<<<< Sonstwo
Gedankenverloren schritt Kyon durch die reichlich belebten, aber dennoch nicht überfüllten Straßen Konohas, seinen Kopf nach unten gebeugt und seinen Blick auf den Boden gerichtet. Mit den Händen in der Tasche und seinem lässigen und ruhigen Schritttempo hätte man meinen können, er wäre nur einer von vielen gewöhnlichen Bürgern Konohagakures, unterwegs um irgendwelche Einkäufe zu tätigen, Freunde zu besuchen oder sonst irgendetwas übliches zu tun. Doch, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht glauben mochte, so war der rothaarige junge doch ein Shinobi, wenn auch noch ein Genin. Und als solcher befand er sich momentan auf dem Weg in Richtung des Treffpunktes seines Teams... seines neuen Team, wohlgemerkt. Wieder einmal schien ‚der Fluch’, wie Kyon es nannte zugeschlagen zu haben. Wobei Kyon natürlich nicht wirklich an so etwas wie einen Fluch glaubte, immerhin war er intelligent genug um nicht an solche Ammenmärchen zu glauben... aber dennoch. Sein erstes Team, dem er nach dem Abschließen der Geninprüfung zugewiesen wurde, hatte nur sehr kurz bestanden und abgesehen von seinem Teamkamerad Ryuosuke war es gänzlich auseinander gefallen. Schnell darauf allerdings wurde für Ersatz gesorgt, so lernten die beiden verbliebenen Jungen schließlich Ami und Mizu kennen. Allerdings zerfiel dieses Team ebenso schnell wie es ins Leben gerufen wurde und wieder waren nur die beiden Genin Kyon und Ryuo übrig geblieben. Mehr als ungewöhnlich in Kyons Augen, da ein so häufiger Wechsel der Teammitglieder und Sensei keineswegs gut war. Er war zwar niemand der auf Teamwork setzte, trotzdem sollte zumindest so etwas wie eine winzig kleine Vertrauensbasis entstehen. Als aber schließlich auch noch vor kurzem der Beschluss der Hokage kam, dass Ryuo und Kyon ebenfalls in zwei unterschiedliche Teams gesteckt werden sollten, kam der Moment da Kyon keinerlei vertrauen mehr in das bürokratische System Konohas hatte. Nun ja, aber vielleicht dachte die Hokage nur, dass vielleicht die beiden Jungen die Auslöser für die immer wieder einkehrenden Störungen in den Teams waren. Wobei es letztendlich niemals die Schuld von einem der beiden gewesen war, dass alle ehemaligen Mitglieder aus den Teams nun verschiedene Wege gingen. Wobei eigentlich einzig und allein der Abgang von Ryuo Kyon ein bisschen... nun ja, nicht traurig stimmte, aber doch etwas nachdenklich. Zwar haben sich die beiden nie wirklich gut verstanden, besser gesagt sie konnten sich nicht ausstehen, doch hatte Kyon zumindest das Gefühl gehabt, er hätte sich auf Ryuo verlassen können. Aber sei´s drum, es war nun nicht an der Zeit in der Vergangenheit zu leben, er musste nach vorne blicken...
...und das tat er gerade noch rechtzeitig, denn beinahe wäre er in einen Passanten hineingelaufen, dem er aber gerade noch so ausweichen konnte. Warum musste ihr neuer Sensei auch einen Ort als Treffpunkt ausmachen, der mitten in Konoha liegt? Und dann noch der Ramenstand, genau der Ort an dem auch Sensei Yumi, seine erste Sensei, ihn damals hingebracht hatte. Ob das ein schlechtes Vorzeichen war? Aber nein, auch an Omen glaubte der Junge nicht. Wahrscheinlich wollte der Jounin sich erst einmal bei seinen Genin einschleimen und versuchen sich gut mit ihnen zu verstehen. Dass ihm das bei Kyon gelingen sollte, war höchst unwahrscheinlich, aber vielleicht hatte er bei einem der anderen beiden Genin eine größere Chance? Vielleicht bei diesem Nekoyami? Kyon hatte nie in seinem Leben etwas von so einem Clan gehört und deswegen setzte er nicht wirklich viel Hoffnung darin, dass es irgendein begabter Genin oder so etwas in die Richtung war. Die Person, die ihn allerdings schon viel mehr interessierte, war die Hyuuga, die in ihr Team kommen sollte. Kasumi hieß sie, soweit Kyon sich richtig erinnerte, doch interessierte ihn die Person an sich kein Stück, das einzige was er sehen wollte war der Kampfstil des berühmten Hyuuga Clans, dem angeblich stärksten Clan in Konoha. Er wollte ihn sehen, um zu lernen, wie er ihn besiegen kann, ansonsten interessierte ihn auch der Clan nicht sonderlich. Zumindest hatte er bisher das sehr positive Gerücht gehört, dass die meisten Hyuuga schweigsam waren, damit würde sich das Mädchen vielleicht doch irgendwie beliebt machen bei ihm, denn er hatte nicht vor mit irgendeinem, dem Sensei vielleicht ausgenommen, mehr Worte als nötig zu wechseln und wenn dann nur wenn es ihm irgendwas brachte. Dem Jounin im Team würde er eventuell etwas mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen, da er von ihm etwas lernen konnte und dafür war er ja schließlich da. Allerdings hoffte Kyon, dass der Jounin nicht sehr streng war, denn er konnte nicht wirklich gut mit Autoritäten umgehen, zum einen weil er sich einfach nicht gerne etwas vorschreiben lies, wenn er meistens einen Weg kannte der doppelt so effizient war und nur halb so viel Mühe kostete, zum anderen weil er es gewohnt war alles nach seiner eigenen Methode zu machen, man könnte sagen frei Schnauze... aber diese Methode war meistens eben die beste. Nun ja, bisher gab es noch keinen Menschen der nicht vorhatte ihn zu ändern, von daher machte sich Kyon nicht wirklich große Hoffnungen. Schließlich erkannte er, dass er nur noch wenige Meter von seinem Ziel, dem Ramenstand, entfernt war. Ein kurzer Blick ließ ihn recht schnell die Situation erfassen.
Zwar konnte er nicht sagen, ob sein Sensei oder der Nekoyami irgendwo in der Nähe waren, doch gab es keinen Zweifel daran, dass dort, an eine Seitenwand des Ladens, die Hyuuga des neuen Teams gelehnt stand und sich offenbar recht langweilte. Nun ja, ihr Pech wenn sie auch schon so früh da war, Kyon selbst war um die zehn Minuten zu früh da, als es eigentlich auf dem Zettel angegeben war. Einen Augenblick lang blieb er stehen und schaute in Richtung des Mädchens und musterte sie. Sie war eigentlich ganz niedlich, sie schien etwas jünger als Kyon zu sein und auch etwas kleiner, er konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass das dort eine gute Kunoichi sein sollte. Doch wusste Kyon, dass man nicht nach dem Aussehen gehen sollte was das anging... trotzdem, ihr Gesamtbild, das durch die langen violetten Haare abgerundet wurde, hätte besser in einen Tanzkurs gepasst, nicht aber in das Ninja-Leben. Schließlich entschloss sich Kyon auf sie zu zu gehen, denn auch wenn er nicht wirklich großartig mit ihr sprechen wollte, so war er doch wenigstens gut erzogen und grüßte ein neues Teammitglied, wenn er es zum ersten Mal traf. Mit ein paar wenigen Schritten war Kyon ebenfalls an der Holzfassade angekommen und lehnte sich neben das Mädchen, eher er seine Stimme hob und ihr recht leise ein "Shigekazu Kyon desu*" zu murmelte und seinen Kopf anschließend in ihre Richtung drehte. Seine Hand allerdings streckte er ihr nicht entgegen, zwar war er höflich, doch hielt er nicht sonderlich von übertrieben großer Gestik und falls es ihr so viel bedeutete, sollte sie doch damit anfangen. Sein Gesicht war ziemlich ausdruckslos und man hätte unmöglich daraus ablesen können, was er für sein Gegenüber empfand und ob er nun vorhatte sich mehr mit ihr zu unterhalten oder sich gleich wieder von ihr abzuwenden.
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*"Shigekazu Kyon desu" = Ich bin Shigekazu Kyon