4. Das offene Skillsystem ist fundamental keine gute Idee - es wird als Freiheit angepriesen, beschränkt dich aber in dem was du im Spiel machen kannst, weil es dir ungewollt Skills aufdrückt. Wenn du etwa konsequent Magier sein willst, darfst du keine verschlossenen Türen zu öffnen versuchen oder im Ernstfall mal zum Dolch greifen, sonst wirst du zwangsläufig zum Spezialisten für Schlösser oder Einhandwaffen. Es führt auch zu bizarrem Spielverhalten um Skills zu steigern. Z.B. den altbekannten "Kreatur beschwören und dann mit Kampffähigkeit töten" oder "Ein Gewicht auf die Laufen-Taste Legen und Essen gehen, steigert ja den Athletik-Skill" Methoden. Typisch für Morrowind oder Oblivion war auch der Tipp, eine schlechte Waffe im Gepäck zu haben um damit harmlose Gegner totzuklopfen - je öfter man schlägt desto mehr steigert das den Skill, und verletzt zu werden steigert die Rüstungsfähigkeit! Die Welt skaliert außerdem streng nach dem Gesamtlevel, d.h. wenn du nicht genug Kampfskills mit hochziehst kannst du nur Diebesfähigkeiten gesteigert haben und die Kampfgegner hauen dich um. Da viel an der Welt über Zufallsbegegnungen läuft und die meisten Kämpfe nur als Kämpfe lösbar sind, sind deine Möglichkeiten dich mit Diplomatie oder Schlösserknacken aus Kampfsituationen zu ziehen extrem begrenzt. Und gerätst du in Kämpfe, ist die Gegner-KI schwach - viele Gegner lassen sich einfach durch rückwärtslaufen und schießen handlen, stehen sich gegenseitig im Weg oder latschen in Fallen. Wenn man Morrowind spielt braucht man nur eine Methode zu levitieren und etwa 70% der Kämpfe sind unproblematisch (weil Nahkampfgegner dich schwebend natürlich nicht treffen). Bedeutsame strategische Entscheidungen gibt es auch selten.
Jedes Elder Scrolls Spiel hat außerdem mehrere Wege das ohnehin eher lasche Balancing völlig zu zersprengen, etwa indem man die Kosten für alle Zauber auf null drückt. "dann machs halt nicht" zieht als Gegenargument auch nicht - ein gutes Spiel ist so entworfen dass die Machtkurve an keinem Punkt zu sehr in die eine oder andere Richtung schwingt und Exploits dieser Art nicht drin sind. Es muss den Spieler herausfordern seine ganze Schläue und Fertigkeit einzusetzen - nicht nur solange herausfordernd sein wie man sich aktiv zurückhält.
Aber vielleicht größte Problem in Skyrim ist, dass es sich als offenes RPG anpreist, aber so gut wie keinen Respekt vor deinen Leistungen hat. Die einzelnen Plotstränge berühren sich nur für kleine Anspielungen, Konsequenzen deiner bisherigen Karriere gibt es nie. Du kannst z.B. zum Erzmagier aufsteigen, aber diese Autorität ist außerhalb dieser Gilde für gar nichts gut (außer ein bisschen dynamischen Wachendialog). Gibts in einer Nebenquest eine Frage die du mit dieser Autorität plausibel auflösen könntest? Tja, du kannst zehnmal Erzmagier sein, deine Meinung interessiert trotzdem keinen. Das Problem erstreckt sich auf alle Gilden / Organisationen denen du beitreten kannst und geht in dieser Form schon seit Oblivion so. Als Kopf der Assassinengilde kann ein Gegenüber dich mit Ermordung durch diese Gilde bedrohen ohne dass du höflich drauf hinweisen könntest dass das nicht passieren wird. Deine Möglichkeiten deinem Charakter ... naja, Charakter zu verleihen sind auch sehr begrenzt - der Dialog ist minimal, die einzige bedeutungsvolle Entscheidung bei der Charaktererstellung ist die Spezies (die auch fast keine Konsequenzen hat), und das gesamte Spiel ist so entworfen dass du mit jedem Konzept jede Quest machen und jedes Ding erreichen kannst. Das Spiel nutzt jede Gelegenheit, dich keine Entscheidungen treffen zu lassen - und wenn doch, dann keine permanenten und bedeutungsvollen.
tl;dr: Das ganze Konzept der ES-Serie ist im Grunde ein großes philosophisches Missverständnis über die Bedeutung von Entscheidungsfreiheit. Entscheidungsfreiheit ohne Konsequenzen wird bedeutungslos.