Man konnte von den Mitgliedern des Aburame-Clans sagen, was man wollte, aber die Beschwörung von Käfern war ein verstörendes, faszinierendes und zugleich sehr beeindruckendes Erlebnis. Wenn man dann auch noch das Gefühl hatte, dass der Angriff der eigenen Person galt, dann bestand die Reaktion des Betroffenen meistens in einem hörbaren gulpen – genau das geschah auch mit Junko, deren Gesichtsausdruck sich zwar nicht veränderte, aber innerlich dann doch mit einem nicht ganz unwichtigen Gefühl namens Furcht zu kämpfen hatte … dicht gefolgt von Empörung. Kin *wagte* es, ihre Käfer zu beschwören und tatsächlich auch nur in Erwägung zu ziehen, einen Mitstreiter anzugreifen? Wenn die Käferschleuder nicht sehr bald lernte, ihr Temperament zu zügeln, würde sie eher als Missing-Nin enden, als ihr lieb war. Und das auch noch vor den beiden mittlerweile erwachten Torwächtern, deren vernehmliches „Gulp“ darauf hindeutete, dass Junko sich den Anfall der Aburame nicht eingebildet hatte – zu allem Überfluss holte Kin auch noch ein Kunai aus ihrem Ausschnitt.
Junko hatte nie genügend Oberweite besessen (und würde es auch nicht), um einen Gegenstand sicher zwischen ihren Brüsten verstauen zu können, aber ehrlich, war es nicht unangenehm? Damit man sie sich nicht schnitt und damit auch nichts verrutschte, musste Kin irgendein Behältnis für das Messer an ihrem Brustkorb deponiert haben. Wenn man Nadeln oder messerartige Waffen in den Haaren versteckte, nahm man dafür gewöhnlich Messerscheiden aus Horn. Machte Kin das ähnlich? Und wie sorgte sie dafür, dass nichts wegrutschte? Musste sie dafür ständig ihre Käfer einsetzen? Wenn ja, dann war das echt ekelig und in diesem Falle war Hiroshi zu bemitleiden. Dass er über die Käfersache so locker hinwegsah, wunderte Junko ohnehin, und sie war froh, als das Pärchen endlich abdackelte, um der Mädchenbeschäftigung Nummer eins nachzugehen: Einkaufen.
Dann war da noch Karura, die Himmel sei Dank endlich davon absah, die Konoha-Chuunin dazu bewegen zu wollen, ihren Posten zu verlassen und sich mit ihr zu messen. Junko sah ohnehin wenig Sinn darin, sich im direkten Nahkampf mit der Aza zu messen – sie würde sang- und klanglos untergehen und mal ganz davon abgesehen war sie noch nicht einmal schnell genug, um vor Karura anständig wegzulaufen. Unnötig zu erwähnen, dass außerdem ein Schnippser der Aza reichte, um die weißhaarige Kunoichi an (und wohlmöglich auch durch) die nächste Wand zu befördern. Insofern war es gut, dass Karura für den Moment von einer Herausforderung absah – aber es war schlecht, dass Junko sich in naher Zukunft und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Prügel einfangen würde. Ein unangenehmer Gedanke, zumal Karuras Blick erneut dazu führte, dass Junko sämtliche Schauspielkunst aufwenden musste, um keine Furcht zu zeigen und weiterhin eine neutrale Miene zu wahren.
Als sich sowohl Hiroshi und Kin als auch Karura getrollt hatten, atmete Junko sichtlich auf. Warum wollte ihr eigentlich die weiblichen Chuuninkollegen ans Leder, während der männliche Kollege nichts Besseres zu tun hatte, als auf ihr rumzuhacken? Irgend etwas war da faul im Staate Dänemark, aber es war nicht an der Kunoichi, da etwas gegen zu tun. Noch hatte sie ihre Aufgabe – nämlich das Erstellen einer Statistik, und sie würde diese erfüllen. Oh, noch zwei Leute, die das Tor passierten. Schweig’ still mein Herz.
Hinter sich hörte Junko sodann eine vertraute Stimme fluchen, und als sie sich umdrehte, konnte sie Kayros erspähen, der noch vor nicht allzu langer Zeit Genin, die ihm unterstellt waren, in einem Akt fehlerhafter Führung zu ihr geschickt hatte. Eigentlich hatte sie ihm die Ohren lang ziehen wollen, aber Kayros war viel zu begeistert und vor allem viel zu eifrig, sie, Junko, ins Kino einzuladen und deutete außerdem an, ihr irgend etwas „sagen“ zu wollen. Was immer das auch war. Mit einem Stirnrunzeln deutete die Chuunin auf das vor ihr liegende Blatt.
„Tut mir Leid, Kayros, ich kann gerade nicht. Bis heute Abend muss ich diese Statistik erstellt haben.“
Zugegeben, eigentlich hatte der Suna-Nin auch eher davon gesprochen, nach erledigter Arbeit mit ihr auszugehen, aber auch hier hatte Junko andere Pläne.
„Heute Abend hab ich leider zu tun. Ich muss die Statistik ins Reine schreiben und außerdem noch packen.“
Na, zugeknöpfter ging es wohl nicht. Der Hiragana wusste, wenn die Kunoichi von „Packen“ sprach, ging es meistens auf eine auswärtige Mission, auf die sich Junko stets, wenn man ihr die Zeit ließ, mit ausgesuchter Sorgfalt vorbereitete. Dass sie allerdings diesmal vorhatte, doch tatsächlich eine Auszeit zu nehmen und Urlaub zu machen – nun, das war etwas ganz Neues. Aber genau das konnte Kayros, wenn er denn wollte, später am Abend erfragen. Sakamoto schien auch nicht mehr gewillt, sich in das Gespräch einzuklinken, also schien alles erledigt.
Es wurde gestrichelt, es wurde bis spät in den Abend beobachtet und irgendwann gab es auch ein Ende für diese Tätigkeit. Auch wenn das Haupttor ein Sammelpunkt war und dafür sorgte, dass man aber auch immerzu von irgendwelchen langweiligen Tätigkeiten wie Striche machen oder das Tor bewachen abgehalten wurde, so war Junko doch froh, es endlich hinter sich zu haben und erst einmal hoffentlich für lange Zeit vom Tor- oder Statistikdienst befreit zu sein. Was immer der Heini, der diese Statistik haben wollte, auch damit anstellen wollte, er würde sich über einige sorgfältig erstellte Dokumente freuen können.
Ende des Jobs „Statistik“