Aktuelles

Anwesen der Familie Ren

R

Ren Ryo

Guest
- Erster Post -


„Gibt es einen besonderen Menschen, für den du kämpfst?“ er hatte diese Frage so trocken und beiläufig während des Frühstücks gestellt, dass es der jungen Genin die Sprache verschlagen hatte. Er war ihr wirklich ein Rätsel, ihr lieber Onkel. Doch was ihr wirklich zu denken gab, war ihr eigenes zögern. Sie hatte sich doch vorgenommen stark zu werden um ihre Liebsten beschützen zu können? Ihre Liebsten, zu denen alle um den Tisch versammelten zählten. Sie sahen sie erwartungsvoll an und erwarteten eine bahnbrechende Antwort, doch Ryo wusste keine Antwort. Was meinte er mit einem besonderen Menschen? Zum Glück hatten die Zwillinge die Situation aufgelockert, als Yume aus dem vor Spannung geöffneten Mund das Frühstück fiel und lautstark auf der Tischplatte auf klatschte, woraufhin alle in Lachen ausbrachen. Bevor sie das Haus verlassen hatte, war sie von ihrem Onkel zu sich gerufen worden. Sie wunderte sich, warum er heute ausnahmsweise so viel Zeit daheim verbrachte. Ob er auf eine Antwort bestand? Sie schluckte und kniete sich in der Tür auf den Boden. Eine gerade, angemessene Haltung, den Kopf aufrecht, den Blick nach vorn gerichtet. Sie hatte noch nie die Räumlichkeiten ihres Onkels betreten, geschweige denn, auch nur einen Blick hineingeworfen. In Regalen waren Schriftrollen säuberlich einsortiert, auf seinem Schreibtisch hingegen flogen wild die Zettel durcheinander, er saß daran, auf einem Stuhl, den Kopf auf die Hand gestützt. Er trug einen Yukata, das lange schwarze Haar hatte er wie üblich zu einem Zopf gebunden. Nachdenklich ruhten seine dunkelbraunen, warmen Augen auf seiner Nichte, die demütig an der Tür wartete. Leicht schmunzelnd forderte er sie auf sich zu erheben und an den Schreibtisch zu treten, selbstverständlich gehorchte sie. Ihr war mulmig zumute. Was wollte ihr Onkel? „Heute ist deine erste Mission als Genin, richtig?“ harkte er nach. Ryo nickte lediglich, ihre blassen Lippen hatte sie fest aufeinander gepresst, ihr Herz raste. Noch nie hatte sie ihrem Onkel so gegenüber gestanden. „Du trägst deinen Stirnschutz nicht.“ bemerkte er, nach dem er sie gemustert hatte. Er war selbst erschrocken, dass aus seiner kleinen Nichte langsam eine Frau zu werden schien, doch er war auch voller Stolz, dass sie die Geninprüfung bestanden hatte. Tatsächlich setzte er große Hoffnungen in sie.


Ryo fühlte sich wie ertappt. Tatsächlich trug sie den Schutz nicht, sie schlug den Blick nieder, ließ den Kopf etwas hängen und strich sich nachdenklich über die Narbe auf ihrer Stirn. Sie war wieder einmal, wie so oft, in Gedanken versunken und zuckte erschrocken zusammen, als ihr Onkel eine Schublade ruckartig öffnete. Irritiert sah sie auf, er hatte ein kleines Paket hervor geholt und stand auf, um um den Tisch herum zu schreiten und seiner Nichte das Paket von Angesicht zu Angesicht zu überreichen: „Es wird Zeit voran zu schreiten.“ Sie nahm es entgegen, das darum gewickelte Papier knisterte leicht. Gefolgt von einem schwermütigen Seufzen, strich ihr Onkel ihr durch das helle Haar und strich behutsam ihren Pony zur Seite um einen Blick auf die alte Narbe zu werfen: „Unsere Vergangenheit mag uns zu dem machen, wer wir sind... aber du musst aufhören in ihr zu leben. Du musst vorwärts denken und zukunftsorientiert handeln.“ Vollkommen entgeisterte starrte sie ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Da die Fenster von diesem Zimmer mit dunkelroten Tüchern verdunkelt worden war, fiel kaum Licht hinein, sodass ihre Augen keinen Schein hatten. Sie wirkten grau, schon fast staubig. Wovon sprach er? Er sah auf das Paket in ihren Händen und nickte ihr zu. Eine Aufforderung es zu öffnen? Sie stellte es auf den Schreibtisch und löste das Papier, ein Paket war darunter verborgen, dass sie nun verwundert öffnete. Ihr Herz schien einen leichten Satz zu machen, als sich ihr das Innerste offenbarte: Auf matt glänzendem Silber war das ihr so vertraute und geliebte Lotussymbol von Shirogakure zu sehen – ein spezieller Stirnschutz? Sie nahm es heraus, neigte leicht den Kopf und musterte das Geschenk. Der Stirnschutz war an schwarzem Stoff befestigt, blickdicht, dünn und angenehm zu berühren. Doch es war sehr breiter Stoff und es war viel zu lang für die Stirn? Wofür war... sie erschauerte, als ihr Onkel plötzlich das schwarze Tuch löste, dass Ryo um den Hals gebunden hatte. Zwar trug sie ihre geliebte graue Jacke mit dem aufstellbaren Kragen, doch da es heute recht warm war, trug sie diese bis zur Brust geöffnet, darunter ein schlichtes schwarzes Top, die übliche schwarze Hose, Strümpfe und ihre geliebten Stiefel, alles wie immer. Da sie es aber liebte, ihr Gesicht ab und an unter etwas zu verbergen, hatte sie das Tuch angelegt, dass ihr Onkel ihr nun entwendet hatte. Diese ganze Situation überforderte die junge Genin zutiefst, wie sollte sie reagieren? Sie stand da wie gefroren. Ihren Onkel kümmerte das nicht, er nahm ihr den neuen Schutz ab und breitete es vor ihr aus. Ein Tuch? Von allein strich sie ihr Haar zusammen und hielt es hoch, damit ihr Onkel das Tuch um ihren Hals befestigen konnte, begleitet mit den geflüsterten Worten: „Finde den besonderen Menschen für dich.“ Dabei flüsterte er so leise, dass sie ihn fast nicht verstanden hatte. Weil die Nähe für sie so ungewohnt und unbehaglich für sie war, hatte sie die Augen geschlossen. Der Stoff schmiegte sich angenehm kühl an ihre Haut, entgegen ihrer Erwartung war das Schild nicht so schwer wie angenommen. Das Tuch fiel ähnlich wie ein Rollkragen, sie konnte es ohne große Mühe bis über ihre Nase ziehen. Wahrscheinlich konnte sie so ziemlich ihren ganzen Kopf darin versinken. Ihre Hände strichen über die Metallplatte, die am Rand des Tuches angebracht worden war und nun am Ansatz ihrer Brüste ruhig an lag. Sie lächelte, ein wundervolles Geschenk. Hatte er sich soviele Gedanken gemacht? Mit leicht geöffneten Mund hob sie den Kopf, sie wollte ihm danken, doch ihr Onkel hatte ihr bereits wieder den Rücken zugewandt: „Beeil dich, du solltest nicht zu spät kommen.“ Also nickte sie, gefolgt von einer grazilen Verbeugung, ehe sie aus dem Zimmer und aus dem Haus eilte. Es überkam sie, während sie das Grundstück der Rens verließ. Dieser flammende Schmerz in ihrer Brust, sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Warum nur weinte sie? Aus Trauer? Wegen dem Schmerz? Nein, deswegen weinte sie lange nicht mehr. Es war ein merkwürdiges Gefühl von Zuversicht und Hoffnung, das sie überkam und sie zu Tränen rührte.


–> Dorfverwaltung – Job: Tragehilfe.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
R

Ren Ryo

Guest
Die ersten Sonnenstrahlen des Tages brachen durch die Baumkronen und streichelten die blasse Haut der wachenden Genin. Auf ihrem Schoß ruhten verschiedene Skizzen, die sie in der Nacht begonnen hatte. Keine war vollendet, keine auch nur ansatzweise ausgereift. Sie seufzte schwer, ihre Augen brannten. Sie hätte schlafen müssen, es wäre wichtig gewesen. Aber sie fand keine Ruhe. Quer durch ihr Zimmer verstreut brannten mehrere Kerzen. Die Nachrichten, die ihr vor einigen Tagen überbracht worden waren, für die sie ihre Mission abgebrochen und Missgunst auf sich gezogen hatte, hingen ihr schwer nach. Sie hatte seitdem nur noch gegessen, wenn ihre Tante sie dazu gezwungen hatte. Abgesehen davon, dass sie gegenüber Mai und Ryo ein schlechtes Gewissen hatte, war es die schwere Krankheit ihrer Großmutter, die ihr Herz belasteten. Sie würde sterben, wann könnte man noch nicht genau sagen. Vielleicht würde sie noch einige Jahre leben, vielleicht nur noch wenige Tage. Niemand konnte es sagen. Nicht einmal sie. Ren senkte den Kopf und strich sich durch das Gesicht. Sie hatte sich die Nacht hindurch auf die nächste Mission vorbereitet. Doch ob sie dazu bereit war... am liebsten würde sie nicht mehr von der Seite ihrer Großmutter weichen, doch das würde nicht toleriert. Der Hikarikage hatte Verständnis gezeigt, hatte sie jedoch ermahnt, dass in Zukunft keine Rücksicht mehr darauf genommen werden würde. Hart. Aber gerecht... auch wenn sie es verfluchte. Sorgsam sortierte sie die losen Papiere ein, ordnete sie zu einem geraden Haufen an, nahm sie in eine Hand und benutze sie wie eine Art Fächer um die Kerzen mit einem kräftigen Luftstoß auszulöschen. Sie hatte durch ihr Training ihre Fähigkeiten erweitern können, doch das schien ihr im Moment bedeutungslos. Sie legte die Papiere in eine der vielen Kisten, die wie ein Schrank in ihrem Zimmer aufgetürmt waren, streckte sich und griff ihre rotbraune Umhängetasche, die sie sich Gedanken versunken über die Schulter hing. Lautlos schlich sie sich aus dem Haus, sie hatte sich bereits gestern Abend von ihrem Onkel und ihrer Tante verabschiedet. Den Abschied von den Zwillingen hatte sie nicht über sich gebracht. Stattdessen hatte sie die beiden ausnahmsweise zu Bett gebracht und ihnen eine Geschichte vorgelesen. Ein Ritual, das sie von ihrem Vater kannten. Ohne das es ausgesprochen wurde, war den beiden Kleinen klar gewesen, das Ryo nun für einige Zeit vorging, so wie ihr Vater ab und zu.

Ihr blieb noch etwas Luft, bis sie zur vereinbarten Zeit am Anwesen der Familie Aza erscheinen musste, deswegen hatte sie sich dazu entschieden noch einen Abstecher zu ihrer Großmutter zu machen, außerdem lag es auf dem Weg... es bot sich also förmlich an.
 
Oben