Manako Raku
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Zum Glück hatte Chinatsu sich bei der Angabe von Ort und Zeit Mühe gegeben, denn den Rest hatte Raku nicht wirklich lesen können. Seine eigene Schrift war beinahe widerlich gerade und sauber, so dass es ihm tatsächlich öfter mal schwer fiel, die Schrift von anderen vernünftig zu lesen. Chinatsus Schrift hingegen war eine neue Art von Herausforderung und die wenigen Worte, die er hatte entziffern können, waren sein Name gewesen, Reich des Flusses... und irgendwas mit voll Krass. Voll krass, aber sowas von, vor allen Dingen diese Schrift. Der Manako hatte noch ein wenig länger auf den Brief gestarrt, den die junge Dame wohl wirklich so an jeden Missionsteilnehmer geschickt hatte? Wie viele waren sie überhaupt? Was war die Aufgabe? Nie und nimmer wäre Raku in der Lage gewesen, das Wort 'Schaufelraddampfer' zu entziffern, aber selbst wenn er es gewusst hätte, hätte er sich gefragt ob Chinatsu dieses Wort kannte. Sie hätte ein Bild zeichnen können und er wäre besser darauf gekommen. Na, was sollte man schon machen, über Erschwernisse regte sich der junge Bogenschütze nicht mehr auf, im Gegenteil. Es war eher so, dass er sie erwartete und entsprechend plante, vor allen Dingen wenn Chinatsu leitete. Wer zur Hölle hatte ihn schon wieder mit der Kumo-nin in ein Team gesteckt?!
Wenn er auch nur ein Stückchen weniger pflichtbewusst gewesen wäre - a. hätte er sich beschwert, b. wäre er untergetaucht oder alternativ c. hätte diese Mission verweigert. Naja, so schlimm vielleicht doch nicht, aber die irritierende Art seiner 'besten Freundin' war über die Zeit kaum besser geworden. 'Früher' war sie einfach ein wenig... naiv gewesen, vielleicht sogar an der Grenze zur Doofheit. In letzter Zeit mischte sich eine seltsame Weiblichkeit in das Handeln von Chinatsu und das machte es für Raku nur noch viel schwerer, mit ihr umzugehen.
Ort, Zeit war klar, insofern war es für den Manako keine Frage, dass er dort sein würde. Er kam ja sowieso nicht drum herum. Also würde er wie immer das Beste draus machen. Ausgestattet und quasi bewaffnet bis an die Zähne - natürlich alles gut verstaut oder versiegelt - tauchte Raku pünktlich auf, vielleicht sogar überpünktlich. Sehr überpünktlich. 6 Uhr war sowas wie seine Zeit, insofern war das wohl nicht verwunderlich - vier Uhr dreißig aufstehen war quasi Pflichtprogramm. Raku war kein Faulenzer, er tötete unnütze Gedanken lieber mit Arbeiten ab. Oder eben mit Jagen. Aber als er Chinatsu herumfliegen hatte sehen, hatte er sich schnell hinter einem Baum versteckt, um nicht direkt gesichtet zu werden. Richtige Entscheidung! Sie grölte los - wenn man das bei so einer hellen Stimme denn sagen konnte - und erstickte ein anwesendes Pärchen nahezu mit ihrer Aufdringlichkeit. Sehr interessant aber, da bekam Raku doch gleich ein paar Informationen über die Mission mit, die er dem Brief nicht hatte entnehmen können. Hm... Kyomochi? Rechtzeitig los? Zwei stinkreich wirkende Menschen mit Bedienstetem? Der Gedanke, bei dem Raku sich gerade erwischte, war beschämend und für ihn sehr ungewohnt: Es war ihm eigentlich ganz lieb, wenn das ein langweiliger Auftrag würde. Auf nutzlose Kämpfe, Töten und ausrastende Teammitglieder hatte er heute sowas von keine Lust, das konnte man kaum deutlich genug ausdrücken.
Ein weiteres weibliches Geschöpf, in etwa so alt wie Chinatsu und er, stieß dazu. Rakus unbedecktes Auge sah nur rote Haare blitzen, und einen Hund an der Seite der jungen Dame, da drängte sich unwillkürlich eine Assoziation auf. Nicht, dass es eine schlechte war. Aber Inuzuka waren doch eben eher dafür bekannt, wild und kämpferisch zu sein. Unglücklich kaute er kurz auf seiner Unterlippe herum, seufzte dann leise. Kasino? Ausgebildeter Ninja-Hund, der einen Zivilisten beißen würde? Fantastische Voraussetzungen. Raku hatte schon richtig Lust. In seinem Kopf war diese Mission schon jetzt eine Katastrophe, obwohl er nichtmal wusste was sie tun mussten. Kasino rocken? Mit Chinatsu, die er wahrscheinlich von entweder irgendwelchen Männern oder alkoholischen Getränken wegzerren musste und einer Inuzuka, die ihren Hund nichtmal darauf trainiert hatte, wenigstens fremde Zivilisten nicht zu beißen? Oh, er hoffte auf den angeblichen Vierten im Bunde, als er mit seinem Pokerface Gasse ging und auf die Gruppe zuschritt. Ganz so als wäre er erst jetzt aufgetaucht. "Guten Morgen", sagte er zurückhaltend und der Blick seines unbedeckten Auges huschte über seine beiden Kollegen. Chinatsu sah aus als würde sie Urlaub machen wollen. Raku sah aus, als würde er für alles vorbereitet sein, aber keine formellen Anlässe. Sein fester Mantel verdeckte allerdings die meisten Ausrüstungsgegenstände. Er trat ein wenig näher an Chinatsu heran und beugte sich zu ihr herunter. "Hasekura-san", wisperte er, auf dass es die Auftraggeber (?) nicht hörten. "Ich konnte deinen Brief kaum lesen. Wer kommt noch? Was ist der Auftrag?" Er machte sich wieder ein wenig gerade, neigte dann leicht den Kopf vor Asami. "Manako Raku." Er zögerte, riss sich dann bewusst zusammen. "Auf gute Zusammenarbeit, Inuzuka-san", murmelte der Bogenschütze und trat ein Stück zurück. Seine raue, kratzige Stimme offenbarte wie so oft, dass er sehr lange nicht gesprochen haben musste - und inhaltlich gleichzeitig, dass er zumindest die Vorstellung von Asami schon mitbekommen hatte.