Yuudari Umiko
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So langsam schien das letzte bisschen Sicherheit des Nakamura in viele winzige Einzelteile zerrissen zu werden… Bisher hatte er irgendwie nur an seine eigenen Sorgen gedacht. Daran dass er kurz davor war in seinen Selbstzweifeln zu ertrinken und vor lauter Angst zu ersticken. Er hatte Angst davor, dass er hier und heute sterben würde und hatte sich die ganze Zeit in der Sicherheit gewogen, dass die anderen beiden so viel stärker waren als er und sicher viel besser mit der Situation zurechtkamen. Was hatte er sich dabei gedacht? Anzunehmen dass er sich keine Sorgen um Jun oder Atsui machen musste… Nein, wahrscheinlich war es nicht einmal eine Annahme gewesen und Moritaka hatte es einfach nur gehofft und jedes Anzeichen darauf, dass sie genauso normal waren wie er, einfach ignoriert. Das war ziemlich egoistisch, oder? Dabei wollte er das doch nicht mal sein… All das wurde ihm allerdings erst bewusst, als die folgenden Ereignisse an ihm vorbeizogen und er hilflos dabei zusah, wie ein Stück von seinem Bild eingerissen wurde. Er musste ernsthaft erkennen, mit weit aufgerissenen Augen, sodass er sich nicht abwenden konnte, dass er blind gewesen war. Und wie würde er darauf reagieren?
Aufmerksam beobachtete der blonde Junge, wie der Ryuugu wieder aus dem Raum herauskam und lauschte den Worten der hübschen, blonden Dame. Sie war so erstaunlich ruhig und das obwohl sie nun ganz sicher wusste, was hier geschehen war. Wie konnte sie im Angesicht des Todes nur so gelassen bleiben? Wahrscheinlich war sie älter als die drei Jungen, aber das rechtfertigte dennoch nicht wirklich, dass sie so viel mehr Ruhe hatte, als die Shinobi, oder? Darauf dass dies nur eine Show sein könnte, kam der Nakamura in diesem Moment nicht, sondern er bewunderte viel mehr, dass sie das so abkonnte. Da sie so viel sprach, brachte ihm dies seine Konzentrationsfähigkeit zurück und er wurde dazu gezwungen ihr zuzuhören und die Informationen aufzunehmen, auch wenn sich grade krampfhaft ein kleines Mädchen an ihn klammerte, dessen Arm er streichelte, um sie zu beruhigen. Es war erst ein Wort von Jun, welches den Nakamura wachrüttelte und aus den Gedanken riss. Während er die Ohren des Mädchens zuhielt, was eigentlich ziemlich dumm war, da man in ihrem Alter sicher schon einmal das Wort Scheiße gehört hatte, wurde ihm zum ersten Mal die Tatsache bewusst, dass auch Jun sicher mit der Situation zu kämpfen hatte. Er erinnerte sich daran, dass der Junge nachdem sie beinahe ertrunken wären noch so locker getan hatte, als wäre nichts gewesen und auch daran, wie Moritaka ihn dafür bewundert hatte, aber nun wo er so direkt fluchte, fiel ihm ein, dass auch sein Teamleiter nur ein Mensch war… Und zwar ein Mensch der kaum älter und vielleicht nur weniger erfahrener als der Nakamura war. Auch für ihn war es nicht alltäglich und auch er hatte allen Grund dazu zu fluchen und zu verzweifeln, denn sie saßen alle im selben Boot. Der Blondine hörte er eine Weile lang gar nicht mehr zu, da so viele Gedanken durch seinen Kopf ratterten. War er wirklich die ganze Zeit so egoistisch gewesen und hatte nur an sein eigenes Versagen und seine Ängste gedacht? Wie hatte er so blind sein können? Doch schnell musste er sich wieder konzentrieren, denn ihm wurde bewusst, dass er sich neue Informationen nicht entgehen lassen sollte. So spitzte er die Ohren wieder, grade als Jun hinterfragte, ob es noch mehrere Menschen hier gab. Fünf waren nicht wirklich viele, aber grade genug, sodass man sie, wenn man hoffentlich bald eine Möglichkeit fand, hier doch ganz gut wieder rauskommen konnte, oder? Außerdem hörte er noch, dass es okay war Nanami hierzulassen und als Yu nach Coco rief, bewegte sich auch Moritaka das erste Mal wieder, als das Mädchen ihn mit sich hochzog. Etwas verdutzt sah er auf das kleine Mädchen herunter, welches ihn an der Hand gepackt hatte. Unfassbar dass sie alle so locker waren, das machte ihn total fertig. Wieso konnte er das nicht einfach? Es wäre so schön einfach all diese quälenden Gedanken abzuschalten… Coco zerrte an seiner Hand, aber Moritaka hatte sich umgedreht zu Jun. „Komm schon!“, nörgelte das Mädchen, aber er schien das gar nicht richtig wahrzunehmen. Etwas starr und auch irgendwie entsetzt beobachtete Moritaka, wie der Ryuugu den kleineren Genin nach oben zerrte und ihn sehr kalt anwies, sich doch gefälligst zusammenzureißen. Das machte nur noch einmal deutlich, wie angespannt Jun in dieser Situation war. Von wegen stark… Atsui hatte recht, ruhig bleiben, bedeutet nicht ruhig zu sein. Er blickte Jun nach, als er im Gang verschwand und legte lächelnd seine Hand auf den Kopf des Mädchens, während er ihr leise sagte: „Geh schon mal vor zu Yu-san, bestimmt kennst du den Weg viel besser als sie und du willst bestimmt nicht, dass wir uns verirren, oder?“ Das Mädchen ließ das umklammerte Bein des Jungen los, nickte kräftig und lief stolz zu Yu. Ihre Reaktion machte ihn fast etwas neidisch. Er wäre auch manchmal gern noch etwas kindlicher, oder zumindest so kindlich, dass er so einfach von einer Sekunde auf die andere solche Dinge ausblenden konnte… Als er sich noch einmal umdrehte, traf ihn das zweite Mal der Schock, wenn auch diesmal anders, als bei dem Fluch von Jun.
An Atsuis Haltung war kaum zu übersehen, was den Jungen grad für ein Gefühl plagte. Moritaka kannte diese nämlich wohl besser als jeder andere, immerhin war er ja stets und ständig am Heulen. Zittrige Schultern, den Blick nach unten gerichtet, in der Hoffnung dass es keiner sehen konnte, aber die Tropfen am Boden verrieten ihn dennoch, egal wie sehr er versuchte es zu verstecken. Moritaka wusste ja, dass Atsui nicht so ruhig war, wie er sich gab, aber es musste schon ziemlich mies sein, denn zuvor behauptete er ja, dass dies für ihn ein Kinderspiel war. Kurz drehte der Nakamura sich um, dachte etwas wie: „Lass ihn lieber gehen…“, aber dann trat er einen Schritt und fragte sich, wie er sich in diesem Moment fühlen würde. Wenn es jemand gesehen hätte, würde er dann irgendetwas erwarten? Ohje, er war nicht gut in solchen Dingen, oder? Als er die Worte des Jungen hörte, drehte er sich wieder um und sah, dass er sich die Tränen aus den Augen wischte. Er hatte sich definitiv nicht getäuscht, bei dem was er da erblickt hatte. Erstaunlicherweise vergaß Moritaka in diesem Moment völlig, dass ja eigentlich so panische Angst vor Blickkontakt hatte und sah den Najikama an, als dieser schon wieder ein Lächeln auf den Lippen trug. Dennoch konnte sich der Größere eine Geste nicht verkneifen. Ein breites Lächeln zeigte sich im Gesicht des Blonden, welches er mit Hilfe seiner Zeigefinger noch untermalte, dabei blieb er stehen, ließ die anderen vorlaufen und wartete darauf, dass der andere Junge ihn einholte. Was er wohl von dieser dummen Geste hielt? Als der Junge näher gekommen war, konnte sich der Nakamura einige Worte nicht verkneifen, wobei er seinen Blick auf die Rücken der anderen drei gerichtet hatte: „Oi Atsui-san, du hattest Recht, ruhig bleiben und ruhig zu sein, ist wirklich ein großer Unterschied. Genauso wie stark auszusehen und stark zu bleiben.“ Während er das sagte, deutete er mit dem Zeigefinger auf Jun, wobei er darauf achtete, dass nur so laut zu sagen, dass Atsui es hören konnte. „Aber eine Sache sehe ich anders als du.“, begann er plötzlich sehr ernst. „Gefühle müssen nicht versteckt werden. Vielleicht gibt das dir das Gefühl, dass du sicher bist, oder auch nur, dass du so auf andere wirkst. Aber… Wir alle leiden unter manchen Situationen und manchmal ist es ein unglaublich gutes Gefühl zu wissen, dass man nicht allein dadurch muss. Wir alle müssen nun hier durch und versuchen ebenso alle irgendwie damit umzugehen, aber ich denke, der Fehler liegt darin, dass wir denken, dass wir das allein müssen. Manchmal macht es einen selbst stärker, wenn man nicht nur für sich selbst kämpft.“ Nun kratzte er sich am Hinterkopf denn er wurde verlegen. Warum auch immer, aber so etwas zu sagen, wenn man nicht wusste, ob das Gegenüber das überhaupt hatte hören wollen, war total bescheuert. „Also… Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen, geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Wenn ich es dir irgendwie leichter machen kann, lass es mich wissen.“ Er hatte bewusst genau dieselbe Wortwahl gewählt, wie der andere Junge in dem Gespräch zuvor. Ob ihm dies überhaupt auffiel? Auch das Stottern war für ein paar Minuten wie verschluckt gewesen… Und es war ihm grade sogar ziemlich egal, ob Atsui ihn nun auslachte, nicht ernst nahm oder wütend wurde. Alles war ihm lieber, als den Jungen noch einmal so am Boden zu sehen, denn das wollte er nicht sehen. Nicht bei seinen Teammitgliedern, denn sie waren ja schließlich irgendwie seine Freunde, oder nicht? Vor allem wohl nicht bei Atsui, weil er zuvor scheinbar versucht hatte Moritaka aufzubauen und irgendwie fühlte er sich nun, als müsse er dasselbe tun. Es war ihm lieber verprügelt zu werden, als jemanden leiden zu sehen. Nicht nur das, es war ihm sogar lieber selbst am Ende zu sein, wenn dafür andere weitergehen konnten… Ein ziemlich naiver, aber auch guter Gedanke, oder?
In dem Moment blieb ihm aber nicht mehr wirklich viel Zeit, um lang im Boden zu versinken, weil er sich ein bisschen bescheuert vorkam. Denn das Geräusch, welches Atsui zuvor noch einmal gehört hatte, wurde nun ganz plötzlich noch einmal wesentlich lauter, sodass es den ohnehin allergisch darauf reagierenden Moritaka richtig aufschrecken ließ. Vor allem weil er diesmal genau sagen konnte, von wo es kam. Von oben und es kam näher, von hinten! Schon fast panisch drehte er sich um, als ein schreckliches Knarzen und schlagartig ein lauter Knacks hinzukam. Und ehe Moritaka einen Blick nach oben hatte werfen können, kam etwas auf ihn heruntergesaust. Ja, direkt auf ihn drauf… Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann wurde der große, blonde Junge unter einem schwarzhaarigen Mädchen begraben. „Aua, aua…“, beschwerte sie sich, während sie doch grade dabei war Moritaka zu zerdrücken. Dieser sah aus als würde er jeden Moment ersticken. Ob dies an dem Weibchen oder an der Tatsache lag, dass sie ihn zerquetschte, stand aber noch zur Debatte. „H-Hi-Hilfe…“, brachte er nur um Luft ringend hervor, als das Mädchen ihn erkannte und erschrocken ihr Kleid zurecht zog. Seine Sicht war ohnehin im Moment von ihrem langen, schwarzen Haar verdeckt… „Warum liegst du hier mitten auf dem Weg?“ Hatte sie das grade wirklich gefragt? War sie nicht diejenige, die grade aus der Decke gefallen kam?! Hastig stand sie auf und klopfte ihr Kleid ab. „Naja, gut dass du da lagst, da hatte ich immerhin eine weiche Landung.“, sagte sie eiskalt und ließ den Jungen liegen, während sie den Rest der Gruppe anblickte und nach und nach einen nach dem anderen musterte. Moritaka atmete erst einmal ein wenig durch und starrte die Wand an. Gut, dass er nun so durcheinander war, sonst wäre ihm wohl aufgefallen, dass sicher alle Blicke für einen Moment auf ihn gerichtet waren. Sie schien völlig zu ignorieren, dass sie auf Moritaka gefallen war und nicht andersrum. Und eine Entschuldigung dafür schien sie schon gar nicht für nötig zu halten. Während der Nakamura versuchte sich aufzurichten, natürlich versehen mit einem hochroten Kopf, da er sich nicht einmal ausmalen wollte, wie viel ungewollten Körperkontakt er grade zu einer Frau gehabt hatte, schien auch Yu sich für sein Leid nicht besonders zu interessieren. „Wer bist du? Und was hattest du in den Luftschächten zu suchen?“, fragte sie das Mädchen aus der Decke, welches sich prompt vorstellte. „Mein Name ist Komachi Tsugumi und ich war auf der Suche nach etwas.“ Da Yu sie nicht kannte, war wohl ziemlich klar, dass sie keine Angestellte des Parks war. Aber Moment mal… Lüftungsschacht? Was suchte man den bitte in einem Lüftungsschacht? Und überhaupt, wie war sie da rein gekommen? Als Besucher kannte man sich doch sicher nicht so gut hier aus, dass man die Lüftungsschächte einfach mal durchkrabbelte?! „Was hast du denn gesucht Tsugumi-chan?“, hinterfragte Coco neugierig, die das Leiden des Nakamura scheinbar auch völlig ausblendete. Nun war ihm nach Heulen zu Mute… Da hatte er sie aufgemuntert und für sie gebastelt und sie ließ ihn unter Schmerzen leidend am Boden liegen?! Vielleicht besser so… Mit der Sorge weiblicher Wesen wäre ihm sicher nicht unbedingt geholfen… „Das geht dich nichts an.“ Und wieder war sie eiskalt… Während der Zeit der Unterhaltung war Moritaka zur Wand gekrabbelt und zog sich grade an dieser hoch. Ihm war nicht danach irgendwas zu sagen. Erstens war der Kuss für den Boden nicht grade schmerzfrei gewesen und außerdem waren ihm hier langsam zu viele weibliche Hormone, wobei grade der Neuankömmling wirkte, als könne sie Moritaka mit einem Wort zum Weinen bringen. „Na dann Tsugumi-chan, folg uns doch! Wir sind grade auf dem Weg zu den restlichen Besuchern. Vielleicht findest du ja dort, was du suchst.“ Und Yu schien wie immer die Sonne aus dem Arsch. Moritaka seufzte… Manchmal fragte er sich, womit er das eigentlich verdient hatte…
Aufmerksam beobachtete der blonde Junge, wie der Ryuugu wieder aus dem Raum herauskam und lauschte den Worten der hübschen, blonden Dame. Sie war so erstaunlich ruhig und das obwohl sie nun ganz sicher wusste, was hier geschehen war. Wie konnte sie im Angesicht des Todes nur so gelassen bleiben? Wahrscheinlich war sie älter als die drei Jungen, aber das rechtfertigte dennoch nicht wirklich, dass sie so viel mehr Ruhe hatte, als die Shinobi, oder? Darauf dass dies nur eine Show sein könnte, kam der Nakamura in diesem Moment nicht, sondern er bewunderte viel mehr, dass sie das so abkonnte. Da sie so viel sprach, brachte ihm dies seine Konzentrationsfähigkeit zurück und er wurde dazu gezwungen ihr zuzuhören und die Informationen aufzunehmen, auch wenn sich grade krampfhaft ein kleines Mädchen an ihn klammerte, dessen Arm er streichelte, um sie zu beruhigen. Es war erst ein Wort von Jun, welches den Nakamura wachrüttelte und aus den Gedanken riss. Während er die Ohren des Mädchens zuhielt, was eigentlich ziemlich dumm war, da man in ihrem Alter sicher schon einmal das Wort Scheiße gehört hatte, wurde ihm zum ersten Mal die Tatsache bewusst, dass auch Jun sicher mit der Situation zu kämpfen hatte. Er erinnerte sich daran, dass der Junge nachdem sie beinahe ertrunken wären noch so locker getan hatte, als wäre nichts gewesen und auch daran, wie Moritaka ihn dafür bewundert hatte, aber nun wo er so direkt fluchte, fiel ihm ein, dass auch sein Teamleiter nur ein Mensch war… Und zwar ein Mensch der kaum älter und vielleicht nur weniger erfahrener als der Nakamura war. Auch für ihn war es nicht alltäglich und auch er hatte allen Grund dazu zu fluchen und zu verzweifeln, denn sie saßen alle im selben Boot. Der Blondine hörte er eine Weile lang gar nicht mehr zu, da so viele Gedanken durch seinen Kopf ratterten. War er wirklich die ganze Zeit so egoistisch gewesen und hatte nur an sein eigenes Versagen und seine Ängste gedacht? Wie hatte er so blind sein können? Doch schnell musste er sich wieder konzentrieren, denn ihm wurde bewusst, dass er sich neue Informationen nicht entgehen lassen sollte. So spitzte er die Ohren wieder, grade als Jun hinterfragte, ob es noch mehrere Menschen hier gab. Fünf waren nicht wirklich viele, aber grade genug, sodass man sie, wenn man hoffentlich bald eine Möglichkeit fand, hier doch ganz gut wieder rauskommen konnte, oder? Außerdem hörte er noch, dass es okay war Nanami hierzulassen und als Yu nach Coco rief, bewegte sich auch Moritaka das erste Mal wieder, als das Mädchen ihn mit sich hochzog. Etwas verdutzt sah er auf das kleine Mädchen herunter, welches ihn an der Hand gepackt hatte. Unfassbar dass sie alle so locker waren, das machte ihn total fertig. Wieso konnte er das nicht einfach? Es wäre so schön einfach all diese quälenden Gedanken abzuschalten… Coco zerrte an seiner Hand, aber Moritaka hatte sich umgedreht zu Jun. „Komm schon!“, nörgelte das Mädchen, aber er schien das gar nicht richtig wahrzunehmen. Etwas starr und auch irgendwie entsetzt beobachtete Moritaka, wie der Ryuugu den kleineren Genin nach oben zerrte und ihn sehr kalt anwies, sich doch gefälligst zusammenzureißen. Das machte nur noch einmal deutlich, wie angespannt Jun in dieser Situation war. Von wegen stark… Atsui hatte recht, ruhig bleiben, bedeutet nicht ruhig zu sein. Er blickte Jun nach, als er im Gang verschwand und legte lächelnd seine Hand auf den Kopf des Mädchens, während er ihr leise sagte: „Geh schon mal vor zu Yu-san, bestimmt kennst du den Weg viel besser als sie und du willst bestimmt nicht, dass wir uns verirren, oder?“ Das Mädchen ließ das umklammerte Bein des Jungen los, nickte kräftig und lief stolz zu Yu. Ihre Reaktion machte ihn fast etwas neidisch. Er wäre auch manchmal gern noch etwas kindlicher, oder zumindest so kindlich, dass er so einfach von einer Sekunde auf die andere solche Dinge ausblenden konnte… Als er sich noch einmal umdrehte, traf ihn das zweite Mal der Schock, wenn auch diesmal anders, als bei dem Fluch von Jun.
An Atsuis Haltung war kaum zu übersehen, was den Jungen grad für ein Gefühl plagte. Moritaka kannte diese nämlich wohl besser als jeder andere, immerhin war er ja stets und ständig am Heulen. Zittrige Schultern, den Blick nach unten gerichtet, in der Hoffnung dass es keiner sehen konnte, aber die Tropfen am Boden verrieten ihn dennoch, egal wie sehr er versuchte es zu verstecken. Moritaka wusste ja, dass Atsui nicht so ruhig war, wie er sich gab, aber es musste schon ziemlich mies sein, denn zuvor behauptete er ja, dass dies für ihn ein Kinderspiel war. Kurz drehte der Nakamura sich um, dachte etwas wie: „Lass ihn lieber gehen…“, aber dann trat er einen Schritt und fragte sich, wie er sich in diesem Moment fühlen würde. Wenn es jemand gesehen hätte, würde er dann irgendetwas erwarten? Ohje, er war nicht gut in solchen Dingen, oder? Als er die Worte des Jungen hörte, drehte er sich wieder um und sah, dass er sich die Tränen aus den Augen wischte. Er hatte sich definitiv nicht getäuscht, bei dem was er da erblickt hatte. Erstaunlicherweise vergaß Moritaka in diesem Moment völlig, dass ja eigentlich so panische Angst vor Blickkontakt hatte und sah den Najikama an, als dieser schon wieder ein Lächeln auf den Lippen trug. Dennoch konnte sich der Größere eine Geste nicht verkneifen. Ein breites Lächeln zeigte sich im Gesicht des Blonden, welches er mit Hilfe seiner Zeigefinger noch untermalte, dabei blieb er stehen, ließ die anderen vorlaufen und wartete darauf, dass der andere Junge ihn einholte. Was er wohl von dieser dummen Geste hielt? Als der Junge näher gekommen war, konnte sich der Nakamura einige Worte nicht verkneifen, wobei er seinen Blick auf die Rücken der anderen drei gerichtet hatte: „Oi Atsui-san, du hattest Recht, ruhig bleiben und ruhig zu sein, ist wirklich ein großer Unterschied. Genauso wie stark auszusehen und stark zu bleiben.“ Während er das sagte, deutete er mit dem Zeigefinger auf Jun, wobei er darauf achtete, dass nur so laut zu sagen, dass Atsui es hören konnte. „Aber eine Sache sehe ich anders als du.“, begann er plötzlich sehr ernst. „Gefühle müssen nicht versteckt werden. Vielleicht gibt das dir das Gefühl, dass du sicher bist, oder auch nur, dass du so auf andere wirkst. Aber… Wir alle leiden unter manchen Situationen und manchmal ist es ein unglaublich gutes Gefühl zu wissen, dass man nicht allein dadurch muss. Wir alle müssen nun hier durch und versuchen ebenso alle irgendwie damit umzugehen, aber ich denke, der Fehler liegt darin, dass wir denken, dass wir das allein müssen. Manchmal macht es einen selbst stärker, wenn man nicht nur für sich selbst kämpft.“ Nun kratzte er sich am Hinterkopf denn er wurde verlegen. Warum auch immer, aber so etwas zu sagen, wenn man nicht wusste, ob das Gegenüber das überhaupt hatte hören wollen, war total bescheuert. „Also… Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen, geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Wenn ich es dir irgendwie leichter machen kann, lass es mich wissen.“ Er hatte bewusst genau dieselbe Wortwahl gewählt, wie der andere Junge in dem Gespräch zuvor. Ob ihm dies überhaupt auffiel? Auch das Stottern war für ein paar Minuten wie verschluckt gewesen… Und es war ihm grade sogar ziemlich egal, ob Atsui ihn nun auslachte, nicht ernst nahm oder wütend wurde. Alles war ihm lieber, als den Jungen noch einmal so am Boden zu sehen, denn das wollte er nicht sehen. Nicht bei seinen Teammitgliedern, denn sie waren ja schließlich irgendwie seine Freunde, oder nicht? Vor allem wohl nicht bei Atsui, weil er zuvor scheinbar versucht hatte Moritaka aufzubauen und irgendwie fühlte er sich nun, als müsse er dasselbe tun. Es war ihm lieber verprügelt zu werden, als jemanden leiden zu sehen. Nicht nur das, es war ihm sogar lieber selbst am Ende zu sein, wenn dafür andere weitergehen konnten… Ein ziemlich naiver, aber auch guter Gedanke, oder?
In dem Moment blieb ihm aber nicht mehr wirklich viel Zeit, um lang im Boden zu versinken, weil er sich ein bisschen bescheuert vorkam. Denn das Geräusch, welches Atsui zuvor noch einmal gehört hatte, wurde nun ganz plötzlich noch einmal wesentlich lauter, sodass es den ohnehin allergisch darauf reagierenden Moritaka richtig aufschrecken ließ. Vor allem weil er diesmal genau sagen konnte, von wo es kam. Von oben und es kam näher, von hinten! Schon fast panisch drehte er sich um, als ein schreckliches Knarzen und schlagartig ein lauter Knacks hinzukam. Und ehe Moritaka einen Blick nach oben hatte werfen können, kam etwas auf ihn heruntergesaust. Ja, direkt auf ihn drauf… Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann wurde der große, blonde Junge unter einem schwarzhaarigen Mädchen begraben. „Aua, aua…“, beschwerte sie sich, während sie doch grade dabei war Moritaka zu zerdrücken. Dieser sah aus als würde er jeden Moment ersticken. Ob dies an dem Weibchen oder an der Tatsache lag, dass sie ihn zerquetschte, stand aber noch zur Debatte. „H-Hi-Hilfe…“, brachte er nur um Luft ringend hervor, als das Mädchen ihn erkannte und erschrocken ihr Kleid zurecht zog. Seine Sicht war ohnehin im Moment von ihrem langen, schwarzen Haar verdeckt… „Warum liegst du hier mitten auf dem Weg?“ Hatte sie das grade wirklich gefragt? War sie nicht diejenige, die grade aus der Decke gefallen kam?! Hastig stand sie auf und klopfte ihr Kleid ab. „Naja, gut dass du da lagst, da hatte ich immerhin eine weiche Landung.“, sagte sie eiskalt und ließ den Jungen liegen, während sie den Rest der Gruppe anblickte und nach und nach einen nach dem anderen musterte. Moritaka atmete erst einmal ein wenig durch und starrte die Wand an. Gut, dass er nun so durcheinander war, sonst wäre ihm wohl aufgefallen, dass sicher alle Blicke für einen Moment auf ihn gerichtet waren. Sie schien völlig zu ignorieren, dass sie auf Moritaka gefallen war und nicht andersrum. Und eine Entschuldigung dafür schien sie schon gar nicht für nötig zu halten. Während der Nakamura versuchte sich aufzurichten, natürlich versehen mit einem hochroten Kopf, da er sich nicht einmal ausmalen wollte, wie viel ungewollten Körperkontakt er grade zu einer Frau gehabt hatte, schien auch Yu sich für sein Leid nicht besonders zu interessieren. „Wer bist du? Und was hattest du in den Luftschächten zu suchen?“, fragte sie das Mädchen aus der Decke, welches sich prompt vorstellte. „Mein Name ist Komachi Tsugumi und ich war auf der Suche nach etwas.“ Da Yu sie nicht kannte, war wohl ziemlich klar, dass sie keine Angestellte des Parks war. Aber Moment mal… Lüftungsschacht? Was suchte man den bitte in einem Lüftungsschacht? Und überhaupt, wie war sie da rein gekommen? Als Besucher kannte man sich doch sicher nicht so gut hier aus, dass man die Lüftungsschächte einfach mal durchkrabbelte?! „Was hast du denn gesucht Tsugumi-chan?“, hinterfragte Coco neugierig, die das Leiden des Nakamura scheinbar auch völlig ausblendete. Nun war ihm nach Heulen zu Mute… Da hatte er sie aufgemuntert und für sie gebastelt und sie ließ ihn unter Schmerzen leidend am Boden liegen?! Vielleicht besser so… Mit der Sorge weiblicher Wesen wäre ihm sicher nicht unbedingt geholfen… „Das geht dich nichts an.“ Und wieder war sie eiskalt… Während der Zeit der Unterhaltung war Moritaka zur Wand gekrabbelt und zog sich grade an dieser hoch. Ihm war nicht danach irgendwas zu sagen. Erstens war der Kuss für den Boden nicht grade schmerzfrei gewesen und außerdem waren ihm hier langsam zu viele weibliche Hormone, wobei grade der Neuankömmling wirkte, als könne sie Moritaka mit einem Wort zum Weinen bringen. „Na dann Tsugumi-chan, folg uns doch! Wir sind grade auf dem Weg zu den restlichen Besuchern. Vielleicht findest du ja dort, was du suchst.“ Und Yu schien wie immer die Sonne aus dem Arsch. Moritaka seufzte… Manchmal fragte er sich, womit er das eigentlich verdient hatte…
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