Fukazawa Akio
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Scheinbar hatten die Organisatoren dieses Chuuninexamens etwas weniger Freude an Gewalt und waren nicht ganz so sadistisch angehaucht wie noch die Mitarbeiter im Reich der Erde, denn dieses Mal wachte das Mädchen mit den schneeweißen Haaren nicht mit dröhnendem Kopf in irgendeiner Höhle auf, zusammen mit einem jungen grünhaarigen Mann, sondern wurde nur abgesetzt, nicht im unterirdischen Wunderland vom letzten Mal, sondern etwas weniger stilvoll in einem gewaltigen Gefrierfach. Streichen wir also die Behauptung, man habe es dieses mal mit Menschenfreunden zu tun, denn die Cord-Jacke des Mädchens war nicht unbedingt absolut für den Winter geeignet, als sie sie mit leicht klammen Finger fester um den schmalen Körper zog. Der Raum, in dem sie sich befanden oder besser gesagt die weitläufige Halle, war jedoch mit allem Geschick gefertigt worden. Schon beim letzten Examen hatte die Ikari sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass man Himmel und Hölle für die Genin in Bewegung gesetzt hatte und scheinbar war immer jemand beim Planungskomitee dabei, der großen Wert auf Stil und Aussehen legte- in diesem Falle mit zusätzlichem Faible für geringe Temperaturen. Davon abgesehen, dass die Lufttemperatur nämlich ziemlich gering war, befand sich bisher eine Person in einer Art Eingangshalle eines Schlosses, komplett mit spiegelndem Parkett, zwei weiten Treppenfluchten mit kunstvoll gearbeiteten Geländern und Wandmalereien - allerdings komplett aus gefrorenem Wasser bestehend. So war der Boden eine einzelne, spiegelnde Eisfläche, die sicherlich ebenso rutschig war, wie sie aussah und warf den Blick zweier gelblich brauner Augen ungehindert zurück, als diese ihn nach verborgenen Fallen erkundeten. Wer wusste schon, was man sich für die Chuuninanwärter ausgedacht hatte, letztes Mal war es doch eine Menge gewesen und zumindest sie wäre fast durch eine explodierende Brücke in den Tod gerissen worden. Nun gut, die Brücke hatte eine andere Genin gesprengt, der sie das noch zurück zahlen würde, wenn die Zeit so weit war, aber dennoch hatte sie daraus wohl vor allem gelernt, dass sie sich nicht auf falschem Fuß erwischen lassen durfte. Sie konnte niemanden sehen oder hören, ergo schloss sie, dass wahrscheinlich niemand im Raum sein würde und tat, was getan werden musste - sie bewegte sich erst einmal zum höchsten Punkt des Raumes, über eine der weiten Treppen, und positionierte sich dort so, dass sie den Raum im Überblick behalten konnte. Leider war sie mit der bräunlichen Jacke, der schwarzen Strumpfhose und dem gleichfarbigen Rock nicht gerade gut getarnt, aber - und vielleicht redete sie sich das auch nur ein - das war hier auch nicht nötig. Die Tür, die zwischen den weiten Treppen ins Eis modelliert worden war, war verschlossen, das war das erste, was sie ausprobiert hatte, nachdem sie hier angekommen war und alleine würde sie sie nicht in so kurzer Zeit öffnen können, dass sie eventuell folgende Genin damit aussperren könnte. Also würde sie, egal wie sehr es ihr auch missfallen mochte, darauf warten, dass Verstärkung eintraf, um diese dazu zu bewegen, ihr zu helfen. Sie hatte keine Angst, war nur etwas aufgeregt, aber selbst das immer noch weit weniger als letztes Mal, wo eine noch elf Jahre alte kleine Yukiko, die kaum die Akademie verlassen hatte, zusammen mit einem deutlich größeren Taijutsuka in einem Raum erwacht war und sofort gefürchtet hatte, dass ihr erstes Examen nach drei Sekunden enden könnte. Dieses Mal war sie gespannt, was der Tag bringen würde und wer am Ende mit einem neuen Rang nach Hause gehen durfte. Yukiko war bereit, positiv eingestellt und ihr froren langsam ein wenig die Zehen ein. Allerdings hatte sie nicht vor, das so nach außen zu tragen, stattdessen lächelte sie sogar ein wenig, während sie darauf wartete, dass sich noch andere Genin hier einfinden würden. Wobei... ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf und sie lehnte sich gegen das Geländer, um zu testen, bis wo es ihr ging - es war hoch und sie war klein, sodass es gut bis zu ihrer Brust reichte. Bravo. Es würde also auch Sichtschutz genug sein, um etwaige Fingerzeichen zu verbergen - nicht dass sie vorhatte, die ankommenden Genin von ihrer erhöhten Position aus zu attackieren, aber das war ja bekanntlich auch nicht gerade ihre Spezialität. Diese war nämlich etwas subtiler und nannte sich Genjutsu - und man konnte viel erreichen, wenn man es gut genug beherrschte. Yukiko würde nicht angreifen, nicht weil sie es nicht gekonnt hätte, sondern weil sie es nicht durfte: Auf der Suche nach Fallen hatte sie nämlich bemerkt, dass man die durchsichtige Eisschicht dazu benutzt hatte, einen Schriftzug auf den Boden zu bannen, der scheinbar die Regeln dieses Raumes verewigte: Es ging um Diplomatie. Um die Kunst zu verhandeln, sich darzustellen und am Ende nicht gehen zu müssen, also etwas, was vollkommen ohne Kampf funktionieren sollte - und somit etwas, das Yukiko eigentlich recht gut beherrschte. Das Mädchen war zwar schon etwas länger Ninja und auch nicht mehr unbedingt als Anfänger zu betiteln, aber sie hatte noch nie viel zerstören können, war die der physische Typ gewesen. Ihre Stärke war schon immer ihr Köpfchen gewesen und dass es sich hier um eine Aufgabe handelte, die genau dieses forderte, freute Yukiko. Allerdings... stand nirgends in den Regeln, dass man nicht schon einige andere Dinge vorbereiten könnte, für spätere, aufreibendere Zeiten... die Ikari lächelte und wartete auf den nächsten ankommenden Genin, in der vagen Hoffnung, vielleicht ein bekanntes Gesicht zu sehen. Sie musste keine Sorge haben, dass es zu einem Kampf kommen würde - das war doch schon einmal wenigstens etwas gutes.
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