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Bei den unbeschrifteten Gräbern

Hiragana Kayros

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„Vielen Dank, dass du mitgekommen bist.“ Kayros lächelte seine Begleitung an und doch war in seinem Blick, seiner Stimme und seiner Körperhaltung eine nicht unsichtbare Traurigkeit zu spüren. Seine Begleitung kannte ihn gut. Er hatte ihr zwar gesagt, dass sie sich gerne den Tag über Zeit nehmen konnte, das Hiragana-Viertel auf eigene Faust zu erkunden, aber Mai bestand darauf, mit ihm dort hinzugehen. Und jetzt standen sie hier. Der Blondschopf trug einen schwarzen Mofuku, heute ohne seinen Stoffhelm und seine übrige Shinobi-Kleidung, Tabi und im Arm drei Sträuße mit Blumen. Die Sonne stach wie jeden Tag zu dieser Jahreszeit heiß vom Himmel hernieder und wirkte alles andere als ein Tag, an dem man trauern sollte. So war das Leben in der Wüste.

Kayros und Mai waren die einzigen beiden, die scheinbar zu dieser Uhrzeit die Ruhestätten der Ninja aufsuchten. Die Luft flirrte, als die beiden durch die Reihen der Gedenksteine gingen. Jeder dieser Steine war geschnitten wie das Symbol der Shinobi aus dem Windreich, graviert mit den Namen eines Shinobis oder einer Kunoichi, die im Laufe der Zeit ihr Leben und meistens auch ihren Tod in den Dienst des Kazekagen stellten. Ehrenhafte Kriegerinnen und Krieger, großartige Vorbilder für Erzählungen aller Art. Doch für diese Gräber war Kayros heute nicht gekommen. Und dennoch, an einer Stelle hielten die beiden an, Kayros legte zwei der Blumenbouquets nieder und sprach ein stilles Gebet für die Toten. Es handelte sich hierbei um zwei ehemalige Kameraden seines Vaters Gathos, Menschen, die Kayros meist von Erzählungen her kannte und einigen ganz frühen Kindheitserinnerungen. Vielleicht spielte ihm sein Gedächtnis aber auch nur einen Streich, denn sein Vater hatte in ihrem Anwesen eine Wand, eine Art Schrein, in der die Bilder toter Kameraden hingen. Es waren allerdings nicht diese nüchternen Bilder, wie sie zur Totenzeremonie hervorgeholt werden, sondern Bilder, die direkt aus dem Leben gegriffen waren. Auf dem einen Bild – Mai hatte bei der Rundführung durch das Anwesen auch diesen Gedenkort sehen dürfen – trug der eine den Kleinkind-Kayros auf den Armen und schien ihn gerade in die Luft werfen zu wollen. Ehrlich gesagt wusste der Hiragana nicht, ob es das letzte Mal war, dass er den Kameraden seines Vaters gesehen hatte.

Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, da erhob sich Kayros und ging, einmal schluckend aber mit festem Gesichtsausdruck, weiter. In der letzten Reihe, direkt vor den Gebirgsfelsen, dessen natürliche Schutzformation den Friedhof und das Dorf selbst begrenzte, standen zahllose Grabsteine. Alle waren gepflegt wie alle anderen auch. Die Reinigung von Exkrementen von Tieren wurde jeden zweiten Tag gewissentlich vorgenommen. Ein Unterfangen, wofür die Wasservorräte tatsächlich selbst in der größten Not und längsten Trockenheit oftmals noch genutzt wurden. Die Totenehre war den Bewohnern der Wüste heilig, man konnte sogar von einer größeren Ehrerbietung sprechen als bei den anderen Nationen. Vielleicht lag es an den ganz alten Traditionen der Nomaden der Wüste, die auf das Geschick ihres Anführers, meist des ältesten der Gruppe, angewiesen waren. Kayros wusste es nicht. Die Gräber in dieser letzten Reihe waren jedoch anders als die anderen. Es waren jene, die kaum besucht wurden. Außerdem war an diesen noch etwas auffällig. Ein Unterschied, den man vielleicht beschreiben konnte als ohrenbetäubende Stille. Keiner dieser Grabsteine war mit Namen versehen. Shinobi, die hier beerdigt wurden, hatten keine Ehre im Tod gefunden. Zwar gedenkt man hier in Sunagakure wie auch überall anders in der Welt dem gesamten Leben der Verstorbenen, doch es gab Gründe, dass das Grab vielleicht anonym bleiben sollte. Wenige Menschen wissen, welcher Grabstein zu welcher Person der letzten Reihe gehört, und es gibt kein Grabbuch oder ähnliches, um die Totenstätte einer solchen Person ausmachen zu können. Einzig wenn man es von einer wissenden Person erfährt und sich die Mühe macht, den Ort zu memorieren, würde man hier eine Totenehre für eine bestimmte Person abhalten können. Andernfalls gedachte man generell den Toten.

Kayros wusste nicht, warum er an diesem Ort immer eine unangenehme Gänsehaut bekam Und er wusste auch nicht, warum es ihm jedes Mal schmerzte, wenn er vor diesem einen, bestimmten Grab seine Blumen niederlegte. Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es doch. Doch der Spruch ist eine Lüge. Die Zeit hilft nur, mit dem Schmerz besser umzugehen. Und ja, mit den Jahren konnte der Hiragana den Gang zum Grab und die ohrenbetäubende Stille besser ertragen. Aber heute, nach seinem stillen Gebet, wollte er nicht die Stille alles in diesem Friedhof überlassen. Er drehte seinen Kopf zu Mai und flüsterte fast, aber im Verlauf des Satzes wurde seine Stimme kräftiger, wenngleich auch unverändert traurig: „Hier liegt Ogawa Hiroshi.“
 

Sakaida Mai

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Für Mai war es eines der größten Geschenke, Zeit mit ihrem engsten Vertrauen und besten Freund verbringen zu können. In den letzten Monaten hatten beide Shinobi viel zu tun gehabt und mussten durch die halbe Welt reisen, um Aufträge zu erfüllen. Doch die letzte gemeinsame Mission in Mayaku im Reich des Feuers war bereits viel zu lange her. Ja, mittlerweile waren viele Monate ins Land gezogen, doch der Schmerz bei dem Gedanken an diese Mission ließ Mai schaudern. Wie es Mashido Shin wohl mittlerweile erging? Seine Verletzungen hatten ihn gezwungen, den Beruf als Shinobi aufzugeben. Noch immer gab sich Mai die Schuld dafür, dass der junge Mönch dieses Schicksal erleiden musste. Wäre Kayros bei dieser Mission nicht an ihrer Seite gewesen, hätte die Blauhaarige vermutlich den Verstand verloren. Doch mit ihm fühlte sie sich sicher. Es war nicht nur seine Stärke und seine enormen Fähigkeiten, sondern auch die tiefe Verbundenheit, welche Mai stets ein Gefühl von Geborgenheit vermittelte, wenn der blonde Suna-Nin bei ihr war. Umso schöner war es, dass Kayros sie zu seinem Heimatbesuch mitnahm. In Sunagakure war Mai zuvor noch nicht gewesen und es war eine atemberaubende Stadt! Doch besonders wundervoll war das Anwesen der Hiragana, allen voran was die alten Fotos betraf. Der kleine Kayros war unendlich niedlich gewesen! Ob es auch Fotos von Mai's alter Freundin Akane gab? Die Cousine von Kayros war bestimmt auch irgendwo hier verewigt..

Um ehrlich zu sein, hatte die Chuunin aus Kumogakure nicht damit gerechnet, heute den Friedhof zu besuchen. Daher war sie vielleicht nicht ganz passend gekleidet mit ihrem weißen, langärmlichen Blusenkleid. Sie wollte ihre Haut vor der enormen Kraft der Sonne schützen und verdeckte daher ihre Arme mit dem Stoff. Kayros hatte ihr zwar versichert, dass sie sich ruhig die Stadt ansehen könnte, doch Mai war eine treue Seele und hakte sich stattdessen am Arm ihres Freundes ein. „Kommt nicht in Frage! Wir haben uns so wenig gesehen in der letzten Zeit.“ Zwar blickte Mai ein wenig beschämt an sich herab, als sie feststellte, dass sie sich auf einen Friedhof zubewegten, doch ließ sie wieder von Kayros ab und ging erhobenen Hauptes weiter. Was soll's! Sie kannte hier ja eh niemanden.

Wortlos warf sie immer wieder fragende Blicke zu ihrem Vertrauten. Wann immer er ein Gebet sprach, tat sie es ihm gleich und folgte ihm dann schließlich wortlos wieder. Nun war Kayros' Stimmung natürlich nicht besonders enthusiastisch, denn das wäre auf einem Friedhof unpassend. Doch es entging der Blauhaarigen nicht, dass er immer stiller und nachdenklicher wurde. Regelrecht angespannt. Gemeinsam gingen die beiden weiter, bis der Suna-Nin vor einem namenlosen Grab stehen blieb. Mai wagte es erst zu ihrem Freund zu sehen, als dieser sich ihr zuerst zuwandte. In ihren blauen Augen lagen viele Fragen, doch die wichtigste von allen beantwortete Kayros sogleich von selbst: Dieses Grab gehörte also Ogawa Hiroshi. Es brach ihr das Herz, den Schmerz in seinem Gesicht zu erkennen. Sie nickte nur schwach und sah einen Moment lang wieder zum Grab. Dann aber musste sie die Stille vorsichtig durchbrechen: „Dieser Name kommt mir nicht bekannt vor. Wer war er? Ein Freund von dir?“ Mai hätte noch viele weitere Fragen zu diesem Hiroshi, doch sie wusste nicht, ob sie so einfach danach fragen könnte. Andererseits handelte es sich hier ja immer noch um Mai.. „Wie.. wie kam er ums Leben..?“ Irgendwie setzte die Kunoichi voraus, dass es sich um einen recht jungen Kerl gehandelt haben musste, vielleicht in ihrem Alter. Da konnte kaum von einem natürlichen Tod ausgegangen werden.
 

Hiragana Kayros

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Wind umspielte die Kleidung der beiden Freunde, als sie vor dem Grab des ehemaligen Suna-Nins standen. Das helle Kleid blendete den jungen Mann, als er Mai anschaute. Es stimmte, sie hatte nie die Chance gehabt, Hiroshi kennen zu lernen. Kayros hatte das Gefühl, schon ewig ein Shinobi zu sein... Genau wie Mai. „Hiroshi war... etwas älter als ich. Quasi ein paar Jahrgänge über mir und bereits Chuunin, als ich Genin wurde. Er war... talentiert.“ Was wusste Kayros schon von ihm? Er hatte ihn zwar immer beobachtet, bewundert, ja als Vorbild genommen. Nicht seinen Vater Gathos, nicht seinen Cousin Ryu, in gewisser Weise nicht einmal den Kazekagen. Nein, es war der blonde Kämpfer gewesen mit der ruhigen Ausstrahlung.

„Nun, er war in gewisser Weise so etwas wie ein Wegweiser für mich. Zumindest eine Zeit lang.“ Der Hiragana lächelte ein wenig, als er an bestimmte Episoden zurückdachte. Es gab einmal einen Trainingskampf zwischen Hiroshi und einer Kunoichi vom Aza-Clan. Der Kampf war intensiv, und Kayros wusste nicht einmal, ob er gesehen wurde. Vermutlich nicht, denn er hatte sich einen Platz zwischen den Bäumen gesucht, als er des Weges kam. Mai bemerkte sicherlich, dass Kayros mit etwas hinterm Berg hielt. Wollte er es sich nicht eingestehen? Oder war es einfach nur verwerflich? Jemand, der seine Gedankenwelt kannte, wusste um das Problem in diesem Kapitel seines Lebens.

Als Mai ihre Frage stellte, wie er gestorben ist, wich dem Jungen die Farbe aus dem Gesicht. Er schluckte. „Er wurde...“ Sollte er die Wahrheit sagen? Es würde ein schlechtes Licht auf ihn werfen. Aber sollte er lügen? Nein, auch die unschönen Wahrheiten sind wichtig, erzählt zu werden. Tut mir leid, Hiroshi, dass Mai dich vielleicht aufgrund deiner letzten Taten als einen schlechteren Menschen in Erinnerung behalten würde als du verdient hast. „... von Junko getötet, als er versucht, zu desertieren.“ Stille. „Itoe, Junko und ich haben nie davon erzählt.Es war keine schöne Zeit. Hiroshi wollte nach Soragakure gebracht werden... Über seine Gründe kann ich nur spekulieren. Aber ich habe eine Vermutung.“ Sollte der Hiragana wirklich alles erzählen? Nun... Hiroshi und Junko würden es sicher beide genauso handhaben. Oder wahrscheinlicher wäre, dass Junko zwei Sätze sagen würde und dann alle weiteren Fragen abblocken ließe. Aber Junko würde auch nicht hier stehen. „Hiroshis Familie hat gesagt, dass man vermutete, dass sein Vater im Allianzverbund der Sora lebte. Ich denke, dass diese Sehnsucht nach seinen Wurzeln sein Handeln bestimmt hatte.“ Die Geschichte warf vermutlich ein furchtbares Licht auf die Mameha. Vielleicht musste daher noch etwas klargestellt werden. „Hiroshi hatte das Sandbluterbe, genau wie Tatsumaki Hei.“ Die Erklärung dürfte genügen. Allen Shinobi war bekannt, dass Geheimnisse der Bluterben auf gar keinen Fall außerhalb der Fraktion bekannt werden durften. Junko wusste es. Und Kayros verstand ihr Handeln. Ob er es ihr verziehen hatte.

Kayros erschrak, als er einen Wassertropfen auf seiner Hand spürte. Wasser? Nein. Tränenflüssigkeit.
 

Sakaida Mai

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Während Mai ihrem Freund aufmerksam zuhörte, versuchte sie, ihn nicht ständig anzusehen. Einerseits wollte sie prüfen, ob bei ihm alles in Ordnung war und möglichst schnell erkennen, wenn die Traurigkeit ihn übermannte. Doch auf der anderen Seite wollte Mai nicht indiskret sein und ihn in seiner Trauer nicht mit ihren Blicken stören. Hiroshi schien das für Kayros gewesen zu sein, was Junko und Itoe für sie gewesen waren. Oder? Konnte man das vergleichen? Dieser junge Chuunin war sehr talentiert, wenn man Kayros Worten Glauben schenken durfte. Je talentierter der Shinobi, desto riskanter die Aufträge. Im ersten Moment schien Mai zu erahnen, was das Schicksal dieses Hiroshi gewesen sein könnte, doch es sollte anders kommen.

Was es auch mit diesem jungen Mann auf sich hatte, er schien Kayros viel bedeutet zu haben und dieser Ort schmerzte ihn dementsprechend. Mai dachte zunächst, dass ihr Kollege noch mehr erzählen würde, doch er verstummte. Sollte sie weiter nachfragen? Doch noch bevor sie darüber nachdenken konnte, sprach ihr Freund weiter. Er wurde..?

Was?!“, stieß Mai fassungslos hervor, als er die Worte ausgesprochen hatte.

Junko soll Hiroshi getötet haben?! Mai wusste ja, dass diese Kunoichi ihren Beruf sehr ernst genommen hatte und nicht immer gut Kirschen essen mit ihr war, aber.. einen Shinobi des eigenen Dorfes umbringen? Das hätte sie selbst ihr nicht zugetraut. Auch Mura versuchte zu desertieren, doch Mai hatte ihm nicht ein Haar gekrümmt. Im Gegenteil, gemeinsam mit Kayros und Itoe wurde er zurückgeholt und zur Vernunft gebracht. Und sie alle schwiegen seither. So wie auch diese Gruppe um Hiroshi, wie es schien. Noch immer stand die Fassungslosigkeit Mai ins Gesicht geschrieben. Wie konnte Junko nur so kaltherzig sein? Ja, Hiroshi hätte nicht nach Soragakure gehen dürfen, aber musste er das mit dem Leben bezahlen? Das konnte doch nicht sein! Bluterbe hin oder her, menschlich hatte Junko in den Augen der Blauhaarigen versagt. Ihr Blick verfinsterte sich. Mai war enttäuscht von ihr.. „Sie hat nicht richtig gehandelt.“, murmelte sie leise, aber entschieden. Die Kunoichi aus Kumogakure war überzeugt, dass es einen besseren Weg gegeben hätte.

Für einen Moment hang Mai ihren Gedanken nach. Sie dachte an Kayros' Schmerz. An diesen Hiroshi, zu welchem sie kein Gesicht hatte. An Junko. An Joudan, durch welchen sie sich der feindlichen Fraktion wieder angenähert hatte. Und an Itoe, wie wütend sie war, als Mura gegangen war. In all den Jahren war so viel passiert.. Beinahe hilflos wandte sich Mai wieder Kayros zu. Manchmal fühlte es sich so an, als wäre er der einzige, welcher an ihrer Seite geblieben war. Doch plötzlich bemerkte sie, dass ihm Tränen über das Gesicht liefen. Dieser Anblick war wie ein Stich ins Herz. Augenblicklich schlug dieses schneller. Sie spürte den Puls bis zum Hals und bemerkte, dass sich ihre Kehle zuschnürte. Kayros Antlitz stimmte die Blauhaarige so traurig! Doch sie durfte nicht weinen. Stattdessen legte sie ihre Hand auf Kayros Schulter, drehte ihn wortlos zu sich und zog ihn dann in ihre Arme. Für einen Moment lang schloss sie ihn fest in diese Umarmung, um ihm irgendwie Trost zu spenden. Dann aber ließ sie wieder von ihm ab und sah ihm eindringlich in die Augen, während ihre Hände noch auf seinen Schultern ruhten. „Ich verstehe deinen Schmerz so gut, Kayros..“, versicherte sie ihm und erinnerte sich an das Trauergefühl, wenn sie an ihren verstorbenen Bruder dachte. „Du musst diesen Hiroshi sehr gern gehabt haben, habe ich recht?“, schlussfolgerte die Blauhaarige mit zittriger Stimme. Sie musste schwer an sich halten, um nicht in Tränen auszubrechen. „Ich wünschte, ich könnte dir diesen Schmerz nehmen.“ Schwer seufzend ließ sie wieder von Kayros ab und wischte sich selbst eine Träne aus dem Augenwinkel.

Nach einer Weile der Trauer blieben jedoch noch viele Fragen offen. Ein paar davon wollte Mai Kayros unbedingt stellen: „Aber wie stand Junko denn zu Hiroshi? Es ist ihr doch nicht etwa leicht gefallen, oder? Und welche Rolle hatte Itoe in der ganzen Geschichte? Hätte sie Junko denn nicht zur Vernunft bringen können?“ Die blauen Augen der Sakaida blickten erwartungsvoll in die blaugrauen Iriden des Hiragana. Es reichte schon, dass sie von Junko nun enttäuscht war. Aber Itoe war anders, nicht wahr?
 

Hiragana Kayros

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Als Mai ihrem Schock Ausdruck verlieh, zuckte der Hiragana kurz zusammen. Sie fühlte Mitleid für einen Menschen, den sie nicht kannte und der allem Anschein nach auch nicht unschuldig an der Geschichte war. Sie kannte die Regeln, denen Shinobis unterworfen waren, und wusste, dass die Einhaltung absolute Priorität hatte. Natürlich ließ man sich hier und da von seinen Emotionen leiten, niemand wusste das besser als Kayros. Und dennoch sollte man sich auf seine Aufgabe und seinen Eid gegenüber der Fraktion besinnen. Als Chuunin dürfte es ihnen beiden klar sein.

Kayros blickte zu Mai, ihre sonst ansteckend fröhliche Art war wie weggewischt. War es selbstsüchtig von ihm, seiner Freundin diese Geschichte zu erzählen, nur weil er meinte Hiroshis Andenken zu bewahren? Er wollte sie nicht traurig sehen. Und trotzdem, dass sie ein wenig sein Leid teilte, half ihm. Mit wem sollte er denn darüber reden? Hiroshis Familie? Die hatte ein viel größeres Leid zu beklagen als er. Seine Familie? Das konnte er nicht. Junko, Sakamoto, Ryoichi oder Itoe? Das Thema sollte wohl eindeutig sein.

Sie hat nicht richtig gehandelt.“ Sein Verstand wollte der Kunoichi widersprechen, doch sein laut schlagendes Herz hatte schlagkräftigere Argumente. Er wollte etwas sagen, Junko in Schutz nehmen, Floskeln dreschen über das Leben eines Ninjas. Er suchte nach Worten, die er auch so meinte, wenn er sie sagte. Er öffnete den Mund – und blieb stumm. Stattdessen spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Und eine Umarmung. Im ersten Augenblick war er starr und ihm war es, als stünde die Welt still. Unfähig, etwas zu sagen, hörte er nur Mais Stimme. Und als sie sich wünschte, ihm den Schmerz zu nehmen, zerbrach die Erstarrung wie ein gebannter Zauber. Kayros drückte seine Gefährtin, Kollegin und Freundin an sich, atmete tief aus und wusste, dass es richtig war, Sakaida Mai, einer Kunoichi aus Kumogakure, von Ogawa Hiroshi zu erzählen. Als sie sich voneinander lösten, wirkte die Welt und auch der Friedhof nicht mehr so kalt wie vor Augenblicken noch. Der Mediziner trocknete seine Tränen und schaffte sogar ein dankbares Lächeln zu zeigen. „Mai, du bist eine außergewöhnliche Person“, flüsterte er, während sie ihre aufrichtigen Tränen trocknete.

Ein Augenblick der Stille verging. Während dünne Wolkenfetzen über den Himmel zogen (es würde keinen Regen geben, dessen war sich Kayros bewusst), wollte die blauhaarige Chuunin mehr wissen. Und Kayros versuchte, ihre Fragen zu beantworten. „Junko und Hiroshi waren... Rivalen. Nicht so hitzköpfig wie Itoe und ich, aber auch nicht so freundschaftlich wie Ryoichi und Tsyoshi. Sie sind etwa zur gleichen Zeit Chuunin geworden, glaube ich. Junko spricht nicht oft über Persönliches. Hiroshi war da ähnlich. Nekoyami Niyaze hatte mir gegenüber einmal angedeutet, dass ihre Differenzen zu Spannungen während der Prüfung führten. Letztlich habe aber ihr Verantwortungsbewusstsein ermöglicht, gemeinsam zu arbeiten, wenn auch nicht mit kameradschaftlicher Treue. Persönliche Differenzen auszublenden war ein entscheidender Punkt, warum man ihnen trotz ihres jungen Alters den Titel gab. Danach war es meistens wie Katz' und Hund. Nur in wichtigen Momenten konnten sie einer Meinung sein.“ So viel zu ihrer Vergangenheit. Konnte man daraus ableiten, was Junko gefühlt hatte? „Junko fiel es überhaupt nicht leicht. Wir hatten eine üble Auseinandersetzung dazu eines Abends mal. Du weißt, dass sie nicht über Gefühle spricht. Der Abend war eine Ausnahme.“ Kayros deutete auf eine Bank, die im Schatten der Berghänge stand, und war auf dem Weg, dorthin zu gehen. „Itoe war damals wie ich noch Genin, was wir Junko sagten, war ihr völlig egal, soweit es eine Mission betraf. Und Itoe... hatte meines Wissens keinen Bezug zu Hiroshi. Sie dürfte vermutlich von der Faktenlage her Junkos Entscheidung unterstützt haben.“ Um Itoes Willen verschwieg Kayros an dieser Stelle, auch wenn er etwas finster dreinblickte, dass sie ihm direkt nach Hiroshis Tod ebenfalls bedrohte. Total der kluge Schachzug von ihr. Apropos Schachzug: Erinnert ihr euch, wie sich Junko über Kayros Metaphern lustig machte? Ist auch besser so...
 
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Und so standen die beiden Freunde am Friedhof von Sunagakure und trockneten ihre Tränen. Es war nicht nur der Tod eines Kollegen, sondern all die Verluste, welche in den letzten Jahren so schwer auf deren Herzen lag. Es war die bittere Enttäuschung vom subjektiv falsch empfundenen Verhalten einer Kameradin sowie die Sehnsucht nach den alten Freunden. Erst das aufrichtige Kompliment Kayros, dass er Mai für eine außergewöhnliche Person hielt, munterte die Blauhaarige wieder auf. Sie lächelte ihn dankbar an und ihr wurde bewusst, dass einzig und allein das Hier und Jetzt zählte. Man durfte sich nicht zu lange mit der Vergangenheit beschäftigen, ansonsten würde man sie nicht überwinden können.

Aufmerksam hörte Mai Kayros zu, als er ihre Fragen beantwortete. Er versuchte, das Verhältnis zwischen Junko und Hiroshi zu beschreiben, indem er es mit anderen verglich. Mai erinnerte sich nur zu gut, dass Itoe und Kayros nicht unbedingt immer gut miteinander auskamen, doch dachte die Kumo-Nin stets, dass sie sich eigentlich gern hatten und Freunde waren. Hatte sie sich mit dieser Annahme denn geirrt? Wenn Itoe in diese Geschichte mit Hiroshi verwickelt war, dann hatten die beiden Hitzköpfe wohl mehr durchgestanden, als Mai wusste. Und wer weiß, ob es diese Last war, welche ihre Beziehung zueinander gefährdet hatte.

Also war es Junko nicht leicht gefallen.. Es zählte nicht zu den Stärken der jungen Chuunin, zwischen den Zeilen zu lesen. Wollte Kayros ihr subtil etwas mitteilen, so hatte Mai es nicht bemerkt. Doch einer Sache war sie sich bewusst: Ja, Junko hatte nie über ihre Gefühle gesprochen. Überhaupt hatte es sich bei dieser jungen Dame um einen ziemlich Eisklotz gehandelt, aber mit Mai war sie dennoch gut ausgekommen. Die Blauhaarige hatte sich nun einmal nicht abwimmeln lassen.

Wortlos folgte Mai ihrem blonden Freund und nahm neben ihm auf der Bank Platz, auf welche er sich gesetzt hatte. Sie hatte ihren Oberkörper ihm zugewandt und bemerkte, dass es gut tat, sich im Schatten aufzuhalten. Die Geschichte von Kayros klang so plausibel.. Junko hätte sich nichts von Itoe und ihm sagen lassen, wenn sie die ranghöhere Kunoichi gewesen war. Wenigstens schien die Hyuuga keine Mitschuld zu tragen. Oder? Mai war sich nicht sicher. Doch sie wollte Kayros nicht unterstellen, dass er ihr etwas verschwieg. Er allein entschied, wie viele Erinnerungen er mit Mai teilen wollte. Dennoch sollte er eines wissen: „Ich danke dir, dass du mir von dieser Angelegenheit erzählt hast. Du weißt, dass ich immer da bin, wenn dich etwas belastet. Falls dir also irgendwann noch etwas einfällt, was dir Kummer bereitet..“ Ein wenig spielte Mai ja schon darauf an, dass sie noch ein wenig neugierig war. Doch mehr würde sie dazu nicht sagen, denn so aufdringlich wie früher war sie lange nicht mehr.

Einen Moment lang wartete Mai ab, ob Kayros noch etwas dazu sagen wollte. Es wurde erneut still zwischen den beiden, jeder hing seinen Gedanken nach. Die Blauhaarige dachte an Matsuo Ryoichi, da Kayros seinen Namen erwähnt hatte. Es mag der Situation nicht entsprechen, doch ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Ryo war toll gewesen. Jetzt, wo so viel Zeit seit dem ersten Liebeskummer vergangen war, stellte Mai fest, wie schön dieses Kapitel ihres Lebens gewesen war. Doch wie es ihm ging, was er machte – all das wusste Mai nicht. „Da du seinen Namen erwähntest.. hast du überhaupt noch mal was von Ryoichi gehört?“, fragte sie nach und hoffte, der plötzliche Themenwechsel wäre für Kayros in Ordnung. Nachdenklich strich sie sich eine blaue Strähne hinters Ohr. „Überhaupt scheinen die alten Freunde und Kollegen wie vom Erdboden verschluckt. Junko, Ryo, deine Cousine Akane, Itoe, Mura..“ Einen Moment lang hielt die Kunoichi inne und suchte den Blick ihres Freundes. Es stimmte Mai traurig, was sie nun zu sagen hatte, das konnte man ihr wohl ansehen. Aber es entsprach der Wahrheit: „Um ehrlich zu sein, Kayros.. Es klingt nicht schön, aber ich habe die Hoffnung aufgegeben. Mura wird nicht mehr zurückkehren und wir werden ihn nicht wiedersehen. Nach allem, was wir versucht haben. Es hat wohl einfach nicht ausgereicht.
 

Hiragana Kayros

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Und so gingen die beiden ihre Vergangenheit durch. „Unsere Bekanntschaften sind es, die uns zu den Menschen machen, die wir sind.“ Die sentimentale Stimmung verleitete Kayros zu der Aussage. Er blickte zu Mai. Sie hatte ihn auch geprägt. Sie war ein Stück weit Hoffnung, wenn die Welt trist und ohne Zukunft erschien. Der Blondschopf schaut kurz über den ruhigen Friedhof, dann zu Mai.

„Ryoichi?“ Ein Lächeln stahl sich auf das Antlitz des jungen Mannes. Matsuo Ryoichi, sein ehemaliger Mitbewohner, Chaot und Frechdachs vor dem Herrn? Nun, der hatte sich gemausert. „Ryo-kun ist nicht mehr im direkten Dienst der Allianz. Er ist Leibwächter am Anwesen des Daimyos von Hi no Kuni.“ Er schaute in das Gesicht seiner Freundin. Ob sie wohl überrascht war? „Ja, wirklich untypisch für den Mann, der immer geschrien hatte, Hokage zu werden, was?“ Kayros lachte kurz auf. Es war ein freundliches Lachen, denn er gönnte ihrem gemeinsamen Freund die Ehre. „Nur sechs Shinobi aus Konohagakure dürfen in den Dienst des Fürsten eintreten. Und was soll ich sagen? Sein Talent wurde erkannt.“ Für einen Augenblick schaute Kayros in den wolkenlosen Himmel. „Natürlich hat diese Ehre auch Verpflichtungen. Er sieht kaum noch seine Heimat. Er darf dem Fürsten nicht von der Seite weichen.“ Das Protokoll sah vor, dass die Leibwächter nur einmal im Jahr für zwei Wochen frei bekämen, und diese Freizeit musste so geheim wie möglich gehalten werden. Würde sich das Wort rumsprechen, dass die Fürsten weniger bewacht waren als sonst, würde es ihnen quasi Zielscheiben auf den Rücken binden. Wenn er also nach Hause kam, durften nur wenige Leute davon erfahren. Meist war Kayros der letzte, den Ryoichi vor seiner Rückkehr sah, und dann trafen sie sich immer am Tor und spazierten einige Meilen in die gleiche Richtung, ehe der Matsuo dann den Suna stehen ließ. „Du weißt ja, er ist so unheimlich schreibfaul“, scherzte der Hiragana, versprach aber: „Ich werde ihm bei der nächsten Gelegenheit sagen, er soll sich bei dir melden. Ich könnte mir vorstellen, für dich würde er den Stift in die Hand nehmen.“

Einen kurzen Augenblick schwieg Kayros. „Nicht alle unsere Freunde haben so eine steile Karriere hinter sich.“ Auf Junko, Itoe und Akane könnte er noch später eingehen. Ein anderer Name war viel entscheidender. Dass Mura Mai mit seiner Abwesenheit so traurig stimmte, machte ihn wütend. Nicht direkt auf Mura, er ist seinen Gefühlen gefolgt. So, wie es Hiroshi auch versucht hatte. Nein, die Wut war auf sich selbst, denn Kayros konnte ihm nicht erfolgreich den Kopf waschen. Und Itoe, Mai und er konnten nicht immer da sein. Der Hiragana legte eine Hand auf eine von Mai, mit der sie sich an der Bank abstützte. „Vater hat mir gesagt, als er von Muras Flucht erfuhr, dass ich eines nie vergessen darf.“ Er atmete schwer aus. „Wir können nicht alle retten. Aber wir müssen für die, die wir nicht retten konnten, unser bestes geben, dass die Verluste minimal sind.“

„Wenn ich von heute auf morgen aus Shiro abhauen würde, würdest zu versuchen, mich aufzuhalten, egal, was es kostet?“
Die Aussage war schrecklich vage, und trotzdem so eindeutig, als Kayros ihr direkt in die dunkelblauen Augen sah. Aber was er sich auch fragte: Könnte er alles versuchen, um Mai aufzuhalten?
 

Sakaida Mai

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„Unsere Bekanntschaften sind es, die uns zu den Menschen machen, die wir sind.“ Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen der Kunoichi. Kayros wusste sich einfach in jeder Situation auszudrücken. Überhaupt war er schon immer sehr souverän gewesen. Selbst in den aussichtslosen und gefährlichen Momenten konnte er seinem Naturell treu bleiben und einen kühlen Kopf bewahren. Er war ihr Vorbild und Mentor, schließlich hatte er ihr die Medizin näher gebracht. Wenn Mai es so recht betrachtete, war Kayros in all den Jahren ihr Fels in der Brandung gewesen. Es fühlte sich so an, als seien sie schon immer Seite an Seite gestanden, um den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen oder die schönen Momente gemeinsam auszukosten. Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Mai hatte niemals romantische Gefühle für Kayros gehegt, so wie auch er niemals derartige Gefühle für sie empfunden hatte. Die Blauhaarige konnte jedoch nur vermuten, wie sehr dieser Hiroshi Kayros fehlen musste.

Fehlte Matsuo Ryoichi Mai eigentlich? Jetzt, wo er so im Hi no Kuni sein Leben lebte? Ach nein, dieses Kapitel war abgeschlossen. Neugierig war die Kunoichi ehrlich gesagt schon, aber das war wohl nur menschlich! Als Kayros daran erinnerte, dass der Wunsch ihres gemeinsamen Freundes ja eigentlich immer ein anderer war, weitete Mai überrascht die Augen. Stimmt ja! Aber der blonde Suna-Nin hatte Recht, Ryo wurde mit diesem Dienst eine große Ehre zuteil, wenngleich der Preis dafür anscheinend hoch war. Dennoch nickte Mai verstehend, ehe sie sich lächelnd Kayros zuwandte: „Aber trotzdem freue ich mich für ihn! Ryo ist hart im Nehmen und wer weiß, ob er nicht doch eines Tages seinen einstigen Traum erfüllen wird.“ Die Hauptsache aber war wohl, dass es ihm gut ging. Und das war Mai ein aufrichtiges Anliegen, schließlich waren die beiden nicht im Streit auseinander gegangen. Dementsprechend musste sie auch auflachen, als Kayros ihn als „schreibfaul“ bezeichnete. Ja, das traf es wohl gut! Doch dann wurde sie rot um die Nase. Ryo solle sich bei ihr melden?! Schnell hob sie peinlich berührt die Hände und winkte hektisch ab. „Ach, keine Umstände! Das ist doch alles schon so lange her!“ Halt Stopp! Es bleibt alles so, wie es ist!

Ja, das Verschwinden Muras stimmte Mai noch immer traurig. Es war diese Mischung aus Trauer, Selbstvorwürfen, Vermissen und auch Wut. Im Gegensatz zu Kayros war Mai schon irgendwie wütend auf Mura, auch wenn sie wusste, dass das nicht fair von ihr war. Erst, als sie Kayros Hand auf ihrer spürte, entkam sie dieser Spirale aus negativen Gefühlen. Hilflos suchte sie nach den graublauen Augen ihres Freundes. Die Worte, welche ursprünglich von seinem Vater stammten, stimmten Mai nicht weniger traurig. Wenn sie nicht alle retten konnten, dann gehörte Mura wohl auch zu dieser Gruppe. Aber ja. Sie hatten alles getan, um ihm zu helfen. Um ihm seine Ängste, seinen Zorn und seine Trauer zu lindern. Bedeutete das auch, dass der Verlust minimiert wurde? „Es fühlt sich nicht so an, als könnte ich damit jemals abschließen. Ich will sein Verschwinden nicht einfach hinnehmen.. auch, wenn meine Hoffnung, dass es ihm gut geht und er seinen Frieden findet, verschwindend gering ist.“ Wäre es dann nicht besser, das Thema ruhen zu lassen? Wenn Mura schon nicht seinen Frieden finden konnte, vielleicht könnte Mai es dann.

Es war diese Melancholie, welche gerade in der Luft lag. Dieser traurige Moment führte wohl dazu, dass Mai die Worte ihres Freundes ernster nahm, als dieser sie vielleicht gemeint hatte. Von heute auf Morgen aus Shiro abhauen? Ihn aufhalten? Geistesgegenwärtig legte Mai ihre andere Hand auf jene von Kayros, welche auf ihrer anderen Hand lag. Sie sahen einander eindringlich in die Augen, bis Mai ungläubig und kaum merklich den Kopf schüttelte. „Das hast du nicht vor..“, hauchte sie leise und schwach. Das würde er ihr nicht antun! Ihr Herz schlug wie Wild gegen ihren Brustkorb, als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte: „Kayros, ich würde dich bis ans Ende der Welt verfolgen, um dich aufzuhalten! Und wenn ich dich nicht überzeugen könnte, nach Hause zu kommen, dann würde ich dich zwingen, mich mitzunehmen! Du weißt, dass ich sehr aufdringlich sein kann!“ Ohne es zu merken, verkrampfte sich ihre Hand auf jener von Kayros zu einem festen Griff. Doch allein der Gedanke bewirkte, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Gar nicht auszumalen, Kayros würde das Dorf verlassen! „Das würdest du aber niemals tun, habe ich recht? Du bist doch so verantwortungs- und pflichtbewusst! Alle blicken zu dir auf und du hast Freunde dort! Ich weiß, dass du Hiroshi vermisst, aber auch er würde sich ein gutes und sicheres Leben für dich wünschen, davon bin ich überzeugt! Bitte lass mich nicht allein in Shirogakure zurück, Kayros..“, jammerte sie gegen Ende ihrer Ansprache. Es musste ja nicht unbedingt Shirogakure sein, wenn er sich dort nicht mehr wohlfühlte! „Ich könnte höchstens akzeptieren, wenn du dich zurück nach Sunagakure versetzen lässt!“ Auch dieser Gedanke schmerzte, aber er wäre erträglich. Vorausgesetzt, Kayros wäre nicht schreibfaul..

@Hiragana Kayros
 
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