Endlich! Endlich ein Treffer, und dann auch noch direkt in sein Gesicht! Der Stab schmetterte Kanos Kopf hart entgegen und drückte diesen weit zur Seite, hinterließ auf ihm ein Zeichen des Erfolgs. Eine Platzwunde bildete sich, während der braunhaarige Genin kurz taumelte. Souta hätte zu einem weiteren Angriff angesetzt, wäre sein Stab durch die unglaubliche Wucht, die er in seinen Schlag gesetzt hatte, nicht dafür verantwortlich gewesen, dass ihm dieser nun vollkommen aus den Händen flog. Er landete viele Meter weit entfernt auf dem Asphalt, vollkommen aus der Reichweite, in der der kleine Blondschopf agieren konnte, entfernt. Seine Waffe war verloren, das hielt ihn jedoch nicht davon ab, weiterzukämpfen. Sein Gegner erlitt erstmals in diesem Kampf eine echte Wunde. Und auch wenn Soutas Verletzungen, die aufgerissene Wange stach noch stärker als der blutüberströmte Fuß hervor, weitaus zahlreicher waren, motivierte ihn das doch ungemein. Er konnte kurz verschnaufen, Ausdauer tanken, ehe Kano zu einem weiteren Angriff ansetzte. "Na los, machen wir weiter!", protzte er grinsend. Souta würde ewig weitermachen, wenn es sein müsste! Er duckte sich unter dem Schlag seines Gegners hindurch, sah ihn kommen, bevor sein Gegner überhaupt zu ihm ansetzte. Er war berechenbar, was vollkommen ausgenutzt wurde. Nachdem der Shinobi dem Angriff ausgewichen war, setzte er direkt zum Gegenschlag an. Ein weiterer Schlag ins Gesicht, nicht etwa auf die Platzwunde, das wäre unfair gewesen, stattdessen war das Kinn der perfekte Aufschlagpunkt. Kämpfen war etwas unglaublich tolles. Man konnte sich selbst herausfordern, immer wieder an Höchstleistungen bringen, zeigen, was man konnte, mit anderen messen. Tatsächlich lernte man jemandem immer am besten in einem Kampf kennen. Manche Handlungen waren irreführend, Worten konnte man nicht immer vertrauen, selbst die eigenen Gedanken trogen einen manchmal. Doch wenn Fleisch auf Fleisch, Knochen auf Knochen und Faust auf Faust traf, wusste man, wer der andere, wer man selbst war. Das Wort, mit dem man einen Kampf am besten beschreiben konnte, warSCHEISSE!!!!
Ginrei hob die Hand, reflexartig, ließ sie die Innenfläche gegen seine Stirn klatschen. Gleichzeitig schüttelte er den Kopf. Das war peinlich, armselig. Nicht nur von Shen, sondern auch von Souta selbst. Nur ein Idiot hätte so etwas zugelassen!
Ihm stockte der Atem. Jedes Wort, das er nun herausgebraucht hätte, hätte in seiner Tonlage selbst sechsjährige Opernsängerinnen übertroffen. Ein Tritt, direkt zwischen die Beine, in die Privatssphäre, das Allerheiligste des Mannes. Sofort zuckte er in sich ein, unterbrach er seinen Angriff, brach er auf dem Boden zusammen. Still blieb er dort liegen, sich mit den Händen zwischen die Beine fassend. Was auch immer das bezwecken sollte, es war vergeblich. Langsam, wirklich langsam brachte sein Mundwerk etwas hervor. "Ver-..dammter...", sagte er kratzig und gebrochen, "W-...ichser!" Ein einst so stolzer Krieger, nun wimmernd und mit dem Bewusstsein rangelnd vor seinen Gegnern liegend, auf dem Boden, den sie mit ihren dreckigen Schuhen beschmutzten, auf den sie spuckten. Das war erniedrigend, selbst für ihn.
Vorbei. Aus und vorbei. Das war es. Souta hatte vollkommen versagt, verloren. Den alten Mann interessierten die Umstände nicht, in einem Kampf musste man auf alles vorbereitet sein. Er hatte seinem Gegner den Rücken zugewendet und das war der Preis dafür. Wer sich gegen eine Gruppe behauptete, musste auch jedes Mitglied dieser im Auge behalten. Sich blind auf einen zu fixieren, weil man eine Chance roch, war einem Idioten, aber keinem Yamasaru vorbehalten. Doch im Moment war Souta eher ersteres. Ginrei sprang von seinem Dach, kam neben dem langen, roten Kampfstab auf. Der dumme Gartenzwerg hatte ihn zu seinem zwölften Geburstag erhalten. Ein Jahr lang hartes Training und dennoch war er noch so schlecht, kein Wunder also, dass es der Jounin bereute, ihm zu akademischen Zwecken das Taijutsu-Training nur nach den Hausaufgaben zu erlauben. Inzwischen hätte er viel weiter sein, mit den vier Genin den Boden aufwischen müssen. Die Wut, die er empfand, zeigte sich in einem leicht verächtlichen Blick. Der alte Mann stellte sich vor das Bo, platzierte mit einer schnellen Bewegung seinen Fuß unter diesem - man konnte es als hochrotieren bezeichen -, hob ihn dann auf diesen an. Ein geschickte, genaue Bewegung, die sein Enkel erst noch lernen müsste. Danach verlieh er ihm Schub, ließ ihn nach oben fliegen und fing ihn mit der Hand auf, wo er zwischen seinen Fingern zur Ruhe kam. Daraufhin stolzierte er, die Arme samt Stab hinter dem Rücken verschränkend, auf den am Boden liegenden Genin zu. Kano, Anetsu und Amira - keinem von ihnen würdigte er auch nur eines Blickes. Shen hingegen zeigte er lediglich mit seinen Augen, was er von ihm hielt. Natürlich musste man immer auf alles vorbereitet sein, aber ein Tritt zwischen die Beine und dann auch in einem Kampf unter... Verbündeten(?), das war äußerst unangebracht. Mal ganz davon abgesehen, dass es schlechtes Ansehen mit sich brachte, ebenso Verachtung, wie Ginrei subtil demonstrierte.
Als der Genin bemerkte, wer sich da näherte, leicht konnte er den Kopf heben, kam das Adrenalin erneut in ihm hoch. "Verschwinde, alter Mann!", rief er wütend. Er hasste seinen Großvater nicht, beschimpfte ihn nicht, um ihn zu beleidigen. Nein, er wusste einfach, was dieser vorhatte und das konnte er nicht zulassen. "Ich kann noch kämpfen!" Ginrei hatte ihn bereits als Verlierer deklariert, wollte ihn mitnehmen und zu Hause abladen, ihm eventuell noch Verbandszeug gegen den Kopf werfen, mit dem er seine Wunden umwickeln konnte. Doch so nicht mit Souta, nein! Langsam hob er die Arme, winkelte er die Ellenbogen an, platzierte er die Hände auf dem Asphalt. Er zog sich hoch, auch die Knie folgten, bis er schließlich auf allen Vieren war, kläglich versuchte, nach oben zu kommen, was ihm aufgrund der erlittenen Schmerzen nicht vergönnt war. Er hatte keine Chance mehr, das wusste jeder normal denkende Mensch. Aber aufgeben? Nein, niemals! Nicht, solange er noch atmete! Es gab keinen Grund, einen Kampf zu beenden, solange man noch bei Bewusstsein war! "Siehst du?!?", schrie er Ginrei an.
Die Hacke der hölzernen Sandale landete auf Soutas Kopf, drückte ihn schmerzhaft wieder nach unten. "Schwachsinn. Du liegst am Boden wie ein Hund.", entgegnete er grimmig. Der alte Mann griff sich das Bein des Jungen, packte es fest und warf ihn an diesem hoch, ließ ihn in der Luft wirbeln und schließlich auf seiner Schulter landen. Der Junge strampelte leicht, wie ein kleines Kind, wollte sich befreien. Doch dafür war der Griff, in dem er sich befand, zu fest. So ging Ginrei schließlich dort hin, wo sich der Schuh befand, hob ihn hoch, dann schließlich den roten Mantel und kam schlussendlich am großen Rucksack an. Er verstaute alles in diesem, wollte sich gerade bereit machen, als sich das Goldlöckchen erneut meldete. Souta blickte nach hinten, den Jungen entgegen. "Wartet nur auf eure Revanche, dann mach ich euch fertig!", rief er ihnen entgegen, blickte dann in das Gesicht des Mannes, der ihn da trug. "Und du bist gleich danach dran, Opa!" Nerviger Junge... Ein schneller Schlag in den Nacken und sein Bewusstsein hatte sich verabschiedet. Nun schnallte er sich noch den Rucksack um, ehe er im Bruchteil einer Sekunde verschwunden war. Kein Fingerzeichen, kein Warten, nicht einmal Chakra. Pure, antrainierte Geschwindigkeit.