Nahezu schon machtlos wich Souta den Angriffen seines Gegners zurück, spielte so auf Zeit. Er brauchte ein Kunai, dringend! Selbst eine andere Waffe würde es schon tun, solange er sich damit verteidigen konnte. Doch je weiter ihn die Messerstiche zurückwarfen, desto unwahrscheinlicher wurde es auch, dass er es bekam. Die Augen des Taijutsukas fixierten sich lediglich auf den Anführer der Verbrecher - eine Ablenkung konnte er sich nicht erlauben. Der Fremde war zwar kein Shinobi, doch seine Angriffe kamen schnell und überraschend. Er bediente sich keines Musters, an das sich Souta hätte gewöhnen können, und zielte im Gegensatz zu seinen Untergebenen auf ein schnelles, effektives Ende ab. Und so wusste letzterer nicht, wie es um Hoko bestellt war, hoffte jedoch aus blankem Unwillen, etwas anderes zu glauben, das Beste:
"Er muss zu stark beschäftigt sein!"
Als auch Daichi schließlich aus seinem Blickfeld verschwunden war, war es so, als existierten nur noch Souta und sein Gegner. Er, sein Gegner und natürlich die flammenden Wände, denen sie sich immer stärker näherte. Wenn er weiterhin nur passiv kämpfte, wäre es das bald für den Genin gewesen, das erkannte auch der Unbekannte, vielleicht zielte er gar genau darauf.
"Jahrelange Ausbildung und keine Ahnung, was du tun sollst.", spottete dieser und traf damit ins Schwarze. Souta musste sich etwas einfallen lassen, sofort! Ausweichen war schön und gut, aber den Angriff abwehren, vielleicht ja sogar kontern, das war seine einzige Option. Vielleicht ja...
Plötzlich bildete sich ein siegessicheres Lächeln auf den Lippen des Jungen.
"Ausweichen, abwehren, kontern." Wieso sollte er das getrennt sehen? Wieso in Alternativen denken? Sein Kampfstil war nicht so starrsinnig, als dass er nur auf eine dieser Möglichkeiten zurückgreifen konnte, also durfte Souta auch nicht in solchen Mustern denken. Er würde von all diesen Optionen Gebrauch machen, sie kombinieren! Das, was diesen Stil tatsächlich ausmachte, war seine Flexibilität - die Fähigkeit, in den ungewöhnlichsten Situationen die ungewöhnlichsten Ideen hervorzubringen.
"Zeit, dir die wahre Stärke des Tawamura na Kodomo zu zeigen!"
Und somit wartete der Junge den nächsten Angriff seines Gegners ab. Gerade rechtzeitig reagierte er, machte einen Schritt nach links und ließ sich dort dann schließlich wie ein Brett zu Boden fallen, den Schmerz des Aufpralls ignorierend.
"Ausweichen!"
Dann musste es schnell gehen: Seine Hände wanderten auf seinen eigenen Stiefel zu - die Geheimwaffe in seinem Plan! Er lockerte die Schlaufen und zog ihn dann schließlich aus, bevor der Verbrecher endlich reagierte. Dieser kniete sich leicht hin, während er versuchte, mit dem Messer auf den Jungen einzustechen. Sich auf den Rücken einrollend, begab Souta sich in eine Kerze, ehe er nach oben absprang, dabei über den Arm des Mannes flog und schließlich seitlich stehend vor ihm landete. Der Bruchteil einer Sekunde, nicht mehr war nötig, bevor er sich leicht rausdrehte, um den Stiefel, den er in der rechten Hand trug, gegen die scharfe Klinge seines Gegners zu stoßen, die sich im Material des Schuhs verfing.
"Abwehren!"
Dann musste es schnell gehen! Mit einem Ruck zog Souta seinen Stiefel wieder weg und warf ihn in die Flammen, die Waffe seines Gegners gleich mit. Auf die Entwaffnung hin ließ sich Souta schließlich wieder zu Boden fallen, dieses Mal jedoch mit der Vorderseite voran, und was noch viel wichtiger war: Dieses Mal fing er sich mit seinen Händen ab, die seinen Körper fortan halten würden. Nachdem er seine Beine möglichst nach herangezogen hatte, schoss er sie in einem Ruck nach hinten, trat dem Mann gegen beide Schienbeine und ließ ihn so zu Boden fallen. Den runterfallenden Kopf umklammerte er mit den Füßen, beschleunigte den Fall somit nicht nur, sondern schmetterte den Kopf zu Boden - das
Setsuna Igaisa.
"Kontern!"
Ein schneller Sprung nach vorne und er stand seinem Kontrahenten schließlich wieder gegenüber. Am Boden liegend, scheinbar bewusstlos und mit einer blutüberströmten, gebrochenen Nase. Souta selbst war am keuschen und schwitzte. Der Kampf, das Ausweichen und sein letztes Manöver hatten ihn ganz schön außer Atem gebracht, während das Feuer sengend heiß den Platz erhitzte. Mit seinem Unterarm wischte er sich über seine Stirn - um im nächsten Moment die Faust seines Gegners im Gesicht zu spüren und einige Meter weit nach hinten geschleudert zu werden. Dieser verschwendete erst gar nicht seine Zeit damit, sich selbst das Blut aus dem Gesicht zu wischen, sondern hob seine beiden Fäuste und ging in Stellung.
"Ich habe meine Waffe verloren, na und? Im Gegensatz zu dir und euch anderen Kindern, die sich Shinobi nennen, besitze ich Erfahrung. Viel mehr als ihr alle zusammen, das kann auch euer Einsatz von Chakra nicht wettmachen. Du lässt deine Deckung fallen, wenn du glaubst gewonnen zu haben, ich hingegen bin immer auf der Hut." Der Unbekannte spuckte große Töne; sollte er doch erstmal beweisen, ob er denen gerecht wurde. Sich langsam von dem überraschenden Angriff erholend, stand der Junge jedoch wieder auf. Es war nicht so einfach, wie er gedacht hatte, doch das änderte nichts, Zeit für Runde 2!
"Komm doch her, rette deine Freundin!" Er sah zu Kimiko, in seinem Blick die Drohung weiterer Gewalt.
"Ich hab gesagt, du sollst sie in Ruhe lassen!" Souta schrie laut, mit starker Stimme. Die Wut, die er auf seinen Gegner aufgebaut hatte, deutlich erkennbar. Ohne nachzudenken, seinen nächsten Schritt zu planen, rannte er auf seinen Gegner zu - bevor sich dieser Kimiko nähern, ihr etwas tun würde - und wurde überwältigt. Mit einer kurzen Bewegung hatte der Mann ihn zu Boden geworfen, seinen Schuh auf Soutas Hals drückend, wenngleich noch so schwach, dass diesem nicht die Luft abgeschnitten wurde.
"Ein ernstzunehmender Gegner hätte sich nie so provozieren lassen." Nach einem kurzen Griff unter seine Kleidung zog der Verbrecher zwei kleine Wurfmesser hervor, warf sie auf den ausgebreiteten Mantel des Jungen. Damit hatte er ihn festgenagelt.
"Ein ernstzunehmder Gegner hat auch immer Ersatzwaffen dabei. Nicht wie ein kleines Kind, das sein Kunai verloren hat und keinen Ersatz dafür findet." Dann verstärkte er den Druck auf Soutas Hals, nicht mehr lange, bis er es beenden würde. Dort oben thronte er, hielt den Genin eisern unter sich.
"Ich habe bereits gekämpft, als keiner von euch geboren war. Ich bin euch allen in so vielen Bereichen überlegen, habe viel mehr trainiert, bin erfahrener, klüger, aber dennoch stellt ihr Shinobi mich und meine Männer in den Schatten. Und weißt du, warum? Chakra. Chakra und Bluterben, mit denen euch das Glück gesegnet hat. Ihr seid in der Falle und habt ein Problem? Dann nutzt ihr einfach irgendeines eurer schicken Jutsu und schon ist alles gelöst. Doch dieses Mal nicht. Dieses Mal haben wir gewonnen. Diese ganze Mission, die eingestürzte Brücke, war von uns inszeniert!"
"...Was?"
"Es gab keine Brücke, wir haben die Verwaltung reingelegt, um euch herauszulocken. Eine handvoll Ninja, die wir überfallen konnten, die wir entführen. Und weißt du, was wir mit euch machen werden? Wir nehmen euch euer Chakra, dir und deiner Freundin das Bluterbe und dem weißhaarigen Jungen seine geheimsten Techniken. Das Rothaar und der Wildlingsjunge? Die werden als Versuchskaninchen dienen, ehe wir wissen, wie man Chakra überträgt. Dann... entsorgen wir euch."
Und damit sollte es ein Ende finden. Der Mann mit den roten Augen verstärkte schließlich den Druck, schnürte Souta Luft- und Blutzufuhr ab... Und seine Reaktion? Erneut, wie auch vorhin, ein Lächeln. Mit den Händen packte er den Schuh des Mannes, bevor ein Knie schießlich in Richtung seiner Brust zischte und damit im Bein des Mannes landete. Kurz geriet dieser dadurch ins Wanken, der perfekte Moment.
"Verzeih mir, Shugo."
"Es muss ein. Mach es!"
Mit einem Ruck löste sich Soutas Oberkörper vom Boden, die Messer zerrissen dabei den Stoff des Mantels, und dann warf er den Mann nach hinten. Im nächsten Moment sprang er ihm nach.
"Die wahre Stärke des Tawamura na Kodomo!", rief er in der Luft,
"Ist in jeder Situation die passende Antwort zu finden! Kyōryoku na Chōyaku!" Beide Beine anziehen, sich über dem Gegner positionieren und dann mit voller Wucht in seinem Gesicht landen und ihn zu Boden reißen! Mit einem lauten Knall kam dessen Hinterkopf zuerst auf, gefolgt von Souta, der auf ihm stand.
Dann beruhigte sich langsam alles, endlich konnte Souta sich Zeit für das nehmen, was um ihn herum geschah. Die Flammen waren dicht, doch Hoko hatte seinen Kampf gewonnen. Aus der Gasse, in die Daichi vorhin entschwunden war, kam schließlich ebenjener, angesengt und angeschlagen. Doch letzteres waren wohl alle. Und Kimiko war gerettet. Nur eine spezielle Person fehlte noch, schlich sich geradewegs vom Platz, nun, wo seine Kameraden verloren hatten. Souta passte ihn ab, den feigen Händler, fing ihn ein und drückte ihn dann mit dem Gesicht voran zu Boden.
"Halt, halt, es ist nicht so, wie ihr denkt!", versank Kiyobu in Ausflüchten.
"Wir haben dir vertraut, uns auf dich verlassen. Aber du hast uns verraten..." Souta war wütend, aber resignierte gleichermaßen.
"Sie hatten mir gedroht. Sie hätten mich getötet!" "Wie lange schon?" "Na ja, also" "Wie lange?!" "Von Anfang an.
In Souta staute sich dieses eine, schreckliche Bedürfnis auf, das Gleiche wie letzte Nacht, wie zuvor beim Mann, den er blutig geprügelt hatte. Er hätte sich gewünscht, dass Shugo nun einschritt. Ihm sagte, was Richtig und was Falsch war. Doch das war nun seine Aufgabe. Er dachte an den jungen Mann, die Schuld, die er empfand. Nein, noch einmal wollte er das nicht zulassen.
"Steh auf." Und dabei half er ihm.
"Warum hast du dich nicht an uns gewandt? Wir hätten dich beschützt." "Das hättet ihr nicht gekonnt. Genausowenig wie ursprünglich das Mädchen oder den anderen Jungen. Die beiden durften überleben. Aber ich wäre längst tot"
Damit war es dann vorbei. Die Gegner waren besiegt und die Mission, da die Brücke nie tatsächlich eingestürzt war, beendet. Der Ort kümmerte sich bald darauf darum, den Brand zu löschen, Kiyobu führte die Genin an den Ort, an dem Benjiro gefangengehalten worden war und die Truppe war somit wieder vereint. Alle waren erschöpft, niemand hatte wirklich die Angebote der Stadt genutzt. Was da das nächste Ziel war, bevor sie sich alle wieder auf den Weg nach Shirogakure machen würden, war wohl klar. Natürlich erst nachdem die Dorfverwaltung informiert wurde, denn die Verbrecherbande, als auch Kiyobu mussten ihrer Strafe zugeführt werden.
Souta sah sich noch ein letztes Mal auf dem Platz um, bevor all das geschehen würde. Dann riss er seine rechte Faust in die Höhe und schrie aus ganzem Herzen:
"WIR HAAABEN GEWOOOOONNEN!"
Mission abgeschlossen