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Tenkai Nobunaga

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Es war wohl unnötig zu beschreiben, wie sich Nobunaga im Moment fühlte. Kälte kroch von allen Seiten heran und es gab keine Aussicht auf Besserung. Er versuchte so gut es geht die Ratschläge Hakis zu befolgen und spannte immer mal wieder seine Muskeln an, drehte ein paar Runden im engen Kreis oder kuschelte sich enger an den Esel, der nicht so aussah, als würde er noch lange durchhalten.
Zitternd wärmte sich Nobunaga mit allem, was er zu fassen bekam und war mehr als nur froh, als sich nach einiger Zeit alle vier (Esel mitgerechnet) an der gleichen Stelle zusammenkuschelten. Zumindest glaubte der Genin, dass es etwas wärmer wurde.
Als Hisake Minoko erwähnt, blickte Nagi automatisch in die Richtung des Mädchens... Moment. War das die richtige Richtung? Oder war es doch eine andere gewesen? Der Junge sah sich hektisch um und als er Minoko nirgendwo entdecken konnte, wurde ihm schlagartig schlecht.
*Sie... hat sich ein bisschen bewegt. Ihr war langweilig. Schneeengel. Sie wird etwas außer Sichtweite sein und schon zurück finden.*, redete sich Nagi ein, dachte aber dennoch mehr über dieses Thema nach. Sollten sie ausschwärmen und nach dem Mädchen suchen? Nobunaga sah sich Haki und Hisake an und schüttelte den Kopf. Er selbst wollte auch einfach nur sitzen bleiben und diesen Schneesturm aussitzen.
Minoko war mit Abstand am besten gegen Kälte geschützt und lief nicht Gefahr, auf der Stelle zu erfrieren – wie die beiden Weicheier von Genin, welche sich gerade von einer hübschen Zivilistin kuscheln ließen. Minoko würde sie schon wieder finden. Um diese Chance zu erhöhen erschuf Nagi einen einzigen Nebeldiener, welcher sich sichtbar vor ihr Lager stellte und ohne Pause winkte und hüpfte. Der Schnee konnte ihm nichts anhaben und eine einzige kleine Illusion kostete kaum Chakra.
„Wir harren den Sturm aus. Danach suchen wir Minoko, sollte sie dann nicht wieder zurück sein.“, teilte der Junge seine Entscheidung mit und murmelte sich etwas weiter in seine Decken ein.
 

Oda Minoko

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„Bleib hier! Verflucht noch eins, STOP!“
Hektisch strampelte Minoko durch den Schnee, schlug um sich, als sie in eine kleine Wehe stolperte, und richtete sich dann so heftig auf, dass sie direkt wieder vornüber in den Schnee purzelte. Trotz allem behielt sie immer das weiße Fellknäuel im Blick, das vor ihr flüchtete. Schnell, aber nicht zu schnell für das Mädchen. Zumindest auf lange Sicht. Dachte sie.
Ob und wie weit sie sich dabei immer weiter vom Lager ihrer Kollegen entfernte, war Minoko vollkommen egal. Alles, was für das Mädchen zählte, war das merkwürdige Geschöpf. Nach dem Papagei und der Bergkatze, die sie aus ihrer allerersten Mission mit nach Hause gebracht hatte, musste sie von diesem Ausflug auch mindestens neue Haustiere zurückbringen. Bis jetzt hatte sie sich (in ihrer eigenen, kleinen Welt) jedoch nur den Esel der Fremden unter den Nagel reißen können, also fehlte eindeutig noch ein Souvenir.
So schlug Minoko weiter mit Schnee beladene Äste aus dem Weg und hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Jeder Versuch, den sie bisher unternommen hatte, wr dennoch nicht erfolgreich gewesen: Schneebällen war das Ding ausgewichen, jeder „letzte Sprung“ war im Schnee oder an einem Baumstamm geendet, und für Worte, egal wie schrill und fordernd vorgetragen, war dieses weiße Etwas sowieso mal gar nicht zugänglich. Blieb also nur noch die gute, alte Brute Force-Methode, auf die sich Minoko so herrlich gut verstand: Einfach solange rennen, hüpfen und hauen, bis das Wesen anhielt. Klingt einfach, ist es in einem kleinen Winterwunderalptraum aber leider nicht.
*Wer auch immer diese verdammten Schneelöcher erfunden hat, gehört verprügelt!*
Irgendwann jedoch, irgendwann rannte das Wesen auf eine gräuliche Steilwand zu, folgte ihr, und landete zu guter Letzt in einer Sackgasse, deren einziger Ausweg von einem dunklen Mädchen mit feuerroten Backen versperrt wurde. Schwer atmend schlurfte es auf ihr Opfer zu und hob gierig die Hände.
„Jetzt… bist du… DRAN!“
Das Tier drehte sich um. Hob den Kopf. Fixierte Minoko.

„IYAAAAAAAAAHHH!“

Die Stimme des Mädchens halte von den Wänden der Sackgasse wieder und wurde von dem natürlichen Megaphon weit über das Tal getragen. Hisake, Nagi, die Fremde und das ganze restliche Gesocks, das sich gerade in den Bergen so herumtreiben mochte, würden sie hören.
Und die ein oder andere Lawine vielleicht auch.
 

Tenkai Nobunaga

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Die Zeit verging. Sekunden fühlten sich an wie Minuten, Minuten wie Stunden. Die Kälte lähmte den Körper und vor Nobunagas Augen begann der fallende Schnee eine hypnotisierende Wirkung zu entfalten. Mit kalten, ungelenkigen Fingern schob er sich eine kleine, grüne Pille in den Mund und schluckte sie mit etwas Schnee herunter. Zumindest würden sie nicht verdursten.
Während dieser Zeit des Wartens und Hoffens entschloss sich der Genin dazu, demnächst etwas Geld in eine Art Verfolgungschip zu investieren. Vielleicht ein kleiner elektronischer Knopf, den er in Minokos Schmuck verstecken könnte. Dazu noch ein Empfänger und Nagi würde nicht mehr allzu große Probleme haben, wenn seine Teamkollegin mal wieder das Weite suchen würde. Es sollte für seine Schwester kein Problem sein, so etwas in ein paar Tagen zusammen zu bauen. Vermutlich würde man sich damit am Ende auch noch rasieren und Eier braten können.
Haki schien die Kälte gut abzukönnen und Hisake kämpfte mit einer Erkältung. Die würde auch Nobunaga noch heimsuchen, dessen war er sich sicher.
Auch wenn es der Junge sich nicht so recht eingestehen wollte, machte er sich ein klitze-klein wenig Sorgen um Minoko. Natürlich nicht um sie als Person. Aber einem Teamleiter gingen eben keine Untergebenen verloren. Das gehörte sich nicht. Dieser Wind, der sich ungewöhnlich stark nach Minokos Schreien anhörte, machte die Sache auch nicht besser.



Nobunaga fluchte und schälte sich aus seinen Decken. Zwar schrie Nohime nicht nur aus Panik sondern auch aus Freude, Überraschung, Müdigkeit, Wut, Aufregung, Hunger, Durst... die Liste könnte noch etwas fortgeführt werden. Trotzdem war Nagi klar, dass es wohl Zeit war zu handeln. Zuvor hatte er noch die Hoffnung gehabt, das Mädchen könne alleine zurückfinden – es war nicht passiert. Er hatte keinen Anhaltspunkt zu einer Suche gehabt – den hatte er nun. Er konnte den Schrei grob einer Richtung zuordnen und ihm folgen.
Er blickte Haki, Hisake, den Esel und den Karren an. Gemeinsam würden sie Ewigkeiten brauchen. Also beugte sich Nobunaga zu Hisake hinab und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich werde nach Minoko suchen. Bleib du mit Haki und dem Esel hier, pass auf sie auf – und mach keinen Müll! Bleibt hier bis wir wieder kommen. Wenn wir in einem Tag nicht wieder zurück sind, geht zurück und meldet einen Fehlschlag der Mission. Viel Erfolg.“
Mit diesen Worten schlug sich der Junge noch eine weitere Decke über die Schultern. Diese hatte er dem Esel entwendet, der eh kaum noch atmete. Kein Grund, ihn weiter zu wärmen. Bibbernd und zitternd machte sich Nobunaga also alleine auf den Weg in Richtung Minoko. Wenigstens sorgte die Anstrengung, durch den Schnee zu waten, dafür, dass er nicht noch mehr abkühlte.
 

Oda Minoko

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„So flauschig… so warm, weich und fluffig… kawaii!“
Verliebt kuschelte sich Minoko in das weiße Fell ihres vierten Haustieres und vergrub ihr Gesicht so tief in den nassen Haaren, dass sie kaum mehr Luft bekam. Aber dieses unglaubliche Gefühl, so völlig anders als das ihrer anderen Tiere, von Watte, oder dem vom Wolken… das war es wert. Es wäre ein schöner Tod, in diesem kuschelweichen Fell friedlich einzuschlummern. Vor allem, nachdem sie es endlich geschafft, ihr Ziel erreicht hatte: Sie hatte das zweite Tier. Damit war ihre Mission beendet. Alles andere…
*…hmm?*
Noch immer in weißem Flau vergraben wunderte sich das Mädchen über den seltsamen Klang des Wortes „Mission“ in ihren Gedanken.
*Mission… Mission… Mission im Schneereich. Tiere. Mission, Tiere, Reich. Tiere. Nein, Mission, genau. Mission, Reich, flauschig… auch nicht! Mission, Mission und Reich… Ach, verdammte Kopfdings, Denkerei. Soll Nagi das machen.*
Ein, zwei, drei Sekunden blieb Minoko noch verträumt liegen, dann schoss sie plötzlich in die Höhe.
„Nagi! Genau! Ich muss es Nagi zeigen!“
Und noch bevor das andere Geschöpf Zeit hatte, zu reagieren, wurde es am Kragen gepackt und aus der kleinen Klippe geschleift.

Zu seinem Glück dauerte diese Tortur jedoch nicht lange, da die energiegeladene Führerin ihren Wirbelwindschritt schon bald verlangsamte. Genau in dem Moment, als eine andere Person in ihr Blickfeld trat. Eine andere, ziemlich kleine und schmächtige Person. Ein Persönchen im wahrsten Sinne des Wortes. Klein eben. Also, so richtig.
Mit boshaftem Grinsen schlich Moniko nun weiter, ihr Tier noch immer brutal im Griff. Ganz, ganz vorsichtig tastete sie sich nach vorne – was Dank ihrer neugewonnen Erfahrung mit Schnee als Terrain plötzlich überraschend einfach war – und wartete, bis Nagi nah genug war.
In diesem Augenblick sprang Minoko hinter einem nahen Baum hervor, katapultierte ihren neusten tierischen Gefährten mit einem gezielten Wurf auf Nobunaga, und schleuderte sich selbst problemlos hinterher.
„Nagiiiäääiiiäääiii!“
Der angesprochene hatte derweil mit einem weißen Fellknäuel zu kämpfen, dessen ganzes Gewicht mit einem heftigen *wumms* auf ihm landete. Zumindest für ihn heftig, denn wenn er nach dieser Überraschung die Zeit fand, sich ein Bild darüber zu machen, was für eine Art Yeti Minoko die ganze Zeit verfolgt hatte, nun…
Sagen wir es so: Der durchschnittliche Yeti ist in der Regel nicht so groß wie eine Handtasche, verfügt nicht über zwei große Schlappohren, und bewegt sich üblicherweise nicht hoppelnd davon.
Während der Junge diese Wahrheit womöglich erst verdauen musste, plapperte Minoko wie eh und je munter drauf los und berichtete in allen Einzelheiten von ihrer spannenden Treibjagd, obgleich einige Einzelheiten möglicherweise etwas aufgebauscht wurden.
„…überall diese blöden Holzdinger mit ihren tausend Armen, wo Schnee drauf war, der runterkam, wenn man dagegen geschlagen hat! Und das in einem Meer aus diesem weißen Zeug! Kannst du dir das vorstellen? Aber ich hab’s trotzdem geschafft, ganz alleine, einfach nur mit Rennen und Hauen und Rennen und Hüpfen und Rennen und…“

Gleichermaßen gefesselt von dieser Erzählung bemerkte es das dynamische Duo erst recht spät, dass es nicht allein war. Tatsächlich bemerkte es Minoko zunächst gar nicht, da sie das Gesicht erneut in ihrem taufrischen Schneehasen vergraben hatte. Nagi dagegen konnte beobachten, wie ein deutlich, deutlich schwereres, weißes Fellknäuel durch die Bäume brach, laut brüllte und die klauenbewährten Pranken in die Höhe reckte.
Oh, und außerdem trug das Ding einen Hut, eine Sonnenbrille und eine braune Baumwollhose.
 

Tenkai Nobunaga

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Schritt um Schritt um Schritt kämpfte sich Nobunaga vorwärts. Seine Ausdauer war mies, ihm war kalt und er war geschwächt. Und warum das alles? Weil er Minoko nicht einfach im Stich lassen wollte. Das gehörte sich weder als Teamleiter, noch als... guter Bekannter. Ja, das könnte hinhauen, sagte sich Nobunaga. Auf seiner zweiten Mission konnte er niemanden zurücklassen, das wäre fast so schlimm wie ein Fehlschlag der Mission.
Hoffentlich war es kein Fehler, Hisake mit Haki alleine zu lassen. Nicht, dass er die arme Frau noch in die Luft sprengte, nur weil sie nach warmem Tee griff. … warmer Tee. Nobunaga seufzte und schaute in den unerkennbaren Himmel. Er blieb kurz stehen um Luft zu schnappen und starrte weiter erschöpft nach oben. Sein Atem ging schwer, sein Hals tat weh. Dann traf ihn etwas im Gesicht. Angriff! Feindliche Ninja! Invasion! Kampf um Leben und Tod!
Hellwach, die Augen vor Schrecken geweitet und von der Wucht des Geschosses rücklings in den Schnee geworfen, griff Nobunaga nach Kunai, Explosionstags und allem, was er auf die Schnelle finden konnte. Als er da nun im Schnee lag und sah, was ihm auf der Brust saß (und was hinterher geflogen kam) überlegte der Junge für einen Kurzen Moment, ob er das Kunai in trotziger Manier empor heben sollte. Verdient hätte sie es.
Nobunaga klopfte sich den Schnee ab, schmiss den Hasen wieder Nohime zu und wollte gerade zur bisher größten Standpauke seines Lebens ansetzen, als... Äste knackten, Schnee Gräusche von sich gab und sich ein weißes etwas näherte.
Nobunaga vergaß seinen Ärger und schluckte, während Nohime unbeirrt weiter plapperte. Und plapperte. Und plapperte. Laut plapperte.
„Pssst. Pssssssssst! PSSSSSSSSST!“, zischte Nagi und presste seiner Teamkollegin kurzerhand die mit Wollhandschuhen bestückte Hand auf den Mund. „Alles was Recht ist, Ko-chan, sei still. Jetzt.“, sagte er und deutete mit der freien Hand hinter Minoko, wo sich gerade ein weißes Ungetüm aufrichtete und bedrohlich brüllte. Der Yeti.
Der... Yeti? Nobunaga zog die Brauen zusammen und starrte genauer durch den fallenden Schnee. Das war kein Yeti. Das war ein verdammter Bär! … Moment, ein *angezogener* Bär?! Mit Sonnenbrille, Hut und Hose?
Nobunagas Kinnlade klappte runter und in seinem Kopf machte sich gähnende Leere breit.
„Ihr verarscht mich doch...“, entfuhr es ihm, ehe er nach einigen Sekunden (Hand immer noch fest auf Minokos Mund gepresst) nachdachte. Wie groß waren die Chancen, dass dieses Gebiet von einem Yeti (Existenz nicht bestätigt) UND einem bekleideten Eisbären heimgesucht wurden? Genau. Nagi verwettete spontan all sein Geld darauf, dass dieser Bär hier fälschlicherweise für einen Yeti gehalten wurde. Und wir alle wissen, wer spontan all sein Geld auf irgend etwas setzt KANN nicht verlieren.
Kurzerhand zog er Minoko mit sich mit, ob sie wollte oder nicht und drückte sich mit ihr hinter einen verschneiten Baum, wo er nun endlich die Hand auf ihrem Mund lockerte. „Schhhhhh... Hör zu!“, sagte er und sprach sehr leise, in der Hoffnung, dem Bären irgendwie entgehen zu können.
„Wir suchen ja nach einem Yeti, der Händler überfällt, weißt du noch? Ich glaube, die denken dieser Bär hier wäre der Yeti. Irgendwelche Leute haben dem schließlich Klamotten angezogen – und die müssen erst einmal hergestellt werden. Das erfordert einen Plan. Also... werden wir diesem Bären unauffällig folgen, bis er uns zu den Leuten führt, die für das hier verantwortlich sind. Dieser arme Bär hier kann schließlich nichts dafür, da sollten wir doch dafür sorgen, dass diese bösen Menschen ihn in Ruhe lassen, richtig?“, fragte er Minoko und hoffte inständig, dass sie den angezogenen Bären nun weder knuddelt wollte, noch darauf bestand lauthals ein Veto einzulegen.
Bitte, bitte, dachte Nobunaga.
 

Oda Minoko

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„Mister Mümmel. Nein! Schneeflöckchen. Schneeball! Schnee… Schnee… Schneeohr! Schlappohr! Mister Schlappschnee! Schneewittchen! Weißohr! Knutschkugel! Mister… oder Madam?! Madame! Ganz sicher ist sie… mhmhm?!“
Reflexartig hätte Minoko beinahe herzhaft zugebissen, als sich ein paar dünne Würstchen an ihre Lippen verirrten. Im letzten Augenblick erkannte sie, dass an dieser unverhofften Malzeit Nagis Arm hing, der seine Finger vermutlich noch brauchen würde, um irgendwelche kleinkarierten Illusionen zu weben. Theoretisch kein Grund, nicht trotzdem zuzubeißen, doch so, wie Nagis Gesicht aussah, wäre das keine süße, sondern saure Mahlzeit. So wütend wie der dreinschaute…
Dann waren da Nagis andere Finger, die irgendwo hinter sie deuteten, wobei Minokos Neugier ihren Kopf automatisch drehte. Ihre Augen glitten an Schnee und Bäumen vorbei und trafen auf… auf… auf…!
„Hör zu! Bla bla bla Yeti! Bla Bla, Yeti! Bla bla bla, folgen, bla. Wir sorgen, bla.“
Es dauerte einige Augenblicke, bis diese Worte ihres Kameraden nicht nur durch ihr selektives Gehör sickerten, sondern sich auch zu irgendeiner sinnvollen Kombination zusammenfanden. Diese war allerdings nicht ganz korrekt, und vermutlich auch nicht im Sinne des Erfinders, bestand sie doch vornehmlich aus der Aufforderung, sich um den Yeti zu kümmern. Und zwar sofort.
„Aye, Sir!“, brüllte Minoko, als sie in einer kräftigen Bewegung, der die Streichholzarme ihres Partners nichts entgegenzusetzen hatten, aufstand, ihren Hasen unter ihr Hemd steckte und zu einem Spurt auf den Bär ansetzte. Der schien zuerst so überrascht, wie ein Eisbär mit Sonnenbrille nun mal überrascht scheinen kann, fing sich dann jedoch und stemmte sich auf die Hinterbeine, um angriffslustig mit den Pranken zu wackeln. Minoko ihrerseits tauchte unter diesem Manöver fix hindurch, kannte sie es als Meisterin des Kumá doch aus dem Effeff, und nutzte den eignen Schwung, um den Eisbär sanft gegen die Schulter zu stoßen. Dabei verlor das Tier sein Gleichgewicht, taumelte, und stürzte zur Seite, wobei es sich jedoch noch fangen und auf alle Viere zurück bringen konnte.
Was allerdings sein Todesurteil war, da in genau diesem Moment zwei kräftige Hände in sein zotteliges Fell vorstießen und sich brutal festkrallten. Es folgte ein brachialer Tritt mit den Hacken in die Seite des Tieres, begleitet von einem enthusiastischen „HÜÜJA!“.
Allein das, was dann passierte, könnte Nagi vielleicht noch mehr verwundern als Minokos bisherige Aktion. Denn anstatt zu brüllen, um sich zu schlagen oder sich sonst gegen diese spontane Domestizierung zu wehren, fügte sich der Bär unerwartet willig der Behandlung. Das einzige Geräusch, das er von sich gab, war ein fast schon widerwärtig unterwürfiges Winseln.
Seine Reiterin dagegen war die Freude in Person und trug trotz jedweder anatomischer Grunderkenntnisse zwei zu Sternen verzerrte Augen zur Schau.
„Hussa, auf geht’s nach Hause!“
Ein Grinsen, dann große Augen, eine gefurchte Stirn, und Minokos Kopf legte sich schief.
„Oder?“
Bevor Nagi jedoch antworten konnte, bäumte sich der Bär bereits auf und lief zielsicher davon – mit Minoko auf dem Rücken, versteht sich.
 

Tenkai Nobunaga

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...bitte, bitte, bi.... wa... nee... Nobunaga schloss die Augen und hämmerte seine Stirn mehrmals gegen den vor ihm platzierten Baum. Immer und immer wieder schlug sein Schädel gegen das kalte Holz.
Warum nur? Warum? Wie hatte es Minoko noch einmal in den Rang eines Genin geschafft? Und warum wurde sie ihm immer zugeteilt? Wie noch einmal sollte man dieses Mädchen kontrollieren? War da nich... Süßigkeiten! Richtig, das hatte funktioniert. Neben einem kleinen Chip zur Ortung des Mädchens würde auf der nächsten Mission also auch ein kleines Säckchen mit Schokolade, Lollis und Bonbons mitgebracht werden.
Fast schon ängstlich öffnete Nobunaga eines seiner geschlossenen Augen und lugte gaaaanz laaaangsaaaam um den Baum herum – nur um zu sehen, wie eine stolze Minoko (natürlich mit Hasen) auf dem Eisbären saß und freudig jauchzte. Nobunaga löste sich von seinem Baum und schüttelte den Kopf. Ernsthaft?
Abgesehen von der Tatsache, dass dieses Mädchen mal wieder das unmöglichste machte und dabei nicht nur nicht verletzt wurde sondern auch noch Erfolg hatte, erkannte der Junge auch, dass dieses Tier definitiv abgerichtet worden war. Kein normaler Eisbär würde das mit sich machen lassen, so viel war sicher.
Als sich das Tier allzu plötzlich dazu anschickte, sich in Bewegung zu setzen, fackelte nun zur Ausnahme auch mal Nobunaga nicht lange und setzt so viel Kraft, wie noch in seinen halb erfrorenen Beinen steckte, ein um mit einem Sprint durch den Tiefen Schnee die Strecke zum Gefährt... ähm, Bär zu überwinden.
Nobunaga rannte, stampfte, röchelte und konnte sich endlich mit viel zu viel Kraft auf den Rücken des Bären schwingen, der glücklicherweise nicht im Sprint auf sein Ziel zusauste. Da saß Nagi nun also, erschöpft und außer Atem auf dem Rücken eines Eisbären, krallte sich ängstlich an Minoko fest und versuchte krampfhaft, nicht herunter zu fallen. Denn dann saß er alleine mitten in einem Schneesturm – ohne Decke, versteht sich, denn die war längst weg.
Das glückliche Gekreische direkt vor ihm machte die Sache auch nicht sehr viel besser. So konnte man „Wir verfolgen den Bären“ natürlich auch auslegen. Den Bären zu reiten würde vermutlich zum gleichen Ergebnis führen.
Nobunaga wollte einfach nur nach Hause.
 

Oda Minoko

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Es war ein berauschendes Gefühl auf dem Rücken des Bären durch die Landschaft zu brausen. Deutlich besser, als das Pferd des Alten der letzten Mission, und keinerlei Vergleich zum Esel dieser komischen Tussi aus dem Küstendorf, die sich so an Hisake und Nagi herangeschmissen hatte. Dieser Bär war kräftig, schnell, wendig… Minoko konnte beinahe jeden einzelnen Muskel des Bären unter sich spüren, stark und durchtrainiert, immer wieder mal angespannt, mal locker, aber immer eingewoben in dieses weiße Naturwunder, das noch dazu gut angezogen war!
Minoko spürte, wie es in ihrem Bauch rumorte und Blut in ihre Wangen schoss. Ist das etwa, was die Leute allgemein als…?
Mit einem mächtigen Sprung setzte der Eisbär über eine Schneewehe weg, und Minoko jauchzte einfach nur vergnügt auf. Nagi, der irgendwie an ihrem Hintern klemmte, beachtete sie dabei nicht ein einziges Mal. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dieser wilden Fahrt, und natürlich dem Schmieden eines Plans, wie sich der Eisbär nach Sora bringen ließe. Ob er auch die Treppen den Getsurin-Turm hoch so schnell erklettern konnte, wie diese schneebedeckten Hügel?
Mit Bildern von einem fliegenden Eisbären im Kopf nestelte Minoko geistesabwesend an ihrem Hemd, wo der Hase verzweifelt um Luft und Leben kämpfte, während seine Herrin mit verträumtem Gesicht nach oben starrte und leicht sabberte. So ging die Zeit relativ schnell herum, bis sie endlich „nach Hause“ gekommen waren.
Abrupt hielt der Bär vor einem halb von Schnee verborgenen Loch in einer abgeschrägten Felswand an, welches den Eingang zu einem leicht nach unten gebeugten Gang bildete. Während der Bär sich anschickte, mit den großen Pfoten das Loch frei zu räumen, rutschte Minoko unbewusst vom prächtigen Körper des Tieres und landete auf beiden Beinen direkt daneben. Zwei kräftige Tritte ihres zappelnden Bäuchleins später war Minoko wieder soweit in der Realität, dass sie den Schneehasen aus seinem Gefängnis befreien und ihm zart über das zerzauste Fell streicheln konnte. Dabei beobachtete sie einerseits das kleine, andererseits das große Tierchen eine ganze Weile, ohne dabei jedoch Nagis Gegenwart gewahr zu werden. Trotzdem sprach sie, wenn auch zu sich selbst.
„Das ist dein Zuhause, Mister Kuschelbrumm? Sieht aber ziemlich ungemütlich aus. Hast du drinnen eine Küche? Ich bin nämlich am Verhungern. Ach, bestimmt hast du eine Küche, und einen Kühlschrank. Einen Kühlschrank im Winter, und eine Sonnenbrille noch dazu. Kakko ii~“
Unbeirrt schaufelte der Eisbär derweil weiter. Er schaufelte und schaufelte, und wenn Nagi nicht Acht gab, würde mehr als eine Ladung Schnee ihn treffen. Immerhin war der Höhleneingang zur Hälfte verschneit, und es würde einige Zeit dauern, bis der Eisbär das Loch freigemacht hätte. Minoko, die eigentlich helfen könnte, hatte ja leider ihren Hasen zu pflegen. Also hieß es zumindest für das Mädchen: Warten.
 

Tenkai Nobunaga

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Minoko genoss das alles? Nobunaga wurde durch das ganze Auf und Ab eher schlecht; er konnte sich aber beherrschen. Den Blick starr und stumm auf den Horizont gerichtet, versuchte er diese ganze merkwürdige Fahrt einfach zu überstehen und danach zu vergessen.
*Wir reiten jetzt auf diesem Bär zu seinen bösen Herrchen. Dort sorgen wir dafür, dass die Angriffe auf die Händler aufhören und dann gehen wir nach Hause ins Warme und trinken heißen Kakao. Uuuuuh yeah!* … Nobunaga schaut weiter stumpf nach vorne, der letzte Teil seiner Gedanken hatte sich aber sogar für ihn falsch angehört. Färbte das braune Ding da vor ihm womöglich ab? Gott bewahre!
Es dauerte etwas, bis der Bär sein Ziel gefunden hatte. Die Kälte war inzwischen zur Norm geworden. Nagi hatte akzeptiert, das er krank werden und wochenlang im Bett liegen würde. Es war in Ordnung, dass er aussah wie ein kleines Häufchen Elend. Es war auch in Ordnung, dass er in einem Kampf erst einmal einige Zeit Aufwärmphase benötigen würde. Wenigstens wurde sein Körper schön taub und die Kälte stach nicht mehr so arg. Positiv sehen!
Der Bär begann seinen Weg durch einen dicken Schneehaufen zu wühlen und auch, wenn das noch etwas dauern würde... den Teufel würde Nobunaga tun auch nur den kleinsten Finger zu rühren. Stattdessen überlegte er lieber, was, wenn, wäre, warum... und so.
Höhlen boten taktische Vor- und Nachteile. Wenn es eine kleine Höhle war, umso besser. Ein paar Rauchbomben nach vorne schmeißen und so viele Kunai hinter her fliegen lassen wie nur irgendwie möglich. Ja, das klang doch gut. Minoko durfte Kunai werfen, falls es dazu kam.
Von dem zahmen Bären entfernte sich Nobunaga lieber ein Stück – er wollte ungern mit Schnee beworfen werden. Stattdessen wandte er sich Minoko zu. Neuer Versuch? Neuer Versuch. Süßigkeiten gab es nicht mehr, also konnte er nur versuchen mit Worten etwas zu erreichen. Da er aber einfach keine Lust auf Spielchen hatte, kamen diese ziemlich direkt raus. Entweder hörte das Mädchen zu, oder eben nicht.
„Wir wissen nicht, was da drin ist. Vielleicht sind es die Feinde, die wir ausschalten müssen um die Mission zu erfüllen und zurück nach Sora zu können. Ich will wirklich zurück nach Sora.“, murmelte Nagi. „Hör bitte auf mich, da drin. Ich will nicht, dass uns jetzt noch was passiert.“ Mit diesen Worten verstummte der Junge wieder und sah weiter dabei zu, wie der Bär sich seinen Weg freischaufelte.
 

Oda Minoko

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*Schwupp*
*Schwupp*
*Schwupp*
Ladung um Ladung warf der wackere Eisbär den Schnee vor der Höhle nach hinten, scheinbar ohne müde zu werden. Minoko bewunderte das Tier immer mehr, während ihre Streicheleinheiten das Häschen in ihren Armen immer rücksichtloser massakrierten. Der große, weiße Riese war jedoch zu eindrucksvoll, als dass das Mädchen sich hätte beherrschen können. Dazu noch die Unruhe und Neugier ob dem, was sie in diesem dunklen Loch erwarten würde…
Minoko malte sich bereits aus, wie das Häuschen des Bären aussehen würde. Und mit „Häuschen“ meinte sie auch ein „Häuschen“, dass eben nur mitten in einer großen Höhle stand, die trotz fehleneder Zugänge von Licht durchflutet wurde. So oder so wusste immerhin jeder, der „Goldlöckchen“ kannte, dass Bären in kleinen Häuschen wohnten, Brei aßen und es gar nicht gern sahen, wenn sich Mädchen an ihren Möbeln zu schaffen machten. Dieser Bär aber, oder Yeti oder was auch immer würde es bestimmt gutheißen, wenn sich Minoko in der kleinen, weißen Hütte dort drinnen austobte, wie es ihr gefiel.
*Es hat bestimmt zwei Stockwerke, und die Küche ist unten, mit einem großen Kühlschrank und kleinen Stühlen.* Die den Eisbär trotz dessen Gewicht natürlich aushielten. Sicher. *Dann hat er auch ein Bett, ganz groß und in weiß, nein blau, ein Himmelbett mit blauen Vorhängen und weißen Bezügen. Und Stofftiere. Teddybären vor allem, und Häschen, und… und… Fleisch! Im Kühlschrank, aber auch aus Plüsch auf dem Bett, als Kissen, an dem er dann immer herumnagt. Plüschfleisch. Ob es das auch bei uns gibt?*
In diese weltbewegenden, das Schicksal der gesamten (wirtschaftlich relevanten, konsumierenden) Menschheit verändernden Gedanken einer zukünftigen Spielzeugfabrikbesitzerin, brach unvermittelt ihr Kollege ein und laberte irgendetwas von Feinden, die in der Höhle warten.
Ach, manchmal war Nagi schon niedlich.
Minoko kicherte, tätschelte den Kopf ihres Partners (wobei ihr Schneehase in den Schitzkasten genommen wurde), und hob dann mahnend den Zeigefinger zwischen sich und ihn.
„Tse, tse, tse. Bären mögen noch nicht einmal Kinder in ihren Häusern. Was glaubst du, würden die anstellen, wenn Feinde sich an ihrem Grießbrei vergreifen würden? Richtig, Hackfleisch. Leckeres, zartes, frisch gebratenes Hackfleisch, mit einem Hauch Pfeffer und einer Soße, die… die…“
Unvermittelt wirbelte Minoko herum und hielt den Kopf wie ein aufgeschrecktes Erdmännchen in die Höhe. Sie sah nach links, nach rechts, und schließlich nach oben, und… schnüffelte. Ihr Kopf folgte mehr ihrer Nase als andersherum, während sie ein paar Schritte hin und her machte, um schließlich vor dem Höhleneingang stehen zu bleiben. Sabber kehrte auf ihr Kinn zurück, als den Hasen unvermittelt wieder unter ihr Hemd packte und wie wild das Schneeschaufeln begann.
Binnen einer Minute war das kurz zuvor verschüttete Loch komplett freigeräumt, und Minoko samt und sonders darin verschwunden. Das einzige, was von ihr zurückblieb, war ein lautes Echo:
„Flaaaaaaaaaisch-aaaaaaisch-aaaisch-isch-sch-sch!“
 

Tenkai Nobunaga

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Nobunagas Gesichtsausdruck war eine feine Mischung aus „nichtssagend und entspannt“ und „genervt und angespannt“. Er übte täglich eine Stunde vor dem Spiegel um diesen trockenen „Meinst du das ernst?“-Gesichtsausdruck zu perfektionieren.
Die Worte des Mädchens ließen darauf schließen, dass sie sich immer weiter in ihre komischen Gedankenkonstruke zurückgezogen hatte. Wie hieß noch einmal dieses Theater, in das er mal von seiner großen Schwester geschleppt worden war? … ach, er hatte es vergessen. Ging um junge Medic-Nins und der Hauptdarsteller hatte auch immer komische Gedanken, die dann in kleinen Zwischensequenzen dargestellt wurden. Nagi glaubte, der Kerl hieß J.D. - Jin Duan.
Mit einem Kopfschütteln vertrieb er diese Gedanken (den Hasen bemerkte er schon gar nicht mehr) und trat zurück, als auch das Mädchen wild zu buddeln begann. Ob das etwas mit dem Schnuppern von eben zu tun hatte? Nagi war skeptisch, hielt aber auch mal seine Nase hin. Und nieste. Genervt verschränkte er die Arme und wartete.
Es verging noch etwas Zeit, ehe Bär und Mädchen endlich durchbrachen und – Schwupps! - auch schon in der Höhle verschwunden waren. Nobunaga seufzte, zog paranoid, wie er eben war, ein Kunai und stapfte hinterher. Er rannte nicht sondern ging sehr vorsichtig und mit leisen Schritten. Minoko würde man eh hören, ihn dann wenigstens nicht, sagte er sich.
Der Gang der Höhle war relativ schmal und irgendwann tauchte gemeinsam mit einer leichten Wärme auch ein Flackern an den Wänden auf. Konnte das... ein Lagerfeuer sein? Sehnsüchtig beschleunigte Nobunaga seinen Schritt und sah vorsichtig um die letzte Biegung.
Seine Augen erkannten eine größere Höhle, vollgestellt mit Kisten, Teppichen, diversen Vorräten, Körben und sonstigem Gerümpel. In der Mitte befand sich eine Feuerstelle auf der gerade drei Hasen brutzelten... die Minoko herzhaft verspachtelte. Ob sie dabei ihren eigenen Hasen streichelte? Nagi konnte es sich vorstellen. Auf den neben dem Feuer ausgebreiteten Decken befand sich neben Nohime noch eine zweite Person: Ein alter Mann mit langem Rauschebart, Hut und faltiger Haut. Am ehesten hätte Nobunaga den Mann als „alten Zauberer“ beschrieben, in der Realität war er vermutlich nur ein komischer Kauz und Einsiedler. Auch wenn Nobunaga misstrauisch blieb, konnte er sich kaum vorstellen, dass der alte Mann gefährlich sein konnte. Deshalb steckte er sein Kunai erst einmal weg – er würde es ja noch schnell genug wieder ziehen können – und trat aus seinem Versteck hervor. Langsam näherte er sich der Feuerstelle und besah sich die Höhle noch ein wenig.
Neben den unzähligen Kisten (das Gut der Händler, womöglich? … was heißt hier womöglich?!) gab es noch einige uninteressante Abzweigungen am hinteren Ende, die gerade noch so vom Flammenschein erreicht wurden.
Was wäre nun die beste Herangehensweise? Autoritäres Gebrüll? Machtdemonstration? Direkter Angriff? Subtile Manipulation?
Nagi wusste, wie er diese Situation handhaben würde.
„GROAAAAAAAAARRRRR!!!!!“, ertönte es laut durch die Höhle. Nein, nicht der Bär. Nobunagas Magen. Dieser setzte sich mit nagischem Gesichtsausdruck ans Feuer. „Krieg ich auch was? Und was zu trinken?“
Sämtliche Autorität durch lautes Magenknurren verloren. Manchmal war die Welt ungerecht, wirklich. Gab es wenigstens Verpflegung im Austausch und vielleicht sogar eine Vorstellung des alten Herren?
 

Oda Minoko

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„…und dann sind plötzlich Steine vom Himmel geregnet! Einer von denen hätte fast das Pferd getötet! Pflatsch!“
„Nein!“
„Doch! Aber ich bin nicht weggerannt, im Gegenteil: Ein Schlag, und der Fels war weg. Weg!“
„Nein!“
„Doch! Als ich die Augen aufgemacht hab’, war da zwar eine komische Gestalt, die auch die Hand oben hatte, aber ich hab’ den Felsen ganz eindeutig gespürt, wie er an meiner Faust zertrümmert ist!“
„Nein!“
„Doch!“

Genau diese geistvolle Unterhaltung war gerade im Gange, als Nagi dazugekommen war. Was er außer der Geschichte verpasst hatte? Naja, nicht viel: Minoko war dem Geruch von gebratenem Fleisch hinterher geeilt, war dem Mann begegnet, und wie verschrobene, alte Kerle nun mal waren, bot der Fremde dem hübschen, jungen Mädchen pflichtbewusst eine Portion an. Kaum gesagt, hatte Minoko auch schon ein Karnickel halb verputzt.
Ganz in ihr Essen vertieft beachtete sie auch noch immer ihren Partner nicht, der nun mit knurrendem Magen ans Lagerfeuer trat und nach Fleisch fragte. Der alte Herr, die Augen noch auf das Mädchen gerichtet, drehte sich dem Jungen zu, beäugte ihn ehrlich überrascht, und lächelte ihn dann zufrieden an.
„Selbstverständlich“, verkündete er mit selbstbewusstem Bariton, „setz’ dich, Jungchen, und pack ein wenig Fleisch auf deine dürren Knochen.“
Mehr sagte der Alte, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so alt wirkte, zunächst nicht. Er winkte Nagi nochmals nachdrücklich zum Feuer, dann stand er ohne Weiteres auf und kümmerte sich um seinen Bären. Auch er erhielt ein Kaninchen, bevor er sanft zur Ruhe gebettet wurde auf einer der großen Decken, die deutliche Biss- und Kratzspuren aufwies. Soviel zum Himmelbett.
Bei seiner Rückkehr ächzte der Mann etwas theatralisch, als er sich hinsetzte, fuhr danach jedoch mit weiterhin klarer, fester Stimme fort:
„Gleich zwei Besucher an einem Tag… so was hatte ich seit sicher zwei, drei Jahren nicht mehr. Und dann auch noch so lebendige dazu, was für eine Freude!“
Das Lächeln des Mannes blieb in seinem Gesicht, als er sich selbstvergessen gegen den Kopf schlug, den Hut abnahm und das Haar darunter – kastanienbraun und etwas schulterlang – zurückwarf. So entblößt rückte er etwas näher zu Nagi (nachdem die Umgebung um Minoko durch herumfliegendes Fett, Knorpel und Knochen temporär unbewohnbar war), klopfte Nagi auf die Schulter und wiederholte enthusisastisch:
„Na los, junger Mann, greif zu! Wenn dir der Sinn nicht nach Kaninchen steht, kann ich auch etwas Obst oder Gemüse von hinten holen.“
Ganz offenbar war das jedoch nicht nötig, machte sich der Junge plötzlich fast ebenso enthusiastisch wie seine Kollegin über eines der Kaninchen her und bediente sich ausgiebig an einem der Wasserkrüge, der ebenfalls am Feuer stand. So vergingen die ersten paar Minuten, in denen der alte Mann den Kindern einfach nur beim Essen zusah und still lächelte. Trotzdem Minoko seinen vermeintlichen Schlafplatz in ein fettiges Chaos verwandelte. Die relative Stille wurde so erst gebrochen, als Nagi sich zu Wort meldete:
„Haben sie nen Namen?“
Daraufhin lachte den Mann auf, rieb sich den Hinterkopf, und deutete im Sitzen eine knappe Verbeugung an.
„Oi oi, natürlich, wo bleiben denn nur meine Manieren? Die letzten Gäste sind einfach schon zu lange her, nehme ich an. Kanjiki heiße ich, und das dort drüben…“
„’Schneeschuh’?“, prustete Minoko, bemerkte aber, dass sie dafür ihr Mahl unterbrechen musste, und kehrte sofort wieder zu ihrem Fleisch zurück. Der Mann lächelte nur weiter.
„Jap, Schneeschuh. Kanjiki klingt aber… nun ja.“
„Was machen sie hier?“, fragte anschließend erneut Nagi. „Mitten im Nirgendwo. In… einer Höhle. … Mit… einem Eisbären … mit Hut?“
Die Worte des Jungen verbreiterten das Grinsen des Mannes. „Du meinst Hyozan dort drüben? Er ist so etwas wie… mein Untermieter. Hab’ ihn vor etwas… hmm, wie lange mag es her sein? Ein Monat? Zwei? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls habe ich ihn draußen gefunden. Ist eine der Fallen draußen getappt, die die verrückten Leute von der Küste manchmal aufstellen. Konnte ihn knapp befreien, hat aber schwer gehumpelt. Ich hab’ ihn gesund gepflegt, und seitdem wohnt er bei mir. Lässt mich auch manchmal auf ihm reiten.“
Und tatsächlich: Besah man sich die ausgestreckten Gliedmaßen des Eisbären genauer, erkannte man an der linken Hinterpfote einen lockeren, dreckig-grauen Verband. Der Teil schien zumindest nicht gelogen.
„Oh, und was den Hut angeht: Der passt doch gut zu Brille und Hose, oder?“
Das schien Nagi zumindest ansatzweise zufriedenzustellen, auch wenn eine gefurchte Stirn aller Welt seine Verwirrung zeigte.
„Aber warum leben Sie hier in der Höhle?“
Bei dieser Frage verdunkelte sich das Gesicht des Mannes zum ersten Mal seit der Ankunft der Kinder, wenn auch nur minimal. Minoko entging die Regung völlig. Nagi…
„Warum wohnen Menschen in Höhlen? Weil sie kein Haus haben, vielleicht? Weil sie sich keins leisten können? Oder weil sie keins wollen? Weil sie nicht in einem engstirnigen Dorf unter engstirnigen Menschen leben wollen, die die Natur ihrem Willen unterwerfen wollen, anstatt im Einklang mit ihr zu leben?“
Das Lächeln kehrte nur mühsam ins Gesicht des Mannes zurück. „Um ehrlich zu sein war ich einfach nur zu geizig.“
„Wenn sie so geizig sind, woher dann die ganzen Kisten und Vorräte?“ Unter Nagis strengem Blick wurde das Lächeln des Mannes härter.
„Ich bin kein Freund von Verschwendung. Wenn ich etwas finde, nehme ich es mit. Und hier in den Bergen findet man viel.“
Das schien dem Jungen offenbar vorerst zu genügen, immerhin ging die nächste Frage in eine andere Richtung.
„Haben sie von den Yeti-Überfällen hier in der Gegend gehört?“
Das brachte den Mann zum Stutzen. „Ye-…ti?“ Langsam drehte er sich zu seinem Bären um, schaute ihn eine Weile lang an… und brach dann in schallendes Gelächter aus. Der klare, dunkle und warme Klang hallte von den Wänden wieder und zwang selbst Minoko, kurz eine Pause einzulegen und mitzukichern, wobei sie immer wieder „Yeti, Yeti“ gackerte. Nach einem ausgiebigen Lachanfall wischte sich der Mann eine Träne aus dem Augenwinkel und grinste Nagi an.
„Jetzt verstehe ich. Natürlich. Diese Vollidioten an der Küste haben Hyozan so gesehen und dachten… und dann haben sie auch noch gleich Ninja bestellt! Wie ausgesprochen amüsierend.“
Die goldrichtige Einschätzung brachte Nagi dazu, sein Stirnband hervorzuziehen. „Diese Waren hier sind also die der Händler? Die sie gefunden haben?“
Trotz der Anschuldigung lächelte der Mann weiter. „Wie gesagt, ich habe sie gefunden, und weiß deshalb nicht, wer sie verloren hat. Händler, Räuber auf der Durchreise… aber so langsam wird es mir klar. Du musst wissen, Hyozan ist… er ist ein Wildfang. Wie alle männlichen Eisbären. Die Dickerchen tun alles, um an Futter zu kommen. Und obwohl Hyozan bei mir wohnt, weiß ich nicht über alles Bescheid, was er dort draußen anstellt. Kommt er manchmal mit Beute im Maul nach Hause? Ja. Verfolge ich ihn manchmal und nehme mit, was er hinterlässt? Auch richtig.
Aber habe ich ihn je beim Angriff auf Menschen gesehen, oder gar selbst Reisende ausgeraubt und verletzt?“ Der Mann schüttelte belustigt den Kopf. „Nein, niemals.“
Darauf antwortete Nagi zunächst nicht, sondern zog stattdessen einen zusammengefalteten Zettel hervor, der offenbar schon einiges mitgemacht hatte. „Natürlich nicht. Das hier ist eine Liste der Waren, die gestohlen wurden. Oh, hier sind mehrere teure Teppiche und Decken vermerkt.“ Ein knapper Blick auf den Boden. „Lustiger Zufall, hm? Hätten sie etwas dagegen, wenn ich einen Blick in diese Kisten werfe?“
Das Lächeln des Mannes blieb, wo es war. „Du kannst dich gern in meinem Zuhause umsehen. Zumindest solange du dir bewusst bist, dass es mein Zuhause ist, und alles, was du siehst, mir gehört.“
Nagi schien nicht locker lassen zu wollen. „Sie haben gesagt, sie hätten all das hier gefunden. Die Händler der Gegend haben ihre Waren also… verloren. Sind das hier die gestohlen-… ich meine natürlich ‚verloren’ gegangenen Waren, gehören sie rechtmäßig nach wie vor den Händlern.“
Der junge alte Mann seufzte. „’Rechtmäßig’? Nach welchem Recht beanspruchen denn diese Leute ‚ihren’ Besitz? Nicht nach meinem, dem natürlichen Recht, soviel ist sicher.“
Nun war es an Nobunaga, zu seufzen. „Hören sie, ich habe nichts gegen sie. Wir beide haben aber den Auftrag erhalten, die Überfälle auf die Handelswege zu stoppen und wenn möglich so viele der gestohlenen Güter wie möglich zurück zu bringen.“
Sichtlich entspannt und mit einem selbstzufriedenen Lächeln schaute der Mann erst zu Minoko, dann wieder zu Nagi. „So ist das also, das ist euer Auftrag? Dann ist die Sache doch ganz einfach! Überfälle gab es keine, und ‚gestohlene Güter’ ebenso wenig. Ihr beiden seit hier herauf gekommen, habt nichts gefunden, was es zu stoppen oder zurückzubringen gäbe, und verweist die Leute an der Küste freundlich darauf, dass es so etwas wie Yetis nicht gibt.“
Diese Lösung schien nicht zur Zufriedenheit des kleinen Teamleiters zu sein. Ein einfaches „Nö.“ Schmetterte den Vorschlag ab.
„Ihnen ist klar, dass ihr Bär Händler angegriffen hat? Ob sie das gesehen haben oder nicht ist egal. Allein dafür würde man ihn jagen. Ich werde alles, was ich erfahren habe meinen Auftraggebern mitteilen. Die Angst vor dem Yeti ist damit hin. Die Händler werden sich bewaffnen und ihren Bären bei der nächsten Gelegenheit zur Strecke bringen. Wenn sie ihn nicht unter Kontrolle haben, wird die Sache also tödlich ausgehen.“
An einer längst vergessenen Seite des Lagerfeuers fiel bei diesen Worten ein abgenagter Knochen zu Boden. Abrupt schoss Minoko in die Höhe, beugte sich in Richtung Nagi vor, und zeigte mit geballten Fäusten auf den Boden.
„WAAAS?!“
„Den Händlern liegt eben nichts an dem Bären, Nohime. Deshalb wollte ich dem netten alten Herrn hier ja gerade vorschlagen, dass er und sein Bär am besten umziehen sollten. Damit ist jedem geholfen… und Mister Kuschelbrumm ist auch in Sicherheit.“
Noch immer entsetzt, aber ohne weiß hervortretende Fingerknöchel, wirbelte Minoko zu dem Einsiedler herum, der das erste Mal nicht lächelte. Ernst schaute er Nagi direkt in die Augen.
„Umziehen? Wegen diesen…! Hmpf. Gut. Nehmen wir an, ich würde umziehen. Theoretisch. Was ist mit meinem Besitz?“
Minokos Kopf witschte zum Lächeln ihres Teamleiters. „Ganz offensichtlich können wir nicht alles sofort mit in das Küstendorf nehmen. Da wir aber Bericht erstatten müssen, werden in ein paar Tagen Leute kommen um die Waren zu holen und den Händlern zurückzugeben. Bis es soweit ist, haben sie vermutlich genug Zeit, um die wichtigen Dinge mitzunehmen, oder?“
Zwei Blicke trafen den Eremiten, der eine Weile still ins Lagerfeuer starrte. Dann hob er den Kopf und zeigte ein Grinsen, das seine Augen nicht erreichte. „So gut, wie die dort unten sich hier auskennen, würde ich tatsächlich genug Zeit haben. Ein guter Kompromiss, mein Junge, ein guter Kompromiss… Leben und leben lassen, richtig? Meinetwegen. Komm her.“
Damit rückte der Mann noch ein wenig näher zu Nagi, sodass seine ausgestreckte Hand ihn fast erreichte. Nach kurzem Überlegen ließ sich Nagi unter dem nervösen Blick seiner Partnerin auf die Geste ein, und beide schüttelten sich die Hände. Das entlockte Minoko ein lautes Jauchzen.
„Schön, dass wir das friedlich klären konnten.“

Der Rest des Abends verlief unerwartet friedlich. Da vor der Höhle noch immer ein Schneesturm tobte, beschlossen Nagi und seine Partnerin kurzerhand, dem Eremiten noch eine Weile Gesellschaft zu leisten. Zeit, die dieser gerne nutzte, um mit dem Vorbereitungen zu seinem Umzug zu beginnen.
Nach einigen kleinen und großen Geschichten und Scherzen, zumeist auf Nagis Kosten, kehrte Minoko irgendwann zu dem massigen Eisbären Hyozan zurück, kuschelte sich das schwere, weiße Fell und schloss die Augen. Schlaf stellte sich jedoch nicht ein, da Nagis Worte noch immer in ihrem Kopf steckten und das Mädchen ungewohnt nachdenklich stimmten.
*Ob die Leute an der Küste ihn wirklich…? Nein. Niemand kann ein solches Tier wegen ein paar verstaubten Vasen verletzen wollen. Niemand. Trotzdem waren Nagi und Kanjiki-san so ernst, die ganze Zeit… Als ob tatsächlich… tatsächlich…*
„Chrrr…“

Als Minoko wieder aufwachte, schienen beide Männer in der Höhle schon bereit zum Aufbruch zu sein. Müde rieb sich die Oda ihre Augen, warf einen Blick auf Hyozan, der sich mühsam aufrappelte, und fuhr ihm ein letztes Mal liebevoll durchs Fell. Zu gern würde sie den Bären mitnehmen, doch selbst Minoko wusste, dass das Tier bei seinem „Vermieter“ besser aufgehoben war. Außerdem hatte sie ja das andere Fellbündel, das noch immer unter ihrem Hemd vor sich hinschnarchte und dank der Strapazen seiner Selbstrettungsversuche wohl so schnell auch nicht erwachen würde.
Irgendwann verabschiedeten sich die Kinder dann von dem merkwürdigen Eremiten und seinem Haustier, allerdings nicht ohne dass Minoko noch ein kleines Andenken geschenkt kam: Eine weiße Hasenpfotenkette. Es war ein krudes Ding, weißes Plüsch an einem abgehalfterten Lederband, natürlich selbstgemacht. Doch trotzdem, und obwohl sich Minoko fragte, wofür sie eine fünfte Hasenpfote brauchte, freute sie sich wie die Schneekönigin höchstpersönlich. Dabei half auch, dass Nagis Andenken - ein kleiner, geschnitzter Mann an einer ähnlichen Lederkette, der Dank harten Gesichtszücken und einer eingravierten Schmalzlocke dem Jungen zum Verwechseln ähnlich sah - viel weniger flauschig war.
*Wahrscheinlich ist es wie bei einem Kleeblatt: Vier bringen Glück, fünf ein Leben lang.*
Nach wildem Händeschütteln, ein paar Tränchen der jungen Kunoichi in Richtung Hyozan und zigmaligen Abschiedsgrüßen trennten sie sich endgültig, und Nagi und Minoko traten den Weg nach Hause an, oder besser dorthin, wo sie die merkwürdige Frau, ihren Esel und Hisake vermuteten. Die warteten schließlich noch irgendwo auf die Rückkehr ihres Leiters und ihrer Prinzessin.
Mit einem letzten Blick auf die zwei Punkte, einen schwarzen und einen weißen, die hinter ihnen gerade auf eine schwere Schneewehe kletterten, hüpfte Minoko ein paar Schritte voraus, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lächelte Nagi an.
„Hierher. Wenn dir in Sora irgendwann auch mal alle an den Kragen wollen, weil du sie nervst, ziehen wir eindeutig hierher!“
 
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Tenkai Nobunaga

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Nobunaga lag auf einer der weichen Teppiche, hatte mehrere Decken über sich gelegt und seinen Kopf auf ein kleines Knäuel von Jacken gebettet. Er machte sich nun schon eine ganze Zeit lang Gedanken über seine „Verhandlungen“ mit dem jungen alten Einsiedler. Er war eigentlich der Meinung, dass er das ganz gut hinbekommen hatte. Die Angriffe würden aufhören, einige der Waren würden ihre Besitzer wiederfinden und Nagi und Nohime durften über Nacht bleiben.
Der Genin war der Meinung, dass der Einsiedler seine Logik verstanden und sicherlich auch dankbar dafür war, dass Nobunaga ihm so entgegen gekommen war. Ja, ganz sicher. Er hätte ihn auch einfach gefesselt ins Küstendorf schleifen können, damit die dortigen Behörden sich um die Diebstahl und Überfall-Vorwürfe kümmerten. Nein, Nobunaga der Großzügige hatte sich gegen Gewalt und für Harmonie entschieden. Da sollte noch mal jemand sagen, der Junge wäre kein ganz lieber Bursche...

Am nächsten Morgen hatte Kanjiki einen kleinen Karren für sich gepackt, auf dem sich seine wichtigsten Besitztümer befanden. Nagi hoffte, dass der Mann wirklich das Weite suchen würde und sich diese Entscheidung nicht irgendwann rächte. Er selbst hatte sich wieder schön warm eingepackt und musterte das merkwürdige Andenken, dass ihm der Einsiedler mit einem hinterhältigen Grinsen überreicht hatte, während Minoko sich gedanklich auf die Abreise einstellte (aka Bären knuddeln, weinen, wieder knuddeln, etc.).
Diesen komischen Holz-Nagi am Lederband würde er irgendwo ganz tief in einer Kiste vergraben. Da war sein Mitbringsel aus seiner ersten Mission doch deutlich nützlicher. Der Junge zuckte die Schultern und warf einen Blick aus der Höhle. Die Sonne schien und der Schneesturm hatte sich verzogen. Es würde eine angenehme Heimreise werden – so angenehm man im Schneereich zu Fuß eben reisen konnte.
Mit einem Nicken und einem kräftigen Handschlag verabschiedete sich Nobunaga von ihren merkwürdigen Bekanntschaften und machte sich dann an der Seite Minokos auf, Hisake und Haki irgendwo wieder aus dem Schnee zu buddeln.
Den Kommentar seiner Teamkollegin bedachte der Junge erst einmal nur mit einem Lächeln. Dann wurde das Lächeln etwas geschockt. Sprach sie da von... wir?! Und abgesehen davon...
„Auch?!“


Viele Stunden später im Küstendorf des Schneereichs

Sakkaku Hisake und seine treue Begleiterin, die hübsche Haki, waren nach einiger Suche gefunden und geborgen worden. Hisake war inzwischen mit einer prächtigen Erkältung ausgestattet (auch Nagi hatte das Niesen begonnen) und Haki hatte wohl irgendwann die Schnauze voll gehabt, sich die ganze Zeit an den kleinen Jungen zu pressen. Der Esel war wie erwartet gestorben, weshalb er gemeinsam mit dem Karren im Schnee begraben worden war – Minoko hatte darauf bestanden und die Gruppe hatte sich gefügt.
Nobunaga war in seiner Rolle als Teamleiter noch damit beschäftigt gewesen einen groben Bericht anzufertigen und diesen per Post sowohl an die Dorfverwaltung Soras, als auch direkt an seinen Auftragsgeber zu senden. Einen ausführlichen würde es erst in einigen Tagen geben, aber die Einwohner des Schneereichs sollten wissen, dass sie Yetis in Zukunft erst einmal auf Eisbärenhaftigkeit überprüfen sollten. Nur zur Sicherheit; wer weiß, ob der Einsiedler sein kleines „Geschäft“ nicht einfach verlagerte?
Kränkelnd, erschöpft und dennoch zufrieden mit der Mission schloss sich Nagi seinen Gefährten an, als sie auf das Schiff in die Heimat stiegen. Er drehte sich noch einmal um, erkannte für einen winzigen Moment die Schönheit, die im unendlichen Weiß lag, und begab sich dann unter Deck um ausgiebig zu Schlafen.

Mission Ende...
 
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