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Setsuko zog die Brauen zusammen, während sie Takahashi-san dabei zuhörte, wie er seine bisherigen Bewachungsmaßnahmen beschrieb. Wenn die beiden Neffen die Eingänge bewacht haben und zusätzlich auch er selbst im Verkaufsraum war, dann war es höchst komisch, wie der Saboteur trotzdem in die Backstube gekommen war. Würde man irgendwie von außen in den Raum kommen können, dann hätte er diese Tür sicherlich auch bewachen lassen. Also musste derjenige in die Backstube gekommen sein, ohne die Bäckerei an sich wirklich betreten zu haben…Auch wenn sich das ziemlich unwahrscheinlich anhörte und sie diesen Gedanken auch deshalb erstmal für sich behielt. Auf jeden Fall würden sie sich die Backstube genauer anschauen müssen, einfach um sicherzugehen.
Mai hatte genau die gleiche Idee und bat im nächsten Moment schon um Erlaubnis, eben jenen Raum betreten zu dürfen. Haru gab ihnen die Erlaubnis und nur wenige Momente später standen die beiden Kunoichi schon in der Backstube. Mais Anweisung war klar, der komplette Raum musste einmal auf den Kopf gestellt werden. Natürlich nur im Übertragenen Sinne. Setsuko nickte ihrer Leiterin einmal ebenso entschlossen zurück und begab sich in die genau andere Ecke des Raumes um da ihre Suche zu beginnen. Wonach sie genau suchte war ihr zwar nicht klar, aber sie wusste, dass es irgendeine Art von Eingang sein musste. Groß genug, damit ein Mensch hindurchpassen würde, wenn eventuell auch nur mit Mühe.
Sollte es hier wirklich so einen weiteren Eingang geben, dann würde sich das Mädchen ernsthaft fragen, woher der gekommen war. War er vielleicht von Anfang an schon mit ins Haus gebaut gewesen und einfach nur vergessen worden? Und der Saboteur war darauf gestoßen und nutzte das nun aus? Oder hatte sich jemand die Mühe gemacht, nur um die Torte zu ruinieren, einen weiteren Zugang in die Backstube zu legen? Und zwar so, dass es niemand mitbekam und er obendrein auch bisher vollkommen unentdeckt blieb. Setsuko bezweifelte Option zwei nun doch ziemlich stark. Das klang einfach viel zu weit hergeholt, um eine wirklich valide Option zu sein.
Die Haemasu tastete nach und nach die Wände ab, die frei zugänglich waren. Ein großer Teil war nämlich mit Öfen und Regalen zugestellt. Aber was sollte man auch anderes in so einer Backstube erwarten. Und obwohl es vielleicht möglich gewesen wäre, die geheime Tür hinter so einem Ofen oder Regal zu verstecken, so bezweifelte sie auch stark, dass das wirklich der Fall wäre. Immerhin müsste der Saboteur dann auch alles wieder irgendwie so hinrichten, wie es vorher war. Und bei aller Liebe, so einen Backofen mal eben zu bewegen bräuchte erstens einiges an Kraft und zweitens würde es viel Lärm machen. Also quasi das Gegenteil von einer unbemerkten Aktion ohne Spuren.
Nachdem Setsuko einen Teil der Wand abgetastet hatte, machte sie sich am Boden zu schaffen. Vielleicht war hier ja keine Tür in der Wand, sondern eine geheime Falltür? Könnte ja sein, sie wollte es auf jeden Fall erst einmal nicht ausschließen. Sie überlegte, was wohl der nächste Schritt wäre, sollten sie hier keine weiteren Zugänge oder irgendwelche anderen Hinweise finden? Wahrscheinlich wäre dann erstmal die Befragung der Neffen dran, die könnten ja eventuell doch irgendwas mitbekommen haben. Der letzte Versuch, der ihr momentan einfallen wollte, wäre es wohl sich irgendwo direkt in der Backstube zu verstecken und hier Nachtwache zu schieben. Sicherlich nicht ihre liebste Wahl, lange wach zu bleiben war ja nun nicht gerade eine ihrer Stärken, aber wenn nichts anderes half, müsste das wohl sein...Blieb zu hoffen, dass es so weit nicht kommen musste. So tastete sie sich erstmal durch eine feine Schicht Mehl, die sich am Boden um einen der großen Tische verteilt hatte, auf denen wohl die Teiglinge hergestellt wurden. Alle paar Zentimeter drückte sie einmal fest auf den Boden, in der Hoffnung so vielleicht eine Art Mechanismus auslösen zu können oder sowas. Auch wenn es schon wirklich komisch wäre, hier eine Falltür zu finden, die durch Druck geöffnet würde. Immerhin lief Haru hier jeden Tag entlang, die Wahrscheinlichkeit, dass er noch nicht auf die eine Bodenplatte getreten wäre, die den Mechanismus auslösen würde, war sehr gering. Als sie diesen Gedanken fasste, stand sie auch wieder auf und wandte sich einem weiteren Stück Wand zu.
"Und, hast du schon was Interessantes entdeckt?", hörte Setsuko Mais Stimme von der anderen Seite des kleinen Raumes.
"Bisher nicht, nein. Nur viel Mehl und Teigkrümel.", antwortete sie ihr und klopfte wie aufs Stichwort ihre Hände zusammen, um das Mehl vom Boden wieder loszuwerden,
"Wie sieht es bei dir aus?", fragte sie dann noch im Anschluss, während sie wieder anfing, die Wände abzutasten.
"Ähnlich langweilig.", bekam sie von Mai als Antwort zurück, sie hatte bisher wohl auch nichts weiter entdeckt.
Dafür entdeckte Setsuko ein paar Momente später etwas sehr Interessantes. Sie war einige Schritte weiter gegangen und wollte gerade neben dem Kühlschrank weitersuchen, da war ihr durch die Glasscheibe des Kühlers etwas aufgefallen. Da war sie! Die Torte! Oder zumindest was davon übrig war. Offensichtlich lag der letzte Anschlag auf die Torte nicht allzu lang zurück. Sie war einmal von oben nach unten durchgeschnitten, der Fondant an vielen Stellen abgerissen und die oberste Schicht war komplett zerdrückt. Wütend zog die Haemasu ihre Brauen zusammen und ballte ihre Hände zu Fäusten. Es war eben nochmal etwas anderes, nur von einem Kuchenanschlag zu hören und ihn dann auch wirklich zu sehen. Der ganze schöne Kuchen, die Cremes, die Tränken, alles für die Katz! Mai riss Setsuko dann aber plötzlich aus ihren Gedanken:
"Setsuko, komm mal, ich glaub ich hab was gefunden!" Das Mädchen drehte sich um und lief zu Mai, die gerade vor der Wand neben einem der Vorratsregale stand.
@Sakaida Mai