Das Camp der Rebellen hätte man sich armseliger wohl kaum vorstellen können. Verdreckte Zelte soweit das Auge reichte, eine Unzahl von einfachen Landleuten, die nur mit Mühe und Not einen Quadratmeter Boden ergattern konnten. Selbst ihre Vorräte schienen so, als könnten sie lediglich die primären Bedürfnisse der Rebellen hinlänglich decken. Vielleicht würde sich Kaoris Begleiterin Rikku, sich in solch einem Ort wohl fühlen, doch Kaoris Welt war dieser Ort sicherlich nicht, selbst wenn die junge Kunoichi andersartige Umgebungen immer gerne erkundete.
Im Gegensatz zur skeptischen Kaori, die ihre Mission für sehr problematisch hielt, lehnte sich der unbekümmerte Gruppenleiter Hinketsu Kibo mit stoischer Ruhe zurück und blickte sorgenlos in den Himmel, während er behauptete, dass es „schade“ sei, dass er das Camp nicht einfach dem Erdboden gleich machen könne. Dieser Satz war natürlich typisch für den prahlerischen Chuunin. Man hätte es ahnen können, dass der ichbewusste Chuunin mal wieder alles auf die leichte Schulter nehmen würde.
Doch wenn jemand ÜBERHAUPT das Recht hatte mit seinen Kräften zu prahlen, dann war es kein anderer Kibo. Auch wenn Kaori nie wirklich eine Gelegenheit hatte, Kibos Befähigungen unter die Lupe zu nehmen, erkannte selbst die herrische Kunoichi, Kibo ohne Vorbehalt als einen exzellenten Shinobi an. Doch egal wie sehr Kaori Kibo insgeheim auch würdigte, dass Kibo trotz allem ein Tölpel war, war ihr ebenfalls bewusst. Zwar war er noch lange nicht so tollpatschig wie Poukaze Minashi, der Kaori bereits umarmt hat, im Glauben es sei seine Mutter, auf ihr Kleid gefallen ist und von ihr "liebevoll" behandelt werden musste. Doch konnten einige von Kibos Aktionen mit Minashis Missgeschicken schon fast konkurrieren.
"Damit wir am Ende wieder umzingelt werden, du dann wieder unauffindbar bist und ich mich wieder irgendwo in Sicherheit bringen muss, um lebend aus dem Schlamassel wieder rauszukommen? Nein danke, das hatten wir schon.", murmelte Kaori leise vor sich hin.
Kibo ordnete an, dass sich die kleine Gruppe trennt, um die Gegend zu erkunden und möglichst bedeutsame Beobachtungen anzustellen. Einen genauen Ort wollte Kaori nicht beobachten, daher lief sie ziellos in der Gegend herum. Doch bevor sie das tat, legte sie ihr Stirnband ab. Aufgrund ihres Erscheinungsbild, lenkte sie die Aufmerksamkeit der Rebellen bereits an, wie das Licht die Motten. Trüge sie ihr Stirnband, würde sie ihre Berufung und ihre Herkunft offen darlegen, dass würde das misstrauen der Rebellen nur vergrößern, weswegen sie womöglich achtsamer wären und Kaori so belangvolle Informationen entgehen würden.
Auch wenn Kaori das Camp nun von der nähe betrachten konnte, fiel ihr nichts auf, dass ihr nicht schon bei ihrer Ankunft aufgefallen ist. Das Camp bestand aus eher unerfahrend wirkenden Bürgern, ihnen mangelte es an Platz und dem Anschein nach auch an militärischen Ausrüstungen. Nur wenige von ihnen schienen so, als wären sie militärisch auf diesen Vorstand vorbereitet, weswegen Kaori von Anfang an klar war, dass jemand hinter ihnen die Fäden zog. Ohne einen Anführer, wären diese Leute lediglich ein armseliger Haufen, der kopflos in der Gegend herumlaufen würde. Ihr Anführer jedoch, schien zwar erfahren zu sein, doch schien es so, als mangelte es ihm an Geldern und Mitteln. Die Ausrüstungen der Rebellen waren eben so ärmlich, wie die Rebellen selbst. Man konnte nur sehr wenige Wächter finden, die das Camp hüteten und die wenigen die man fand, schienen alles andere als qualifiziert zu sein. Es hatte den Anschein, sie bemerkten weniger als ein Blinder. Selbst die Ankunft der vier Shinobi blieb anfangs unbemerkt.
Es dauerte nicht lange, bis Kaori verstand, dass der offensichtlichste Schwachpunkt des Camps gleichzeitig der größte war. Es mangelte dem Camp eindeutig an Gütern, Geldern und Vorräten.
Nun kannte Kaori die Schwachpunkte des Camps, doch wie sollte sie diese angreifen? Das Wissen darüber, woher das Camp seine Mittel hat, war für die Lösung dieses Problems unentbehrlich. Doch wie sollte die junge Kunoichi in ihrer Lage solche Informationen ergattern? Einfach wäre es gewesen, wenn sie die Rebellen belauschen könnte, doch so einfach war dies leider nicht. Sie musste sich schließlich vom Camp distanzieren um nicht aufzufallen. Ansprechen konnte sie ebenfalls niemanden, da es dämlich wäre solch einen riskanten Akt am Anfang einer Mission unabgesprochen durchzuführen. Doch mit leeren Händen vor Kibo zu aufzutauchen, kam für die resolute Kaori ebenfalls nicht in Frage.
Während Kaori weiter richtungslos um das Camp lief, um möglicherweise etwas zu finden, dass ihr weiterhelfen könnte, bemerkte sie am Rand des Camps einen Haufen Kisten. Es waren mehrere große hölzerne Kisten, die anscheinend etwas belangvolles transportierten. Als Kaori keinen entdeckte, der die riesigen Kisten bewachte, kroch sie langsam auf die Kisten zu, um zu schauen was sich in ihnen befand.
Dazu kam es jedoch nicht, da zwei kräftig wirkende Männer sich den Kisten näherten. Kaori kroch in ein währenddessen in ein Gebüsch, um nicht entdeckt zu werden. "Das sind also die letzten?", fragte einer der beiden Männer, der eine der schweren Kisten aufhob. Auch sein Begleiter griff nach einer der Kisten und antwortete seinem Kameraden. "Ich befürchte ja. Es ist zwar nicht viel, aber als Notration sollte es vollkommen reichen. Also, ab damit ins Lager!"
In den Kisten befanden sich also Notrationen, die die nichts ahnenden Arbeiter in ein Lager bringen sollten. Auch wenn Kaori nicht mehr sonderlich viel Zeit hatte, folgte sie den ahnungslosen Rebellen heimlich in das Lager. Womöglich war dies ihre einzige Chance herauszufinden, wo die Rebellen ihre Güter lagerten.
Das Zelt, welches den Rebellen als Lager diente, war nicht sonderlich weit entfernt, es lag jedoch ebenfalls am Rand des Camps. Wie Kaori es bereits ahnte, wurde das Lager von mehreren Wächtern bewacht, weswegen sie sich ihm nicht nähern konnte. Wie naiv und unvorbereitet die Rebellen waren, verwunderte Kaori jedoch aufs Neue, da die Rebellen ihre Notrationen in das Lager brachten, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, dass ihnen jemand folgen könnte.
Als Kaori sich dann die Position des Lagers notiert hatte, bemerkte sie, dass sie Kibo bereits vor einigen Minuten antreffen sollte. Da Kaori weit von ihrer Basis entfernt war, dauerte der Rückweg ebenfalls mehrere Minuten.
Wenn auch verspätet, kam Kaori dann doch unversehrt an und berichtete Kibo von ihren Beobachtungen.