Das war ja wiedermal so klar gewesen. Immer, wenn Teysaru es schaffte, für eine kurze Zeit aus seiner Tollpatschigkeit zu entfliehen, ja, sogar einigermaßen sicher auf den Beinen wirkte, heroisch und kühn, wie ein Held, da kam das Schicksal und erteilte ihm mit einem gekreischten "NO U DON'T" eine schallende Ohrfeige, auf dass der Genin erkannte, dass unter seiner harten Schale nichts Anderes steckte, als ein pubertierender Teenager, dessen Hormone in wilder Wallung waren. Es grenzte schon an blanke Ironie, dass er es geschafft hatte, die ganze Zeit über eine halbnackte Frau neben sich zu ertragen, aber wenn er vernahm, wie auch nur ein Knöpfchen aus der Bluse seiner Freundin die ihm zugeteilte Fassung verließ, sein Herz begann zu pochen wie eine Dschungeltrommel. Er bekam Schweiß auf den Handflächen, sein Gesicht wurde rot und zu allem Überfluss kribbelte es in seinem Bauch, was ihm das Gefühl gab, als würde er sich jeden Moment in die Hose machen. Na, wenn das nicht Liebe war. Eigentlich wollte Teysaru sie nichtmal dabei beobachten, wie sie sich ihres Oberteiles entledigte. Eigentlich wollte er wackeren Schrittes vor sie treten, ihr zeigen, dass er ein ganzer Kerl sein konnte, wenn er nur wollte. Doch jetzt bereute er mit jeder Faser seines Körpers, dass er ein Kerl war. Denn das für Kerle typische Organ, dessen Existenz er (und andere...) recht häufig anzweifeln mochten, hielt ihn gerade davon ab, sich auf den Kampf zu konzentrieren, der rund um sie herum tobte. Von allen Seiten drangen die Kämpfer auf sie ein, doch er hatte nur Augen für Tora, nicht, weil sie verletzt war oder ähnliches, oh nein. Einfach, weil sie ein Top trug. Und die Vorstellung, dass sie das vielleicht anlassen würde, dass sie es sogar ziemlich sicher anlassen würde, wenn er ihr sagte, dass sie damit toll aussah...die Vorstellung, dass sie es vielleicht die ganze Rückfahrt über anlassen würde und dass er und Tora vielleicht eine Kabine für sich haben würden, eine Stunde lang, während Yumi oben an Deck die Wölkchen in ihrer kleinen unschuldigen Welt zählte....oh Gott, diese Vorstellung war im Moment sehr viel bedrängender als irgendwelche Schwerter, die auf ihn einhackten. Realer. Er wollte nicht unbedingt "greifbar" sagen, aber...war es nicht wahrscheinlicher, dass diese Dinge eintrafen, als dass sie sterben würden, weil ein Irrer namens Makoto ihnen seine Schwertkampfschüler auf den Hals hetzte?
Glücklicherweise blieb Teysaru nicht genug Zeit, sich solchen zugegebenermaßen eher eigenartigen Gedanken hinzugeben, da eben die vorhin so angehimmelte Tora spontan einen gigantisches Luftball auskotzte, der so eben mal den halben Wald in Schutt und Asche legte. Der Genin wurde aus seinen Träumen gerissen, als sein Blick einen fliegenden Angreifer folgte, und er erinnerte sich, dass auch die Yamamoto eine starke Kunoichi war. Das Bild, wie sie ihm eine solche Daitoppa ins Gesicht pustete, weil er fragte, ob sie ihr Top so lassen könnte, überlagerte jeglichen anderen Gedanken und schaffte ein erstaunlich klares Bild in seinem Verstand. Mit wachem Geist war der Hochgewachsene plötzlich in der Lage, seine Umgebung wahrzunehmen - und erschrak. Zwei der Angreifer hielten direkt auf ihn zu, waren sowohl Yumi als auch Tora irgendwie entwischt. Nur eine Sekunde lang zögerte er, ob er zuschlagen sollte, doch dann krallten sich Lilias Fingernägel (huch, die war ja auch noch da...) in seinen Oberarm und weckten seinen Beschützerinstinkt. Mit einem weiten Schritt brachte er sich direkt vor die Frau, drehte seinen Ast in der Hand und stand den armen Kerlen wie eine lebendige Festung gegenüber. Geduldig wartete er, bis einer von ihnen in Schlagreichweite war, ehe er mit dem Riesenast ausholte und damit gegen den Oberkörper des Feindes donnerte. Obwohl Teysaru sich immens zurückhielt und nur mit einem Arm zugeschlagen hatte, riss es den Kerl regelrecht von den Füßen. Mit einem eleganten Salto landete er im Gras mehrere Meter von ihm entfernt - und blieb bewusstlos liegen. Umgebracht hatte er ihn nicht, aber der Aufprall war sicher trotzdem nicht allzu angenehm gewesen. Mit kühlem Blick schmiss er den Ast von sich, war er doch viel zu klobig für einen Kampf mit so geringem Abstand zwischen seinen Teammitgliedern. Der zweite Angreifer wurde in die Füße getroffen und stolperte nach vorne, so dass Teysaru den bilderbuchschönsten Kinnhaken seines Lebens verteilen konnte, der sein Opfer gleich wieder rückwärts aus den Latschen warf.
Nachdem diese weniger lästigen Probleme aus der Welt geschafft waren, schien es für's Erste ruhig zu sein. Das Einzige, das ihn verunsicherte, war Toras Keuchen...nun, eigentlich war es ja nicht ungewöhnlich, dass sie erst einmal nach Luft schnappen musste, nachdem sie die Umgebung sauber gerodet hatte, oder? Trotzdem wollte er ihr den Nahkampf mit ihrem Fächer nicht unbedingt noch zumuten - vor allem, weil er selbst noch überhaupt keine Gelegenheit dazu gehabt hatte, wirklich hinzulagen. Zu allen Kämpfen war er zu spät gekommen oder ausgeknockt worden, bevor diese überhaupt begannen. Doch Makoto fehlte noch. Und obwohl sie ein Team waren, beschloss der Genin, dass er diesen Typen fertig machen würde. Er wollte Yumi und Tora dafür entschädigen, dass er...nun, dass er war, wie er war. Hirnlos und eifersüchtig, wenn es um seine Freundin ging, dumm wie Brot, und tollpatschig wie ein Affe. Aber so war er eben: Teysaru, der Affenkaiser. Es tat ihm Leid und er wollte sich bessern, doch mit der Zeit begann er immer mehr zu verstehen. Der Yotuishe erkannte, dass er nicht besser wurde, wenn er sich verstellte, im Gegenteil. Es machte alles nur noch schlimmer, wenn er versuchte, etwas zu sein, das er nicht war. Nicht während seines Trainings hatte er erfahren, wer er wirklich war, sondern auf den Missionen. Lange Zeit hatte sich Teysaru für unbesiegbar und perfekt gehalten, für ein Juwel unter den Ninja seines Dorfes. Doch die Zeit hatte gezeigt, dass er das nicht war. Er mochte noch so hart trainieren, noch so sehr hoffen, dass er es ändern konnte, doch das ging nicht. Nicht einmal die Tatsache, dass er nun eine Freundin besaß, hatte es geschafft, ihn zu verändern. Tora dachte oft daran, dass er sie weich gemacht hatte, doch sie hatte es nicht geschafft, ihn zu verändern. Sie mochte ihn dazu bringen können, dass er für sie kuschte und gehorchte wie ein Hündchen, aber seinen Charakter, den konnte sie nicht formen. Er war nun einmal ein tollpatschiger Typ, der gegen Bäume lief, der zu Höherem strebte, aber es niemals erreichen würde. Doch vielleicht war es gut, dass er sich nicht veränderte, dass er blieb wie er war. Hatte Tora das nicht gesagt? Sie mochte ihn dafür, dass er Teysaru war. Und wenn das bedeutete, dass er seine Teammitglieder erst einmal kräftig in die Tinte reiten musste, bis sein allmissionslicher Heldenmoment kam, dann war das verdammt noch mal Teil seines Charakters. Wenn er nicht bald begann, sich selbst zu akzeptieren, wie sollte er dann jemals jemand anderen voll und ganz an sich heranlassen. Selbstverständlich musste die Yamamoto, ja, vielleicht sogar Yumi, das Gefühl haben, dass er sein ganzes Herz ausschüttete, wenn er den Mund aufmachte, aber dem war nicht so. Es gestaltete sich für ihn als unheimlich kompliziert, seine Emotionen auszudrücken, gerade gegenüber Menschen, die ihm viel bedeuteten. Teysarus Drang, es allen Personen in seinem Umfeld Recht zu machen, der saß tief. Doch mit jedem Tag, mit jeder Mission, auf der er sich wieder selbst beweisen durfte, dass er ohne Hilfe nicht nutzlos war, ließ ihn ein klein wenig aus seinem vebohrten Charakter hervorbrechen. Sein wahres Ich, gut versteckt hinter meterdicken Wänden aus Selbstmitleid, Suizidgedanken und Fettnäpfchen, trat immer dann an's Tageslicht, wenn es gebraucht wurde. Manchmal fühlte sich der Junge wie ein Superheld, ein unscheinbarerer Teenager, der Versager auf sozialer Linie. Doch wenn jemand nach Hilfe rief, suchte er sich eine Telefonzelle und brach aus eben dieser als Held hervor, als Ritter...
Da war es. Ein Schatten. Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss etwas aus dem Gebüsch auf die Genin zu, ausgestattet mit wirbelnden Schwerterarmen. Nur eine Sekunde lang erschrak der Taijutsuka ob der schieren Schnelligkeit seines Gegners - des Bosses, vermutlich - da hatten die wirbelnden Klingen ihn auch schon passiert und verschwanden abermals im Gebüsch gegenüber seines Ausgangsortes. Der Genin hatte einen heftigen Ruck an seinem Handgelenk gespürt und war einen halben Schritt zur Seite gestolpert, als der Feind an ihm vorbeigerast war. Erschrocken hatte er seinen Kopf zurückgenommen - und das war auch gut so. Kaum hatte er erkannt, dass es sich bei diesem geölten Blitz in Mähdrescherform um Makoto handeln musste (es dauerte einige Sekunden, bevor er all die Sinneseindrücke verarbeiten konnte und ihm klar wurde, dass er ihn aufhalten hätte müssen), da spürte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Als er die Hand auf die Stelle legte, fühlte sie sich nass an. Ein Blick genügte: Blut. Nur eine Schnittwunde, ein zunächst schmerzloses Streifen seiner Brustmuskeln. Das würde er überleben. Doch nichtsdestotrotz saß die Überraschung tief in seinen Knochen, nicht etwa, weil er einem vermutlich tödlichem Hieb entgangen war...jemand hatte ihn gerettet. Jemand, der schneller war als der Angreifer. Sein ungläubiger Blick wanderte zu Lilia, die zu Boden blickte wie ein beschämtes Mädchen. In diesem Moment verwarf Teysaru alle Argumente, die seit Beginn der Mission seine Gedanken quälten, und traf die Entscheidung, die er so lange hinausgeschoben hatte. Der Taijutsuka wusste nun, wie er mit der Blondine verfahren würde, was er wegen Makoto tun würde...Jetzt, da er sich für eine Vorgehensweise entschieden hatte, wusste Teysaru plötzlich alles. Keine störenden Gedanken hinderten ihn mehr daran, sich zu konzentrieren. Gerade im richtigen Moment fand er zu seiner inneren Ruhe zurück, zu seiner Willenskraft, die doch eigentlich so typisch für den Yotuishe war, denn just in dem Moment, in welchem er die Last von seinen Schultern fallen fühlte, drang Makoto erneut aus dem Gebüsch.
"'Tschuldige", nuschelte der Ninja in Toras Richtung, dann schloss sich seine Hand um ihren Fächer - er wollte dem Schwertkämpfer nicht mit Yumis Schwert entgegentreten, davon einmal abgesehen, dass er es vermutlich nicht wirklich führen konnte und somit einen Nachteil hatte, wollte er ihn nicht mit scharfen Waffen verwunden - und der muskulöse Körper des Shinobi vollführte eine Drehung, gerade noch so in der Zeit. Unbeholfen, weil er nicht wusste, wie man das Ding nun genau anpackte, schleuderte er es mit voller Wucht gegen den entgegenkommenden Gegner, konnte er sich doch hier nicht auf seine Geschwindigkeit verlassen. Durch seine schiere Muskelkraft und die Größe des Fächers, blieb dem im vollen Lauf befindlichen Makoto keine Zeit mehr auszuweichen. Teysarus affenartiger Kampfschrei war noch nicht ganz verklungen, da ertönte ein unangenehmes Knacken. Entsetzt dachte er, dass er dem Mann das Rückgrat gebrochen hatte oder Ähnliches, doch als er letztendlich über das Laub schlitterte, brach lediglich sein Brustpanzer entzwei. Toras Fächer flog noch etwas weiter, nachdem er den Widerstand umgenietet hatte, und landete irgendwo in den Bäumen, während der Genin eine Hand auf seine Brustwunde drückte und keuchend atmete. Seine gesamte Kraft war in dem Wurf gelegen, die Kraft, mit der er beinahe einen ausgewachsenen Baum umgenietet hatte. Er brauchte eine Weile, bis er wieder aus dem Röcheln kam und aufblicken konnte. Während er sich mit seiner fessellosen Hand die schwitzigen Haare aus dem Gesicht strich, fiel sein Blick auf Lilia, welche ihn regelrecht entsetzt anstarrte.
"Ich...", setzte er an, musste abbrechen, um noch einmal kräftig zu keuchen, und fuhr dann weiter,
"Ich glaube, in Anbetracht der Tatsache, dass dieser Mann zwei Schwerter bei sich trägt, könnte man ihn als Schwertkämpfer bezeichnen. Ich glaube weiterhin, dass ich seinen Namen vergessen habe. Keine Ahnung, wie er hieß. Muss wohl namenlos sein." Lilias Miene zeigte Unverständnis, doch als Teysaru sie relativ sanft mit sich zog, sich bückte und eines der Schwerter Makotos aufhob, um damit ihre Fessel zu durchtrennen, schien sich soetwas wie Begreifen in ihre Züge zu schleichen.
"Das Schwert des Schwertkämpfers, der eindeutig versucht hat Unschuldige zu ermorden, ist in unserem Besitz. Wir sollten nun nach Soragakure zurückkehren und unsere Belohnung abholen. Viel Erfolg, Lilia. An deiner Stelle würde ich mich anziehen und diesen Mann nach Zhang bringen, bestimmt bekommst du eine Belohnung dafür, dass du den namenlosen Schwertkämpfer, dessen Gesicht noch nie jemand gesehen hat , eingefangen hast. Yumi, Tora, lasst uns gehen." Hatte er sich richtig entschieden? Die junge Frau nickte eifrig, lächelnd, während ihr Tränen in die Augen stiegen, doch er beachtete sie nicht. Stumm stapfte er durch den Wald, und erst als das Adrenalin in seinen Adern zurückging und er auf der Klinge die Spuren seines eigenes Blutes betrachtete, wurde ihm klar, was er eigentlich getan hatte. Indem er den zweifelsohne tyrannischen Meister der Iga Ryu Kenjutsu-Schule als den namenlosen Schwertkämpfer ausgab und es Lilia freistellte, ihm ihre Rüstung anzuziehen und ihn auszuliefern, oder ihn hier und jetzt auf der Lichtung hinzurichten, hatte er vielleicht einen gewaltigen Fehler gemacht. Wenn herauskam, dass er durch seine Entscheidung zugunsten Lilias gehandelt hatte, würde das ziemlich sicher eine saftige Strafe geben. Doch irgendein anderer Entschluss kam für ihn einfach nicht in Frage. Zudem hatten die Typen aus der Dorfverwaltung sicher nicht allzu genau darauf geachtet, welches Schwert der berüchtigte Schwertkämpfer mit sich führte, oder? Sofern ihn weder Tora noch Yumi verpetzten, hatten sie die Mission also absolut erfolgreich absolviert. Und dieses Risiko war er jederzeit bereit, einzugehen. Tja. So war er eben. Yotuishe Teysaru, ein tollpatschiger Affe voller nerviger Schwächen, aber manchmal so verdammt heldenhaft, dass man Regenbögen kotzen mochte...Deshalb würde er auch für seine Freundin kuschen und ihr nach Affenart den Fächer aus den Ästen angeln, wo er ihn in seinem grenzenlosen Geschick hinbefördert hatte. Menno.
~Missionsende~