Yakumo stand seit etwa zehn Minuten vor der Eingangstür des Kurhauses von Fukumen. Genau genommen stand er etwas zur Seite von der Tür, gerade weit genug weg, dass ein ungenauer Beobachter raten müsste, ob Yakumo hineingehen wollte oder nicht. Genau dies debattierte der junge Mann nämlich bereits seit einer Weile mit sich selbst. Der Weg durch Fukumen war bereits die Hölle gewesen... Unzählige Leute, und aufgrund all der Masken konnte er nicht einschätzen, wer ihn ansah und wer nicht... Yakumo schauderte allein bei der Erinnerung. Was ihn wohl in dem Kurhaus erwarten würde? Dutzende Fremde, auf engem Raum... Er schluckte.
Es näherte sich einer Viertelstunde, die er vor dem Kurhaus stand. Vermutlich war er bereits zu spät dran. Es würde furchtbar aussehen, wenn er jetzt eintrat, oder? Vielleicht... konnte er einfach umdrehen und gehen? Und am Rande von Fukumen warten, bis die ersten Leute den Ball verließen, und sich dann davonstehlen? Das wäre einfacher, als hineinzugehen. Selbst wenn es nur kurz war, alle würden ihn ansehen und über ihn urteilen. "Seht, was für ein Zu-spät-Kommer. So ein unzuverlässiger Typ." Ja, es war doch bestimmt besser, wenn er einfach ging.
Es war schade um
sein Outfit. Yakumo hatte sich recht viel Mühe dabei gegeben. etwas Cooles zusammenzustellen. Die eiserne Maske hatte ihm sehr gefallen, unter anderem, weil sie den Großteil seiner Narbe verdeckte, aber nicht alles davon. Er schämte sich der Verletzung nicht, aber es wäre mal schön, wenn der Blick der anderen Leute nicht zuerst an der Narbe hängen blieb. Aber sein liebstes war der weiße Mantel mit (unechten) Fellkragen und Kapuze. Es war so cool! (Und, wie Yakumo auf dem Weg durch Fukumen festgestellt hatte, musste er nur die Schultern ein wenig hochziehen, um das Kragenfell in seine Augenwinkel zu rücken, was immens gegen das Gefühl des "Angestarrt-werden" half.) Das dunkelblaue Hemd darunter und die schwarze Anzugshose vollendeten den Look noch. Aber sich im Spiegel betrachten und von anderen angeschaut zu werden waren zwei sehr unterschiedliche Dinge. Er konnte sich richtig vorstellen, wie die Leute nur einen Blick auf ihn werfen und sich über seinen Modesinn lustig machen würden.
Zwanzig Minuten. Jemand war gerade in das Kurhaus gegangen und Yakumo überlegte sich ob er der Person folgen sollte, damit es nicht seltsam aussah, wenn er das Gebäude betrat. Er machte einen Schritt in Richtung der Tür und begann sofort nervös zu zittern. Er hielt inne, atmete tief ein und wieder aus. Dieses ganze Zögern und nervös sein war doch lächerlich! Er hatte es doch auch durch die ganzen feiernden Menschen in Fukumen bis hierher geschafft, oder? Und hatte er sich nicht geschworen, sein Leben nie wieder vom Urteil anderer abhängig zu machen? Er wollte hier sein und an diesem Maskenball teilnehmen, in diesem supercoolen Outfit, auf das er sehr stolz war! Und das würde ihm niemand nehmen. Kein Lästerer, keine unzähligen, urteilenden Augen und ganz bestimmt nicht seine eigene Feigheit!
Entschlossen betrat Yakumo das Kurhaus.
Ironischerweise war der Eingangsbereich praktisch menschenleer abgesehen von einer Frau, die eine schmucklose, weiße Porzellanmaske trug.
"Guten Abend," begrüßte sie ihn.
"Ihre Einladung, bitte." Yakumo zog den etwas zerknitterten Brief aus seiner Manteltasche - sehr tiefe Taschen, so cool! - und gab ihn der Dame. Sie nickte, scheinbar zufrieden und wandte sich um.
"Folgen Sie mir bitte." Yakumo schluckte seine Nervosität hinunter und ließ sich von der Dame durch das Kurhaus führen. Es dauerte nicht lange, bis sie vor einer Tür halt machten. Die Dame öffnete und bedeutete Yakumo einzutreten.
"Der Wintergarten. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend."
Es war ein bisschen, als wäre Yakumo gerade eben aus einem Haus in einen Wald getreten. Der Geruch von Pflanzen fühlte seine Nase und das leise Summen unzähliger winziger Insekten wisperte in seinen Ohren. Dieser Garten beruhigte den Jugendlichen sehr. Die Atmosphäre erinnerte ihn an seine Waldspaziergänge. Yakumo grinste fröhlich und machte sich sogleich auf den Weg, so viel wie nur möglich von diesem Wintergarten zu erkunden.
Es gab wirklich unzählige Pflanzen hier, die entweder sich vom Rande des Wegs aus Bambusholz erstreckten, oder in Töpfen von der Decke hingen. Es gab unzählige verschiedene Blüten hier, von ganz großen und farbenprächtigen, bis hin zu eher kleinen und unscheinbaren, die aber doch so hier angerichtet waren, dass sie nicht von den auffälligeren Pflanzen überschattet wurden. Yakumo erkannte vielleicht ein oder zwei der Pflanzen aus dem Konoha-Wald, aber die meisten waren ihm fremd. Und viele der Blumen sahen recht exotisch aus... Das hier war vermutlich eine einmalige Gelegenheit für einen Naturliebhaber. Insekten surrten zwischen den Pflanzen hin und her und Yakumo gab bald auf, den winzigen Tierchen mit den Augen zu folgen. Ja, dieser Garten gefiel ihm sehr. Er hätte wohl kein größeres Glück mit dem Raum haben können.
Es dauerte nicht lange, bis Yakumo feststellte, dass er alleine hier im Wintergarten war. Das war ein wenig seltsam. Sie würden ihn wohl kaum einfach weg vom Ball abgeschoben haben, oder? Nein, das konnte nicht sein. Vermutlich war er einfach der Erste hier? Yakumo hatte andere Gäste das Kurhaus betreten sehen, aber wenn die Leute, wie er vermutete, auf verschiedene Räume aufgeteilt wurden, dann wäre es nicht unmöglich. Nun, er würde sich nicht beschweren, wenn er diesen schönen Garten noch ein wenig genießen konnte.
Hoffentlich kam aber noch jemand. Nervös oder nicht, Yakumo hatte sich auf diesen Ball wirklich gefreut.
@Kinzoku Kenta @Sumiya Saki @Dokuiki Takeo