In den Schatten einer dunklen Gasse vor einem hübschen, kleinen Haus hockte ein Hund mit grauem Wuschelfell und gähnte herzhaft, während gerade ein Mädchen das Gebäude vor seiner Nase betrat. Bei diesem hübschen Kind handelte sich um die nach wie vor namenlose Schönheit aus dem Restaurant "Zum glücklichen Nebel", und der zottelige Hund war, wie könnte es anders sein, in Wahrheit ein wohlbekannter, junger Genin mit feuerroter Haarpracht. Das Mädchen hatte anscheinend nichts ungewöhnliches bemerkt, und damit das fürs erste auch so blieb, ließ Hündchen Haruki sich im Schatten einer Mülltonne am Rand der Gasse nieder.
Nun galt es, sich zu einem sinnvollen, weiteren Vorgehen zu entschließen, weshalb er seine Gedanken auf das Abwägen seiner Möglichkeiten lenkte. So konnte er versuchen, zunächst einmal von außerhalb die Lage im Haus zu prüfen, indem er einige Blicke durch die Fenster erhaschte. Einfach nur abwarten kam ihm auch in den Sinn, aber wirklich sinnvoll wäre das nicht, denn wer konnte schon wissen, wann das Mädchen das Häuschen wieder verlassen würde. Folglich verwarf er diese Idee augenblicklich wieder, ebenso wie die Idee, das Mädchen einfach Mädchen sein zu lassen und zu den anderen zurückzukehren. Welchen Nutzen hätte diese Option denn? Zwar gab es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Schönheit hier zu Hause war, aber eine einhundertprozentige Sicherheit hatte er, was das betrifft, auf keinen Fall. Wenn er also nun verschwinden und das Mädchen aus den Augen lassen würde, hätte er im Großen und Ganzen nichts erreicht. Gut, die Schriftrolle war scheinbar ohnehin bei der anderen Person gelandet, trotzdem war die Namenlose auf irgendeine Weise in die ganze Sache verstrickt. Zudem wusste sie vielleicht etwas über den Verbleib von der guten Itoe, denn auch was das betraf herrschte nach wie vor Klärungsbedarf.
Zu guter Letzt blieb noch eine vierte Option: Stumpf den Vordereingang mitsamt Klingel benutzen oder wahlweise das Haus stürmen - haha, guter Witz. Fiel das tatsächlich unter die Optionen? Welcher Idiot würde denn so einen Blödsinn veranstalten? Wer sich in diesem Augenblick den Hund genauer besah, könnte meinen, dass er über das ganze Gesicht grinste. Tja, bei all dem Ärger an diesem Tag brauchte das Gehirn des Jungen wohl einfach mal wieder etwas zum Lachen und hatte diese unmögliche Idee herausposaunt.
So fiel letzten Endes schließlich Harukis Entscheidung auf seinen ersten Plan: eine Runde spionieren. Aber wie, stellte sich schnell die Frage ein. Auch ein Hund, der seine Nase nacheinander an die Fenster eines Hauses drückt, wäre mehr als auffällig und somit fiel die Möglichkeit weg, das Henge zu diesem Zweck zu nutzen. In menschlicher Form wäre es wohl noch weniger sinnvoll, also wurde rasch auch diese Idee beiseite geschoben. Gedanklich ging er die Dinge durch, die er am Abend vor Missionsbeginn in seinem Beutel und der ein oder anderen Gürteltasche gesammelt hatte. Relativ schnell blieben seine Gedanken an einem bestimmten Gegenstand hängen, mit dem eine unauffällige Observierung möglich wäre.
Nach einem prüfenden Blick, ob die Luft auch rein war, huschte Wuschelköter Haruki durch den Vorgarten zur rechten Seite des kleinen Häuschens, wo er neben einem Fenster dicht an die Hauswand gepresst schließlich das Henge löste. Seine Nase kitzelte etwas, jedoch nicht in bedrohlichem Maße, dafür aber meldete sich in seinem Hals wieder einmal der Hustenreiz, hatte er doch inzwischen schon länger nichts gegen diesen getan. Ein prüfender Griff in den Beutel verriet ihm, dass sein Bonbon-Vorrat langsam zur Neige ging, was bedeutete, er musste sich beeilen, sollte er sich nicht durch einen Hustenanfall verraten oder durch die Unterdrückung dessen ersticken wollen. Rasch schob er sich also eines der übrigen Bonbons in den Mund und zog gleich darauf aus einer Gürteltasche den Gegenstand heraus, der ihm bei der Überprüfung der Räumlichkeiten helfen sollte: ein kleiner Spiegel. Ohne weiter zu zögern hielt er den Spiegel so, dass er, ohne selbst gesehen zu werden in das Innere des Hauses schauen konnte. Der Raum, dessen Spiegelbild er nun sah, war wohl die Küche des Hauses. Sicher war er sich aber erst, als er auf die andere Seite des Fensters gewechselt war und von hier aus den Herd sehen konnte. Auf diese Art und Weise umkreiste er einmal das komplette Haus und überprüfte so flüchtig jeden der Räume im Untergeschoss. Durch die Umrundung - und die glückliche Fügung, dass in allen Zimmern Licht brannte - kannte Haruki nun zum einen die Aufteilung der Räume, die sich, der Reihe nach, als Küche, Bad, Wohnzimmer, Kaminzimmer und Esszimmer herausstellten. Zum anderen konnte er mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass sich, von dem Mädchen einmal abgesehen, keine weiteren Personen im Haus aufhielten, jedenfalls nicht auf der unteren Etage. Der erste Eindruck der Räumlichkeiten war durchaus positiv - es schein ein gemütliches, altes Haus zu sein, scheinbar recht geschmackvoll eingerichtet, soweit der junge Genin das beurteilen konnte. Nichts weiter Ungewöhnliches. Zudem kannte er nun den Aufenthaltsort des Mädchens, welches er im Kaminzimmer ausfindig machte, als es sich gerade vor dem dort stehenden Klavier niederließ und zu spielen begann. Eine schöne Melodie, angenehm ruhig und einen Augenblick konnte Haruki sich davon nicht wieder lösen - er selbst war zwar ein hoffnungsloser Fall mit jedem Instrument, dass er in die Finger bekam, was aber nicht bedeutete, dass er kein Ohr für gute Musik hätte. Nach einiger Zeit schlugen Melodie und Harmonien eine dramatischere Richtung ein und riefen den erschöpften Haruki wieder ins Hier und Jetzt zurück. Gerne hätte er noch länger gelauscht, aber dafür war er nicht hier. Keine Zeit zum Ausruhen, weiter, weiter... und wie? Der nächste logische Schritt war wohl, in das Haus einzusteigen, sich umzusehen, seine Eindrücke durch Details aufzufüllen.
Mit schleichenden Schritten kehrte er zurück zur rechten Seite des Hauses und besah sich die Fenster des Wohnzimmers genauer. Genau wie das Haus selbst waren auch diese nicht mehr die Jüngsten, weshalb es Haruki nach relativ kurzer Zeit gelang, mithilfe eines Kunais eines der Fenster im Verschlussbereich auszuhebeln und in das wohnliche Zimmer einzusteigen.
Im Inneren des Hauses war es schön warm, trotz der kühlen Nachtluft, die durch das offenstehende Fenster hineinströmte. Bevor sich der Junge mit der Durchsuchung begann, versuchte er das Fenster so unberührt wie möglich erscheinen zu lassen, was ihm nur mittelprächtig gelang. Wenigstens aber von Weitem würde man die Beschädigung am Rahmen nicht so leicht erkennen. Langsam ließ Haruki seinen Blick durch den gemütlich eingerichteten Raum schweifen und überlegte, womit er beginnen sollte. Vielleicht war es nicht ganz dumm, erst einmal nach Hinweisen auf die Identität des Mädchens Ausschau zu halten. War dies hier ihre Wohnung, würde sich sicherlich etwas finden. Wenn er dabei über andere interessante Dinge stieß - umso besser. Durch die einen spaltbreit offen stehende Tür drang das noch immer recht dramatisch anklingende Klavierspiel der jungen Dame und so konnte Haruki ein kleines Privatkonzert genießen, während er sich durch die Räume des Hauses vorantastete, beginnend mit dem Raum, in dem er sich gerade befand, dem Wohnzimmer.
Die zum Bad angrenzende Mauer war zur Gänze hinter einer Schrankwand verschwunden, in der vor allen Dingen haufenweise Bücher und eine ganze Reihe an Notenheften zu finden waren. Unter den Büchern konnte Haruki viele Titel lesen, die vor allem bei dem Kitsch-Organ des weiblichen Geschlechts Entzücken auslösen mochten, so in etwa "Im Dunkeln der Nacht" und "Die Dornen der Rose". Aber auch Bücher, die sich scheinbar eher dem klug-komischen Genre zuordnen ließen wie "Wenn man vom Teufel spricht oder die Wahrheit über den Zufall" waren in dem Regal zu finden. Anschließend an das Wohnzimmer untersuchte der temporäre Spion auch die restlichen Räume auf dem Erdgeschoss, mit Ausnahme des Kaminzimmers selbstredend. Im Esszimmer gab es eine Tokonoma, auf der, neben einer reich verzierten Kerze, ein liebevoll gepflegter Bonzai plaziert war. An der Wand hinter Kerze und Bonzai hing eine Schriftrolle, auf der kunstvoll ein Familienstammbaum verewigt war. Die beiden Namen, die zuunterst verzeichnet und durch eine Linie als Ehepaar ausgezeichnet waren, lasen sich als Ishiyama Mâya und Ishiyama Tetsu - die gegenwärtigen Eigentümer des Hauses, mutmaßte Haruki. Auch das Ehebett in einem der Schlafzimmer im Obergeschoss wies auf die Tatsache hin, dass in diesem Haus nicht ein junges Mädchen allein lebte, wie auch schon die relativ große Vielfalt der Buchtitel im Wohnzimmer. Auch gab es eine Art Arbeitsraum im Obergeschoss, auf dessen Schreibtisch sich eine gute Menge Arbeit zu häufen schien. In jedem Raum gab es kleinere Hinweise auf die religiöse Gesinnung der Bewohner, die offensichtlich stark zum Shintoismus tendierte. Aber bei allem, was Haruki bis jetzt gesehen hatte, gab es nichts, dass etwas über die Klaviervirtuosin offenbarte. Vielleicht hatte er es auch nur übersehen, was aber seiner Meinung nach recht unwahrscheinlich war, hatte er doch alles sehr gründlich durchsucht. Also blieb nur noch eines: das Kaminzimmer genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber als er die Treppe wieder herunterschlich, drang noch immer das bezaubernde Klavierspiel des Mädchens an seine Ohren. Solange sie in dem Zimmer war, würde er dort natürlich nicht hineingehen können. Also musste er wohl oder übel abwarten, bis das Mädchen entschied, dass es genug wäre und das Zimmer verließ. Damit er in diesem Fall nicht zufällig im falschen Raum stehen würde, entschied er sich, im Eingangsbereich zu bleiben und dort nach einem geeigneten Versteck zu suchen. Das erwies sich als nicht allzu leicht: ein plötzlich vorhandener, zweiter Garderobenständer würde dem Mädchen sicherlich auffallen. Sich in den Schrank einschließen stand ohnehin nicht zur Debatte - auf derart engem Raum eingesperrt sein? Keine Chance! Aber eine Möglichkeit bot sich ihm: zwischen Schrank und Decke war nicht viel Platz, aber genug, dass Haruki dazwischen passen könnte. Die Lampe war ein Stück entfernt, so dass dort oben Schatten vorherrschten, in denen sich der Junge verstecken könnte, außerdem war der Schrank sowohl recht breit als auch ziemlich tief, was das verstecken noch vereinfachen würde. Gedacht getan und so fand sich der Rotschopf nach einer kurzen akrobatischen Einlage zwischen Schrank, Decke und einigen Spinnweben wieder. Angewidert verzog er das Gesicht, verkniff sich ein Niesen und hielt sich fortan den Kragen seines Mantels vor Mund und Nase. Wieder einmal konnte er nichts weiter tun, als abzuwarten...
[ooc: nun ist es auch endlich geschafft. Ich muss mich bei euch entschuldigen, die Kombination von RL und einer intensiven Schreibblockade hat mir diese Woche ein wenig den Nerv geraubt. ]