How I met your...whatever.
coverfasst von Nanpa & Monjo
Rosarot war der Himmel durch den Sonnenaufgang, als Monjo sämtliche Vorkehrungen getroffen hatte, die nötig waren, um den gefangenen Jounin dingfest zu machen. Nebenbei hatte er sich selbst verarztet und ein bisschen geschlafen, so dass er nun einigermaßen fit war, obwohl er doch gerne einen Kaffee getrunken hätte, um diesen Morgen einzuleiten. So blieb ihm leider nur, sich gegenüber seines Gefangenen an einen Baum zu lehnen und eine seiner berüchtigten Lungenschwärzer zu qualmen, während sein Blick über den Blonden glitt, den er ausgeknockt hatte. Hübsch war er ja, der junge Hüpfer, und sicher unglaublich pflichtbewusst. Hatte den ganzen Körper mit Explosionssiegeln bedeckt gehabt, der Irre. Nicht, dass er ihn aus irgendwelchen böswilligen Motiven ausgezogen hatte, so direkt war er dann auch nicht – aber man musste ja sichergehen, und wenn man schon alleine gegen ihn antrat, hatte man nun einmal etwas dabei, was sicherstellen würde, dass das Dokument, wenn er es nicht haben konnte, lieber niemanden in die Hände fiel. Armer Kerl. Er hatte sich jedenfalls darum gekümmert und ihn anständig, wie er war, wieder vollständig angezogen – bis auf die Waffen natürlich. Seine Beine und jeder einzelner seiner Finger waren an verschiedenen Ästen gefesselt, außerdem hatte er, nur für den Fall, dass er stark genug war zwei große Eichen zu entwurzeln, seine ganz persönlichen Explosionssiegel an dessen Oberarmen gut sichtbar angebracht. Da er das Jutsu einer Explosionstäuschung beherrschte, ließ sich damit sicher arbeiten. Es konnte eigentlich gar nicht mehr so lange dauern, bis sein neuer Freund aufwachen würde. Schade, dass er ihm keine allzu herzliche Begrüßung schenken konnte. Aber er hatte immerhin versucht ihn umzubringen, das war leider nicht so cool, auch wenn es nur sein Job gewesen war. Vielleicht würde er ihn ja so schmerzlos wie möglich töten, dafür, dass er so tapfer gewesen war sich gegen ihn zu stellen. Mal sehen. Erstmal musste er schließlich das Bewusstsein wiedererlangen, dachte sich der Jounin, während er sich ihm näherte und den Kopf schief legte. Er würde das Erste sein, was er sah, wenn er die Augen aufschlug, klang das nicht spitze?
In diesem Falle musste man sagen, dass das Bild, das sich ihm bot, nachdem er wieder zu Bewusstsein kam, nicht ganz so überraschend war, wie die Tatsache, dass er überhaupt wieder erwachte. Er hatte zwar nicht unbedingt damit gerechnet, gleich getötet zu werden, aber um ehrlich zu sein, so hatte er es gehofft. Es war nämlich eine Sache, wenn man als kleiner Genin in Gefangenschaft geriet, als wenn einem das als Jounin passierte – nicht nur aufgrund des Schames, sondern einfach deswegen, weil ein Unterninja unwahrscheinlich über irgendwelche Informationen verfügen würde, die dem Feind nützlich sein könnten. Oberninja wiederum waren eigentlich immer im Besitz von irgendwelchem Wissen, das man gegen ihre Fraktion verwenden konnte, was die Möglichkeiten doch entscheidend vermehrte, nicht einfach so freigelassen zu werden. Einen Genin konnte man laufen lassen, der war meist kaum eine große Unterstützung für sein Land, aber mit jemandem, der durchaus eine Gefahr darstellen konnte, war das eine andere Geschichte. Dass er nun also langsam wieder begann, seinen Körper zu spüren – irgendwie tat ihm alles weh und er fühlte sich seltsam gestreckt – löste in ihm zuerst einmal den Reflex aus, seinen Körper so weit wie möglich zusammen zu ziehen (unglaubliche fünf Zentimeter, dann war Schluss) und anschließend mit einem resignierten und irgendwie ziemlich entnervten Seufzer die grünen Augen zu öffnen. Es kam einem Wunder gleich, aber irgendwie war ihm keine Kontaktlinse abhanden gekommen, sodass er die Umgebung sicherlich hätte scharf bewundern können, wenn ihm nicht genau der Kerl direkt vor der Optik gestanden hätte, dem er diese unglaublich bequeme Position zu verdanken hatte. Er machte sich aber erst einmal nicht die Mühe, diesen zu beachten, obwohl er sich ihm geradezu aufdrängte, sondern wandte den Kopf nach links, um genau wie erwartet eine sehr fantasievolle Aufhängung zu bemerken, die seinen Arm fixierte, nicht zu vergessen einen Explosionstag, der eindeutig nicht von ihm selbst stammte und bedrohlich auf seinem Arm klebte. Rechts wiederholte sich das Spielchen, unten angekommen bemerkte er, begleitet von zwei zornig zusammen fahrenden Augenbrauen, dass seine Beine ebenfalls fest hingen und ihn dadurch zu einer Haltung zwangen, die er nicht gutheißen konnte. „Wahnsinnig komisch.“, bemerkte er mit unterdrückter Wut in der Stimme, „Wirklich unheimlich lustig.“ Er atmete einmal tief durch, versuchte die Verspannung seiner Schultern, denen die Streckung seiner Arme leider gar nicht gefiel, loszuwerden und hob dann den Blick, um die braunen Augen seines Gegenübers mit kühler Miene zu fixieren. „Wie wäre es, wenn Sie mich gleich töten, das spart uns eine Menge Zeit und Nerven.“, meinte er mit tonloser Stimme, aus der man unmöglich lesen konnte, ob er das ernst meinte. Meinte er aber tatsächlich, denn auf ein anderes Resultat würde es eh nicht herauslaufen.
Monjo musste gar nicht lange warten. Ob es nun an seinem Starren lag oder es eher ein Zufall war, blieb unklar, doch das interessierte ihn auch nicht mehr. Viel interessanter waren die Bewegungsversuche des Gefesselten und dessen steigende Rage. Dass er dennoch einen kühlen Kopf behielt war ein deutiges Anzeichen dafür, es mit einem Profi zu tun zu haben, auch wenn er das nach dem Kampf natürlich schon wusste. Erfreulich. Dieser Typ hatte sicher Einiges an Informationen, die er aus ihm herauspressen konnte. Dennoch überraschte es den Dunkelhäutigen, dass er trotz der offensichtlich recht unhöflichen Umstände von dem Blonden gesiezt wurde. Er zeigte das auch, wieso auch nicht, jetzt musste er nicht mehr den starken Mann raushängen lassen. Er war ohnehin in einer überlegenen Position. „Nun“, meinte er also, freundlich lächelnd, „was die Zeit angeht, so habe ich in nächster Zeit keinerlei Termine und nervlich bin ich durchaus belastbar. Es wäre ja irgendwie witzlos, wenn ich mir die Mühe gemacht hätte dich nur K.O. Zu schlagen, wenn ich dich nun töten würde, oder?“ Die braunen Augen huschten durch den Wald, konzentrierten sich wieder auf die seines Gegenübers. Seine Mundwinkel waren unablässig nach oben gekringelt, während er weiterhin die Arme verschränkt hielt. Nichts deutete darauf hin, dass er irgendwelche unlauteren Absichten hatte. „Abgesehen davon kannst du mich gerne duzen. Ich würde mich wie ein Perversling fühlen, von dir gesiezt zu werden, nachdem ich deine Explosionssiegel entfernt habe.“ Er lachte kurz, ein ehrliches, bellendes Lachen, und zog an seiner Zigarette. Den Rauch gnädigerweise in entgegengesetzte Richtung blasend, wurde sein Blick plötzlich ernst. „Aber wie auch immer. Wir können das schnell und schmerzlos machen oder langsam und unangenehm. Ich hab heute echt keine Lust auf Folterei, von daher würde ich gerne wissen, für wen du arbeitest – auch wenn ich das bereits erahne – und abgesehen davon, was deine Fraktion mit dem Papierstück zu tun hat...“ Er klopfte auf eine seiner Potaschen, ehe er fortfuhr. „... oder zu tun gedenkt. Du kriegst von mir großzügige dreißig Sekunden, um darüber nachzudenken mir eine Antwort zu geben, denn ich muss kurz für kleine Jungs. Wenn ich wiederkomme und du entscheidest dich wider Erwarten dazu, nichts zu sagen, müssen wir das anders regeln...“ Und so drehte er sich um und entschwand, etwa zehn Meter weiter, hinter zwei großen Bäumen.
Das Unterlid des Blonden zuckte einmal und es war wohl nur dem Zufall zu verdanken, dass keine Ader an seiner Schläfe ungesund zu pochen begann. Nanpa war so einiges, was er aber wohlweißlich lieber nicht heraushängen ließ, weil äußere Umstände nicht mit diesen Eigenschaften harmonieren würden. Zum Beispiel war er ohne Frage ein elender Choleriker, aber mit dem Bauch oder Herzen zu denken war in seinem Metier der falsche Weg, er verleitete zu vorschnellen Handlungen und machte das Ersinnen einer echten Strategie beinahe unmöglich. Auch gab es noch andere Dinge, die gerade in seiner Familie sicherlich nicht auf positive oder neutrale Resonanz stoßen würden, die er deswegen nicht auslebte. Es war nicht besonders schön, sich selbst zu verleugnen, aber es erfüllte seinen Zweck und vermied nervigen Stress. Somit war allein die Vorstellung, auch nur ein verräterisches Wort würde jemals seine Lippen verlassen, vollkommen undenkbar. Er würde ziemlich alles tun, damit sein Name nicht in Verruf geriet, so war er erzogen worden – und dafür war er zudem viel zu stolz. Auch neigte er nicht zu überflüssigem Humor, weswegen er mit immer noch ernstem Gesicht die Aussage überging, dass die Explosionstags von seinem Körper verschwunden waren (er wollte nicht darüber nachdenken, wo genau die gleich geklebt hatten) und erneut seinen aufkeimenden Zorn zurückhielt. „Es war einen Versuch Wert.“, meinte er mit einer gewissen Spitze in seiner Stimme, die er dann doch nicht hatte abstellen können. Es war eigentlich sowieso egal, wie er sich benahm, immerhin änderte es nichts, aber schon wieder war es sein Stolz, der ihm gebot, sich nicht dazu hinreißen zu lassen, aus der Haut zu fahren. Wenn er hier starb, dann sicherlich weder wie ein Kind brüllend, noch wie ein elender Verräter, den man, würde er überleben, eh einbuchten würde. Ohne seine Miene groß zu verziehen, nahm er die Worte des Anderen zur Kenntnis, seufzte und schüttelte mit leicht mitleidigem Ausdruck den Kopf, setzte zu einer Antwort an – aber da war er schon weg. War er wirklich so naiv, dass er glaubte, er würde etwas verraten, nachdem er sich am liebsten selbst in die Luft gesprengt hätte? Ein Shinobi hütete die Geheimnisse seines Dorfes, das lernte man doch nun wirklich schon im Kindesalter… oder war das mit dem Warten nun schon der Anfang des Ganzen? Nachdenklich legte er den Kopf schief und grübelte darüber nach – immerhin sagte man, dass Vorfreude die beste Freude war, war dann Vorsorge die beste Sorge? Tja, seine Vorsorge war scheinbar in die Hose gegangen, da die einzigen beiden Metallgegenstände an seinem Körper, die seine eingeschränkten Musterungsfähigkeiten bemerkt hatten, der Ring an seiner linken Hand und seine Kette waren, aber mal ehrlich, weder noch ließ sich spontan aus dieser Position als Waffe gebrauchen. „Ich werde Sie nicht duzen. Das würde eine selbstverständliche Nähe schaffen, die ich nicht gutheiße.“, bekam der fremde Shinobi deswegen als erstes zu hören, nachdem er zurück kam.
Erziehung und Training hatten bei Monjo schon lange keinen Effekt mehr. Er war immerhin theoretisch schon alt genug, um darüber nachzudenken, selbst etwas zu erziehen, vielleicht ein Tierchen oder etwas Ähnliches, weswegen er sich über den richtigen Umgang mit anderen kaum Gedanken machte. Auch war er nicht gerade reizbar, blieb die meiste Zeit ruhig und handelte ganz danach, was ihm gerade durch den Kopf spukte. Mit dieser Einstellung war er immerhin bis zum Jounintitel gekommen, da konnte es doch gar nicht so schlecht sein. Die meisten seiner Kollegen waren wie der Typ, den er gefangen hatte: Pflichtbewusst, unnahbar, absolut kühl. Er verstand nicht wirklich, wieso. Manchmal hatte er das Gefühl, dass Verantwortung auf magische Weise lange hölzerne Gegenstände an Stellen beförderte, an denen die Sonne niemals schien. Höchst philosophischen Gedanken hing er also nach, während er seine Blase entleerte und seine Zigarette ausdrückte, natürlich nicht gleichzeitig. Als er also wieder zu den Bäumen zurückkehrte, zwischen denen der Blonde gespannt war wie ein menschliches Spinnennetz, erwartete er in keinster Weise irgendwelche Informationen. Bisher versuchte er noch nicht einmal etwas herauszufinden. Um effektiv zu sein, musste man wie ein Jäger seine Beute genau beobachten. Ihre Eigenheiten herausfinden. Sie sich zu Eigen machen und sich Vertrauen erschleichen. Und wenn das nicht ging, hatte man ja immer noch Kanjou. Er wollte ihn also nicht duzen? „Ich weiß nicht. Ich würde der Person, die mich töten wird, weniger höflich gegenübertreten. Aber jedem das Seine. Ich werde damit weitermachen, ja?“ Monjo wartete nicht auf eine Antwort, sondern nickte nur kurz, wie um sich selbst zu bestätigen. „Eigentlich solltest du ja reden, aber ich denke, darauf kann ich noch etwas warten, von daher...Ja, lass uns eine etwas angenehmere Atmosphäre schaffen. Wie heißt du? Ich bin Monjo. Ich würde dir auch die Hand reichen und alles, aber ... du verstehst. Ja.“ Es waren ganz einfache Tricks. Aktion und Reaktion. Den Charakter des anderen ertasten. Es musste schließlich etwas geben, woran man ansetzen konnte. Das gab es immer.
„Deswegen unterscheiden sich die Menschen. Ich könnte Ihnen ins Gesicht spucken, wenn Sie darauf bestehen, wäre das unhöflich genug?“, war alles, was von Nanpa kam, ehe er wieder in Schweigen verfiel. Natürlich würde er seinen Namen nicht nennen, denn dadurch wäre es noch deutlich einfacher, seine Identität nachzuforschen, davon abgesehen natürlich, dass es sowieso schon nicht besonders schwer sein würde. Immerhin stand sein Nachname auf der Rückseite des goldenen, rechteckigen Anhängers der Kette, die um seinen Hals baumelte, auch wenn er sich nicht sicher war, ob der Andere diesen bemerkt hatte. Er würde ihn sicherlich nicht darauf hinweisen. Er könnte sich auch die Zunge abbeißen und damit Selbstmord begehen, das war immer noch eine Alternative, auch wenn er sich das geradezu abartig ekelig vorstellte. Immerhin schmeckte schon Rinderzunge abscheulich und die riss man sich nicht selbst aus dem Mund… Nein, seinen Namen nannte er nicht und er würde auch weiterhin alle Versuche des Mannes, der sich als Monjo vorgestellt hatte, freundliche Konversation zu betreiben, abblocken. Die Situation war nicht freundlich, sein Gegner war es nicht und die einzigen Menschen, die glaubten, er selbst sei nett, waren seine Geschwister und eine gewisse andere Dame, an die er im Gegensatz zu den ersten jedoch keinen Gedanken verschwendete. Shinobi sollten nicht nett sein, sie sollten eiskalte und gefühlslose Killer sein, auch wenn Nanpa allerhöchstens den Anschein eines solchen erregen konnte. Er war viel zu emotional für so etwas.
„Oh, nur weil man nicht übermäßig höflich ist, bedeutet das nicht, dass man automatisch unhöflich ist.“ Monjo lächelte wieder und hob eine Hand, um in einem Anflug von Spott einen seiner Zeigefinger hin und herzubewegen, als hätte er seinem Gegenüber gerade etwas äußerst Wichtiges erklärt, statt sich über ihn lustig zu machen. Wobei das gar nicht unbedingt sein Plan war, auch wenn es beinahe lächerlich war, diese Fassade aufrechtzuerhalten, wo er doch ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte. Was diese Shiros wohl mit ihren Jounin anstellen mussten, um sie dermaßen treu zu machen? Gehirnwäsche? Er traute es ihnen zu. Immerhin wäre er niemals auf die Idee gekommen, seinen Körper mit Explosionssiegeln zu behaften, um sich am Ende selbst zu opfern. „Weißt du, ich verstehe nicht, wieso du das hier so negativ siehst. Natürlich, ich möchte, dass du dein Land verrätst. Aber ist es denn wert für dieses zu sterben?“ Es war keine sehr ernst gemeinte Frage, natürlich würde er dafür sterben wollen, schließlich schwor man das quasi indirekt, wenn man zum Jounin ernannt wurde...Ein Test, wieder einmal. Er würde ihn nur zu gerne zum Reden bringen, über irgendetwas, doch leider zählte sein Gegenüber auf kompletten Mauerbau. Schade. „Dieses Gespräch zieht sich wirklich unheimlich. Ich gebe dir nun noch eine Chance. Entweder du fängst an zu sprechen – über IRGENDETWAS – oder ich muss dir wehtun. Ich will es nicht, aber du lässt mir wirklich keine Wahl. Ich hatte gehofft, wir könnten das anders lösen. Ihr Shiros seid doch alle gleich...“ Nun, wenn man davon ausging, dass man einen aufopferungsbereiten Jounin vor sich hatte, der sein Land über alles stellte, wie würde dieser dann darauf reagieren, wenn man eben jenes schlecht machte?
Nanpa war nicht fanatisch und er war auch kein Patriot, nur leider war es vollkommen unmöglich, diese Schlussfolgerung aus den vorhandenen Fakten zu ziehen. Immerhin hatte er tatsächlich den Körper mit Explosionssiegeln bedeckt gehabt, aber das bedeutete nicht, dass er für sein Land sterben würde. Es war viel mehr so, dass es auch für ihn Instanzen gab, denen er zu widersprechen nicht wagte und von denen er wusste, dass er für sie tot war, wenn er seine Pflicht nicht tat. Es war gefährlich, dem Feind lebend in die Hände zu fallen, deutlich unangenehmer, als wenn man dabei drauf ging, also war es nur recht und billig, dabei noch alles mitzureißen, was einem an Feinden nahe stand. Der Blonde ließ ein verächtlich klingendes Schnauben vernehmen und schüttelte den Kopf, dass die goldenen Locken um sein Gesicht wehten. „Tze… Ich habe auch keine Ahnung, warum ich das so negativ sehe. Vielleicht, weil ich an zwei Bäumen hänge, mich nicht bewegen kann, in nächster Zeit entweder in Stücke gesprengt oder gefoltert werde und dagegen absolut nichts tun kann?“ Noch ein schnaubendes Lachen später drehten sich die grünen Augen zum Himmel und wieder zurück. „Ich sterbe so oder so und das wissen Sie genauso sehr wie ich. Also ist die einzige Wahl, die ich habe, wie ich abtreten möchte und Verräter konnte ich noch nie leiden.“ Noch einmal verzog sich seine Stirn, als habe er es mit einem offenbar ziemlich begriffsstutzigen Menschen zu tun, ehe das Schweigen wieder über ihn hereinbrach. Das war es, was er auch weiterhin halten musste, denn mit jedem Ton, den er von sich gab, verschaffte er einem Gegner, der auch nur ansatzweise etwas von der Psyche eines Menschen verstand, einen Ansatzpunkt, der ihm am Ende gefährlich werden konnte. Das allerdings schien Monjo nicht zu Gefallen, so wenig zumindest, dass er ihm erneut drohte – und Nanpa dazu brachte, dieses Mal mit eindeutigem Hohn in der Stimme zu erklären: „Versuchen Sie Ihr Gewissen zu beruhigen, indem Sie sagen, Sie hätten keine Wahl? Oder glauben Sie allen Ernstes, ich würde auch nur irgendetwas sagen? Mann, sind Sie naiv…“
Naiv zu sein war nun wirklich etwas, was man Monjo nur selten vorwarf oder eher schon seit Ewigkeiten nicht mehr vorgeworfen hatte. Das letzte mal war er wohl etwa zehn gewesen. Umso unterhaltsamer also, dass er nun, wo er doch augenscheinlich in überlegenster Position stand, derart degradiert wurde. „Ich denke, naiv zu sein ist ganz okay. Ich habe ja dennoch gewonnen. Vielleicht habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich bin froh darum. Es wäre ja fatal, wenn ich ohne Hintergedanken irgendeinen Wehrlosen töten könnte.“ Selbst als Ninja hatte man immerhin seine Prinzipien. Wie zum Beispiel erst dann Gewalt anzuwenden, wenn Worte nicht mehr halfen. Und er war noch lange nicht am Ende seiner Möglichkeiten...
„Hm.“ Ein hervorstechendes Merkmal des jungen Jounin war wohl die Tatsache, dass er zwar ziemlich schnell aufzuregen war, aber auch recht schnell wieder herunter kam, wenn man ihm den Wind aus den Segeln nahm. Gerade hatte sich seine Wut noch zu immer größeren Wellen aufgebäumt, nur durch leichtes Herunterplätschern zu bemerken, bereit, über den Mann hereinzubrechen, der dafür verantwortlich war, dass er hier wie eine Puppe hing – und nun konnte er nur den Kopf wegdrehen und mit leicht genervtem Blick die Bäume anstarren. Er hätte wirklich unglaublich gerne etwas stichelndes erwidert, aber ihm fiel nichts ein… nichts, was er spontan hätte zum Besten geben können. Zum einen, weil ihm vorführte, dass er, egal was er sagte, es auch nicht besser machte und er sich noch eher wie ein Kind aufführte, das seinen Willen nicht bekommen hatte. Zum anderen, weil er die Wahrheit sagte, zumindest so weit er das beurteilen konnte und obwohl er natürlich nicht wissen konnte, ob er log oder seine Worte so meinte, waren sie ihm sympathisch. Das nervte ihn natürlich kolossal, denn das hier war nur unter der Voraussetzung durchzustehen, dass er sich vollkommen von dem distanzierte, was passierte. Er durfte erst gar nicht anfangen, diesen Mann zu mögen oder zu hassen, er durfte ihn nicht interessieren! Diese Strategie fuhr er schon sein Leben lang oder besser gesagt die letzten knapp zehn Jahre, sie war das einzige, was ihn schützte und er hatte eigentlich nicht vor, sie nun über den Haufen zu werfen… das wäre leichtsinnig. „Ich soll mich also mit Ihnen unterhalten?“, fragte er, immer noch, ohne den Blick wieder auf Monjo zu richten, „Wie wäre es mit dem Wetter? Ganz schön kalt hier…“ Dabei hatte er selbst immer noch gefütterte Kleidung an, während der Andere… eigentlich tot frieren müsste.
„Nun, ich denke, Kälte ist ein ziemlich wichtiger Bestandteil dafür, dass dieser Landstrich 'Reich des Schnees' heißt.“ Monjo nickte kurz und wischte mit dem Fuß ein bisschen Schnee zur Seite, um sich vor dem Blonden auf den Boden zu setzen. Beiläufig angelte er eine Zigarette aus seiner Tasche und steckte sie an. Rauchkringel in die Luft blasend, betrachtete er seinen Gegner. Wieso schaute er ihn plötzlich nicht mehr an? Wo war seine Kämpfernatur? Hatte er aufgegeben, oder verfolgte er gar einen neuen Plan? Es war schwer zu sagen, besonders, da die Mimik des Shiros nur wenig Auskunft gab, doch noch war es nicht zu spät. „Aber ich habe auch eine ganze Woche in einer warmen Hütte gesessen. Eigentlich wollte ich gerade etwas essen, als du aufgetaucht bist? War die Reise anstrengend? Hast du vielleicht Hunger?“ Sein Lächeln sah beinahe aufrichtig aus, als er in seine Tasche griff und einen Schokoriegel zu Tage förderte, eben diesen auspackte und damit vor Nanpas Nase herumwedelte, ähnlich eines Tieres, welches ein neues Spiel entdeckt hat. Tatsächlich wollte er einfach nur angesehen werden...Und wer wusste schon, ob so ein Schokoriegel nicht die Diva in seinem Gegner besiegte und ein bisschen Zungenlockerung versprach?
Monjos Plan war zur Hälfte wie am Schnürchen gelaufen, zur anderen aber dermaßen daneben gegangen, dass man nicht von einem eindeutigen Resultat sprechen konnte. Tatsächlich drehte sich der Kopf des Blonden die Nuance zurück, aber statt hungrigen, interessierten oder irgendwie auch nur eine Spur positiven Augen, flammten ihm zwei grüne, verärgerte Iriden entgegen, die davon kündeten, dass der Diva in Nanpa gerade nur neues Leben eingehaucht worden war. Schokoriegel? „Wollen Sie mich eigentlich verarschen?“, fauchte der Blonde und spannte seine verkrampfte Muskulatur an, sodass die Seile ein wenig zitterten, „Ich mag blond sein, schön. Aber ich bin weder blöd, noch ein Kind.“ Die Stimme erhoben, eindeutig zickig, funkelte er Monjo noch eine Sekunde an, ehe er den Kopf nach oben wandte, mit seinen Blicken die Seilkonstruktion nach Schwachstellen absuchend. Wie kam er hier nur am besten raus…?
Die Antwort darauf, wie er den Seilen entkommen konnte – und dass er daran dachte, das sah selbst jemand, der weniger psychische Erfahrung hatte als Monjo, so wie er versuchte eben diese mit seinem Blick zu durchbohren - würde dem Blondchen nicht gefallen, es vielleicht sogar noch wütender machen, deshalb hielt sich der Medic-Nin auch zurück und verfolgte stattdessen in Gedanken seinen Plan, den er, auch wenn es für's Erste so aussah, noch lange nicht gefährdet hatte. Während er also in seinen Schokoriegel biss, den er von Anfang an nicht hatte teilen wollen und sich einen der Krümel von der Lippe wischte, betrachtete er seinen Gegner weiterhin, auf der Suche nach einer Schwachstelle. Nun, wo er schon so hochtrabend erwähnt hatte, dass er kein Kind war, konnte Monjo nicht anders, als zu schätzen. Jugendlich war er nicht mehr. Aber deutlich jünger als er. Mindestens drei Jahre. Oder fünf. Mitte Zwanzig war ein guter Schnitt, wenn man bereits Jounin war. Das Temperament war vielleicht zeitweise dazwischen gekommen, ganz sicher nicht mangelndes Talent. Je deutlicher ihm bewusst wurde, dass er es hier mit jemanden zu tun hatte, der bestenfalls an der Oberfläche ruhig und berechnend war, desto besser schienen seine Elemente zu ihm zu passen. Katon und Raiton, natürlich, was auch sonst. „Lass mich auf deine Aussage antworten.“ Monjo lutschte den letzten Rest Schokolade aus dem Papier und grinste flüchtig, ehe er, das Gesicht nachdenklich verzogen, fortfuhr: „Du kommst ganz alleine in eine unwirtliche Gegend, die ich bereits eine Woche lang perfekt auskundschaften und präparieren konnte. Du greifst mich an ohne zu wissen, was ich eigentlich kann – und ich habe sehr gut aufgepasst, wie ein normaler Einsiedler zu wirken. Du lässt dich von mir besiegen, fesseln und hast zudem noch die Dreistigkeit mich, der ich dich weder besonders verletzt habe – oder hast du Wunden oder Schmerzen? - noch dir besonders feindselig gegenübertrete, anzuzicken. Wenn ich mir das so ansehe bist du jetzt im Moment nicht sehr schlau und definitiv trotzig, was irgendwie im Gegensatz zu deinen Worten steht, oder?“ Sein Finger tippte gegen sein Kinn, er lief vor Nanpa auf und ab, während er sprach und blieb nach Beendigung seines Monologes vor dem Shironin stehen, mit dem selben freundlichen Lächeln, welches die ganze Zeit nicht von seinem Gesicht gewichen war.
Tatsächlich war Nanpa nur dann beherrscht, wenn er es sein musste, weil er sich gleich ganze Zackenreihen aus der Krone brach, wenn er seinem von Natur aus feurigen Temperament Zügel anlegen musste. Er gab sich in Kämpfen große Mühe, sich nicht auf sein Gefühl zu verlassen und in keinem Fall ärgerlich zu werden, weil das seine Sinne trübte und Autoritätspersonen gegenüber würde er auch nie ausfallend werden… aber wenn man ihn allen Ernstes zwischen zwei Bäumen aufspannte wie ein nasses Stück Wäsche und dann auch noch alberne Behauptungen anstellte, konnte man beinahe hören, wie Sicherung um Sicherung in seinem Kopf heraussprangen. Hallo! Ging‘s noch? „Sonst noch was?“, motzte er los, vollkommen außer Acht lassend, dass er eigentlich weder in der Position dazu war, noch es besonders beschwichtigend wirken würde – das war ihm auch egal, so nicht! - „Ich hänge hier nur an meinen Fingern rum wie eine Piñata und ja natürlich, wenn ich nett zu meinen Mitmenschen sein will, lasse ich auch durchscheinen, dass ich sie töten werde. Ach, und klar ist das erste, was ich tue, sie offenbar komplett auszuziehen während sie bewusstlos sind, um es ihnen danach unter die Nase zu reiben. Aber sicher!“ Die Brust des Blonden hob sich aufgeregt, er atmete erst einmal tief durch. Ein leichter Rotschimmer hatte sich während des Wutanfalls auf seine Wangen gelegt, aber er verschwand schnell wieder, noch als Nanpa bemerkte, dass er wahrscheinlich einen großen Fehler gemacht hatte. Man durfte sich nicht provozieren lassen, es verriet mehr über einen als wenn man beherrscht und ruhig blieb. Aber es störte ihn, es ärgerte ihn alles und seltsamerweise wohl am meisten die Sache mit den Briefbomben. Nicht, dass sie nicht mehr da waren, in gewisser Weise war das sogar beruhigend… aber… *Abregen. Dringend. Abregen.* Als er wieder zu sprechen begann, merkte man seiner Stimme nur noch stellenweise an, dass sie gerade noch erhoben worden war. „Wie oft lehnen Sie durchschnittlich Aufträge ab?“
Der Blonde begann auf seinen freundlich gemeinten Vortrag auszurasten wie ein tollwütiger kleiner Dackel und amüsierte Monjo, der dessen Gezicke mit seinem geheimnisvollem Lächeln abtat. Dass sich der junge Mann offenbar deutlich daran störte, dass er ihn ausgezogen hatte, brachte ihn sogar dazu, einen kurzen Lacher auszustoßen. „Weißt du. Man durchsucht Gefangene, besonders wenn sie Jounin sind, besonders gründlich. Bilde dir nichts darauf ein, dass ich dich ausgezogen habe, du bist nicht der Erste und sicher nicht der Hübscheste, den ich so gesehen habe. Abgesehen davon habe ich nie erwähnt, dass ich dich töten werde, oder?“ Achselzuckend trat er noch einen Schritt mehr auf Nanpa zu, aufgerichtet wie ein Türsteher, so weit eben, wie sein Gegner nicht mehr ausholen konnte, und grinste weiterhin, was das Goldlöckchen vermutlich noch mehr aufregte. Und ihm einen Heidenspaß bereitete. „Oh, natürlich war es nicht deine Wahl, diesen Auftrag zu erledigen. Aber ich bezweifle, dass die Dorfverwaltung dir geraten hat, ihn auf solche Weise zu erledigen, oder? Wenn ja, seid ihr da drüben ja unorganisierter als ich dachte! Aber es stimmt wohl, was man sich über die Shinobi aus dem Reich des Feuers erzählt...“ Er lehnte sich noch ein Stück vor, nahe dem Ohr des Anderen, so dass dieser vermutlich deutlich seinen Kaffeeatem riechen konnte, und hauchte dann, in einer Drehung, die ihn einmal unter dessen Arm bugsierte und ihm erlaubte, dessen Kopf von hinten festzuhalten, nicht allzu fest, aber das konnte sich ändern. „Sie haben ein heißes Temperament.“