Mission: Die traurige Prinzessin
Als Mari die Augen aufriss, sah sie nur eines: Dunkelheit. Es war unbehaglich, zusammen mit dem merkwürdigen Gefühl, dass ihr Körper nicht mehr gehorchte, sich höchstens in Zeitlupe den Befehlen ergab, die das Oberstübchen der Hyuuga zu verlauten gab. Aber woran lag das? Langsam, aber dennoch gezielt, bewegte sich die rechte Hand des Mädchens nach vorne, wollte etwas ergreifen – was eigentlich? – da lichtete sich die Finsternis, offenbarte der Kunoichi endlich den Platz, an dem sie sich befand. Von einer Sekunde auf die andere verschwand die Trägheit ihres Körpers, der Kopf flog hektisch von einer Seite zur anderen, als sie hinter sich ein gedrücktes Schnaufen vernahm, stetig lauter werdend. Es verankerte sich im Gehörgang Maris, verursachte Kopfschmerzen, doch bis sie es schaffte, den innerlichen Mut aufzubringen, sich umzuwenden, dem Ursprung dieser angestrengten Atmung auf den Grund zu gehen, vergingen Minuten, die gefühlt locker an die Stunden herankamen. Dort stand eine Gestalt, groß gewachsen, gut gebaut und ziemlich.. behaart. Während der Unterkörper dem eines ansehnlichen jungen Mannes glich, wies der Kopf eine Schnauze, gebleckte Zähne und schwarze Knopfaugen auf. Die Braunhaarige erstarrte bei diesem Anblick, war das nicht.. Scrubbles? Okay, was war hier bitte passiert?! Die Lippen öffneten sich, wollten nachfragen, doch bis auf ein wenig Luft kam nichts heraus. Stimme? Fehlanzeige. Aber war auch nicht nötig, denn dieser Mischling aus Hund und Mensch hörte just in diesem Moment auf, laut zu atmen, breitete stattdessen die Arme zu beiden Seiten aus und grinste – das sah bei diesem Köter verdammt krank aus.
„Freust du dich? Du wirst mit uns zusammen ewig leben~“ Die Stimme war überraschend tief, doch viel wichtiger, was er mit seiner Aussage meinte. Die Schatten drängten sich ein weiteres Stück nach hinten und führten Mari einen Haufen ausgestopfter Hunde vor Augen, die sie mit ihren seelenlosen Augen ansahen, sich auf sie fixierten, sodass sogar die Trägerin des Byakugans sich durchschaut fühlte. Ihr Herz raste unaufhörlich, sie wusste nicht, wie sie mit den Eindrücken umgehen sollte. Doch dann... blieb es schlagartig stehen. Beim Blick auf die Hände bemerkte die Hyuuga dass diese... Pfoten waren! Was zum Henker?! Sie hatte keine Stimme, ihr Hirn wollte gerade gar nicht arbeiten und das Herz war stehen geblieben.. aber das war natürlich noch nicht alles. Ein teuflisches Lachen durchflutete den Raum, danach schien Licht von oben auf die 15-Jährige hinab, die beim Ausblick zur Decke die Augen zusammenkneifen musste. Dort war ein Gitter, auf dem Yamada-san stand, schrill kicherte und sich an den Körper eines jungen Mannes presste. Leider konnte Mari dessen Gesicht vorerst nicht erkennen.
„Ist das nicht wundervoll? Endlich konnten wir unsere Hobbys verbinden, das stimmt mich wirklich glücklich, dich nicht auch... Tatsumaki-chan?~“ Mari zuckte, als sich der junge Herr an der Seite der Hausfrau ein Stück nach vorne beugte und sein Gesicht vom Licht anscheinen lies. Kaum war dies geschehen, fielen auch die langen schwarzen Haare – offen – seitlich des Kopfes hinab. Hämisch grinste der Suna-Nin auf die Hyuuga hinab, strahlte Erhabenheit und Schadenfreude aus
„Hime~ Deine Schönheit wird für ewig dort unten festgehalten.“ Er packte die alte Dame noch ein Stück fester und beide zusammen stimmten in ein ähnlich grauenhaftes Gelächter ein, welches an Lautstärke jedes Konzert übertrumpft hätte. Die Hände – Pardon, Pfoten – Maris legten sich auf deren Ohren, sie schloss die Augen, wollte schreien...
… da schreckte sie, gestört von ihrem Wecker, aus dem weichen Bett auf, blieb mit aufgerissenen Augen sitzen und hielt sich schweißgebadet die Stirn. Nur allmählich dämmerte der Kunoichi, dass es morgens war, sehr früh morgens sogar und sie sich in keinem dunklen Keller befand, sondern ihrem eigenen Zimmer. Ein Traum? Ja. Aber was sollte das bitte für einer gewesen sein? Ein zur Hälfte menschlicher Fiffie, lauter ausgestopfte Vierbeiner, sie selbst, die sich langsam in einen von ihnen verwandelte und das am meisten schockierende: das Couple Yamada und Tatsumaki.... das war einfach so weit von der Realität entfernt, hätte ihr das nicht bereits in der Traumwelt auffallen müssen? Anscheinend nicht, sonst würde sie nun nicht minutenlang in ihrem Bett sitzen und ins Leere starren, um sich dann mit einem Schütteln des Kopfes von ihrer Erinnerung zu lösen und es in ihr Unterbewusstsein zu verdrängen. Hoffentlich würde so etwas nicht wiederkommen. Sie hatte ja bereits vieles in ihren Träumen erlebt, aber das war wirklich mit Abstand das Grauenhafteste gewesen. Da sie heute bereits wieder auf den Schwarzhaarigen treffen würde, war es besser, sich schnell wieder in die Realität zu begeben. Interessant daran war zu wissen, dass die Verwaltung nach den Ereignissen im Windreich – die bereits ein gutes Stück in der Vergangenheit lagen – in dem neulich von der Hyuuga erhaltenen Brief angekündigt hatte, dass diese wieder zur Leiterin einer Mission in einem anderen Reich bestimmt worden war. Ach was, dieses Mal war es nicht nur ein fremdes Land, sondern gleich zwei! Zuerst sollte es nach Kusagakure gehen, um dort eine reiche Tochter – anscheinend stinkreich, Prinzessinnen-Status, so im Prinzip – abzuholen und sie danach weiter nach Iwagakure zu eskortieren. Das Erdreich... während das Reich des Grases auf neutralem Grund agierte, war jenes Gebiet Teil des Soraverbundes, demnach die Rivalen der Shiros. Was den ganzen Konflikt zwischen den beiden Städten anging, hatte die Braunhaarige sich nie mehr als nötig damit beschäftigt, denn sie hegte nicht unbedingt eine angeborene Abneigung gegen Länder wie Iwa, Kiri oder Ame, nur weil deren Mitglieder nicht ihrem Verbund angehörten. Höchstens eine gewisse Vorsicht. Dabei waren sie in der Akademie oft genug als die 'Bösen' deklariert worden. Nunja, da in der Aufgabe gestanden hatte, dass sich die teilnehmenden Shinobi nicht direkt als Ninja offenbaren sollten, würde die fremde Nation ohnehin nicht sagen können, dass Hei und Mari (ja, das waren schon besagte Teilnehmer der Mission) verfeindete Kämpfer waren.
Um wieder auf den Boden der Tatsachen zu gelangen, hatte sich die Braunhaarige eine ausgiebige Dusche gegönnt, ausreichend gefrühstückt und kontrolliert, dass sie auch alle nötigen Dinge für den kommenden Auftrag in ihrem Rucksack bei sich trug. Nach Kusa reisen und von dort aus zum Erdreich und wieder zurück – dieses Mal ging es noch ein akzeptables Stück weiter als nur zum Windreich. Gut, dass das Klima dort nicht so extrem war wie in der Wüste. Das Abzeichen Konohas war wie in dem Brief vorgeschrieben nicht am Körper der jungen Ge'nin zu finden, die beim Blick in den Spiegel fast vermissend die Stelle an ihrer Hüfte berührte, an der nun nur ein helltürkises Band zu erkennen war. Das hatte sie immer als Akademistin getragen, da es nicht nur als Gürtel fungierte, sondern als Farbklecks auch recht gut zu den restlichen Klamotten passte. Die bestanden aus einem einfachen Shirt – weiß, wie immer – einer kurzen schwarzen Hose, die über einer Leggins getragen wurde. Das alles war wie üblich eher eng geschnitten, aber es bot den Handlungsfreiraum, den Mari benötigte, zusammen mit dem Faktor, dass sie wirklich überhaupt nicht aus der Masse hervorstach. Sogar ihre Waffentasche hatte sie für diesen Zweck abgelegt und zu Proviant und Ähnlichem in den gräulichen Rucksack verstaut. Wie gut, dass sie als Angehörige ihres Clans auch notfalls ohne Waffen agieren konnte.
Das Dorf schlief noch, als das Mädchen mit den braunen Haaren und den weißen Augen durch die einzelnen Bezirke schritt, die Hände in den Hosentaschen verstaute und sich eine Aussicht in den Himmel gönnte. Irgendetwas war in den Wettermeldungen eindeutig falsch gelaufen. Hieß es kürzlich noch, dass das Feuerreich am heutigen Tag von einer wahren Sonnenflut überrannt werden würde, hing zumindest momentan eine recht dicke Wolkendecke über den Köpfen der Bürger. Aber gut, es würde ohnehin erst in wenigen Minuten zum Sonnenaufgang kommen, vielleicht vertrieb dieser ja diese bedrückenden Schwaden? Hoffen konnte man noch. Innerlich seufzte Mari, zuerst aus dem Gedanken heraus, dass sie sich nicht weiter bei Aiko verabschiedet hatte. Doch wegen dieser Kleinigkeit – in den Augen der Kunoichi – hatte sie ihre jüngere Schwester nicht aus dem wohlverdienten Schlaf reißen wollen. Gleich danach musste sie über ihren Kollegen nachdenken, mit dem sie zusammen zu der Mission in die fremden Länder aufbrechen würde. Der letzte Job lag nun zwei Wochen in der Vergangenheit und die 15-Jährige hoffte inständig, dass diese Zeitspanne ausgereicht hatte, damit Hei wieder auf die Beine gekommen war. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte, ging es ihm nicht gut, sogar ganz im Gegenteil: Sein Zustand war so besorgniserregend gewesen, dass sogar Mari sich ihre Gedanken um ihn gemacht hatte. Aber andernfalls hätte er sich doch bei der Verwaltung gemeldet, damit diese eine andere Person mit der Braunhaarigen auf Mission geschickt hätte, oder? Natürlich war sie wegen ihrer Grübeleien nicht direkt zu dem Tatsumaki gegangen, sondern betrat wie vereinbart den Platz vor dem Westtor und runzelte die Stirn, als sie zu den beiden Wachposten schielte. Zwei junge Damen, schätzungsweise um die zwanzig Jahre und sie schliefen einfach mitten in ihrer Schicht. Wo war denn da die Disziplin, die Selbstbeherrschung, hin? Die kommende Leiterin pustete ein wenig Luft aus den Lungen, setzte dann jedoch ihr übliches Lächeln auf. Sich über die Arbeitseinstellung anderer Ninja aufzuregen, würde sie sicherlich nicht weiterbringen. Stattdessen lehnte sie sich direkt neben das Eingangstor und versteckte die Arme hinter dem Rücken. Freundliches Mädchen mit Pferdeschwanz – würden die denken, die nicht wussten, dass sie normalerweise noch ein Abzeichen trug. Sah man von den weißen Augen ab, die dann doch noch ein wenig aus dem Muster fielen. Aber die würde die stolze Hyuuga erst verstecken, wenn es nicht mehr anders ging.