Tsuchinoko Saizo
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Ob er die Geschichte als Angriff wertete? Natürlich nicht. Angriffe waren weniger schlimm als das, was der Fährmann höchstwahrscheinlich mit ihnen vorgehabt hatte. Wer weiß, was in diesen Sandwiches war, die er ihnen dagelassen hatte. Auf der anderen Seite waren sie ja noch originalverpackt, ebenso wie die Konservendosen. Letztere befanden sich nun übrigens samt und sonders in Saizos Besitz. Da der Sakkaku seinen Teil ja ganz offensichtlich nicht so verlockend fand, um ihn nicht, statt den Inhalt zu verzehren, viel lieber durch die Gegend warf. Schon war Shinjis Wanderprediger-Mentalität in dem Tsuchinoko durchgekommen ("Nichts umkommen lassen, Bürschchen!“) und so wanderten die Dosen eine nach der anderen in seinen Rucksack. Bis auf eine oder zwei, auf denen ihr Kapitän für kurze Zeit Platz genommen hatte. Nicht einmal Aluminium war bei dem sicher genug. Über eine warme Wolldecke hätte er sich allerdings auch Gedanken machen sollen. Als er sich den eingepackten Sakkaku so ansah, kam ihm der Gedanke dann plötzlich und leider viel zu spät. Sie hätten auch noch die Regenmäntel des Fährmannes mitnehmen können, aber… Nein. Ein ganz entschiedenes Nein. Lieber nahm er in Kauf, die Nacht über in einem hohlen Baumstamm zu sitzen und zu frieren. Immerhin gab es ja noch die herzerwärmenden Geschichten. Oder auch nicht. Hebis Erklärung hörte sich ein klein wenig nach einer schweren Kindheit an. Besonders die Stelle, bei der die Worte ‚geschlagen oder aufgespießt‘ vorkam, gab ihm da so eine leise Ahnung. Aber mal im Ernst. Dass der Sakkaku hier so frei von der Leber weg über sein Leben sprach (ohne die weniger erfreulichen Stellen auszusparen oder zu überspielen) passte irgendwie genau in sein Schema. Daher wäre es für Sai wohl auch weit erschreckender gewesen, wenn Hebi auf einmal tränenüberströmt angefangen hätte, aus dem Nähkästchen zu plaudern oder sich über die Ungerechtigkeit der Welt auszulassen. Stattdessen wirkte er wie üblich ziemlich abgeklärt. Worüber er da sprach waren keine schmerzlichen Erinnerungsfetzen, die sich im warmen, flackernden Schein des Feuerchens an die Oberfläche seiner Gedanken schoben und kein wehleidiges Gesäusel. Er berichtete einfach von den Tatsachen und genau deshalb glaubte Sai ihm auch, jedes Wort. Vor allem, weil er den letzten Teil sogar aus eigener Erfahrung verifizieren konnte, immerhin betraf er ihn ja selbst. „Irgendeiner muss ja dafür sorgen, dass wir nicht im Dreck versinken. Ich nehme mal an, in den Haushalten der oberen Schichten gab es dafür Angestellte? Betrachte die Löffel also einfach als Bezahlung.“ Dann überlegte er kurz und fügte hinzu: „Außerdem waren es nur Fünfundzwanzig.“ „Und ich will schwer hoffen, dass sie allesamt versilbert waren?“ Seltsam, dass er gerade danach fragte. „Musst du wissen, immerhin hast du sie doch gekauf…“ Einen Augenblick mal, das war nicht Hebi gewesen, der da gefragt hatte. „Kein Bingo, Junge. Wir kaufen nichts, aus Prinzip, weißte? Das käme unserem Ruf als Fachkräfte nicht entgegen. Oh und eines noch: Ihr seid umzingelt!“ Das letzte musste wohl ihr Stichwort gewesen sein, denn aus den langen, im Feuerschein unruhig tanzenden Schatten der Bäume rings um die zwei Genin tauchten nun mehrere Männer und Frauen in Räubermontur auf. „Tut uns Leid, euch zu so später Stunde noch zu belästigen…“ Einen Augenblick lang dachte Sai an den Creeper zurück „Aber ihr seid momentan im Besitz von zwei Dingen, die rechtmäßig uns gehören.“ Eines davon war das Zahnrad, daran bestand kaum Zweifel. Die Drohungen eines Überfalls waren also echt gewesen. Ernsthaft? Solche Dinge geschahen doch eigentlich nur in schlecht geschriebenen Filmen. Und dann auch noch so überrascht zu werden… das war schon irgendwie peinlich. „He, Rotau… äh, ich meine dich, mit den dunklen Haaren! Beweg deinen Hintern aus meiner Bude, aber sofort! Na wird’s bald?“ Sai beobachtete Hebi eindringlich und wartete gespannt auf dessen Reaktion. Ja, vielleicht würde es doch noch ein erfreulicher Abend werden.