? Hinsehen ihr müsst!“
 
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Jirokou Shunsui

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Nichtsahnend setzte sich der Jirokou in Bewegung und machte sich daran, dem alten und mysteriösen Shinobimeister in seinen Garten zu folgen, als er sogleich von Oita von der Seite angezischt wurde. „Halt dich gefälligst an den Plan, Mensch!“ Ehm, was, hatte er etwas in der letzten Minute verpasst? Er hielt sich doch an den Plan! In Shunsuis Augen bestand dieser nicht im groß herumsitzen, Däumchen drehen und auf Zeit zu spielen, sondern direkt zum Punkt zu kommen. Der Blondschopf scheute keinerlei Arbeit, schon gar nicht körperliche Arbeit. Die ging er meistens nach dem Motto an, mit dem Kopf durch die Wand. Je schneller er es hinter sich gebracht hatte, desto schneller konnte er sich anderen Dingen widmen. Wichtigeren Dingen. Seinem Training beispielsweise. Es war nicht lange her, da hatte er einen gleichgesinnten Kämpfer getroffen. Was würde der falsche Brillenträger nicht alles dafür geben, ein erneutes Sparring mit Izuya zu haben. Das war noch ein richtiger Kämpfer, kein Weichei, wie es sie hier stets in Soragakure gab. Shunsui überkam stets das Gefühl, dass die meisten seiner Kollegen den Nahkampf fürchteten und sich deshalb in ihre Genjutsu- und Ninjutsustudien stürzten. Dabei gab es doch nichts Schöneres als den Kampf, Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Frau gegen Mann, und so weiter und so fort. Also zusammengefasst, eine ganz andere Lebensphilosophie als sie der Furasaki hegte. Nun ja, da der Chuunin keine Gedanken lesen konnte, musste er es auf die alte Tour versuchen: Ehrlich nachfragen. „Was meinst du? Unsere Aufgabe ist es doch, ihm beim Hausputz zu helfen. Je schneller wir fertig sind, desto besser.“ Und doch erwartete der junge Mann mit einem Kribbeln in den Fingern das, was noch kommen sollte. Was würde ihnen Miyago zeigen? Würde er ihnen etwas zeigen? Das war doch die Frage, weshalb sie alle – zumindest Shunsui – gerade so erpicht darauf waren, dem emeritierten Shinobi in den Garten zu folgen.

Schließlich durften sie den Garten Eden betreten … natürlich ironisch gemeint. Selbst Shunsui bekam beim Anblick dieses Gewuchers große Augen. Sie hatten es hier statt mit einem gepflegten Garten des Reichenviertels mit einem ganzen Dschungel zu tun. Kein Wunder, dass die Dorfverwaltung für diese Art von Aufgabe Shinobi und keine Gärtner beauftragt hatten – die wären sicher in zwei Wochen nicht fertig geworden. Aber für zwei Shinobi wäre es genau die herausfordernde Ausgabe, um ihre körperliche Kraft und Ausdauer unter Beweis zu setzen. Bei diesen Gedanken nickte er Oita zu, der sich bestimmt genauso auf diese Herausforderung freute, wie er selbst. Genau. Geschickt folgte der Chuunin dem alten Shinobimeister und wich Sträuchern und zurückfliegenden Ästen aus, die der alte Miyagi ganz sicher unabsichtlich losließ. Bestimmt. Schließlich kam das ungleiche Trio am Ziel der Begierde an, dem Gartenzaun. Der Zaun war in einem grauenvollen Zustand, überall bröckelte die bräunliche Farbe ab und das darunter liegende Holz hatte auch schon bessere Zeiten erlebt. Zwei Farbtöpfe und zwei große Malerrollen befanden sich ebenfalls beim Zaun. Bevor Shunsui sich einen davon schnappen und loslegen konnte, wurde er von der Geschwindigkeit und dem Geschick von Miyago überrascht. Wo Oitas ungeübte Reflexe und Augen der brachialen Geschwindigkeit nicht folgen konnten, sah es beim Jirokou ganz anderes aus. *Nicht schlecht! Er ist schnell!*, stellte der Blondschopf beeindruckt fest. Die Geschwindigkeit befand sich in etwa auf seinem eigenen Niveau, doch stellte das etwa das Limit des Alten dar? Oder konnte er sogar noch schneller sein? Mit einem Nicken, schnappte er sich eine Malerrolle, tauchte sie in die Farbe und imitierte die Bewegung des Alten. Genau wie zuvor, war nun eine weitere Zaunlatte weiß, wie aus Geisterhand. Anders als zuvor, war jedoch die Farbe überall hingespritzt. Mit einer Mischung aus Frustration und Überraschung, versuchte sich der junge Mann zwei, drei weitere Male, aber jedes Mal mit dem gleichen Ergebnis. Die Farbe spritzte überall umher, irgendwas schien er falsch zu machen. „Argh!“, gab der falsche Brillenträger mit einem frustrierten Knurren von sich. „Leichtfertig bist du.“, triezte ihn der alte Miyago mit einem krächzenden Lachen. „Nicht Geschwindigkeit wichtig, sondern Gleichgewicht.“, fuhr er fort und wurde ein wenig ernster. Frustriert warf ihm der Chuunin einen Blick zu. „Was meint ihr mit Gleichgewicht? Ich bin im Gleichgewicht.“ Weiteres, krächzendes Lachen des Alten. „Nichts gelernt durch Tee? Getrunken Tee, um Seele zu bringen in Gleichgewicht.“, sprach der Alte nun wieder seinen weisen Rat und stupste mit seinem Gehstock erneut auf die Stelle seines Herzens. So langsam ging ihm der Typ wirklich auf den Zeiger! Schon vollführte er zwei, drei Bewegungen, und weitere Holzlatten waren weiß getaucht, und zwar ohne Farbspritzer. „Junger Oita hier beweisen, dass wichtig ist Gleichgewicht zu haben.“ Bei diesen Worten warf der alte Shinobimeister dem Genin ein aufmunterndes Lächeln zu. Shunsui hingegen war ganz und gar nicht überzeugt. Niemals konnte er sich vorstellen, dass ein unerfahrener Genin es verglichen mit ihm besser hinbekam. Würde er eines Besseren belehrt werden?

@Furasaki Oita
 
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