Katarite
Erzähler
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"Nein." Hisake zog den roten Schal fest um seinen Hals, rieb sich mit den nackten Fingern kurz die Augen, bevor er sie wieder in die dünnen, schwarzen Handschuhe gleiten ließ. "Die Gassen sind ein Präsentierteller." Dann stieß er ein unterdrücktes Gähnen aus, presste den Kiefer gewaltsam zusammen und bedeckte seinen Mund mit dem dunklen Stoff, der seine Hand ummantelte. Zurück an die Arbeit bedeutete in diesem Moment einen kleinen Rückfall in alte Laster und Muster. Das Restaurant war eine willkommene Abwechslung gewesen, doch wieder zurück zur Verfolgung des Auftrages zu können, war eine Erleichterung. So wie man dem jungen Sakkaku seine Erschöpftheit und dem älteren seine Gleichgültigkeit gegenüber der Masse ansehen konnte, erkannte man in den Blicken der zahllosen Menschen eine ähnliche Leere. In der industrialisierten Großstadt war alles anonym und automatisiert. Die Menschen sprachen nicht miteinander, während sie auf den Boden blickten, entschuldigten sich nicht, wenn sie sich hier anrempelten und gingen ihrem täglichen, tristen Rhythmus nach. Inzwischen sah Hisake nicht mal mehr Gesichter, wenn er sich durch die großen Massen des Feierabends quetschte. Es waren gesichtslose, graue Anzüge, die sich aneinander vorbei drängelten. Hisake und Hebi waren dabei nur zwei von vielen. "Das mit Subaru wusste ich nicht. War nur gut geraten.", gestand er trivial. "Dass du Asahina bereits für dich gewonnen hast, ist ausgezeichnet. Unerwartet... wobei. Wir denken ähnlicher, als wir manchmal glauben." So offen über solche Themen zu sprechen war dumm. Naiv. Nicht aber, wenn es lediglich zwei weitere graue Anzüge waren, die sich in das laute Wirrwarr der anderen einreihten. Hier in der riesigen Menschenmenge, unter zahlreichen Leuten, die ihnen alle zuhören konnten, würde ihnen niemand zuhören. Von all den Menschen war hier niemand ein Mensch. "Hiyori... ich kenne nur den Namen. Aber wenn sie nie zu einer offiziellen Kunoichi wird..." Hisake lächelte seinen Bruder triumphierend an. "Scheint es, als hätten wir unsere eigene Königin." Und so würde der morgige Tag einer der interessantesten in ihrem jungen Leben werden. Den weiteren Weg hüllten die beiden sich in Schweigen. Weiterer Bedarf zum Reden würde später noch entstehen. Spätestens nach der Beerdigung, frühestens nach wenigen Momenten, sobald sie auf den anderen Teil des Teams trafen - oder eben nicht. Einige Momente stellten sich im Endeffekt als eine ungefähre halbe Stunde heraus. Kurz bevor sie beim Gebäude ankamen, in dem sich das verlassene Büro befand, mussten sie nun doch in die einsamen Gassen, wenn man sie so nennen wollte. Die meisten Menschen kamen aus eben jener Richtung, in die die beiden Sakkaku gegangen waren, weshalb im Gegensatz zum restlichen Teil des Dorfes eine angenehme Leere vorherrschte. Die kleinen Winkelgassen, umschlossen von viel riesigeren Wolkenkratzern, waren demnach ein Ort der Kriminalität oder zumindest Einsamkeit. "Na los!", unterbrach eine junge Stimme die Ruhe, gefolgt von leisem Wimmern. Hunde, zwei. "Mach endlich Sitz, du dämlicher Köter!" Hisake verlangsamte seinen Schritt, um nicht gehört zu werden, lugte leicht um eine Ecke und erspähte dort eine junges Kind. Zehn Jahre alt vielleicht, in eine verdreckte Hose und ein weißes Unterhemd gekleidet, das vom Regen durchnässt und mit Schlamm getränkt war. Seine Haare waren Rot wie ein Rubin, zerzaust. Das Kind drückte den linken Hund vor ihm zu Boden, indem es ihn an den Schultern griff und presste. "Geht doch, Taka!", schnaufte es wütend, als wollte es unbedingt Autorität erzeugen. "Und jetzt du, Hebi!" Als besagtes Tier selbst auf das Pressen nur mit Jaulen reagierte, antwortete der Junge mit einem Tritt. Ohne Skrupel, nahezu schon nebensächlich, trat er nach und zielte dabei auf den Magen des braunen Pitbulls. Der wimmernde Vierbeiner schlitterte über den harten Asphalt. "Wenn du nicht hörst, hast du halt Pech gehabt!" Hisake sah kurz zu seinem Bruder. "Wie ich später über die Menschen herrschen möchte? Eine kleine Idee. Noch vollkommen unausgereift. Ich zeig sie dir.", flüsterte er. Dann schloss er mehrere Fingerzeichen. Vogel. Drache. Schlange. Vogel. Schaf. Es dauerte nur wenige Sekunden, in denen der Junge, in seiner Größe bald stark über Hisake hinausragend, versuchte, weiter seine Tiere zu befehligen. Dann hielt er plötzlich ein. Mitten in der Bewegung zum dritten Tritt verharrte er in einer Schreckstarre. Vor Schock flüchtete er sich mit langsamen Schritten nach hinten, die Hunde nicht aus den Augen lassend. "Was... Was ist mit euch...", fragte er verängstigt. Diese Angst vermischte sich mit Zorn: "Was zum Teufel ist mit euch?! Ihr verdammten Teufelsviecher!" Doch er ging weiter zurück, stieß direkt in Hebi und Hisake, die leicht in die Gasse geschritten waren. Vor Angst drehte er sich um, taumelte zurück und fiel zu Boden, mit den Händen im Asphalt. Vor kaltem Entsetzen blickte er bleich in ihre Gesichter. "Eure... Augen... eure Köpfe... ihr... WAS SEID IHR?!" Und im nächsten Moment sprang er auf, im Wahn, voller Aggression und mit der einfachen Absicht, sich vor den beiden Kreaturen zu verteidigen...
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Geschrieben von Yamasaru Souta
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Geschrieben von Yamasaru Souta