Es war schön zu sehen, dass Dr. Morishita seine Arbeit so ernst nahm und sich auch außerhalb der Sitzungen mit den Klienten zu beschäftigen wusste. Das Blöde daran, dass er sie ausbeutete und sie danach wohl irgendwie fielen wie die Fliegen, war nur, dass Hebi ihm das nicht einmal übel nehmen konnte und wäre er derzeit nicht in einer Position, die von ihm verlangte, dass er jedem potentiellen Gesuchten dieser Mission den Gar ausmachen müsste, würde er sich vermutlich nicht einmal genieren, dem Psychologen eine Partnerschaft anzubieten, die natürlich darin bestand, dass der Examensbesitzer die ganze Arbeit machte und Hebi am Ende einen nicht gerade winzigen Teil des gewonnenen Betrags auszahlte.
"Und ich hab's mir gerade so gemütlich gemacht...", sprach das Rotauge zu sich selbst und legte den Kopf jeweils einmal auf die linke und rechte Schulter, woraufhin ein lautes Knacken ertönte. Auch das Überbeugen der Finger resultierte in einem solchen Laut. "Und eingerostet bin ich auch noch." Kaum war man mit Hisake unterwegs, artete das in Arbeit aus. So typisch. "Naja, irgendwann muss ich wieder reinkommen, richtig?" Die blutroten, ausdruckslosen Augen fixierten währenddessen die des Morishitas, der zwar ganz genau wusste, was nun mit ihm passieren würde, aber mehr von der Unbekümmertheit des Jungen geschockt war, als wegen dem, was ihn die nächsten paar Minuten erwarten würde. Er wusste ganz genau, was einen Menschen so denken und handeln ließ, sojemanden vor sich zu haben und ihm zum Opfer zu fallen, war jedoch noch einmal ganz etwas anderes. Theorie und Praxis lagen in diesem Fall so weit auseinander, dass er gar nicht so recht wusste, wie er darauf reagieren sollte. Natürlich wäre das alles kein Problem, sollte er eine solche Szenerie nur beobachten und ab und an seine Ratschläge dazu äußern können, aber im Moment war er leider auf der anderen Seite des Fensterglases und musste sich irgendwas anderes einfallen lassen, um die momentane Misere irgendwie zu umgehen oder so durchzustehen, dass die eigene Psyche heile blieb. Vielleicht würde es gar nicht so schlimm werden, redete er sich ein. Was konnte ein minderjähriger Junge schon anstellen, das ihn so sehr erschüttern würde, dass er alles ausplauderte? Um sich noch einmal ein kurzes Bild über ihn machen zu können, blickte er ihm entgegen, beobachtete wie er die Strickjacke auszog und aus einer seiner Hosentaschen ein paar Einweghandschuhe herausholte, zu ihm schaute. "Wäre ja irgendwie blöd, wenn du am Ende gar nichts mit den Morden zu tun hättest und man recht simpel herausfinden könnte, wer dich einfach so über den Bug geschossen hat." Ne, Quatsch. Eigentlich war es vollkommen egal, ob andere das herausfinden würden oder nicht. "Wobei...Vergiss, was ich eben erzählt habe. Wir sagen einfach, dass du einer der Mörder warst oder zumindest mit ihnen kooperiert hast, unseren Ermittlungen im Weg standest und sie sogar noch boykottieren wolltest." Wie Hebi darauf kam, musste er dem Doktor wahrscheinlich nicht extra erklären, hatte Hisake schließlich vor wenigen Minuten erst aufgedeckt, wie korrupt der gute Mann gegenüber seinem Klientel zu sein schien. Dennoch ließ der Psychiater nicht einfach so locker, zeigte nicht das kleinste Anzeichen von Unsicherheit, selbst wenn ihm gerade innerlich der Arsch auf Glatteis ging. "Als würden Sie damit durchkommen." Er würde einfach sämtliche Beweise vernichten lassen - beziehungsweise war das die Anweisung, die er seinem Personal gegeben hatte, sollte irgendwas von ihrem Betrug auffliegen. "Aber sicher doch. Wem glaubt man denn mehr? Den loyalen und engagierten Landmännern Soragakures, die immer wieder aufs Neue mit ihrem Leben dafür einstehen, irgendwelche beschissenen Leute dieser Gesellschaft zufriedenzustellen ooooder einem heuchlerischen Psycho-Doc, dem alle Testamente dieser Welt gewidmet worden und deren Besitzer sich danach auf einmal die Radieschen von unten ansehen? Siehst du den Fehler?" Außerdem war es ohnehin komisch, dass man seinem Psychologen Hab und Gut übertrug, so groß und ausladend Dankbarkeit auch sein könnte. Vielleicht konnte Hebi sowas aber nur nicht nachvollziehen, hatte er schließlich keine Ahnung davon, wie es sich anfühlte, einer Person dankbar zu sein, die nicht Sakkaku Hisake hieß. Auch Ingvis und Umikos Bemühungen, Taten und Handlungen nahm er stets als gegeben und selbstverständlich wahr und wenn er einem von dem beidem Danke sagte, dann nur, weil man das heutzutage wohl so machte, damit andere einem gewogen sind, wenngleich er beiden zutraute, keine Abhängigkeit von dem einen Wörtchen zu besitzen. Wäre gerade als Shinobi auch irgendwie wenig sinnbringend. Umso logischer also, dass er ihnen nicht einmal nach seinem Ableben beispielsweise Sparkys Leben anvertrauen würde.
Nun, der Sakkaku hatte auch nicht vor zu sterben und als Zeichen seiner Lebendigkeit trat er einen Schritt näher an den sitzenden Morishita heran. "Aufstehen." Wieder einmal so absolut und befehlslastig gesprochen, dass man wirklich das Gefühl bekommt, mit einer höhergestellten Person zu reden. Um es nicht noch schlimmer zu machen, stand der Doktor tatsächlich auf und positionierte such nun direkt vor dem Rotauge, blickte zu ihm herab, weil er größer war und hoffte, dass es irgendwie einschüchterte. Im Gesicht des Jungen regte sich daraufhin allerdings nichts. Absolut gar nichts. Er konnte nicht einmal in dessen Augen sehen, dass es ihn kümmerte, was gerade passierte, geschweige denn lesen, was in dem Kopf des Sechzehnjährigen gerade vor sich ging. "Ich hab eine Frage." "Hm?" "Warum machen Sie das alles? Sie machen im Gegensatz zu ihrem Bruder weniger den Eindruck, als würde sie der erfolgreiche Abschluss der Mission interessieren, mal davon ab, dass Sie weißgott niemand sind, der Soragakure tatsächlich loyal gegenübersteht." Nun, da hatte er nicht ganz Unrecht. Weder interessierte Hebi die Mission noch Soragakure selbst. Geld wäre ein möglicher Grund, aber das würde ihn nicht daran hindern, einfach ins Bett zu gehen, schließlich war er immer noch totmüde. Die Antwort verbarg sich jedoch bereits in Dr. Morishitas Frage selbst: Sein Bruder. Hebi lag etwas an Hisake und wenn er diesem dabei helfen konnte, endlich wieder ein anständiges Leben zu führen, ihm dabei helfen konnte, dass es ihm wieder besser ging, stellte er nur allzu gern seine eigenen Bedürfnisse hinten an, um ihm unter die Arme zu greifen. Das konnte das Rotauge dem Psychiater jedoch nicht so unter die Nase reiben. Der würde das sicher nur gegen sie verwenden, obgleich es zumindest Hebi scheißegal ist, was der zu ihrer Beziehung sagt oder davon hält, solange er Hisake nicht beleidigte. Aber damit würde er sich eigentlich nur selbst wehtun, war doch offensichtlich, dass der Ältere der beiden Sakkaku den größeren Hang zu Schmerzen aller Art hatte, wenn man sich allein die vernarbten Arme anschaute, die man zu sehen bekam, als er die Ärmel seines Hemdes hochkrempelte. "Von irgendwas muss der geneigte Shinobi ja leben. Und wenn er dafür Leute foltern und töten muss, ist das eben so. Geld ist Geld - scheißegal, auf welche Weise es verdient wird. Davon kannst auch du uns ein Lied singen." Genug von diesem scheiß Geplänkel. Hebi hatte seiner Meinung nach schon genug Zeit verplempert und noch weiter auf das, was nun kommen würde, vorbereiten, würde er den Mann ganz sicher nicht.
Er ging einen Schritt zurück und trat ihm fast schon nebenher so stark gegen das Schienbein, dass der Morishita mit weit aufgerissenen Augen nach vorne umkippte und mit der Nase voran auf dem Boden aufschlug, sich auf den Rücken drehte und sich das blutende Gesicht hielt. Der Sakkaku nahm das unterdessen als Aufforderung wahr, sich einfach mit dem Hinterm voran auf den Bauch des Mannes fallen zu lassen, was in etwa einem Schlag in die Magengrube gleichkam und den am Boden Liegenden hat schmerzhaft aufstöhnen lassen. "Entschuldige, ich muss wohl ausgerutscht sein." Er war manchmal aber auch ein Tollpatsch.
Jetzt musste er allerdings überlegen, wie er hier was anstellte. Natürlich hatte Hebi haufenweise Ideen, aber dadurch, dass er nicht wusste, ob die Schreie nach außen dringen würden, konnte er fast alle davon vergessen. Ob er davon ausgehen kann, dass die Wände schalldicht waren, weil auch niemand von außerhalb des Raumes mitbekommen sollte, wenn hier drinnen jemand während normaler Sitzungen einen Nervenzusammenbruch erlitt? Machte in Hebis Kopf jedenfalls Sinn. Sein Blick wanderte zu Hisake. "Normalerweise bevorzuge ich ja Spontanität, aber in diesem Fall wirkt sich die Scheiße eher negativ aus. Sag das nächste Mal bitte früher Bescheid, wenn du sowas planst, ja?" Die Hand glitt unterdessen mitsamt Handschuhen und Kleidung unter die Rippen seines Opfers, es konnte fast schon spüren, wie sich Hebis kurzen Nägel durch das Hemd hindurch in die Haut bohrten, einen ekelhaften Schmerz hervorriefen, der es kurz laut aufschreien ließ. Der Sakkaku bohrte noch ein wenig herum, bekam aber irgendwie einfach keine "bequeme" Haltung mit der Rechten hin, das Geschrei betäubte ihm halb die Ohren, selbst wenn das nun bedeutete, dass tatsächlich keine Laute nach draußen drangen. "Nah, so wird das nichts.", sagte Hebi schlussendlich und verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf schief, schaute den Morishita überlegend an. "Vielleicht ein Ohr..." Nein, so machte das alles überhaupt gar keinen Spaß. Folter machte man nicht mal eben so. Das brauchte Zeit zur Vorbereitung, sowohl psychisch als auch von den Werkzeugen her. Man musste das mit Hingabe machen und nicht, weil es gerade gewollt wurde. Irgendwie konnte er es so nicht einmal genießen, was zu großen Teilen aber auch seiner Müdigkeit zu schulden war. Was ist das nur für ein Leben, in welchem Leuteknechten keine Unterhaltung brachte? Dann eben weiter mit dem Rippenkneifer...
"ARRRGHI-ICH REDE JA SCHON!" Oh, sehr schön. Erst mal dem armen Mann ein wenig Luft gönnen, sonst würden sie wahrscheinlich nicht verstehen, was der sagte. Von ihm runtergehen, tat Hebi jedoch nicht. Am Ende veranstaltete der noch irgendwelche Sperenzchen. "Das...Das Paar hat sich oft gestritten un-" "Und ist sich fremdgegangen, haben Beziehungspausen eingelegt, blablabla. Das wissen wir bereits. Was steckt dahinter?" "W-woher...?" "Ich habe gefragt, was dahintersteckt.", fragte Hebi mit Nachdruck in der Stimme und bewegte einmal kurz die Finger an den Rippen Morishitas, um ihn noch einmal daran zu erinnern, was passierte, wenn er bei diesem Frage- Antwortspiel nicht mitmachte. "Ich habe ihnen aufgetragen, diese Pausen einzulegen, die letztlich dafür gesorgt haben, dass sie sich mehr und mehr entfremdeten. Während er sich dann weiter mit anderen Frauen getroffen hat, traf sie sich mit einer Freundin, um sich auszutauschen, weil sie ebenfalls einige Probleme mit ihrem Mann hatte." Moment. Hatte? Freundin? Woher wusste der Morishita das denn jetzt? Entweder hatte Mitsuki ihm das selbst erzählt oder... "Ist die andere Frau ebenfalls eine Klientin von dir, oder was? Wenn ja, wie heißt die Trulla?" Shit. Um Nein zu sagen, war es nun zu spät. Er hatte sich verplappert und es gäbe nun kein Zurück mehr. "Gomakashi Naomi" Wer oder was das war, wusste Hebi nicht. Der hatte das kleine Gespräch zwischen ihr und Hisake vorhin nicht mitbekommen. "Und was hatte die schon wieder für Probleme mit ihrem Mann?" Sollte er es ihnen erzählen? Eigentlich hatte ihre Geschichte wenig bis gar nichts mit den Mordfällen der beiden zu tun. Auf der anderen Seite... wenn er sich nun als besonders kooperativ herausstellte, ließen sie ihn vielleicht eher von der Angel.
Er fasste den Entschluss, sie aufzuklären. Über die Geschichte Naomis. Und vielleicht mit ein paar kleinen Extras, die nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Er ließ sie doch nicht machen, was sie wollten, ohne sich dafür zu rächen! "Sie war mit ihrem Mann zwar sehr lange verheiratet und soweit ich weiß, ist sie ihm nie fremdgegangen, hatte allerdings aber auch nie die Chance dazu. Er hatte sie zu Hause eingesperrt, damit sie nicht ausging, öfter auch im Schrank - in der Befürchtung, sie könne aus dem Fenster steigen und flüchten, obwohl sie dafür eigentlich viel zu viel Angst vor ihm hatte, weil er sie auch mit Regelmäßigkeit geschlagen hatte." Irgendwie erinnerte der Teil mit dem Schrank und den Schlägen Hebi an seine und Hisakes Kindheit. Die hatte fast genauso ausgehen, nur etwas brutaler. "Und über was haben sich die beiden Weiber ausgetauscht? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, verdammte Scheiße." "Ich weiß es nicht. Wirklich!", antwortete der Doktor panisch, aus Angst, man könne ihn weiterfoltern. "Was ist dann mit dem Schlägermann passiert? Ist der abgehauen, weil sie ihm zu langweilig wurde?" "Verstorben." Hä? Wieso verrecken hier denn alle? "Woran?"
Ha, jetzt war seine Zeit gekommen. Sollten sie doch mal zeigen, ob sie nun Lüge von Wahrheit, Mission von Alltag unterscheiden könnten. Er würde es ihnen garantiert nicht sagen. "Ermordet. Passanten hatten ihn vergoldet an einem Wanderweg stehend gefunden. Sie dachten erst, jemand wollte einen Scherz machen und hat eine Figur hingestellt. Und als sie dann näher heran sind...
Die genauen Details kenne ich allerdings nicht! Ich weiß nur, dass er eine groteske Pose eingenommen und Gerüchten zufolge ebenfalls eine Fratze aufgezogen haben muss." Es wurde kurioser und kurioser. Wieso erzählte er es ihnen jetzt erst? Weil er davon ausging, dass sie das eh bereits wussten? Hebi rätselte. Entweder der Mann log oder man hatte dem Sakkaku Informationen unterschlagen. Beides konnte er sich gut vorstellen, entschied sich letztlich allerdings für das Unterschlagen der Informationen, da er so wenig über die Mission selbst wusste, dass es die Schuld der Verwaltung sein musste, das etwas mal wieder verlorenging. Allerdings könnte das auch passiert sein, als sie sich auf dem Weg nach Amegakure befanden und es nicht hätten mitbekommen können. "Weißt du irgendwas davon?", fragte Hebi an Hisake gewandt, der das eigentlich wissen müsste, wartete die Antwort ab und richtete das Wort dann wieder an den Morishita. "Seit wann ist er denn tot?" Der Psychologe müsste nun ganz genau darauf achten, was er sagte. Die beiden waren bereit, jedes einzelne Wort herumzudrehen und ihm zum Verhängnis zu machen, das wusste er. Shinobi waren schreckliche Menschen. Viel schrecklicher als er es jemals sein könnte. Bildete er sich ein.