Ookami Yumi
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Irgendwie wirkte Yumis Lesestoff gleich tausendmal schlimmer, wenn er aus dem Mund eines kleinen Jungen kam, der mit erwachsenem Ernst zu lesen begann und schließlich mit Schamesröte im Gesicht abbrach. So unglaublich süß und toll sie diese Bücher fand, wenn sie allein war, es hatte anderen Charakter, wenn sie laut erörtert wurden. Nicht, dass sie sich wirklich dafür schämen würde, aber ein minimaler Rosastich hatte sich in ihre Wangen geschlichen, weil sie sich denken konnte, was der kleine Mann nun von ihr halten würde. Je länger sie ihn betrachtete, desto augenscheinlicher wurde ihr, dass das genau die richtige Bezeichnung für ihn war, weil sie sein Wesen perfekt zusammen fasste. Wenn auch winzig, so wirkte er beinahe erwachsener als ihr Onkel, der zu manchem Spaß aufgelegt war und albern wie kein zweiter werden konnte, wenn er erst einmal in Fahrt kam. Freilich wussten das die Kunden seines Ladens nicht, weil er sich große Mühe gab, dort bodenständig und kompetent zu wirken. Zwar war er ohne Frage beides, wenn es um seinen Beruf ging - immerhin hatte er sich diesem zuliebe von dem Rest seiner Familie abgewandt - aber bei manchen Menschen kam es eben nicht so gut an, wenn man blöde Witze riss. Das machte ihn Yumi noch sympathischer, weswegen sie ihn sehr gerne besuchte. Mit großen Augen beobachtete sie, wie der Junge schließlich trotz eher negativer Reaktion auf die Klappentexte der Bücher, die sie nun in Händen hielt, scheinbar wahllos Exemplare aus dem Regal zog und sie schließlich sogar kaufte, ohne auch nur durchzulesen, wovon sie handelten. So ganz verstand sie das nicht, aber sie stellte seine Entscheidung auch nicht in Frage, auch wenn er ein wenig schwer bepackt mit den vielen Büchern aussah. Da sie sich irgendwie schuldig fühlte, dass er sie nun tragen musste und weil sie noch ein bisschen neugieriger geworden war, fragte sie schließlich: "Soll ich dir tragen helfen? Das sieht irgendwie sehr schwer aus..." Sicherlich hatte sie nicht vor, den Jungen als schwach zu beschimpfen oder ihm sonstige Anwandlungen zu unterstellen, aber sie wusste, dass sie damit eben keine Probleme haben würde und so außerdem die Möglichkeit haben würde, ihm noch ein wenig zu folgen. Der kleine Mann war nämlich ein interessantes Studienobjekt und deutlich vergänglicher als ihre Bücher, die als Konserven auch noch zu jedem anderen, beliebigen Zeitpunkt gelesen werden konnten. Das war auch der Grund, weswegen sie oft nur Abends zum Lesen kam: Zu allen anderen Zeitpunkten gab es anderweitig Dinge, die ihre Aufmerksamkeit forderten, seien es Menschen, Missionen oder auch nur ihr Garten. Blumen verwelkten, wenn man sich nicht um sie kümmerte und Beziehungen gingen in die Binsen. Bücher waren immer da, man konnte sie zuklappen und zu einem anderen Zeitpunkt wieder öffnen, um die Geschichte fortzusetzen. "Wo wohnst du eigentlich? Was machst du so? Bist du eigentlich echt ein Mönch oder siehst du nur so aus?", sprudelte es auf einmal aus ihr hervor, die Augen groß vor Interesse und Neugier, begierig, ein wenig mehr über den kleinen Mann herauszufinden. Vielleicht war er ja sogar ein Shinobi, dann könnte es nämlich sein, dass man sich mal auf einer Mission begegnete...!