Das Funkgespräch wirft wahrscheinlich viele Fragen auf, jedoch können bei Weitem nicht alle beantwortet werden. Es werden deswegen nur einige vielleicht irreführende Aussagen und einige Dinge hier genauer erläutert, anstatt das gesamte Gespräch aus anderer Sicht zu wiederholen.
Auch wenn Mameha Junko viel gedacht und angenommen hatte, lag sie bei vielen Dingen sehr weit daneben, bei einigen jedoch traf sie auch voll ins Schwarze. Zum Beispiel beim „Befragungsspiel“: Jeder der genau mitgezählt hätte, würde sehen, dass der Professor falsche Zahlen angegeben hatte, denn zu Anfang hatte er eine Frage unterschlagen und wenn er Junko in „die Falle tappen ließ“ dann war es auf die Anzahl der Fragen begründet, die er einfach so gelogen hatte. Doch war dieses Spiel in gewisser Weise die nette Nebenbeschäftigung, die er nämlich nebenbei getan hatte.
Seine Hauptbeschäftigung lag in einer vollkommen anderen Art. Denn wo Junko glaubte, er hätte das Funkgerät geschüttelt, lag sie einfach meilenweit daneben, das was geschüttelt wurde war ein Kartenspiel. Ein einfaches Blatt mit dem Eishun stumm Minakawa Hideki herausgefordert hatte. Denn gerade als der Professor die Fäden in seinen Armen lockern wollte, um dem dreisten Beutedieb den ersten Angriff zu verpassen, war das Funkgerät angesprungen und das hatte gerade noch rechtzeitig den scheinbar so unvermeidbaren Kampf hinausgezögert. Weswegen nun es an der Zeit war, die aufgestauten Gefühle durch Offiziersskat zu bewältigen. Das war auch für Hideki eine gute Gelegenheit, nah genug heranzurücken um das Gespräch mit zu belauschen, es war ein stummes Spiel und das stumme Einverständnis, dass der Shiro-Nin nur zuhören sollte.
Und da das Spiel mit Hideki gedankentechnisch Eishun zu einfach war, hatte er halt noch ein wenig Junko auf Trab gehalten und ihr somit Zeit verschafft, da sie wahrscheinlich gerade eine ganze Menge auf einmal tun wollte. Für Eishun war die Zeitkomponente weniger wichtig. Er hatte den Genin per Handzeichen gezeigt, dass sie nach dem Rest schauen sollten, doch wenn Kibo-kun und Yuudari-kun sich haben einfangen lassen, dann würde mehr Zeit auch nichts tun. Doch diese nette Geste war wohl für das Mädchen schon zu viel.
Mit Bedauern hatte der Professor festgestellt, dass sie die wohl schlechtesten Informationen hatte, die vorstellbar waren. Noch war Hideki keine Geisel, noch hielt der Nichtangriffspakt, denn die Bedingungen sind noch nicht ausgelaufen, auch wenn es vielleicht ein wenig eskaliert wäre. Aber dass sie die Sache mit dem Zerfleischen so missverstanden hatte… wenn sie einfach nur einen Hyuuga benutzt hätte, dann hätte sie auch gewusst, dass bei den Worten der Professor Hideki zugelächelt hatte, als wäre dieser der langjährige beste Freund, mit dem man schon diverse Situationen gemeistert hatte. Es war eher… eine Art Versprechen? Oder vielleicht nur eine Art und Weise auszudrücken, dass Hideki in Eishuns Achtung deutlich gestiegen war? Wie weit der Arzt gehen würde, um dessen Tod unmissverständlich herbeizuführen? Junko nahm es aber als eine Drohung gegen ihre Person auf und das stimmte den Mediziner traurig.
Die Unheilbarkeit des Geisteszustandes von Minakwa Hideki war dadurch begründet, dass gegen Dummheit kein Kraut gewachsen war.
Wohlgemerkt, der Versuch von ihr, ihm einen Schrecken mit etwaigen versteckten Feinden einzujagen hatte keinerlei Erfolg, da Eishun gerade überlegte, ob es sich lohnte, jetzt schon das Ass einzusetzen oder ob es statistisch gesehen besser wäre, auf eine etwaige Zehn damit zu warten. Wenn da ein unbekannter Feind war, der gerade ein tödliches Jutsu auf ihn abfeuert, dann soll er doch. Sich selbst von den Toten zu beleben wäre doch mal ein Versuch, der bei passender Gelegenheit gerne unternommen werden möchte. Doch passierte nichts, weswegen der Versuch fürs Erste nicht stattfinden sollte.
Für Eishun war Junko ein Kind. Sie versuchte es mit Sticheleien, während er knallharte Schläge in ihr Gesicht setzte. Wo sie versuchte, manipulativ irgendwelche Andeutungen zu machen, die eventuell wahr sein mochten oder nicht, setzte er einfach im richtigen Moment die vollkommene Wahrheit ein und log und verwischte seine Sätze nur, wenn es vollkommen ohne Belang war. Und dieser Unterschied machte auch aus, wer das Gespräch an sich gerissen hatte, sie benutzte die vollkommen falsche Taktik. Solche Sticheleien benutzte eine kluge Person nur, wenn ihr Gegenüber in irgendeiner Weise Schuldgefühle hatte oder in sich sehr unsicher war. Eishun dagegen sah das vollkommen trocken: Was machte es schon aus, ob ein dem Tode geweihter nun sterben wird oder am Ende doch nicht? Hätte sie ihn gebeten, dass er ihr Hideki geben würde, dann hätte er es gemacht. Sie dagegen war seiner Frage nach Yuto ausgewichen, es war im Grunde kein kluger Schachzug, sondern eher ein Zurücktaumeln dadurch, dass er da so direkt war. Und je mehr sie versuchte etwas zu verschleiern, desto mehr präsentierte sie von sich selbst. Er dagegen hielt ihr alle Türen zu seinem Kopf frei und sie hatte, auch wenn sie es eventuell nicht wusste, vielleicht sogar Angst, da rein zu blicken. Denn sie hatte nie einfach gefragt, war immer zum nächsten Thema gewichen und ließ sich herumscheuchen wie ein Hase. Bei dem vermuteten Potenzial war es eine einzige Schande, da sie wahrscheinlich sterben würde, bevor sie eine geeignete Gegnerin wäre. Eine Person wo ihm die Finger jucken würden, sie endlich zu sezieren.
Deswegen auch die Einladung zum Essen, aber diese wurde als Scherz ausgelegt. Jedoch war es bei Kindern am einfachsten sie zu belehren, wenn sie gerade sich den Bauch voll schlugen, lag vielleicht daran, dass sie dort um einiges weniger bei dem sind, was sie denn gleich machen wollen. Und sein ehrliches Interesse ihrer Ernährung gegenüber war ebenfalls abgewürgt worden. Dabei war es für ihn als Arzt und Genie auf allen Gebieten doch vollkommen natürlich, die Ernährung von anderen, zugegebenermaßen weniger gesegneten Menschen auf Nährwert und Psychologie zu bewerten.
Was die Sache mit dem Erdolchen von Yuto anging, das war eine Zusammenführung von Gefühl und den Informationen von Kibo, zusätzlich dazu, dass Yuo scheinbar keinerlei Lernerfolge vorzuweisen hatte, die nicht messbar waren. Auch wenn er in gewisser Weise ein Genie als Ninja war, war er weiterhin naiv und würde noch dutzende weitere Male in die gleiche Falle laufen. Und genau weil Junko diesen Yuto erdolcht hatte, war sie Eishun sympathisch. Es war keine Abneigung Yuto gegenüber, sondern Empathie Junko gegenüber, denn in der gleichen Situation hätte er ähnlich gehandelt. Nur hätte er sichergestellt, dass die Person auch wirklich tot ist…
Wenn sich die Frage aufstellt, ob Prof. Dr. Kyōcha Eishun verrückt ist, dann kommt hier eine Gegenfrage: Gab es daran etwa Zweifel?
„Nun, du kennst die Situation.“, sprach der Professor zu Minakawa-kun, als er die eigenen Punkte zählte. Sechzig, Gleichstand.
„Seit unserer letzten Begegnung bist du besser geworden, wir können von einem Gleichstand sprechen, fufufu!“ Letztes Mal hatte Eishun dem Shiro-Nin etwas unsagbar Schreckliches angetan und er erinnerte jene Person gerne daran. Doch leider war der Professor in gewisser Weise im Nachteil.
„Da Junko-kun in keiner Weise an politische Verwicklungen denkt, ist es an der Zeit, dass die erwachsenen Mitgliedern der beiden Verbünde sich darum kümmern, dass das Wort „Waffenstillstand“ für mehr steht als nur einen Eintrag im Lexikon.“ Unter Waffenstillstand über in dieser Zeit Gefangene zu reden, würde künftigen Kontakt mit dem Shiro-Verbund schwierig machen, da es die Glaubwürdigkeit schwer beschädigte. Denn zwischen den beiden Parteien herrschte zwar Krieg, aber Krieg war immer noch etwas anderes als sinnloses Abschlachten, so haben Versprechen, Bündnisse und Verhandlungen immer noch ihren Platz. Politisch gesehen ein hehrer Schlag gegen Shirogakure, sofern es der Sora-Verbund noch mitbekam.
Eishun war das herzlich egal, er war kein Politiker, er war Wissenschaftler. Nur fragte er sich, ob Junko-kun das mit eingeplant hatte. Wenn sie Glück hatte, würde der Fall nie bekannt werden. Doch zumindest würde es in seinem Bericht stehen und für die Sora-Politik eventuell etwas auslösen. Vielleicht bekäme er für sein nächstes Kommando dann anstatt ein paar Genin dann stattdessen Jounin. Vielleicht käme auch eine Mission um Shiro deutlich zu schwächen. Solche Dinge waren viel eher etwas, was den Professor interessierte.
Doch nun waren Verhandlungen dran, die er nicht aufschieben konnte. Denn ganz gleich wie sehr Shiro gerade auch Mist baute, so hatten sie seine Untergebenen, wahrscheinlich. Und Minakawa-kun war nicht halb so gefangen, wie man es wünschen mochte, auch wenn es mehr oder minder nur eine Frage der Zeit wäre. Denn Eishun hatte nicht umsonst sich bisher dezent zurückgehalten. Dazu waren noch Genin im Gebiet, die zumindest mit Explosionsladungen seinen Fluchtweg abschneiden konnten. Aber das beherbergte ein Risiko und würde auch wieder nicht die Art sein, wie ein Waffenstillstand beendet werden sollte. Auch wenn Eishun vorher ihn fast angegriffen hätte, war der Waffenstillstand noch nicht offiziell gebrochen.
Eishuns Blick wanderte zur bewusstlosen Frau. Mal schauen, wie viel er noch rausschlagen konnte.
„Der Arzt dankt, fufufu!“ Das Einzige was Eishun auf die Schnelle rausschlagen konnte war eine Ampulle mit Minakawa-sans Blut. Immer noch ein Sieg. In seinem verdrehten Geist gab es nur Siege, da er einfach alles in einen solchen umwandelte, im Geiste. In gewisser Weise musste der Professor heute kürzer treten, doch was ist wichtiger? Das was geschehen ist oder das, was in der Erinnerung bleibt? Minakawa-sans Blut würde einige schöne Stunden bereiten.
Eishun hatte sich mit den Genin gesammelt, die erreichbar waren:
„Ich werde niemanden daran hindern mitzukommen, aber auch niemanden von mir aus mitnehmen.“, sprach er trocken. Dann ging er zu einer Ausrüstungskiste und entnahm einige Sprengsiegel heraus, die er an strategischen Stellen an seinen Körper platzierte, nachdem er sie auf sein Chakra eingestimmt hatte.
„Und wer mitkommen mag, soll sich auch so ausstatten. Wir wollen für einen Ernstfall doch nichts übrig lassen.“ Die Stimme blieb trocken und nüchtern. Das war nichts Besonderes, das war einfach nur die für diesen Fall vorgeschlagene Routine. Es ging nicht darum, im Ernstfall die Gegner mitzunehmen, sondern seinen eigenen Körper in unbrauchbare Stücke zu verbrennen und zerfetzen. Bei der momentanen Ladung würde wahrscheinlich nur Asche übrig bleiben.
Ein verstohlenes Lächeln stahl sich auf Eishuns Gesicht, während er Minakawa-kun ansah:
„Wollen wir dann?“ Damit machte sich der Professor auf.