Bevor Izanami zu sprechen begann, verwandelte sich auch Saisho mithilfe des Henges in einen kleinen Jungen, welcher ca. so groß war wie Haruka es im Moment selbst war, siehe alles andere als groß. Doch egal wie lange Haruka den Jungen ansah, sie konnte nicht die geringste Verbindung zu ihm und Saisho aufbauen, denn er schien weder zum Hyuuga Clan zu gehören, noch glaubte Haruka ernsthaft daran, dass Saisho sich mit eigentlich niemandem befreundete außer mit einem Jungen, der ca. 6 Jahre jünger als er selbst sein müsste. Zu gerne hätte sie gewusst, wer dieser fremde Kleine war, vielleicht kannte ihr Bruder ihn ja, aber auch dass bezweifelte Haruka stark.
Ihre Neugierde verschob sie auf später, denn nun galt es die Aufmerksamkeit wieder der Jounin zu schenken, welche den Genin nun die Erlaubnis gab, sich wieder zurück zu verwandeln. Danach fuhr sie mit ihrer Erklärung des zweiten Teiles der Aufgabe fort.
…jede der nun verwandelten Izanamis hat eine Information bei sich, natürlich nur in ihrem Kopf, an die ihr rankommen müsst, sprich ihr müsst die Information aus ihr herausquetschen. Dafür gibt es schlichtweg nur einen einzigen Weg... Folter!
Schon am Anfang des Satzes wurde Haruka zunehmend unruhig. Immer mehr machten sich Befürchtungen in ihr breit, denn es war ja schließlich offensichtlich, dass sie nicht hier hergekommen waren um mit der wichtigsten Person des eigenen Lebens ein Teestündchen zu halten, zudem die wichtige Person auch nur ein Doppelgänger war.
Doch als das Satzende erreicht war sprach Izanami genau das aus, was Haruka die ganze Zeit über versucht hatte als Möglichkeit zu verdrängen. Zwar gab es noch ein paar andere sehr unschöne Möglichkeiten, doch foltern war wohl genau das, was Haruka am schwersten Fallen würde.
Für sie war die Situation Abstrus, denn schließlich würde sie für ihren kleinen Bruder ihr Leben opfern und käme nicht einmal im Traum darauf, ihn zu verletzten. Klar, ein paar Raufereien waren alltäglich, doch dass hatte nichts mit Folter zu tun. Die Nara schluckte.
Okay, es ist nur ein Doppelgänger Haruka, nur ein verdammter Doppelgänger! Er hat nichts mit deinem Bruder zu tun, rein gar nichts, er sieht nur wie er aus. NA TOLL! Reiß dich zusammen Haruka! Schlimmer kann es eh nicht mehr kommen, oder doch?
Und es konnte schlimmer kommen, nämlich wiederum durch die Worte von Izanami.
Im Übrigen, eine der verwandelten Izanamis von gerade war die echte, ich selbst bin nur eine Doppelgängerin.
Haruka hätte am liebsten gesagt, dass sie das ganze für eine dämliche Idee hielt und da nicht mitmachen würde, aber dass konnte sie nun wirklich nicht. Nicht nur, dass sie sich dadurch wahrscheinlich vor den anderen blamieren würde, sonder auch, da sie sich in gewisser Weise in ihrer Ehre gekränkt fühlte. Traute man ihr nicht zu, dass sie andere Menschen foltern konnte und wollte man es deswegen auf die extremste Art und Weise austesten? Oder war das ganze nur eine Prüfung um zu sehen, ob die Genin wirklich soweit gehen würden und die wichtigsten Menschen in ihrem Leben foltern würden?
Bevor Haruka weiter vorging, löste sie ihr Henge auf und stand nun wieder in ihrer normalen Gestalt da und betrachtete die Illusion ihres kleinen, gefesselten Bruders eingehend.
Hätte ich das Henge nur ein bisschen schlechter gemacht, sodass es nicht ganz wie mein Bruder aussieht, währe die Sache leichter…
Seufzte Haruka kurz, bevor sie wie die anderen zwei zu ihrem „Opfer“, das ihr eigentlich das wichtigste in ihrem Leben war, hinging. Während jedem Schritt, mit welchem sie ihrem Bruder näher kam, redete sie sich aufs neue ein, nur eine Illusion vor sich zu haben, doch sie wusste auch mit jedem Schritt, dass es schwer werden würde, zumindest für sie. Selbst wenn sie es schaffen würde, sich einzureden eine Illusion vor sich zu haben, so gab es schließlich immer noch die Möglichkeit, dass Izanami-sensei sich ausgerechnet in ihren kleinen Bruder verwandelt hatte und das würde ihre ganze Mühe der Selbstüberzeugung zerstören.
Sie kam gut ein zwei Meter vor dem Felsen zum stehen, atmete noch einmal tief ein und machte dann noch einen Schritt, sodass sie kurz vor dem ‚etwas’, was wie ihr Bruder aussah, stand. Alles in allem wirkte die Nara kühler als zuvor, was aber auch nur so aussah. In Wahrheit suchte sie gerade nach irgendeinem Grund, irgendeiner Regel, welche ihr wenigstens Erlaubte die Person, ob nun Illusion oder Izanami, zu quälen, sodass sie sich nicht so sehr unmenschlich vorkam wie sie es sich vorkommen würde ohne Grund. Wenn sie auch nur eine Regel finden würde, die ihr handeln bestätigen könnte, auf irgendeine Weise, währe es vielleicht etwas beruhigender, auch wenn es dadurch nicht weniger schlimm wurde. Und dann fand sie etwas durchaus Hilfreiches.
Regel Nummer 25: ein Shinobi zeigt niemals seine Gefühle, egal was ihm auch passiert. Gefühle bedeuten Schwäche, sie vernebeln das Urteilsvermögen und mindern das Pflichtbewusstsein.
Na also, solange ich eine Kunoichi bin erlaubt mir die Regel meine Gefühle zurückzustellen, dass heißt man darf seine Gefühle nicht zeigen und das wiederum gibt mir doch irgendwie das recht meinen Bruder, nein die Illusion von ihm, zu quälen!
Haruka schluckte noch einmal, bevor sie sich vor die gefesselte Person oder Izanami-sensei kniete und der Illusion ihres Bruders ernst in die Augen sah. Noch einmal konzentrierte sie sich, alles was sie an ihrem Bruder liebte zu vergessen, was selbstverständlich nicht wirklich gelang und begann zu sprechen.
„So, ich will bevor ich beginne anmerken, dass ich nicht viel von Folter halte und dass ich es auch nur im Ernstfall tun würde. Besonders in dieser Situation denke ich nicht, dass ich die Person, für die ich mein Leben geben würde, foltern sollte! Aber da mir im Moment nicht viel anderes übrig bleibt, sag ich es gleich. Nur weil ICH vielleicht eine Person bin, die Menschen NICHT gerne Foltert, heißt dass noch lange nicht, dass ich es nicht KANN! ALSO, rück raus mit der Information, oder du wirst es bereuen.“
Bei diesen Worten schaffte Haruka es sogar, ruhig und ernst zu bleiben, auch wenn sie innerlich kurz vor der Krise stand. Sie wollte selbst die Illusion ihres Bruders nicht foltern und unter anderem Machte sie sich sorgen, dass ausgerechnet sie das original von Izanami abbekommen hatte. Konnte sie wirklich das Risiko eingehen, ihre Sensei zu verletzten nur um ihre Aufgabe zu erfüllen? Noch einmal erinnerte sie sich an die Regel Nummer 25, eine der Regeln, die eine der ersten war, die sie gelernt hatte.
Haruka konnte sich noch an den Tag erinnern, an welchem sie, nachdem die Akademie aus gewesen war, fröhlich nach Hause gelaufen war und ihrer Mutter alle Regeln rauf und runter Vorgetragen hatte und sich dabei vielleicht noch nicht wirklich Gedanken über die Bedeutung gemacht hatte. Inzwischen war sie 12 und kannte immer noch jede einzelne Regel und trotzdem viel es ihr schwer, sich an genau diese zu halten. Es war für sie fast unmöglich während einem Kampf nicht irgendetwas zu fühlen. Bis jetzt waren es eigentlich immer nur Trainingskämpfe gewesen bei denen sie wusste, dass sie die andere Person nicht wirklich verletzten konnte, weil sie besser als sie selbst war, aber nun sollte sie ihren Bruder, der jünger und schwächer als sie selbst war, foltern. Und hierbei wusste sie ganz genau, dass sie ihn, oder besser gesagt die Illusion verletzten würde, da Drahtseile Arm- und Beinbewegungen untersagten und ihn somit noch Hilfsloser erscheinen ließen. Dennoch wurde die Nara langsam sauer, da ihr ‚Opfer’ keine einzige Reaktion zeigte, vielleicht wirkte er leicht ängstlich, aber noch nicht einmal dass konnte Haruka mit 100% Sicherheit sagen.
Der Bunshin reagierte immer noch nicht und dann platzte Haruka der Kragen. Ohne lange nachzudenken verpasste sie ihrem Bruder eine ordentliche Ohrfeige, was sie kurz danach mehr als einmal bereute. Die rechte Backe ihres Bruders färbte sich langsam rot, im Gegensatz zu Harukas Gesicht, welches immer bleicher wurde.
„Gomenasai…“, und bevor Haruka überhaupt registrierte, was sie da eben getan hatte, nämlich zum einen ihren Bruder geschlagen und zum anderen ihre „Maske“ ruiniert zu haben, kam ihr dieses Wort über die Lippen. Sie schluckte, einmal und gleich noch einmal. Perplex starte sie auf ihren Bruder und vergaß schlagartig den Fakt, dass dieser nur eine Illusion war. Vorwürfe und Schuldgefühle übermannten sie, langsam begann sie zu realisieren, doch sagen konnte sie fürs erste nichts.
Wie konnte sie nur ihren kleinen Bruder schlagen, wenn er doch hilflos war. Er hätte sich nicht im geringsten Wehren können, nicht einmal bewegen hätte er sich können. Es war, als ob sie seine missliche Situation ausgenutzt hatte, obwohl sie ihm die Ohrfeige noch nicht einmal wirklich verpassen wollte. Sie richtete ihren Kopf in Richtung Boden, und starrte die Wiese an. Benommen kniete sie so eine Weile, ob sie kurz oder lang war konnte Haruka nicht sagen. Sie hatte gerade genau das getan, was sie eigentlich nie getan hätte und das nur, da sie die Aufgabenstellung bekommen hatte. Die Nara wusste, dass es mit zum Leben einer Kunoichi gehörte, andere im Fall der Fälle zu foltern, aber wieso musste sie ihren Bruder foltern? Gedanken und Gefühle kamen in ihr hoch, sie wusste, dass sie ihren Bruder nicht verletzten konnte ohne sich dabei selbst zu verletzen, dass war ein Fakt.
Aber ich muss, ich darf nicht versagen… Vielleicht geht es ja so…
Haruka war soeben eine Idee aufgegangen, auch wenn es vielleicht nicht die beste war, die sie je gehabt hatte. Mit ihrer rechten Hand griff Haruka in ihren Waffenbeutel und zog nach kurzem suchen einen Kunai heraus. Dann hob sie ihren Kopf wieder, lächelte leicht und trennte mithilfe des Kunais die Drahtseile, welche ihren Bruder fesselten, durch. Ohne lange zu zögern sprang sie gut einen Meter zurück, formte ein paar Handzeichen und kündigte ihr darauf folgendes Clanjutsu an.
„Kagemane no Jutsu!“
Harukas schatten machte sich, nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte und genügend Chakra gesammelt hatte, sofort auf den Weg zu Shobu, ihrem kleinen Bruder, welcher nicht genügen Zeit gehabt hätte auszuweichen, auch wenn er keinerlei anstallten gemacht hatte. Ihr Plan war durchführbar, zumindest für sie selbst, da sie so hoffte, dass Gefühl der Schuldigkeit etwas zu verdrängen.
Mit zwei normal großen Schritten stand sie nun vor ihrem Bruder und stieß ihn in Richtung Felsen. Zwar hatte dieser sie auch gestoßen, dank dem Kagemane no Jutsu, aber da Haruka doch um einiges deutlich stärker als dieser war, konnte dieser nichts anderes tun.
Und das war die Theorie ihrer Idee. Shobu würde ihr auch Schaden zufügen, wodurch sie sich vielleicht nicht ganz so schuldig fühlen würde, da er sie ja auch verletzte, auch wenn man das nicht verletzten nennen konnte. Haruka war an die Dinge, wenn es um den Kamp ging, mehr gewöhnt als ihr Bruder, der gerade erst die Akademie besuchte und sein Training angefangen hatte. Natürlich fiel Shobu nicht um, da dieses ja durch das Kagemane no Jutsu unmöglich war, solange Haruka nicht umfiel, aber da sie eben das nicht tat, stand dieser immer noch da, wo er auch zuvor stand. Haruka wusste, dass ihre erste Idee schief gegangen war und das sie deshalb umso ernster sein musste.
„Also, was ist? Sag mir die Information lieber gleich Shobu. Ein Fehler wie er gerade vorgefallen war, passiert mir nie ein zweites Mal. Entweder du rückst damit raus, oder es wird ungemütlich. Und glaub mir, auch wenn du in meinem Kagemane no Jutsu feststeckst, heißt dass noch lange nicht, dass mir genau das gleiche passiert wie dir, wie du wahrscheinlich weist. 6 Jahre Altersunterschied machen viel aus, was Kraft und Ausdauer angeht und außerdem kann ich dich nun lenken, genau wie es mir gerade passt. Und du willst dich doch nicht an einem Ast oder an dem Felsen hinter dir verletzten, oder? Und Dinge zu tun, die du eigentlich noch nicht kannst, sind doch auch nicht gerade angenehm, stimmt’s oder hab ich recht?“
Haruka atmete kurz auf, bis jetzt hatte sie es geschafft sich zu beherrschen, da sie wusste, dass sie nicht die einzige war die sich vielleicht in den nächsten Sekunden oder Minuten eventuell ein paar Kratzer zuziehen würde. Auch wenn das vielleicht nicht die normale Auffassung von Folter war, würde sie hoffentlich trotzdem zu Ergebnissen führen. Sie hoffte nur, dass sie mit ihrem Versuch durchkommen würde und an die Information gelangen würde, denn sonst müsste sie wohl noch einmal von ganz vorne anfangen…