Sakaida Mai
Chuunin
Außerordentlicher Heldenmut? Mai musste noch jetzt über diese Feststellung Seishins grinsen. Endlich mal jemand, der sofort erkannt hatte, dass sie nicht unbedingt das war, was man im ersten Moment von ihr denken würde: Ein Prinzesschen. Doch auch wenn sie ihm mehr vertraute, als manch anderem, so wollte sie ihm doch vorsichtshalber noch nicht alles über ihre Fähigkeiten erzählen, weshalb sie es beim Ninjutsuka beließ. Mucksmäuschenstill hockten beide nun auf ihrem Ast und überlegten, wie sie vorgehen konnten. Oder würden die anderen den Teil übernehmen? Vielleicht mussten er und Mai ja nur warten, bis sie tatsächlich ihren Überraschungsangriff starten konnten. Doch mit Sicherheit war kein Ninja, der am Chuuninexamen teilnahm, so hirnverbrannt, dass er einfach in sein sicheres Verderben laufen würde. Tja, und so verging die Zeit. Anfangs machte Mai die Warterei nervös, was hatten Tora und dieser blöde Susumu nur vor? Sie fing an, ihre Hände zu kneten, ließ die Füße vorsichtig schaukeln und veranstaltete die verrücktesten, kleinen und unbemerkbaren Bewegungen, wie auch dem krampfhaften Augenzucken, um wieder runterzukommen. Selbstverständlich mussten am meisten die blauen Haare unter ihrer Angespanntheit leiden. Doch irgendwann kam der Punkt, wo sie nur noch genervt war. Warum ging es nicht weiter? Weil lange sollten Seishin und sie denn noch hier herumhocken? Immer grimmiger schaute das Mädchen drein, am liebsten würde sie nun den Angriff starten, damit endlich mal wieder etwas passierte. „Eine Minute warte ich noch. Dann schlage ich es ihm vor und wehe, er nimmt den Vorschlag nicht an.. eins, zwei, drei, …“ Und so tickte die kleine, etwas taktlose Uhr in Mai’s Kopf, bis sie mit Freuden an die „Sechzig!“ kam. Sie zog die nötige Luft ein, um den Satz im Ganzen rauszubringen, stellte sich aufs Flüstern ein und öffnete den Mund und schon erklang - das Martinshorn. Kurzzeitig verwirrt schlug sich Mai die Hand auf den Mund und blickte fragend zu Seishin. Unter ihnen begann es zu knicken und zu knacken. Beide machten Anstalten, aufzuspringen und einen anderen Baum aufzusuchen, doch sie kamen einfach nicht von ihrem Sitzplatz weg. „Was geht hier vor?!“, fragte der Blauschopf hektisch, denn zum finalen Bruch des dicken Astes war nicht mehr lange hin. Vergeblich versuchten sie, von dem Holz wegzukommen, doch keiner hatte eine Chance. Der Ast brach weg und stürzte mit den beiden Shinobi in die Tiefe. Und in diesem kurzen Moment, in welchem man die Augen kurz vor dem Aufprall schloss, veränderte sich die Umgebung plötzlich erneut. Während sie vor einer Sekunde noch im tiefsten Dschungel steckten, befanden sie sich nun an einem düstereren Ort. Kein Aufprall war zu spüren, nur der kalte Boden, auf welchem sie nun saßen. Verwirrt blickte das Mädchen um sich und stellte erleichtert fest, dass sie nicht allein hier war, denn auch Seishin hatte es mithierher verschlagen. Im ersten Moment dachte sie, es wäre furchtbar düster und gruselig hier, doch es waren die hohen Wände um sie herum, die das Licht nicht durchließen. Ein Wirrwarr aus Gängen, in welchen sich bestimmt keiner so wirklich auskannte? „Ist das ein Labyrinth?“, fragte Mai leise nach, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Langsam erhob sie sich und schritt zögerlich auf die Wände zu, um vorsichtig ihre Hände darauf zu legen. „Warum sind wir plötzlich hier?“, fragte sie, denn einen Kampf hatte es ja gar nicht gegeben. Einen Moment lang strich sie noch über die kalten, glatten Wände, ehe sie sich lächelnd an Seishin wandte und näher zu ihm ging. „Vielleicht finden wir ja den Weg nach draußen!“ Und schon wandte sie sich zum Gehen um, doch vorerst drehte sie sich noch einmal zu Seishin, unsicher lächelnd fragte sie: „Du kommst doch mit mir mit, oder?“